Kubica: "Alonso kneift immer"

Von Interview: Harry Miltner / Alexander Mey
Robert Kubica (l.) und Fernando Alonso sind zwei gute Freunde im Fahrerlager
© Imago

Robert Kubica ist vor der Formel-1-Saison mit seinem Wechsel zu Renault ein Risiko eingegangen. Jetzt ist er einer der besten Fahrer der Saison. Im SPOX-Interview analysiert er seinen Wechsel, spricht über eine mögliche Zukunft bei Ferrari und erklärt seine für einen Rennfahrer außergewöhnlichen Hobbys Bowling, Poker und Snooker.

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SPOX: Ihre erste Saison bei Renault neigt sich dem Ende zu. Es läuft überraschend gut.

Robert Kubica: Ich bin sehr glücklich, denn ich habe eine besondere Verbindung zu diesem Team, weil ich 2005 die Renault World Series gewonnen habe und danach in Barcelona meinen ersten Formel-1-Test für sie absolvierte. Mit Renault verbindet mich eine starke Siegermentalität.

SPOX: Vor der Saison war aber keineswegs klar, dass es so gut laufen würde. Das Projekt Renault hätte auch mächtig in die Hose gehen können, oder?

Kubica: Natürlich war der Wechsel ein Risiko. Aber das ist bei jedem Wechsel so, weil man nie weiß, wie sich die Kräfteverhältnisse über den Winter entwickeln. Wir wollten vor Saisonbeginn jeden herausfordern, und das ist uns gelungen. Aber man muss realistisch bleiben und sagen, dass McLaren, Red Bull, Ferrari und auch Mercedes noch stärker sind. Auf manchen Strecken konnten wir auf Augenhöhe mitkämpfen, auf anderen nicht. Es ist praktisch ausgeschlossen, die gesamte Saison über mit einer derartigen Intensität weiterzuentwickeln, wie Renault bisher. Es wird immer Höhen und Tiefen geben. Entscheidend ist die langfristige Perspektive und die stimmt bei uns.

SPOX: So gut es auch bei Renault läuft: Sie gelten als einer der besten Fahrer im Feld und haben trotzdem nur einen GP-Sieg auf dem Konto. Ist das nicht frustrierend?

Kubica: Nein. Das ist einfach Teil des Geschäfts. Ich bin hoch motiviert und optimistisch, dass wir gemeinsam im nächsten Jahr an der Spitze sein können und hoffentlich um den WM-Titel kämpfen.

SPOX: Wie schwer ist es, auf einen Siegerwagen zu warten? Irgendwann muss ein Fahrer wie Sie doch um den Titel kämpfen.

Kubica: Ich habe mit BMW schon einmal um die Meisterschaft gekämpft, habe diese Erfahrung schon gemacht. Bei Renault ist das momentan nicht so, aber ich warte nicht auf einen Siegerwagen. Wir arbeiten bei Renault daran, besser zu werden, und haben den R30 seit Saisonbeginn immer weiterentwickelt. Und natürlich wollen wir damit auch irgendwann Rennen gewinnen.

SPOX: Als Sie 2006 eingestiegen sind, haben Sie sich damals einen Plan zurechtgelegt, was Sie wann erreichen wollen?

Kubica: Ich bin seit meiner Kindheit Rennen gefahren und mein Einstieg in die Formel 1 war praktisch über Nacht. Durch meine Erfolge wurde ich Testfahrer bei BMW und habe dann Jacques Villeneuve dort ersetzt. Alles ging so schnell, dass ich keine Zeit hatte, groß zu überlegen.

SPOX: Sie werden auch 2011 bei Renault bleiben, danach gehen bei vielen Top-Teams Türen auf. Ist das bereits in Ihrem Hinterkopf?

Kubica: Natürlich lese auch ich die ganzen Gerüchte, aber im Endeffekt geht es nur um eins: ums Gewinnen. Wir sind alle hier, weil wir gewinnen wollen, aber dazu braucht man den besten Wagen. Derzeit bin ich bei Renault und daher konzentriere ich mich darauf, diesen Wagen mit dem Team gemeinsam weiter zu verbessern. 2011 wollen wir um den WM-Titel mitfahren. Mal sehen, was danach passiert.

SPOX: Gut, aber nachdem Sie in Italien aufgewachsen sind, wird es wohl Ihr Traum sein, einmal bei Ferrari zu fahren, oder?

Kubica: Während meiner Zeit im Kartsport, in der Formel Renault und der Formel 3 bin ich stets für italienische Teams an den Start gegangen und habe auch über ein Jahr lang in der Nähe von Monza gewohnt. Klar, dass ich mit dieser Gegend viele schöne Erinnerungen verbinde. Ferrari ist kein Rennstall wie jeder andere. Die Emotion und Tradition sind einzigartig. Ich denke, dass jeder Pilot einmal für Ferrari fahren möchte.

