Die Sonntagsfahrt von Sebastian Vettel

Von Alexander Maack
Richtig gut scheint der Champagner Sebastian Vettel in Spa nicht geschmeckt zu haben
© getty

Auch in der Formel-1-Saison 2013 bewertet SPOX-Redakteur Alexander Maack nach jedem Grand Prix die fahrerischen Leistungen der Piloten und stellt sein persönliches Driver-Ranking auf. Teil 11: Belgien-GP.

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Statt Regenchaos brachte der Große Preis von Belgien eine Sonntagsfahrt für Weltmeister Sebastian Vettel. Der Heppenheimer dominiert im Red Bull die gesamte Konkurrenz, weil er mit unglaublicher Konstanz seine Leistung abruft. Das übliche Spa-Spektakel wurde aufs Qualifying vorverlegt. Vizeweltmeister Fernando Alonso konnte nicht mithalten und hatte deshalb am Sonntag keine Chance. Trotzdem ist er neben Vettel der Gewinner des Ardennen-Wochenendes.

Platz 1, Sebastian Vettel: Die Ausgangslage schien klar: Red Bull liegt der Circuit de Spa-Francorchamps nicht, den Belgien-GP muss ein anderer Fahrer, ein anderes Team gewinnen. Zur Bestätigung holte sich Lewis Hamilton die Pole-Position. Doch der Weltmeister drehte am Sonntag vollkommen auf.

Es wäre viel zu einfach, seine Leistung auf den überragenden Red Bull zu schieben. Vettel überholte Hamilton direkt nach dem Start auf der Kemmel-Geraden - ohne DRS-Unterstützung. Er nutzte den Windschatten und das wahrscheinlich missratene Mercedes-Setup mit seinem Geschwindigkeitsüberschuss aus der Eau Rouge perfekt aus.

Danach sprintete der Heppenheimer so schnell davon, dass sein Team ihn schon in der dritten Runde einzubremsen versuchte. Vettel hielt die Konzentration trotz seiner Sonntagsfahrt hoch und fuhr das Rennen souverän zu Ende. Wann immer sich ein Konkurrent anschickte aufzuholen, baute der 26-Jährige ein paar schnelle Runden ein und brannte zum Abschluss nochmal die schnellste Zeit aller Piloten in den Asphalt.

Mit 31 Siegen steht der Heppenheimer schon jetzt auf einer Stufe mit der Legende Nigel Mansell. Zugleich ist er durch seinen 54. Podestplatz in Belgien wie Lewis Hamilton mit Niki Lauda gleichgezogen. Vettel harmoniert mit seinem Auto aktuell wie kein zweiter Fahrer im Feld. Mark Webber kann da nur neidisch hinterhergucken.

Platz 2, Fernando Alonso: Trotz der Überlegenheit von Vettel hätte das Rennen in Spa zwei Sieger verdient gehabt. Das belgische Regenroulette spülte ihn auf Startplatz neun. Allerdings war der Spanier daran nicht ganz unschuldig, weil er sich drehte und dadurch fast zehn Sekunden verlor. Während Webber, Vettel und Hamilton kurz vor knapp über die Ziellinie gingen und noch einen Versuch hatten, war für Alonso Feierabend.

Der selbstverschuldete schlechte Startplatz ist der Grund, warum der Spanier bei mir hinter Vettel steht. Schließlich war seine Leistung im Rennen überragend. Alonso blitzte schon in der Auftaktrunde an fünf Konkurrenten vorbei, ohne dass sie überhaupt eine Chance hatten, sich zu verteidigen.

Die Überholmanöver gegen Button, Rosberg und Hamilton waren wunderbar anzusehen. Nachdem Alonso von Hamiltons taktischem Fehler, ihn vorbeizulassen und dann nochmal zu attackieren, profitierte und sich direkt absetzte, fuhr Alonso ohne Probleme Platz zwei nach Hause.

Platz 3, Lewis Hamilton: Die vierte Pole-Position in Folge für den Weltmeister von 2008, doch der totale Erfolg auf der Ardennen-Achterbahn blieb aus. Hätte Hamilton im Qualifying die letzte Schikane richtig erwischt, wäre sein Vorsprung auf Vettel noch größer gewesen.

Der Engländer machte das Beste aus seinem eher auf Regen ausgelegten Setup und hielt Platz drei bis zur Ziellinie. Mehr war für die Silberpfeile in Spa nach eigener Aussage nicht drin. Hamilton kämpfte mit stumpfen Waffen, weil sein Auto zu viel Abtrieb hatte. Vettels Überholmanöver konnte er nicht blocken, weil er schon die Spur gewechselt hatte.

Gegen Alonso machte Hamilton dagegen einen Fehler. Er änderte zwar letztlich wohl nichts, weil der Ferrari schneller war, die Passivität des Mercedes-Piloten bringt ihm aber leichte Abzüge ein.

Platz 4, Paul di Resta: Bei seinem 50. GP-Start wäre der Schotte um ein Haar von Startplatz eins ins Rennen gegangen. Weil die Strecke abtrocknete, blieb di Resta die erste Pole seiner Karriere jedoch verwehrt. Dabei wäre er selbst für die Sensation verantwortlich gewesen.

Seine Ingenieure hatten ihm geraten, wie die übrigen neun Fahrer der Top Ten für Q3 Trockenreifen zu wählen. Di Resta weigerte sich und hatte durch die Intermediates einen riesigen Vorteil, der durch den stoppenden Regen nicht bis zum Ende hielt.

