Lewis Hamilton gewinnt die Premiere in Austin

Von SPOX
Sebastian Vettel (l.) und Lewis Hamilton (r.) lieferten sich rundenlang ein spannendes Duell
© Getty

Sebastian Vettel hat die Vorentscheidung in der Fahrer-WM verpasst. Beim Comeback des USA-GPs sicherte sich Lewis Hamilton den Sieg vor dem Heppenheimer. Vettels WM-Konkurrent Fernando Alonso arbeitete sich von Rang sieben auf drei vor.

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Als Hamilton die Ziellinie überfuhr, kannte der Jubel bei seinem Team kaum Grenzen. "Absolut fantastische Leistung, Lewis! Das war eine Riesenleistung", jubelte sein Renningeniur. Schon beim letzten USA-GP 2007 in Indianapolis hatte der Brite gewonnen.

"Ich bin der erste Sieger hier, ich bin sehr glücklich. Vielen Dank an die tollen Fans in Austin. Das war einer der besten Grands Prix des Jahres, wenn nicht sogar der beste", freute Hamilton sich noch auf dem Siegerpodest: "Der Sieg war wirklich ganz besonders. Ich habe lange auf einen Erfolg warten müssen. Ich bin sehr dankbar für all die Unterstützung."

Vettel baute den Vorsprung in der WM-Wertung mit dem zweiten Platz jedoch von zehn auf 13 Punkte aus. "Es war ein fantastisches Rennen. Besser hätte es für uns nicht laufen können", sagte Vettel anschließend: "Natürlich ist es schade, dass es nicht ganz gereicht hat, aber mit dem zweiten Platz haben wir genug Punkte, um die Konstrukteurs-Weltmeisterschaft erfolgreich abzuschließen."

Red Bull hatte noch vier Punkte gebraucht, um sich vorzeitig zum dritten Mal in Folge den Titel zu sichern. "Eine Triple-WM zu holen, das ist etwas Einzigartiges und etwas, was wir uns vor ein paar Jahren nicht erträumt hätten", freute sich Teamchef Christian Horner: "Dreimal in Folge zu gewinnen, das haben nur ganz wenige in der Geschichte des Sports erreicht. Natürlich sind wir da unglaublich stolz drauf. Wir haben das noch nicht ganz realisiert."

Vettel: "Bitterer Beigeschmack"

Vettel das Rennen bis zur 43. Runde angeführt und war erst dann von Hamilton überholt worden. "Der Verkehr hat uns keinen Gefallen getan. Ich glaube, es war Narain Karthikeyan, der im ersten Sektor nicht viel Platz gemacht hat und genau die Sekunde haben wir dann verloren. Lewis war zu dem Zeitpunkt nah genug dran, um den Heckflügel zu öffnen und relativ entspannt vorbeifahren zu können", so Vettel: "Natürlich hat es einen bitteren Beigeschmack. Mal läuft's für einen, mal gegen einen."

Die Fans des WM-Führenden mussten während des Rennens aus einem anderen Grund die Daumen drücken. Teamkollege Mark Webber war mit einem Defekt an der Lichtmaschine ausgeschieden. Noch immer hat Red Bull die Zuverlässigkeit des Autos nicht hundertprozentig im Griff.

Lichtmaschine als Zeitbombe

"Das ist wirklich eine tickende Zeitbombe, weil man nie weiß, wann die Maschine kaputtgeht", zeigt sich Chefdesigner Adrian Newey bei "Sky Sports F1" besorgt: "Renault hat da leider noch keine zufrieden stellende Lösung gefunden, also stellt das noch eine große Unbekannte dar."

Vom Ausscheiden Webbers profitierte Ferrari. Alonso war nach starkem Start Vierter und übernahm dann den Podestplatz vom Australier. "Das Wochenende ist wie ein Sieg für uns", sagte Alonso: "Niemand hätte gestern Abend oder Freitagabend gedacht, dass wir nur drei Punkte verlieren würden."

Sein gutes Abschneiden verdankte Alonso auch seinem Team. Ferrari hatte vor dem Rennen absichtlich die Parc-Fermé-Regelung gebrochen und ein Siegel am Getriebe Felipe Massas zerstört. Der Brasilianer wurde deshalb von seinem sechsten um fünf Startplätze zurückgestuft.

"Das habe ich noch nie erlebt", sagte RTL-Experte Niki Lauda: "Es ist schon eine komische Art und Weise. Ferrari hat alles aus der Trickkiste geholt, was geht." Der Vorteil: Alonso wechselte auf die Seite der Startgeraden, die mehr Grip bot. Für Massa reichte es noch zu Position vier.

