Tyrese Rice und Lawrence Roberts wechselten vor der Saison zum FC Bayern. Im Interview sprechen die beiden US-Boys über die erste Playoff-Runde gegen Alba (Mi., 19.30 Uhr im LIVE-TICKER), die Auswärtsschwäche der Münchner, den Stellenwert der BBL und Coach Svetislav Pesic.
SPOX: Herr Roberts, Herr Rice, die Playoffs haben begonnen und Sie sind mit einem überzeugenden Sieg über Alba gestartet. Was erwarten Sie sich für die Postseason?
Lawrence Roberts: Wir wollen natürlich diese erste Serie gewinnen und ich glaube, dass wir durch den Heimvorteil auch gute Chancen haben. Weiter wollen wir jetzt allerdings noch nicht denken.
Tyrese Rice: Natürlich wollen wir gewinnen, das wollen die anderen sieben Teams allerdings auch. Es ist eine große Herausforderung, es wird definitiv hart, aber wir erwarten von uns, dass wir das leisten, wozu wir im Stande sind.
SPOX: Wie schätzen Sie die Berliner ein?
Rice: Sie haben einige toughe Jungs. Ihre Coaches lassen sie sehr hart spielen. Sie haben individuell sehr starke Spieler. Es wird nicht leicht. Wir haben drei Mal gegen sie gespielt und zwei Mal haben sie uns überrannt. Einmal haben wir sie überrannt. Es wird definitiv eine harte Serie.
SPOX: Im Pokal hatten Sie gegen Alba speziell beim Rebounding große Probleme. Können Sie das jetzt umdrehen?
Roberts: Definitiv. Damals haben sie zu Hause gespielt und haben sehr aggressiv begonnen. Ich persönlich konnte wegen meiner Gesichtsfraktur kaum spielen. Diesmal sind wir alle gesund und besser vorbereitet. Deshalb werden wir auch keine Probleme beim Rebounding oder mit ihrem physischen Spiel haben.
SPOX: Ihre beiden Niederlagen gegen Alba haben Sie in Berlin kassiert. Ist der Heimvorteil speziell in dieser Serie ein großer Vorteil?
Rice: Der Heimvorteil ist in jeder Serie wichtig. Dieser erste Sieg zu Hause war wichtig für unser Selbstbewusstsein, das macht einiges leichter. Aber wir müssen immer noch nach Berlin und dort ein Spiel gewinnen. Wir wollen uns nicht nur auf den Heimvorteil verlassen.
SPOX: Stichwort Heimvorteil. Das Team hat in letzter Zeit - wie im vergangenen Jahr - auswärts wieder große Probleme gehabt. Woran liegt das?
Roberts: Zu Hause spielt man einfach ein wenig aggressiver, dort fühlt man sich wohler. Wenn du auswärts einmal den Fokus verlierst, ist es schwer, wieder deinen Rhythmus zu finden - egal, wie gut du bist. Genau das passiert uns allerdings hin und wieder. Wir kommen dann zwar ganz gut zurück, aber dieser eine Moment hat uns bereits einige Spiele gekostet. Das ist das größte Problem. Aber ich denke, dass wir das in den Playoffs besser hinbekommen. Dort ist alles viel intensiver und man ist wesentlich fokussierter.
SPOX: Bayern erwartet in fremden Hallen regelmäßig eine sehr aufgeheizte, fast feindselige Atmosphäre, die mit Sicherheit auch vom Fußball herrührt. Wie gehen Sie als Basketballer damit um? Ist das vielleicht einer der Gründe, weshalb es auswärts nicht so läuft?
Rice: Das denke ich nicht. Wenn man sich die Spiele anschaut - wir hätten eigentlich alle gewinnen können, haben am Ende der Spiele aber irgendwie nachgelassen. Wir müssen solche Spiele einfach zu Ende spielen. Wir sind jetzt an einem Punkt in der Saison angekommen, an dem wir uns derartige Auszeiten nicht mehr leisten können, an dem wir deutliche Führungen nicht mehr einfach verspielen dürfen. Wir müssen einen Weg finden, diese Spiele zu Ende zu spielen und zu gewinnen.
Roberts: Wenn es laut wird und die Fans gegen uns sind, rücken wir einfach noch näher zusammen. Aber im Grunde ist es auswärts immer feindselig, deshalb müssen wir einfach darauf vorbereitet sein. Wenn wir die Fans früh rausnehmen und gut anfangen, wird es schnell ruhiger.
SPOX: Svetislav Pesic hat das Team nach wenigen Spielen übernommen und Sie haben sich unter ihm deutlich gesteigert. Was macht ihn so speziell?
Roberts: Er ist einfach ein Perfektionist. Er lässt dich so lange nicht in Ruhe, bis du die Dinge richtig machst. Das ist wahrscheinlich der größte Unterschied. Er akzeptiert nie weniger als 100 Prozent. Mal abgesehen von den Basics und davon, dass er unglaublich viel über Basketball weiß und auch genau weiß, was er will, versteht er, was er von den einzelnen Spielern und vom gesamten Team erwarten kann. Das hat uns als Team sehr verändert.
