Er ist seit Dirk Nowitzki der größte Name in der BBL: Boki Nachbar spielte sechs Jahre in der NBA und stand bei namhaften europäischen Topklubs unter Vertrag, bevor er in diesem Sommer bei den Brose Baskets Bamberg unterschrieb. Eine gute Entscheidung: In der Euroleague ist er mit 14,8 Punkten der zehntbeste Scorer. Der 32-Jährige über sein Leben als "Big Thing", Bambergs Center-Juwel und ein mögliches NBA-Comeback.
SPOX: Herr Nachbar, wie fühlt sich ein europäischer Basketball-Star in einer Liga, die eigentlich zu klein für einen ist? Sie sind der größte Name, der je in der BBL gespielt hat...
Bostjan Nachbar: ... da muss ich gleich einhaken, so nett die Worte sind. Wir dürfen nie vergessen: Dirk Nowitzki hat - wenn auch nur für eine kurze Zeit - als Teenager in der Bundesliga gespielt und ich glaube, dass er bereits damals besser war als ich. Dass für mich Superlative gefunden werden, ist ein großes Kompliment - trotzdem kann ich das nicht so richtig glauben.
SPOX: Sie bemerken jedoch, dass Ihre Unterschrift in Bamberg als Signal für die gesamte BBL gesehen wird?
Nachbar: Ja, das schon. Nur: Ich versuche, mich davon freizumachen. Wenn man plötzlich als "Big Thing" angesehen wird, wächst dadurch der Druck und man fühlt sich unter Zugzwang, noch mehr zu bringen, als man kann.
SPOX: Sie standen sechs Jahre in der NBA unter Vertrag, spielten in Europa für große Klubs wie Benetton Treviso und Efes Pilsen. Waren Sie sich vor dem Wechsel unsicher, ob das kleine Bamberg die richtige Entscheidung ist?
Nachbar: Es war definitiv ein riskanter Wechsel. Viele Leute zeigten sich überrascht und fragten mich, warum ich das mache. Ich selbst fragte mich lange, ob ich das machen soll. Als ich im Sommer letzten Jahres über meinen Agenten erstmals vom Bamberger Interesse gehört hatte, kam es für mich nicht in Frage. Aber je mehr ich darüber nachdachte, umso mehr mochte ich die Idee, nach Bamberg zu gehen. Sehr geholfen hatte es, dass Manager Wolfgang Heyder und Coach Chris Fleming extra nach Litauen geflogen kamen, um mich im Trainingslager der slowenischen Nationalmannschaft zu besuchen. Dieses Zeichen des Respekts bedeutete mir sehr viel.
SPOX: Und was gab letztlich den Ausschlag?
Nachbar: Das gute Gefühl - und Casey Jacobsen. Ich kenne Casey seit unserer gemeinsamen Zeit bei den New Orleans Hornets und er schwärmte mir davon, wie schön es in Bamberg ist. Er war ein guter Ratgeber. Bereits nach etwas mehr als sechs Monaten kann ich sagen, dass der Wechsel nach Bamberg eine der besten Entscheidungen meiner Karriere waren.
SPOX: Aus finanzieller Sicht dürfte es wesentlich bessere Angebote gegeben haben. Alleine in der NBA verdienten Sie insgesamt fast 12 Millionen Dollar. Und bei Dynamo Moskau besaßen Sie einen der bestdotierten Verträge aller Zeiten in Europa.
Nachbar: Geld spielte keine Rolle. Ich hatte das Privileg, in meiner Karriere gute Verträge unterschreiben zu dürfen, entsprechend besaß das Finanzielle keine Priorität. Mir ging es darum, ein Team zu finden, das um Meisterschaften spielt und mich braucht als Leistungsträger und als Leader.
SPOX: Wie gefällt Ihnen das Leben in Bamberg?
Nachbar: Es erinnert mich an meine Kindheit. Ich wuchs in Slowenien in einem Städtchen auf, das nur 5000 Einwohner hat. Jetzt fühlt es sich so an, als ob ich in meine Heimat zurückgekehrt wäre. Ich lebte in Houston, New York, Moskau, Istanbul - wobei mir das einfache Leben besser gefällt. Hier ist es wunderbar unkompliziert, es gibt vor allem keinen Verkehrstau, was mir in den Metropolen furchtbar auf die Nerven ging. Gleichzeitig muss ich in Bamberg auf nichts verzichten, selbst die großen Flughäfen sind in der Nähe.
SPOX: Und die Infrastruktur?
Nachbar: Sie ist viel besser als gedacht. Organisatorisch ist die BBL ohnehin top und speziell Bamberg besitzt zusätzlich diesen ganz besonderen Fan-Support. Ich war schon in vielen Ländern, doch was ich hier erlebe, ist einzigartig. Es gibt generell nicht viele Klubs auf der Welt, bei dem die Fans so intensiv mit dem Team mitfiebern. Sie sind so enthusiastisch, dass einige sogar zu meinem Haus kamen und klingelten. Das ist vielleicht ein bisschen too much, aber am Ende alles kein Problem. (lacht)
SPOX: Nur: Erfüllt Bamberg Ihre sportlichen Ambitionen? In der Top-16-Runde gab es aus 8 Spielen 8 Niederlagen.