Im Rennen arbeitete er sich nach einem dürftigen Start schnell wieder nach vorn. Dann traf ihn Maldonado in der früheren Bus Stop vor dem Ziel. Di Resta traf an seiner gebrochenen Hinterradaufhängung am wenigsten Schuld. Er hatte einfach Pech, war zur falschen Zeit am falschen Ort. Dass er selbst für seinen guten Startplatz und die knapp verpasste Überraschung verantwortlich war, bringt ihm einige Pluspunkte im Ranking.

Platz 5, Nico Rosberg: Der Wahlmonegasse glänzte im Qualifying. Er nahm Di Resta unter noch schwierigen Bedingungen die Bestzeit ab und kam auch davor schon fast an die Spitzenposition ran. Dass er zu früh über die Linie kam, ist für mich nicht seine Schuld.

Im Rennen hatte der 28-Jährige dann wie Mercedes-Kollege Hamilton keine echte Chance nach vorn zu fahren. Immerhin blockte er Mark Webber, dessen überlegenen Red Bull er schon am Start hinter sich gelassen hatte, zum Schluss des Rennens erfolgreich ab. Der Australier verzweifelte fast hinter Rosberg, der auch von Alonso für seine Leistung gelobt wurde.

Platz 6, Giedo van der Garde: Dass der Caterham-Pilot acht Punkte im Driver-Ranking bekommt, mag einigen sauer aufstoßen. Weiter unten kann van der Garde aber meiner Meinung nach nicht stehen. Der Niederländer stellte seinen unterlegenen Caterham wie beide Marussia in Q2.

Der Unterschied: Van der Garde setzte seinen Ritt auf Trockenreifen in der Schlussphase von Q1 wesentlich besser um als die Konkurrenz. Der 28-Jährige war Dritter nach Fernando Alonso und Lewis Hamilton. Kann man mit einem Caterham mehr erreichen, als zum richtigen Zeitpunkt die richtige Strategie zu wählen und dann souverän seine Runde abzuspulen? Ich glaube nicht.

Platz 7, Jenson Button: Auch der Weltmeister von 2009 hätte beinahe einige überrascht. Button hielt sich wie so oft aus sämtlichen Kämpfen heraus und ließ die schnelleren Piloten passieren. Statt durch Überholmanöver wollte er durch Reifensparen nach dem sechsten Startplatz nach vorn kommen. Kurz vor Schluss änderte McLaren die Strategie und holte Button zum zweiten Stopp an die Box.

Das Team hätte ihn entweder früher rufen oder seinem Top-Piloten harte Slicks geben müssen. In beiden Fällen hätte er die Mercedes mit etwas Glück noch in Bedrängnis bringen können. Weil es nicht sein Fehler war, hat Button eine stattliche Anzahl an Punkten verdient. Seinen Teamkollegen Perez hatte er im Griff, durch den verlorenen Strategie-Vorteil war nicht mehr drin. Zudem war der McLaren mal wieder nicht so schnell, wie vom Team erhofft.

Platz 8, Adrian Sutil: Nur aus Startplatz zwölf ging der Gräfelfinger ins Rennen. Sein Pech war, dass er in Q2 andauernd auf langsame Konkurrenten auflief. Mit einer gehörigen Portion Wut im Bauch arbeitete sich Sutil jedoch nach vorn. Der Comebacker des Jahres fuhr spektakulär mit dem Messer zwischen den Zähnen auf Platz neun. Sein Force India mag nicht wirklich gut gewesen sein, Sutil war es.

Platz 9, Kimi Räikkönen: Im Qualifying war der Finne mal wieder langsamer als Teamkollege Romain Grosjean. Das gibt Abzüge. Für das Ende seiner Serie ohne Ausfall konnte Räikkönen dagegen nichts. Ein Abreißvisier soll die Bremsbelüftung blockiert haben. Der Iceman fuhr bis zum Komplettversagen ein gutes Rennen, obwohl das Anbremsen schon vorher grausam gewesen sein muss, weil er die Bremsbalance dauerhaft nach hinten verlagern musste.

Platz 10, Daniel Ricciardo: Am Freitag ging beim Setup des designierten Vettel-Teamkollegen einiges daneben. Im Qualifying sollte die Wiedergutmachung folgen. Wegen eines Fehlers von Toro Rosso musste der Australier mit Startplatz 21 Vorlieb nehmen.

Trotzdem bewies er im Rennen sein Talent und schonte zuerst die harten Slicks, um länger draußen zu bleiben. Dann ließ er es auf den Medium-Pneus krachen und sicherte sich als Zehnter noch einen Punkt.

Härtefall, Mark Webber: Der dritte Startplatz? Ein Ergebnis der abtrocknenden Strecke. Der Start selbst? Mal wieder eine Enttäuschung. Webber hatte nach eigener Aussage Materialprobleme. Die Kupplung soll mal wieder gestreikt haben. Wieso eigentlich immer bei Webber? Wieso passiert Vettel nie etwas?

Ich glaube nicht an Manipulation und ich glaube nicht, dass Red Bull einem Fahrer minderwertiges Material gibt. Verschwörungstheorien sind unangebracht. Webber fuhr im Rennen in Ordnung, für einen Platz in den Top Ten reicht das an diesem Wochenende aber nicht.

Meine Punkte für das Spa-Wochenende:

Der Stand in der Fahrer- und Konstrukteurs-WM