Die Bullen-Jagd ist eröffnet

Von Alexander Mey
Sebastian Vettel (r.) ging direkt am Start in Malaysia an Red-Bull-Kollege Mark Webber vorbei
© Getty

Red Bull kann also doch ein Rennen zu Ende fahren, und wenn ihnen das gelingt, dann gewinnt Sebastian Vettel auch prompt. Er hat den Malaysia-GP dominiert und seine Ansprüche auf den WM-Titel untermauert. Doch die Konkurrenz zieht den Schwanz nicht ein, sie sagt Red Bull den Kampf an - und zwar geschlossen.

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Was wurde vor der Saison nicht alles über den Vierkampf der großen Teams Red Bull, Ferrari, Mercedes und McLaren geschrieben. Jetzt ist er Realität. Nach drei Rennen liegen sechs der acht Piloten aus den vier Top-Teams in der Fahrer-WM innerhalb von acht Punkten.

Felipe Massa führt mit 39 Zählern, gefolgt von Sebastian Vettel und Fernando Alonso mit 37, Jenson Button und Nico Rosberg mit 35 und Lewis Hamilton mit 31. Es fehlen nur Mark Webber und Michael Schumacher.

Stand in der Fahrer- und Konstrukteurs-WM

Ferrari trotz verkorksten Wochenendes WM-Spitze

Es geht verdammt eng zu - und es ist spannend. "Es dauert immer ein bisschen, bis sich die WM-Wertung sortiert. Im Moment ist alles offen, viele Fahrer haben mehr als 30 Punkte. Aber wenn es auf das Ende der WM zugeht, bin ich mir sicher, dass maximal drei Fahrer um den Titel kämpfen werden", kommentierte Ferrari-Pilot Alonso den Status Quo.

Alonso hat seine WM-Führung nach dem Ausfall im "härtesten Rennen meines Lebens", wie der Spanier es nannte, abgegeben. Vom Start weg hatte Alonso große Getriebeprobleme und musste bei jedem einzelnen Schaltvorgang mit Zwischengas improvisieren. Trotzdem fuhr er noch in die Punkteränge, bis ihm zwei Runden vor Schluss der Motor hochging.

Rennanalyse: Vettel bricht den Bann - Schumi und Alonso scheiden aus

Ein verkorkstes Ferrari-Wochenende, nachdem sich das Team schon im Regen-Qualifying völlig verzockt hatte und von ganz hinten starten musste. Da ist es fast schon ironisch, dass Massa nach Platz sieben trotzdem die Fahrer-WM anführt und Ferrari auch bei den Konstrukteuren ganz oben steht.

Vettel nach Sieg: "Es wurde langsam Zeit"

Denn nüchtern betrachtet müsste in beiden Kategorien Red Bull vorne liegen. Der Doppelsieg von Vettel und Webber in Sepang hat bewiesen, dass die Bullen von Saisonbeginn an das stärkste Auto haben. Nur die Technik verhinderte, dass Vettel nicht auch die beiden Rennen in Bahrain und Australien gewann und nun 75 statt 37 WM-Punkten auf dem Konto hat.

"Nach den ersten beiden Rennen wurde es langsam Zeit", sagte Vettel in Sepang. Nach drei Pole-Positions in drei Rennen musste endlich der erste Sieg für Red Bull her. Das Kräfteverhältnis musste gerade gerückt werden.

Massa wegen Red Bulls Speed "besorgt"

Aber wie genau sieht das denn aus? Aus der Punktewertung kann man jedenfalls keine klare Hierarchie herauslesen. Dort liegt Red Bull nicht vorne, obwohl die Experten der einhelligen Meinung sind, dass sie vorne liegen müssten.

Bei der Konkurrenz von Red Bull ist das Bild nicht so eindeutig. Während Hamilton schon vor dem Malaysia-GP den Red Bull als "verrückt schnell" bezeichnete und Massa in Sepang zugab, wegen des Speeds von Vettel und Webber "etwas besorgt" zu sein, blasen andere zum Angriff.

