Mercedes kann in Montreal nur verlieren

Von Alexander Maack
Bekommen Nico Mercedes und Mercedes in Montreal wieder Reifenprobleme?
© getty

Beim Großen Preis von Kanada hat Mercedes die Qual der Wahl. Überzeugen die Silberpfeile wie in Monaco, bringt sich das Team in eine schlechte Position für den Prozess wegen des Reifentests mit Pirelli. Fallen Nico Rosberg und Lewis Hamilton wieder zurück, droht abermals Spott. Dabei hat der Brite sich in Montreal einen ausgezeichneten Ruf erarbeitet - im Gegensatz zu Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel.

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Der erlösende Sieg von Nico Rosberg beim Monaco-GP wurde durch die Diskussion um den Reifentest von Mercedes schnell in den Hintergrund gedrängt. Mittlerweile liegt der Protest von Red Bull und Ferrari beim Tribunal des Automobilweltverbands FIA. Eine empfindliche Strafe droht.

In Montreal wollen sich die Silberpfeil-Piloten von dem drohenden Unheil aber nicht ablenken lassen. "Wir müssen uns auf unsere Aufgaben auf der Strecke konzentrieren", sagte Lewis Hamilton, der sich seit seinem Formel-1-Debüt einen speziellen Ruf in Kanada erarbeitet hat. Bei allen drei Rennen, in denen der Engländer die Zielflagge sah, ging der 28-Jährige immer als Sieger hervor.

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Obwohl Hamilton 2013 noch im Schatten seines Teamkollegen Nico Rosberg steht, will er die Serie in Montreal nicht abreißen lassen. "Man benötigt dort ein ähnliches Setup wie im Fürstentum, um gut über die Randsteine fahren zu können. Wir sollten also konkurrenzfähig sein", erklärte er den Circuit Gilles Villeneuve. Im Qualifying mag das stimmen. Das Fehlen schneller, langgezogener Kurven spielt den Silberpfeilen in die Karten. Die Kurvengeschwindigkeit ist noch niedriger als in Monaco, Traktion deshalb wieder entscheidend.

Rosberg: "Kanada beansprucht die Reifen viel mehr"

Die DRS-Zonen liegen günstig für Überholmanöver auf den letzten beiden Geraden. An der Spitze schleichen ist während der 70 Runden auf dem 4,361 Kilometer langen Kurs am Sonntag deshalb unmöglich. "Kanada ist eine ganz andere Strecke, sie beansprucht die Reifen viel mehr", verdeutlichte Rosberg. Wegen des rissigen Straßenasphalts und durchdrehender Räder aufgrund von Bodenwellen droht auf der Ile de Notre Dame abermals Graining.

Ein Erfolg wie in Monaco könnte für die Silberpfeile allerdings zum Bumerang werden, obwohl Pirelli die ursprünglich angekündigten, überarbeiteten Slicks nur im Freitagstraining zur Verfügung stellt. Frisst der F1 W04 plötzlich nicht mehr die Reifen auf, steigt der Druck auf die FIA, das Team aus Brackley für den Test mit Pirelli zu bestrafen.

Wolff: "High-Speed-Strecke sollte Mercedes liegen"

Dabei kommt Mercedes die Streckencharakteristik entgegen. Die Fahrer knacken viermal pro Runde die 300-Stundenkilometer-Marke, nur in Monza werden die Flügel noch flacher eingestellt. "Eine solche High-Speed-Strecke sollte unserem Motor liegen", sagte Motorsportdirektor Toto Wolff. Weil der geringe Luftwiderstand das Verzögern des Autos nicht unterstützt, werden gleichzeitig die Bremsen so extrem wie auf keinem anderen F1-Kurs belastet.

Wolffs Optimismus ist aber nicht auf sein eigenes Team begrenzt. Force India will beim 100. Grand Prix der Teamgeschichte zum zweiten Mal mit Mercedes-Antrieb aufs Podest fahren. "Traditionell handelt es sich um eine Strecke, die uns liegt", erklärte Paul di Resta. Sein deutscher Teamkollege Adrian Sutil bewies zuletzt mit starken Leistungen, dass er nach seinem Comeback in Topform und ein Kandidat für den Sprung unter die ersten drei ist, zumal das Team bisher kaum Probleme mit den Reifen hatte.

Räikkönen: "Manchmal fährt dir ein Fahrer ins Heck"

Auf diese Stärke baut auch Lotus. Kimi Räikkönen erinnerte dennoch daran, wie schnell die Rennen in Kanada zum reinsten Chaos werden können: "Manchmal gibt es viele Safety-Car-Phasen. Und manchmal fährt dir ein Fahrer ins Heck, wenn du vor einer roten Ampel wartest." Ein deutlicher Seitenhieb gegen Lewis Hamilton, der dem Finnen in seiner Weltmeistersaison 2008 an der Boxenausfahrt in dessen Ferrari gerast war.

Bei den Italienern war für solche Scherze in den letzten Wochen kaum Zeit. Räikkönens Ex-Team hat die Testpiloten um Pedro de la Rosa unzählige Schichten im Simulator absolvieren lassen. "Am Sonntag brauche ich ein paar gute Punkte", setzte Vizeweltmeister Fernando Alonso sein Team unter Druck. Seine Montreal-Bilanz ist durchwachsen: Bei fünf seiner zehn Kanada-GP fiel er aus. Ein weiteres Rennen ohne Punkte wäre aber nur schwer zu verdauen. Schon jetzt liegt der Spanier in der Fahrerwertung 29 Zähler hinter Sebastian Vettel.

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Weitaus bedrückender fällt die Bilanz unterdessen bei Red Bull aus. Das Team von Sebastian Vettel hat zwar 17 der 19 Grands Prix im Formel-1-Kalender gewonnen. In Nordamerika gelang den Österreichern aber bisher kein einziger Sieg. "Die Strecke hat einen schönen Rhythmus und ist eine der besten, die wir im ganzen Jahr haben", freute sich der Dreifachweltmeister dennoch auf das Wochenende. Hoffnung gibt die Traktion, die bei Red Bull ähnlich gut ist wie bei Mercedes und Force India.

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