Rice: Er hat unglaublich viel verändert. Wenn man uns am Beginn der Saison anschaut und dann jetzt - das sind im Grunde zwei völlig unterschiedliche Teams. Ich kann mir unsere Spiele vom Anfang der Saison eigentlich gar nicht mehr anschauen. Der Coach hat uns die Hartnäckigkeit, die Konzentration, die Toughness gebracht, die wir brauchen.
SPOX: Also würden Sie sagen, dass jetzt jeder weiß, was er auf dem Court zu tun hat?
Rice: Absolut. Das macht alles leichter. Jetzt können wir schneller spielen, härter spielen, weil jeder einfach weiß, dass die anderen hinter ihm stehen. Dazu stimmen die Automatismen in der Offense. Jeder weiß, wo sich der andere befindet.
Hier geht's weiter: "Wir können es mit jedem in dieser Liga aufnehmen"
SPOX: Sie beide kommen in letzter Zeit häufig von der Bank. Kommt es Ihnen entgegen?
Roberts: Ich musste mich ein wenig daran gewöhnen. Es ist nicht einfach, inzwischen passt es. Ich weiß, dass ich der Mannschaft von der Bank neues Feuer bringen kann. Das will der Trainer von mir. Ich habe ja schon vorher für ihn gespielt. Und ich weiß, dass er von mir erwartet, mit viel Energie ins Spiel zu kommen und die Intensität hochzuhalten.
Rice: Ich habe damit kein Problem. Ich habe gar nicht die Zeit, mir darüber Gedanken zu machen. Wenn es das Beste für das Team ist, dass ich von der Bank komme, dann muss ich das machen.
SPOX: Ist es vielleicht sogar gut für Ihr Spiel? Schließlich sind Sie immer noch Topscorer des Teams.
Rice: Ich versuche, das zu meinem Vorteil zu nutzen. Ich kann mir das Spiel schon mal anschauen, die Schiedsrichter beobachten. So sehe ich, wie sie pfeifen. Außerdem kann ich die anderen Spieler beobachten und sehen, wie ein Spieler des Gegners auf verschiedene Defensiv-Systeme reagiert. Dadurch versteht man das Spiel besser, ehe man reinkommt. Nichts ist mehr komplett neu. Man weiß, was einen wartet.
SPOX: Sie haben bereits für einige europäische Klubs gespielt - auch in Top-Ligen. Wo sehen Sie den größten Unterschied zwischen den absoluten Top-Ligen und der BBL?
Roberts: Die BBL ist definitiv eine gute Liga, aber der größte Unterschied liegt wohl im Leistungsgefälle. Dennoch gibt es hier viele gute Teams. Es gibt im Grunde nichts Schlechtes über die Liga zu sagen. Man muss einfach weiter versuchen, gute Spieler zu verpflichten, um die einzelnen Teams zu verbessern.
Rice: Die BBL ist eine sehr schnelle Liga. Viele Punkte. Viele Fast Breaks. Letztes Jahr habe ich gegen Teams wie ZSKA Moskau gespielt. Gegen diese Mannschaften ist das Spiel deutlich langsamer. Dort spielt jeder auf seiner Position, deshalb muss man durchdachter spielen. Hier spielt ein Small Forward zum Beispiel teilweise als Power Forward. Das verändert die Matchups.
SPOX: Was fehlt der BBL noch?
Roberts: Die Top-Teams müssen sich in Europa etablieren, sich einen Namen machen. Die anderen Mannschaften sollten dem Beispiel dann folgen und sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten weiter verbessern. Das wird der Liga im Allgemeinen helfen und sie auch im internationalen Vergleich aufwerten. Wenn es so weitergeht, kann ich mir sehr gut vorstellen, dass immer mehr Spieler in die BBL kommen wollen.
Rice: Das denke ich auch. Yotam Halperin stand beispielsweise bereits im Finale der Euroleague. Lawrence erreichte letztes Jahr das Final Four im Eurocup und der VTB. So lange solche Leute kommen, wird die BBL immer besser werden.
SPOX: Es ist also ein Prozess?
Rice: Genau. Die Liga wird immer besser. Sie ist jetzt besser, als vor zwei Jahren, als ich für Artland gespielt habe. Bamberg und Alba standen dieses Jahr immerhin in den Top 16 der Euroleague.
SPOX: Noch mal zum FC Bayern. Wie sehen Sie Ihre eigenen Titelchancen?
Roberts: Das ist natürlich unser großes Ziel. Wir sagen nicht, dass wir diese eine Playoff-Serie gewinnen wollen und dann glücklich sind. Wir wollen schon alles gewinnen. Wir haben ein großartiges Team. Wir können es mit jedem in dieser Liga aufnehmen, dessen müssen wir uns bewusst sein. Wenn wir fokussiert sind, können wir jeden schlagen. Deshalb kann ich mir sehr gut vorstellen, dass wir am Ende tatsächlich den Titel holen.
Rice: Ich würde natürlich auch nicht sagen, dass wir keine Chance haben. Aber an die Meisterschaft denke ich noch nicht. Sollten wir tatsächlich soweit kommen, kann man sich darüber Gedanken machen. Aber jetzt müssen wir erst mal die Serie gegen Berlin spielen, darauf liegt der Fokus.
Die BBL-Playoffs im Überblick
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