Die BBL startet in die neue Saison (Bayern-Oldenburg, 16.35 Uhr im LIVE-TICKER). Wie meistern die Brose Baskets Bamberg den Umbruch? Was passiert beim FC Bayern nach der Bauermann-Entlassung? Warum ist bei Alba Berlin der Trainer der Star? Und wer sind die Herausforderer für die großen Drei? SPOX hat die 6 Top-Teams unter die Lupe genommen.
Brose Baskets Bamberg
Projected Starting Lineup: Goldsberry, Gavel, Jacobsen, Nachbar, Ogilvy
Double geholt. Double geholt. Double geholt. Was Bamberg in den vergangenen Jahren geleistet hat, verdient nur ein Wort: wow. Mit der jahrelangen Kontinuität im Kader ist es jetzt aber vorbei. Sechs absolute Leistungsträger haben den Verein verlassen. Klassischer Fall von Umbruch.
Die schlimmsten Verluste sind ohne Frage Center Tibor Pleiß (Caja Laboral Vitoria) und Forward P.J. Tucker (Phoenix Suns). Aber auch die Abgänge von Brian Roberts (New Orleans Hornets), Marcus Slaughter (Real Madrid), Predrag Suput (Cedevita Zagreb) und Julius Jenkins (Oldenburg) kann man nicht einfach mal eben kompensieren.
Allerdings wäre Bamberg nicht Bamberg, wenn man auf die Abgänge nicht exzellent reagiert hätte. Die Brose Baskets haben es geschafft, eine Mannschaft zusammenzustellen, die potenziell nicht schlechter sein muss als die der letzten Jahre. Der Coup schlechthin war die Verpflichtung von Ex-NBA-Star Bostjan "Boki" Nachbar. Der Slowene wechselte aus Kazan nach Bamberg und soll der neue Go-to-Guy werden. Die ersten Eindrücke bestätigen das, was eh schon klar war: Nachbar wird diese Rolle formidabel ausfüllen und das Bamberger Spiel prägen.
Auf der Center-Position ruhen die Hoffnungen auf A.J. Ogilvy und Nationalspieler Maik Zirbes. Der Australier Ogilvy, Ex-College-Star von Vanderbilt, hat schon zwei Europa-Stationen (Besiktas, Valencia) hinter sich. In Spanien war Ogilvy zuletzt nicht mehr glücklich, in der BBL will er sich neu beweisen. Der 22-jährige Zirbes kam aus Trier und sollte sich unter Coach Chris Fleming zu einem richtig starken BBL-Center entwickeln.
Combo-Guard Sergerio "Teddy" Gipson kennen die BBL-Fans aus seiner Zeit in Paderborn. Zuletzt spielte der Lefty einige Jahre in Frankreich (Pau-Orthez) - er ist in erster Linie ein explosiver Scorer. Forward Sharrod Ford hätte in der letzten Saison eigentlich für die Bayern auflaufen sollen, doch dann wurde sein Vertrag kurzfristig aufgelöst. Es bleibt abzuwarten, was Ford leisten kann. Über sein Potenzial gibt es aber keine Zweifel.
Größtes Fragezeichen ist das Comeback von Point Guard John Goldsberry, der wegen eines Knorpelschadens im linken Knie eine einjährige Verletzungspause machen musste und sicher noch einige Zeit braucht, um wieder zu alter Form zu finden.
FC Bayern München
Projected Starting Lineup: Rice, Halperin, Thomas (Benzing), Troutman, Homan
Die Entlassung von Coach Dirk Bauermann - wenige Tage vor Saisonstart - bleibt ein absoluter Schocker. Geht das Experiment mit dem neuen Chef Yannis Christopoulos schief, wird es in München ungemütlich werden.
Denn eines ist klar: Die Bayern haben wahrscheinlich auf dem Papier den besten Kader der BBL zusammen und müssen im Jahr zwei um die Meisterschaft mitspielen. Alles andere wäre ein grandioses Underachievement.
Uli Hoeneß machte völlig unmissverständlich klar, dass ein Erreichen des Viertelfinales im ersten Jahr okay ist, aber jetzt muss der nächste Schritt kommen. Und zwar bitteschön FC-Bayern-like. Die Mannschaft wurde schließlich mit vier Hochkarätern verstärkt. Neuer Star des FC Bayern ist Yotam Halperin. Mit dem israelischen Guard, der aus St. Petersburg kam, hat der FCB einen großen Namen des europäischen Basketballs verpflichtet.
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Er wird eine "Attraktion für die BBL", wie Sportdirektor Marko Pesic im SPOX-Interview ankündigte. Halperin wird zusammen mit Tyrese Rice einen potenziell überragenden Backcourt bilden. Rice, vor zwei Jahren eine Saison für die Dragons aktiv, spielte in der letzten Saison in Litauen (Lietuvos Rytas Vilnius). Mit Rice haben die Bayern auf der Eins einen phänomenalen Scorer, der zudem in puncto Teamführung gereift ist.
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Als Schlüsselverpflichtung könnte sich aber Big Man Lawrence Roberts (auch Vilnius) erweisen. Den Ex-NBA-Spieler zeichnet vor allem eine hohe Spielintelligenz aus - er wird gemeinsam mit Jared Homan und Chevon Troutman die Hauptlast unter dem Korb tragen. Forward Brandon Thomas (Artland) wird ein wichtiger Rollenspieler. Sollte Robin Benzing erneut zu unkonstant auftreten, kann Thomas übernehmen. Die Mannschaft ist insgesamt sehr tief besetzt.
