Lebensretter Sid Watkins stirbt mit 84 Jahren

SID
Sid Watkins war von 1978 bis 2004 Chefarzt der Formel 1
© Getty

Er war der Schutzengel der Formel 1. Für Rennfahrer wie Michael Schumacher war er nur der "Doc". Mehr als 25 Jahre hat Sid Watkins in der Königsklasse Leben gerettet. Nun hat er selbst seinen letzten großen Kampf verloren. Der frühere Chefarzt der Formel 1 starb im Alter von 84 Jahren. "Heute hat der Motorsport eine seiner wahren Größen verloren", sagte McLaren-Teamchef Ron Dennis.

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"Nein, er war kein Fahrer. Und nein, er war auch kein Techniker. Er war ein Arzt. Und Ich glaube, es ist fair zu sagen, dass er über viele Jahre mehr getan hat als jeder andere, um die Formel 1 so sicher zu machen, wie sie heute ist", sagte Dennis weiter.

Die Familie des 1928 in Liverpool geborenen Watkins reparierte und verkaufte Motorräder, was seine Begeisterung für den Rennsport weckte. Der junge Sid begann in den 50er-Jahren in seiner Freizeit als Rennarzt auf der Strecke in Silverstone zu arbeiten.

Hauptberuflich spezialisierte sich der Mediziner auf Neurochirurgie und wurde Chef der Abteilung im London Hospital. Über einen Kontakt zum heutigen Formel-1-Boss Bernie Eccelstone wurde er 1978 Chefarzt des Automobil-Weltverbandes FIA für die Formel 1. Während die Piloten über die Rennstrecke rasten, hielt sich Watkins im Medical Car bereit, um bei einem Unfall zur Erstversorgung aufzubrechen.

Todesfälle von Imola als Zäsur

Das schwarze Formel-1-Wochenende beim Großen Preis von San Marino 1994 bedeute auch im Leben des zweifachen Familienvaters eine Zäsur. Fahrerlegende Ayrton Senna, von dem Watkins einer der engsten Vertrauten war, starb bei einem Unfall im Rennen. Im Training war bereits der Österreicher Roland Ratzenberger tödlich verunglückt.

Auch Rubens Barrichello verunglückte in Imola. Er verschluckte bei einem Unfall mit mehrfachem Überschlag seine eigene Zunge. "Sid hat 1994 mein Leben gerettet. Er war ein toller Mensch, immer glücklich. Ruhe in Frieden", twitterte der 40-Jährige. Mika Häkkinen rettete Watkins 1995 in Adelaide mit einem Luftröhrenschnitt noch an der Unfallstelle das Leben.

2004 zog Watkins seinen feuerfesten Overall mit der Aufschrift "Doctor" aus, er blieb den Piloten aber verbunden. Als erster Präsident des FIA Instituts für Motorsport-Sicherheit stellte er 2001 ein Kuppel-System zum Schutz des Kopfes im Formel-Sport vor, dessen Einführung immer wieder diskutiert wird.

Sicherheit wird heute von seinem Institut weiter verbessert

Aber auch die junge Fahrer-Generation ist sich der Bedeutung der Arbeit von Watkins bewusst. "Es ist ein trauriger Tag. Ohne seinen unglaublichen Beitrag zu dem Sport wäre unser Leben als Fahrer einem großen Risiko ausgesetzt", teilte McLaren-Pilot Lewis Hamilton über Twitter mit. In die Watkins-Ära fällt unter anderem die Einführung einer Kopf-und-Nacken-Stütze (HANS-System) in der Formel 1.

Nach Ratzenbergers Unfall 1994 sprach Watkins noch vor Ort mit Senna. "Ich fragte ihn: Warum hörst du nicht auf? Du hast alles erreicht. Du bist dreimal Weltmeister und der schnellste Fahrer. Gib's auf und lass uns Fischen gehen", schrieb Watkins in seinem Buch "Triumph und Tragödien in der Formel 1". Sennas Antwort war einfach: "Ich kann nicht aufhören, ich muss weitermachen."

Das muss die Formel 1 nun auch. Doch sie muss fortan ohne ihre gute Seele Sid Watkins über die Runden kommen. "Wir werden ihn sehr vermissen", sagte Mercedes-Sportchef Norbert Haug.