Formel 1 - Fünf Fragen zum Mercedes-Tief: Warum ist Russell so viel besser als Hamilton?

Von Christian Guinin
George Russell (l.) kommt mit dem 22er-Mercedes bessert zurecht als Lewis Hamilton (r.).
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Warum ist Mercedes aktuell nicht konkurrenzfähig?

Im Zuge der weitreichenden Regeländerungen zur aktuellen Saison waren die Teams gezwungen, aerodynamisch neue Wege zu gehen. Die neuen Autos haben mit den Boliden der vergangenen Jahre nur noch wenig gemein, vor allem an den Flügeln und am Unterboden musste man völlig neuen Vorgaben folgen.

Diese Änderungen scheint Mercedes bislang eher weniger gut umgesetzt zu bekommen. Der deutsche Rennstall wählte bei seinem Design einen äußerst radikalen Ansatz. So kommt der W13 mit extrem schmalen Seitenkästen daher, was die Folge hat, dass der Unterboden an der Oberseite verhältnismäßig leer ist. Das ist von den Aerodynamikern ausdrücklich so gewünscht, um die Oberseite des Diffusors möglichst gut anzuströmen, bringt aber eben auch unerwünschte Nebeneffekte mit sich.

Beispielsweise ist bei den Silberpfeilen weiterhin das Hüpfen des Boliden bei höheren Geschwindigkeiten, das sogenannte Porpoising, problematisch. Zwar haben auch andere Teams mit diesem aerodynamischen Phänomen zu kämpfen, bei kaum jemanden ist es jedoch derart schwerwiegend wie beim deutschen Traditionsteam.

Der Ferrari mag auf den Geraden etwa genauso stark springen wie der Mercedes, doch legt der F1-75 die unschöne Eigenschaft beim Einlenken ab. Der W13 nimmt das Problem hingegen mit in die Kurve. Für die Piloten kostet das nicht nur deutlich mehr Zeit, es ist nach eigenen Aussagen auch extrem unangenehm zu fahren. In vielen Situationen fehlt schlichtweg das Vertrauen, ans absolute Limit gehen zu können, ohne dabei einen Abflug zu riskieren.

Lewis Hamilton hing in Imola nahezu die gesamte Renndistanz hinter Pierre Gasly fest.
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Lewis Hamilton hing in Imola nahezu die gesamte Renndistanz hinter Pierre Gasly fest.

Wolff: "Auto ist in der Theorie schnell und gut"

Doch das Porpoising ist nicht das einzige Problem, mit dem sich die Silberpfeile herumschlagen. Hinter den Antriebseinheiten von Ferrari und Red Bull ist die Mercedes-Power-Unit maximal die dritte Kraft im Feld, was sich vor allem auf den Geraden und bei Überholvorgängen negativ auswirkt. In Imola beispielsweise hing Lewis Hamilton zwei Drittel der Renndistanz hinter AlphaTauris Pierre Gasly fest und kam auch mit deutlich frischeren Reifen und DRS-Hilfestellung nicht am Franzosen vorbei.

Ebenfalls war in Imola zu beobachten, dass dem W13 kalte Temperaturen zu schaffen machen. Sowohl Hamilton als auch George Russell brachten während des gesamten GPs ihre Reifen kein einziges Mal ins gewünschte Temperaturfenster. In Kombination mit dem Porpoising fehlt so vor allem bei kühleren Bedingungen der nötige Grip.

Nichtsdestotrotz: Der 2022er-Mercedes sei auf dem Papier deutlich stärker, als er sich in der Praxis präsentiere, meinte Teamchef Toto Wolff zuletzt gegenüber Motorsport-Magazin.com. "Das Auto ist in der Theorie schnell und gut, aber in der Praxis können wir das nicht umsetzen. Wir können das Auto nicht in dem Bereich fahren, wo wir es entwickelt haben."