Sechs Punkte aber kein Big Point

Von Alexander Mey
Sebastian Vettel kam in Spa zum ersten mal nach zwei Ausfällen wieder ins Ziel
© Getty

Sebastian Vettel hat mit Platz drei beim Belgien-GP ein wichtiges Ausrufezeichen im WM-Kampf gegen Jenson Button gesetzt. Aber er hat das Rennen in Spa nicht gewonnen, obwohl es möglich gewesen wäre. Nicht das erste Mal, dass Vettel ein Rennen in der ersten Runde verliert.

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Platz drei, eine tolle Aufholjagd von Position acht aufs Podium, sechs WM-Punkte, Platz drei in der Fahrerwertung mit nur noch 19 Punkten Rückstand auf Jenson Button: Alles gut und lobenswert, aber für Sebastian Vettel hätte es in Spa noch besser laufen können.

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"In Bezug auf den Speed hatten wir definitiv das Auto, um zu gewinnen", sagte Vettel. SKY-Experte Marc Surer formulierte es kritischer: "Vettel hätte das Rennen gewinnen müssen. Er hatte eine gute Chance, aber der schlechte Startplatz hat ihm den Sieg vermasselt."

Vettel hat Rennen im ersten Stint verloren

Von Rang acht aus kam Vettel direkt am Start zwar gut weg, wurde dann aber in den ersten Kurven von Nico Rosberg und Teamkollege Mark Webber überholt. Nach der ersten Runde fand er sich trotz des Zurückfallens der vor ihm liegenden Jarno Trulli und Rubens Barrichello nur auf Rang acht wieder.

Bis Vettel nach seinem ersten Boxenstopp endlich frei fahren konnte, war die Spitze um Sieger Kimi Räikkönen und Giancarlo Fisichella schon zu weit enteilt. "Am Anfang des Rennens haben den ersten oder zweiten Rang verloren", bestätigte Vettel.

Vettel verliert am Start fast immer an Boden

Leider nicht zum ersten Mal in dieser Saison. Ein Blick in die Statistik verrät, dass Vettel seit dem zweiten Saisonrennen in Malaysia beim Start keine Plätze mehr gutgemacht hat. Im Gegenteil: In sechs von neun Rennen lag er sogar nach der ersten Runde weiter hinten als am Start.

Anders als bei einem Michael Schumacher, der immer schon auf den ersten Metern der Konkurrenz enteilte, ist der Beginn eines Rennens noch der Schwachpunkt von Vettel.

Vettel: "Ich war zu konservativ"

Einige Male war er gegen die KERS-Autos von Ferrari und McLaren-Mercedes chancenlos, manchmal hat er es aber auch selbst vermasselt. Siehe zum Beispiel die Türkei, als er einen Fehler machte und ausgerechnet WM-Rivale Button passieren lassen musste.

Ähnlich schlecht lief es in Spa, obwohl Vettel kein KERS-Auto direkt hinter sich hatte. "Mein Start war ganz gut, aber im weiteren Verlauf der ersten Runde war ich zu konservativ und habe einen Platz an Nico Rosberg verloren."

Es gibt kein Patentrezept

Eine mögliche Abhilfe wäre, Vettel im Qualifying etwas weniger Benzin zu geben, damit er sich mit ziemlicher Sicherheit in der ersten Startreihe qualifiziert. In Spa hätte das geholfen, aber: "Im Nachhinein ist man immer schlauer", sagte Vettel.

Beim nächsten Rennen in Monza zum Beispiel ist auf der langen Anfahrt zur ersten Kurve der Vorteil durch KERS so groß, dass Kimi Räikkönen oder Lewis Hamilton sogar aus der dritten oder vierten Startreihe an Vettel vorbeiziehen könnten, selbst wenn der auf der Pole-Position stünde. Hätte Vettel dann wenig Benzin an Bord und würde aufgehalten, wäre das Resultat umso verheerender.

Es gibt also kein Patentrezept, wie Vettel im Endspurt um den WM-Titel noch zum Blitzstarter wird. Aber es gibt Hoffnung. Die Hoffnung nämlich, dass WM-Spitzenreiter Jenson Button weiterhin so eklatante Schwächen zeigt wie in den letzten Rennen.

Buttons Reifenprobleme sind wieder da

Nach zwei siebten Plätzen in Ungarn und Valencia ging Button in Spa nach seinem Unfall in der ersten Runde zum ersten Mal in dieser Saison leer aus. Aber auch ohne den Crash wäre erneut nicht viel mehr herausgesprungen als ein oder zwei Pünktchen.

Der Grund: "Besonders mit Jenson haben wir wieder Probleme mit den Reifen", erklärte Teamchef Ross Brawn. "Es war wieder der Fluch mit den Reifen-Temperaturen, wir haben sie einfach nicht richtig zum Arbeiten bekommen."

Button hat Glück im Unglück

Bei allen Pleiten der letzten Rennen hat Button noch Glück, dass sich seine Verfolger brav im Punktesammeln abwechseln. So hat der Brite trotz der mageren Ausbeute von nur elf Punkten in fünf Rennen immer noch 16 Zähler Vorsprung.

Entsprechend gelassen gibt sich Button noch: "Es gibt keinen Grund, niedergeschlagen zu sein. Es hätte schlimmer kommen können, immerhin hatten wir erwartet, dass Red Bull hier leicht gewinnen würde. Letztlich habe ich aber nur zwei Punkte in der Fahrerwertung verloren."

Brawn: "Die Fahrer stehen unter einem gewaltigen Druck"

Stimmt. Aber die Tendenz der letzten Rennen macht ihn insgeheim doch nervös. Das ließ Ross Brawn durchblicken, als er der "BBC" verriet: "Die Fahrer stehen unter einem gewaltigen Druck. In einer solchen Situation haben wir uns bislang noch nie befunden. Daran muss sich Jenson gewöhnen."

Schafft er das nicht, droht der sicher geglaubte WM-Titel ihm noch aus den Fingern zu gleiten. "Wenn Button weiterhin so schlecht ist, dann wird es noch mal richtig spannend", sagte Surer.

Gegen Teamkollege Barrichello, der nach seinem siebten Platz von Spa weiterhin Zweiter in der Fahrerwertung ist. Aber auch gegen Vettel. "Er kann noch Weltmeister werden", sagte Surer. "Das Problem ist: Er muss Motoren schonen. Er kann nicht voll attackieren bis zum Schluss, aber wenn er ein bisschen Glück hat, ist alles drin."

Vettel: "Die WM ist noch völlig offen"

So sieht es auch Vettel selbst. Aufgeben gibt es bei dem 22-Jährigen nicht: "Die WM ist noch völlig offen und ein bisschen verrückt. Als ich noch klein war, war es oft langweilig und man wusste schon früh, wer Weltmeister wird. In diesem Jahr ist es dagegen so eng. Ich habe sechs wichtige Punkte aufgeholt und mehr Punkte gemacht als Jenson und Rubens Barrichello. Es geht auf und ab."

Für Vettel sollte es ab jetzt allerdings nur noch aufwärts gehen. Denn bei 19 Punkten Rückstand und noch fünf verbleibenden Rennen muss er pro Grand Prix im Schnitt vier Zähler auf Button aufholen.

Da sind keine Motorschäden und schlechte Starts mehr drin.

Rennergebnis und WM-Stand