SPOX: Apropos Pilot - was macht einen guten Formel-1-Piloten aus?

Kubica: Speed, Präzision und Konzentration. Außerdem musst du in der Lage sein, das Auto mit deinem Renningenieur weiterzuentwickeln, und versuchen, unter allen Bedingungen das Maximum herauszuholen. Und einen kräftigen Gasfuß brauchst du auch! (lacht)

SPOX: Wie Kimi Räikkönen sind Sie auch ein guter Rallyefahrer. Was ist der Unterschied zwischen Rallye und Formel 1?

Kubica: Naja, ich war zwar 2005 polnischer Meister im virtuellen Rallyefahren, aber Kimi fährt in der WM! Aber es stimmt schon, ich liebe es, einen Rallyewagen zu fahren. Ich würde gerne mal einen Tag mit Sebastien Loeb verbringen und von ihm lernen. Das wäre toll. Rallye und Formel 1 kann man aber nicht miteinander vergleichen. Sie sind zu unterschiedlich.

SPOX: Und wenn Sie kein Formel-1-Pilot geworden wären?

Kubica: Dann würde ich wohl GT-Wagen fahren (lacht).

SPOX: Wie wär's mit Bowling-Profi? Immerhin sind Sie darin sehr gut und haben einen Hype im Fahrerlager ausgelöst.

Kubica: Ich spiele es gerne, aber ich bin nicht besonders gut. Als ich noch in der Formel 3 mit Lewis Hamilton gefahren bin, gingen wir manchmal spielen. Und Rubens Barrichello geht auch gern zum Bowling. Vielleicht können wir einmal eine Art Formel-1-Bowling-Meisterschaft ins Leben rufen. Fernando Alonso kneift immer, weil er nicht gut ist und nicht gegen mich verlieren will. (lacht)

SPOX: Könnten Sie sich vorstellen, regelmäßig Turniere zu spielen und nach Ihrer Rennfahrerkarriere Bowling-Profi zu werden?

Kubica: Bowling ist kein Party-Spiel, sondern ein wirklich technischer und schwieriger Sport. Man muss über viel Wissen, Erfahrung und Präzision verfügen, ähnlich wie in der Formel 1. Wie bei Rennstrecken gibt es von Bahn zu Bahn feine Unterschiede, und auch das Öl, mit dem die Bahn behandelt wird, macht viel aus. Es kann die Trefferquote um 50 Prozent erhöhen oder verringern. Ich spiele fast jeden freien Tag und habe in Italien ein paar kleine Turniere gewonnen. Da treffe ich dann schon mal 300 von 300. Aber man muss sehr präzise sein und ich bin zu ungeduldig.

SPOX: Wie wär's dann mit Profi-Poker? Gut genug wären Sie wohl, oder?

Kubica: Poker dient lediglich der Ablenkung. Du brauchst kein großes Talent dafür, denn eigentlich hängt es zum Großteil davon ab, welche Karten du kriegst. Ich spiele oft online, um mir die Zeit zu vertreiben. Wir haben zwar regelmäßig Pokerturniere an den GP-Wochenenden, aber bei uns wird kaum geblufft. Die Profis schauen gar nicht groß in die Karten. Für die ist das ein Psychokrieg. Das ist ein ganz anderes Niveau.

SPOX: Haben Sie einen Lieblingsspieler?

Kubica: Am besten gefällt mir Gus Hansens Art zu pokern.

SPOX: Sie verfolgen auch Snooker mit großer Begeisterung. Ronnie O'Sullivan ist Ihr Lieblingsspieler. Wieso?

Kubica: Als ich ihm zugesehen habe, wusste ich, er ist ein großer Champion, ein Meister seines Fachs. Ich mag seinen Charakter, was er tut und wie er es tut. Ich habe früher viel Snooker gespielt, aber ich bin nicht besonders gut. Viele denken, Snooker ist kein Sport, aber das stimmt nicht, es ist echt hart. Was die Jungs mit ihren Queues aufführen, ist unglaublich. Es erfordert sehr viel Koordinationsgeschick und Konzentration.

SPOX: Ihre Hobbies unterscheiden sich krass von denen anderen F-1-Piloten. Die gehen Mountainbiken, Kart fahren, Jetski fahren,...

Kubica: Meine Hobbys sollen mich ablenken, denn die Formel 1 ist ein schneller und lauter Teamsport. Poker, Bowling und Billard sind leise, langsam, körperlich nicht anstrengend und man ist auf sich allein gestellt. Sie sind ein Kontrast zur Formel 1 und ich kann dabei meinen Kopf ausschalten und entspannen.

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