Alonso sicher: "Ferrari hat bald das schellste Auto"

Allen voran Alonso. "Red Bull hatte zwar drei Pole-Positions, aber ob sie auch alle drei Rennen gewonnen hätten, weiß ich nicht", orakelte er. "In Bahrain waren wir sehr schnell und in Australien waren wir vielleicht sogar schneller als sie. Das Rennen hier zählt nicht, denn wir haben es ihnen durch unseren Fehler im Qualifying leicht gemacht."

Es gibt sicher eine Menge Leute, die Alonso bei seiner Einschätzung der Siegchancen in den ersten beiden Rennen widersprechen würden, aber seine Aussagen unterstreichen sein großes Selbstbewusstsein.

"Ich denke nicht, dass wir uns Sorgen machen müssen. Die WM ist lang und wir sind in der Lage, unser Auto deutlich zu verbessern. Wir wissen genau, wo wir ansetzen müssen, und ich bin sehr optimistisch, dass wir in den nächsten Rennen das beste Auto haben werden", sagte Alonso.

McLaren plant Sprung um mehr als drei Zehntel

Keine Spur eines Schocks wegen des klaren Red-Bull-Doppelsieges in Malaysia. Auch nicht bei McLaren und Mercedes.

McLaren-Teamchef Martin Whitmarsh sagte gegenüber "Autosport": "Klar war Red Bull hier eine Klasse für sich, aber wir sind jetzt viel näher dran als zu Saisonbeginn. Ihr Speed im Qualifying ist sehr gut, aber wir glauben zu wissen, warum, und ich denke, dass andere auch bald diese Technik einsetzen werden."

Whitmarsh spricht über Red Bulls Radaufhängung, die es nach Meinung der Konkurrenz ermöglicht, die Bodenfreiheit des Autos zu variieren und sich so mit leerem Tank im Zeittraining einen Vorteil zu verschaffen.

"Wir hatten hier in Malaysia neue Teile, die uns 0,3 Sekunden gebracht haben, und in China werden wir uns sogar um mehr als drei Zehntel verbessern", kündigte Whitmarsh an. Das soll in Verbindung mit der Schnorchel-Technik, die mehr Top-Speed bringt, reichen, um die Lücke zu Red Bull gänzlich zu schließen.

Rosberg hatte noch Reserven

Bleibt noch Mercedes. Der erste Podestplatz ist dank Nico Rosberg endlich unter Dach und Fach, doch bei den Silberpfeilen ist jedem klar, dass es den wohl nicht gegeben hätte, wenn Ferrari und McLaren in der Startaufstellung vorne gestanden hätten.

Trotzdem herrschte Zuversicht bei allen Beteiligten. "Nicos Punktekonto sieht nach drei Rennen ganz manierlich aus", sagte Mercedes-Sportchef Norbert Haug. "Nico hatte noch Reserven, und der Abstand nach vorne zu den Red Bull war nicht furchterregend. Es geht in die richtige Richtung."

Rosberg bestätigte Haugs Eindruck und blickte schon nach vorne auf das geplante große Update des Autos zum Europa-Auftakt in Barcelona: "Ich hatte das Gefühl, dass Red Bull im Rennen nicht so weit weg war. Wir müssen sehen, dass wir noch näher herankommen, und ich bin überzeugt, dass wir das schaffen können. Wir müssen das Entwicklungsrennen gegen die anderen Teams gewinnen."

Der große Knall kommt in Barcelona

Vier Teams, vier Mal der Anspruch, das schnellste Auto im Feld zu haben. Der große Knall wird beim übernächsten Rennen in Barcelona kommen, wenn alle die Hosen runter lassen.

Davor geht es nach China. Wieder schnelle Kurven, wieder Red-Bull-Territorium. Vettel hat dort 2009 gewonnen und sollte es in zwei Wochen wieder tun.

Nur um der Konkurrenz zu zeigen, dass es doch nicht ganz so einfach wird, ihn und sein Team zu überholen.

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