Nachbar: Unser wichtigstes Ziel vor der Saison lautete, die Vorrunde zu überstehen und die Top 16 zu erreichen. Das haben wir geschafft. Und in der Top 16 waren einige unglückliche Niederlagen dabei wie bei Zalgiris Kaunas. Allerdings hätten wir uns schon gewünscht, dass wir das eine oder andere Spiel gewinnen und etwas näher am Playoff-Viertelfinale sind.
Teil II: Nachbar über ein NBA-Comeback und Bambergs Center-Juwel
SPOX: Bamberg definiert sich über das Kollektiv und feierte in der BBL den 11. Sieg in Folge. Gleich acht Spieler weisen einen zweistelligen Punkteschnitt auf. Umgekehrt argumentiert: Benötigt die Mannschaft mehr individuelle Star-Power, um in der Euroleague noch erfolgreicher zu sein?
Nachbar: Zunächst einmal: Der Kollektivgedanke ist die Basis von allem. Das macht uns so stark. Zumal der generelle Trend im Basketball dahingeht, dass jede Mannschaft viele Waffen besitzen muss, um nicht ausrechenbar zu sein. Gleichzeitig verstehe ich natürlich auch die Frage: Es muss Gründe geben, warum es in der Top 16 nicht ganz reicht.
SPOX: Und?
Nachbar: Vor allem hängt es mit der Unerfahrenheit zusammen. Maik Zirbes spielt erstmals in der Euroleague und ist sofort unser Starting Center. Philipp Neumann steht mit seinen 21 Jahren ebenfalls in der Rotation. Selbst für Teddy Gipson, jetzt 33 geworden, war die Euroleague komplett neu. Daher ist es nicht verwunderlich, wenn sich die fehlende Routine in den engen Situationen zeigt.
SPOX: Heißt: Bamberg müsste sich mit Euroleague-Größen verstärken, um sich nächste Saison in der Top 16 zu bewähren?
Nachbar: Nein, das Entscheidende ist Geduld. Wir haben eine unglaublich talentierte Truppe zusammen. Wenn man den Spielern ein, zwei Jahre zur Entwicklung gibt, könnte etwas Tolles entstehen. Einige sind nicht weit weg davon, europäisches Top-Level zu erreichen. Zum Beispiel Maik Zirbes: Wenn er weiter an sich arbeitet, steht ihm eine großartige Zukunft bevor. Er bringt alles mit für einen Center europäischer Klasse. Vor allem gefallen mir seine weichen Hände.
SPOX: Sie sprechen von Bambergs Zukunft. Können Sie sich vorstellen, über die Saison hinaus zu bleiben?
Nachbar: Nach der Saison ist genügend Zeit, um sich Gedanken zu machen. Zunächst geht es darum, erneut die Championship nach Bamberg zu holen, dann schauen wir weiter. Klar ist: Die Brose Baskets sind mein erster Ansprechpartner und genießen Priorität.
SPOX: Wie oft denken Sie an eine Rückkehr in die NBA?
Nachbar: Nicht so oft, wie einige vermuten. Die zwei Jahre in der Türkei bei Efes Pilsen zwischen 2009 und 2011 waren der Tiefpunkt meiner Karriere. Ich hatte am Ende noch eine Knöchelverletzung erlitten, von der ich mich erst nach sechs Monaten erholte. Daher musste ich erst einmal die Gewissheit bekommen, ob ich überhaupt wieder auf gutem Niveau Basketball spielen kann. Seit ich in Bamberg bin, weiß ich, zu was ich noch fähig bin.
SPOX: Die Nachfrage: Wie oft denken Sie an eine Rückkehr in die NBA?
Nachbar: Natürlich ist die NBA eine Art Magnet für jeden Basketballer, sie übt eine Anziehungskraft aus. Und es ist auffällig, dass die NBA mittlerweile auf ältere Spieler achtet, die in Europa überzeugen. Das sah man bei Pablo Prigioni und Mirza Teletovic. Trotzdem bin ich mir nicht sicher, ob ich zusagen würde, selbst wenn ich von einem NBA-Team ein konkretes Angebot erhalte. Es muss alles stimmen, um auf die andere Seite der Welt umzuziehen. Ich würde nur unterschrieben, wenn der Klub gut organisiert ist, wenn der Trainer eine Rolle für mich vorsieht und wenn die Stadt meiner Familie gefällt.
SPOX: Verspüren Sie ein Grundbedürfnis, es der NBA noch einmal zu zeigen? In den sechs Jahren deuteten Sie in einzelnen Spielen an, dass in Ihnen ein potenzieller All-Star schlummern könnte. Nur es mangelte an der Beständigkeit.
Nachbar: Was man wissen muss: Ich hatte nie die Gelegenheit, über eine längere Zeit in der Starting Five zu stehen. So war ich immer der X-Faktor von der Bank, der nur reinkommt, wenn Bedarf bestand. So war es schwierig, konstant zu sein. Dennoch blicke ich zufrieden zurück. Ich hätte damals, 2008, auch in der NBA bleiben können, ich hatte Optionen. Ich entschied mich bewusst dazu, zurück nach Europa zu gehen.
SPOX: Die Aufenthalte bei Dynamo Moskau, Pilsen und UNICS Kasan verliefen jedoch weitestgehend enttäuschend.
Nachbar: Deswegen weiß ich es sehr zu schätzen, wie gut es uns in Bamberg geht. Ich fand meinen Platz in der Mannschaft und meine Familie lebt gerne hier. Das möchte ich nicht einfach so wegschmeißen.
Der gesamte Spielplan der Euroleagiue
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