Das nächste Debakel für Mercedes

Dagegen schlitterte Mercedes ins nächste Debakel. Nico Rosberg landete auf dem 13. Rang, Rekordweltmeister Michael Schumacher enttäuschte im vorletzten Rennen seiner Formel-1-Karriere auf dem 16. Platz, obwohl er als Fünfter gestartet war.

"Ich kann keine Worte außer ironischen für unser heutiges Rennen finden", sagte Schumacher: "Es war viel Action um mich herum, aber leider in der falschen Richtung. Es wäre eine Untertreibung zu sagen, dass das Rennen ein echter Kampf war."

Zweitbester Deutscher in Austin war Nico Hülkenberg, der im Force India als Achter noch vier Punkte sammelte. "In den ersten paar Runden sahen wir sehr stark aus, aber nach der zehnten Runde begannen die Reifen nachzulassen", sagte Hülkenberg, der zwischenzeitlich Fünfter war. Timo Glock landete im Marussia auf Platz 19.

Schlüsselszenen des Rennens:

Vor dem Start: Der bemerkenswerteste Schachzug des Wochenendes: Ferrari hat kurz vor dem Rennen entschieden, das Siegel am Getriebe von Massa zu brechen. Damit muss der Brasilianer von Startplatz sechs auf elf zurück. Deshalb hat Alonso einen entscheidenden Vorteil. Er rückt um einen Platz nach vorne auf P7 und startet auf der rechten Seite, wo deutlich mehr Grip vorhanden ist.

Auch Romain Grosjean wurde um fünf Plätze zurückversetzt, nachdem bei seinem Lotus vor dem Qualifying das Getriebe gewechselt werden musste. Er startet von Rang acht.

Von der Pole Position geht Vettel ins Rennen, der in sämtlichen Trainingseinheiten des Wochenendes die beste Zeit fuhr. Er kann sich bei der Premiere in Austin seine dritte Fahrer-WM in Folge sichern. Dafür muss er 15 Punkte mehr holen als Alonso. Gewinnt Vettel, darf Alonso höchstens Fünfter werden. Wird der Deutsche Zweiter und Alonso wird Neunter, ist die Weltmeisterschaft ebenfalls entschieden. Sofern Alonso ausfällt, reicht Vettel sogar der Dritte Platz.

Re-LIVE: Das ganze USA-Rennen zum Nachlesen

Start: Webber kommt etwas besser weg als Hamilton und übernimmt Platz zwei, während Vettel unbedrängt in Führung bleibt. Der Gewinner des Starts ist Alonso. Der Spanier bleibt in Turn 1 außen und verbessert sich auf Platz vier. Trotz allgemeiner Crash-Befürchtungen kommen alle Piloten über die erste Kurve hinaus. Hülkenberg zieht an Schumacher vorbei und drückt Räikkönen am Ausgang der Kurve hart nach außen. Der Deutsche übernimmt Platz fünf.

4. Runde: Hamilton holt sich seine Position nach der DRS-Zone wieder von Webber zurück. Schon in der Runde zuvor war ihm das gelungen. Da rutschte er aber von der Strecke und musste die Position zurückgeben.

6. Runde: Grosjean ist der erste Pilot, den die schwierige Kurve 19 zu einem Dreher verleitet. Er lag auf Position sechs und fällt nun hinter Schumacher zurück.

10. Runde: Vettel muss die Vorderreifen entlasten und wird angewiesen, die Bremsbalance zu verändern. Von seinen 2,6 Sekunden Vorsprung auf Hamilton sind noch 1,5 übrig.

13. Runde: Räikkönen schnappt sich Hülkenberg mit einem spektakulären Manöver! Der Finne setzt sich nach Kurve eins links neben den Deutschen, bleibt auf der Außenlinie voll auf dem Gas und hat den Force India vor Turn 3 überholt.

16. Runde: Bei Jean-Eric Vergne bricht die Vorderradaufhängung. Das ist dem Toro-Rosso-Piloten schon im Training passiert.

17. Runde: Webber hat KERS-Probleme und soll die Bremsbalance umstellen. Doch direkt danach wird der Australier plötzlich langsam und rollt aus. Das war wohl wieder die Lichtmaschine! Alonso rückt auf Platz drei vor.

29. Runde: Alle Boxenstopps sind durch und Vettel hat wieder 2,6 Sekunden Vorsprung auf Hamilton. Der Brite fährt aber die schnelleren Rundenzeiten.

