Der König der Könige

Siegesrausch pur. Lewis Hamilton feierte in Austin seine dritte Fahrer-WM in der Formel 1
© getty

Lewis Hamilton hat sich seinen dritten WM-Titel in der Formel 1 beim Großen Preis der USA vorzeitig gesichert. Sein Erfolgsrezept ist seit jeher sein spektakulärer und extrem kompromissloser Stil. Doch der 30-Jährige hat sich in den letzten Jahren bei Mercedes weiterentwickelt und blickt einer glorreichen Zukunft entgegen. Ein Kommentar von SPOX-Redakteur Alexander Maack.

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Lewis Hamilton polarisiert. Seit seinem Aufstieg in die Formel 1 spaltet der Brite die Fans. Abgehoben wirkt er für einige, während die anderen sein Selbstbewusstsein und seine kompromisslose Art der Renngestaltung feiern.

Unabhängig von jeglicher persönlicher Präferenz steht eins fest: Lewis Hamilton hat mit seinem Vorgehen Erfolg. Deshalb lässt Mercedes ihm freie Hand bei seiner Freizeitgestaltung mit Jetset-, Party- und Hip-Hop-Star-Leben.

Die kompromisslose Art auf der Strecke führte nicht erst beim Japan-GP in Suzuka und in Austin zum Erfolg, als er seinem Teamkollegen Nico Rosberg beim Start zweimal keinen Platz ließ. Schon 2014 sammelte er so wichtige Punkte im Mercedes-internen Kampf, das Paradebeispiel ist der spektakuläre Grand Prix in Bahrain.

Champion mit eingebauter Vorfahrt

Hamiltons Vorteil bei Mercedes ist, dass sein Teamkollege nicht so impulsiv fährt wie er selbst. Rosberg ist der Teamplayer, der im Ernstfall zurückzieht, um beide Autos ins Ziel zu bringen. Hamilton fährt für sich allein, hält drauf, sucht jegliche Lücke, auch wenn sie 50 Zentimeter zu klein ist. Bei ihm steht der Mannschaftsgedanke an zweiter Stelle. Er ist der Champion mit der eingebauten Vorfahrt.

Haben die Größten der Formel 1 gemein, dass sie bei dem Ritt auf der Rasierklinge in Ausnahmefällen über das Ziel teilweise hinausschossen? Teilweise ja.

Michael Schumacher, Ayrton Senna, Alain Prost fuhren allesamt ihrem direkten Konkurrenten ins Auto. Teils sogar absichtlich, um sich einen Vorteil zu verschaffen. Sportlich ist das unfair, illustriert aber gleichzeitig den absoluten Siegeswillen, den auch Hamilton hat.

Die Weiterentwicklung Hamiltons

Und doch: Trotz seiner teils übertriebenen Aggressivität ist Hamilton gereift. Er fährt deutlich ruhiger als zu seiner McLaren-Zeit. Er kontrolliert die Rennen und dosiert die Aggressivität.

Mit seinem Rookie-Fahrstil würde Hamilton keinen Blumentopf gewinnen.

Die aktuellen Autos sind die drehmomentfreudigsten Boliden der Formel-1-Geschichte und damit extrem schwer zu kontrollieren. Drifts und durchdrehende Reifen werden von Pirelli bestraft, zu starkes Beschleunigen und Verzögern vom Spritverbrauch.

Der König der Könige

Die Hybrid-V6-Turbo-Ära fordert mit Durchflussmengen- und Maximalverbrauchsbegrenzung vor allem Kontrolle. Gesucht wird der Fahrer, der die größtmögliche Präzision umsetzt. Holzfäller, denen ab und an mal ein Baum aufs nebenstehende Haus fällt, sind out. Chirurgen, die selbst beim riskantesten Skalpelleinsatz ein glückliches Händchen haben, sind die Könige. Und Hamilton ist der König der Könige.

Der Brite hat sich nach seinem Wechsel zu Mercedes angepasst, wie es Fernando Alonso tat, als er von Renault zu McLaren wechselte. Vom untersteuernden Auto aus Enstone stellte er sich selbst binnen kürzester Zeit auf den mit einem losen Heck versehenen Woking-Renner an. Nötig war eine komplette Änderung des eigenen Fahrstils.

Hamilton ging ähnlich vor. Er lernte den Spritverbrauch so zu managen, dass er weniger Benzin braucht als Rosberg. Er schont die Reifen durch seinen runden Fahrstil so sehr, dass er vor dem Boxenstopp eine größere Schippe draufpacken kann. Oder er spart sich so viele Reserven auf, dass er einmal im Rennen doch die Axt auspacken kann, um den gleichwertigen Konkurrenten auf altbekannte, spektakuläre Art alt aussehen zu lassen.

Das war schon in der Saison 2014 so. In diesem Jahr merzte er zudem die Schwäche seiner zweiten WM-Saison aus und ließ Rosberg im Qualifying kaum eine Chance. Elf Pole Positions und zehn Siege stehen drei Rennen vor Saisonende auf der Habenseite. Das Paket Hamilton/Mercedes fuhr in seiner eigenen Liga und wurde deshalb verdientermaßen Weltmeister.

Spannendstes Duell der Geschichte oder weitere Titel?

Mit seiner dritten Weltmeisterschaft ist Hamilton in die Riege der zehn erfolgreichsten Formel-1-Fahrer aller Zeiten vorgestoßen. Er ist der einzige Brite, der seinen Fahrer-Titel verteidigte. Mehr holten nur Schumacher, Juan Manuel Fangio, Prost und Sebastian Vettel. Er hat sich Respekt vor der sportlichen Leistung auch von denen verdient, die ihn persönlich nicht mögen.

Wenn Vettel mit Ferrari den Aufwärtstrend der Saison 2015 fortsetzt, blüht der Formel 1 eins der spannendsten Duelle der Geschichte. Bleibt Mercedes in einer eigenen Klasse, hat Hamilton weiterhin nur Rosberg als Konkurrenz - und sein laufender Vertrag gibt ihm die Chance auf drei weitere Titel.

Die Formel-1-Saison 2015 im Überblick