"Lieber für ein paar Rennen sperren"

Von dpa
mclaren, motorhome
© Getty

Hamburg - Die Zeitungen im Ferrari-Land Italien heulen auf und sprechen von einer "Farce". Formel-1-Experten wundern sich dagegen über das drakonische FIA-Urteil gegen McLaren-Mercedes. Für IOC-Vizepräsident Thomas Bach ist die Entscheidung "zwiespältig".

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Ex-Weltmeister Niki Lauda befürchtet "auf jeden Fall" einen nachhaltigen Imageverlust für die Branche. "Dies ist ein extrem hartes Urteil. Ich habe noch nie in irgendeiner Sportart von einer solch hohen Strafe gehört", sagte der Österreicher im Interview.

Das britische Team war in der obskuren Spionage-Affäre um geheime Ferrari-Daten vom Motorsport-Weltrat des Internationalen Automobil-Verbands FIA zu einer Rekordgeldstrafe von 100 Millionen Dollar und dem Abzug sämtlicher Punkte in der Konstrukteurs-Weltmeisterschaft verurteilt worden.

Die McLaren-Mercedes-Piloten Lewis Hamilton und Fernando Alonso dürfen ihre Punkte indes behalten und können sich so weiter ein spannendes Rennen um den WM-Titel liefern.

Kaum Verständnis für Verschonung der Fahrer 

"Im Sinne eines glaubwürdigen Wettbewerbes verstehe ich nicht, warum die Fahrer verschont werden. Die Entscheidung ist meiner Meinung nach zwiespältig", sagte Thomas Bach, der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), der dpa am Freitag.

"Ich finde es etwas eigenartig, dass man Konstrukteurs- und Fahrerwertung trennen kann", sagte der frühere Formel-1-Champion Keke Rosberg dem TV-Sender Premiere. "Natürlich tut die Geldstrafe weh. 100 Millionen Dollar reißen schon ein Loch in die Kasse", meinte der Finne.

 Toro Rosso-Teammitbesitzer Gerhard Berger sieht das anders. "Man muss die 100 Millionen Dollar in Relation sehen. Das ist bei McLaren vielleicht ein Fünftel des Budgets. Das werden sie überleben", sagte der Österreicher. Ex-Rennfahrer Hans-Joachim Stuck findet den Punktabzug "o.k.", die hohe Geldstrafe dagegen überzogen. "Das macht keinen Sinn", sagte er dem "ZDF", "lieber für ein paar Rennen sperren".

Heftige Reaktionen in der Presse

Mit kritischen und teilweise bissigen Kommentaren hat die internationale Presse auf das Urteil reagiert. "McLaren bestraft, die Piloten sind gerettet. Das ist eine Justiz mit doppelter Heuchelei! Ein schwarzer Tag für den Sport und jeden, der glaubt, in der Formel 1 gebe es noch eine Ethik", stellte der "Corriere della Sera" fest. "Tuttosport" sekundierte: "Dieses Urteil ist eine Farce."

"Das Urteil von Paris ist für McLaren-Mercedes brutal", befand die Schweizer Boulevardzeitung "Blick" und fragte: "Lassen die Stuttgarter endlich ihre Muskeln spielen oder fühlen sie sich neben dem selbstherrlichen McLaren-Boss Ron Dennis weiter als silberner Geldesel wohl?" Jetzt sei der richtige Zeitpunkt, "einen alten Plan zu verwirklichen und McLaren ganz zu kaufen".

Nach Meinung des "Landboten" (Schweiz) hat Ferrari lediglich einen Etappensieg errungen, "mit allen Mitstreitern zusammen aber viel mehr verloren, die Glaubwürdigkeit der Formel 1 und damit wohl bald auch prominente Sponsoren".

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