35. Runde: Hamilton hat den Abstand zu Vettel auf unter eine Sekunde minimiert. Er darf auf der langen Geraden das DRS aktivieren. McLaren überlegt sich, mehr KERS für die lange Gerade aufzusparen.

43. Runde: Vettel verliert beim Überrunden viel Zeit. Plötzlich ist Hamilton ganz nah dran, verpulvert sein komplettes KERS-Reservoir und stellt den Heckflügel flach. Vettel versucht sich zu verteidigen, aber Hamilton ist vorbei! Der Brite übernimmt die Führung. Vettel beschwert sich via Funk über die Überrundeten. Antwort: "Konzentrier dich auf das, was zu tun ist, Kumpel!"

47. Runde: Plötzlich fährt Alonso in 1:40,141 Minuten die schnellste Rennrunde. Wie aus dem Nichts. Er hat wohl beim Überrunden vom DRS profitiert.

52. Runde: Williams-interne Kollision in Kurve eins: Maldonado quetscht sich an Senna vorbei. Beide bleiben unbeschadet. Sonst hätte es auch Ärger gegeben.

Ziel: Hamilton sieht nach einem starken Rennen als Erster die Checkered Flag. Der Brite hatte schon den letzten USA-GP 2007 in Indianapolis gewonnen. Vettel kommt als Zweiter vor Alonso ins Ziel und fährt im letzten Umlauf nochmal die beste Rennrunde.

Mann des Rennens: Fernando Alonso. Der Spanier hat die Chance gewahrt, in diesem Jahr Weltmeister zu werden. Dabei deutete darauf vor dem Rennen nicht viel hin. Alonso war im Qualifying nur die neuntbeste Zeit gefahren und profitierte von beiden Strafversetzungen. Doch auch die Leistung des Spaniers war erstklassig. Einen minimalen Fehler leistete er sich, als er in Kurve 19 kurz neben der Strecke war. Zeit kostete das kaum. Trotz eines Fehlers seiner Mechaniker beim Boxenstopp fuhr Alonso aufs Podest und minimierte den Punktverlust gegenüber Vettel auf drei Zähler.

Flop des Rennens: Michael Schumacher. Eins ist klar: Der Rekordweltmeister ist an seinem katastrophalen Abschneiden nicht allein schuld. Wohin Mercedes das Auto entwickelt hat, ist ein einziges Rätsel. Schumacher startete als Fünfter und landete trotzdem nur auf Rang 16. Mercedes ist fernab von Punkten - egal mit welchem Entwicklungsstand. Interessant ist dabei, dass Rosberg mit dem älteren Paket besser abschnitt als sein Teamkollege.

Analyse: Ferrari wird mit der Entscheidung, Massa per Strafe nach hinten zu verschieben und Alonso damit auf die bessere Seite der Startaufstellung zu stellen, keinen Fair-Play-Preis gewinnen. Trotzdem bleibt festzuhalten, dass die Scuderia sich im Rahmen des Reglements absolut richtig verhalten hat.

Durch den zusätzlichen Grip konnte sich Alonso schon am Start auf Position vier vorarbeiten. Von Position acht aus wäre er eher zurückgefallen. Durch seine Fähigkeit, das Optimum aus dem im Qualifying immer noch viel zu schlechten F2012 herauszuholen, und seine überragenden Starts hält Alonso die WM weiter offen.

Beeindruckend war auch die Leistung von Hamilton. Beim Start fiel er wegen des geringeren Grip-Niveaus hinter Webber zurück, tastete sich aber immer weiter an den Red-Bull-Piloten heran und überholte ihn noch vor dessen Aufall souverän.

Überrundung entscheidet das Rennen

Danach das gleiche Bild: Der McLaren ist im Renntrim das schnellere Auto, doch Vettel kann ihn trotz des geringeren Topspeeds hinter sich halten, weil er sich in den schnellen Kurven des ersten Sektors immer wieder genug Vorsprung erarbeitet. So hat das siegbringende Überholmanöver einen faden Beigeschmack, weil unklar bleibt, ob Hamilton auch ohne das ungewollte Blockieren des HRT nah genug herangekommen wäre.

Für die Spannung in der Fahrer-WM hätte das Ergebnis aber kaum besser sein können. Vettel geht mit 13 Punkten Vorsprung auf Alonso ins letzte Rennen, die Wetterkapriolen in Brasilen sind legendär. Von einer Vorentscheidung zu sprechen, wäre also falsch. Allerdings reicht Vettel in Sao Paolo der vierte Platz, um den Titel-Hattrick perfekt zu machen.

Der aktuelle Stand in der Fahrer- und Konstrukteurs-WM