Alba Berlin
Projected Starting Lineup: Avdalovic, Wood, Morley, Thompson, Miralles
Es war wieder mal Umbruch-Time bei Alba. Sechs neue Spieler kamen in die Hauptstadt - und dazu ein neuer Coach. Sasa Obradovic war zwischen 1994 und 1997 der absolute Publikumsliebling in Berlin. Er war unter anderem der Leader beim Korac-Cup-Triumph 1995, jetzt soll er die Albatrosse als Coach zur Meisterschaft führen.
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Man muss sich mal folgendes vor Augen führen: Der einstige Serienchampion Alba hat in den letzten neun Jahren nur einmal den Titel geholt. Für Berliner Ansprüche eigentlich zu wenig. Mit Obradovic, der das Alba-Gen in sich trägt und für leidenschaftlichen Team-Basketball steht, soll es jetzt mal wieder klappen.
Dafür gestatteten ihm die Bosse auch, dass er sich selbst seine Mannschaft zusammenstellt. Neuer Starting-Point-Guard ist der Serbe Vule Avdalovic (BC Donezk), der Obradovic aus der Ukraine nach Berlin folgte. Avdalovic, Topscorer Dashaun Wood, Identifikationsfigur Heiko Schaffartzik - es ist ein Guard-Trio, das die BBL rocken wird.
US-Forward Zach Morley (BC Budivelnik Kiew) brachte Obradovic ebenfalls aus der Ukraine mit. 2011 war Morley MVP der ukrainischen Playoffs - auch er passt mit seiner Vielseitigkeit und hohem Basketball-IQ perfekt zum Obradovic-Basketball. Morley ist nicht der einzige US-Neuzugang. Combo-Center Deon Thompson war mit den North Carolina Tar Heels College-Champion, in den letzten beiden Jahren schaffte er es in Griechenland (Kallitheas) und Slowenien (Union Ljubljana) zum All Star. Er wird wohl gemeinsam mit Wood die erste Offensivoption werden.
Mit dem Spanier Albert Miralles kam dazu noch ein weiterer Combo-Center. Der 30-Jährige kam in der letzten Saison in der italienischen Liga im Schnitt auf knapp 11 Punkte und 7 Rebounds für Angelico Biella. Außerdem neu ist der bosnische Flügelspieler Nihad Djedovic (Galatasaray). Der 22-Jährige gilt als großes Talent, dem Obradovic sogar "NBA-Potenzial" attestiert.
Der absolute Tiefschlag der Vorbereitung war die schwere Verletzung von Nathan Peavy (Kreuzbandriss). Der Big Man, der von den Dragons nach Berlin gewechselt war, wäre ein absoluter Schlüsselspieler gewesen. Alba sucht nach Ersatz, wird aber kurzfristig auf keinen Fall jemanden finden können, der Peavys Qualitäten (stark unter dem Korb und von draußen) mitbringt. Mit Peavy wäre der Alba-Kader auf einer Stufe mit Bamberg und Bayern gewesen, so muss das Spielsystem doch erheblich über den Haufen geschmissen werden. Abwarten.
ratiopharm Ulm
Projected Starting Lineup: Günther, Ray, Schwethelm, Esterkamp, Bryant
Die Ulmer waren das große Überraschungsteam der letzten Saison. Da wurden sie von einigen als Abstiegskandidat gehandelt, und dann stieß die Mannschaft von Thorsten Leibenath auf überragende Art und Weise bis ins Playoff-Finale vor. Und es ist nicht damit zu rechnen, dass Ulm in dieser Saison abstürzen könnte.
Vier Faktoren sprechen dafür, dass Ulm wieder ganz oben mitmischen kann. 1. Leibenath hat sich mit erst 37 Jahren als Top-Coach etabliert. 2. Per Günther führt weiter Regie - er hat in der letzten Saison den Schritt zum Star-Point-Guard gemacht. 3. JOHN BRYANT. Der MVP der letzten Saison spielt weiter in Ulm.
Im Prinzip waren sie alle hinter dem Top-Center und Rebound-Monster her (ausländische Top-Klubs, auch der FC Bayern), aber Bryant hat sich gegen die finanziell lukrativeren Angebote entschieden und ist in Ulm geblieben. Bryant ist ein bemerkenswerter Charakter.
4. Allan Ray. Bryant wird in der Zone wieder nicht zu stoppen sein, aber er kann es naturgemäß auch nicht alleine richten. In der letzten Saison hatte Bryant Guard Isaiah Swann als Unterstützung, dieser wechselte aber jetzt in die Türkei (Gaziantep BSB). Es ist bezeichnend, wie weit sich Ulm schon entwickelt hat, dass man auf den Swann-Abgang mit der Verpflichtung eines Kalibers wie Allan Ray reagieren konnte. Ray hat in seiner Karriere 47 Spiele (5 als Starter) für die Boston Celtics absolviert, in der letzten Saison spielte der Shooting Guard in Frankreich (15,2 Punkte für Pau-Orthez).
Die beiden interessantesten deutschen Personalien sind Philipp Schwethelm und Daniel Theis. Schwethelm ist von den Bayern ausgeliehen und nach einer zuletzt stagnierenden Entwicklung gefordert. Power-Forward Supertalent Theis kam aus Braunschweig, wirkt mit seinen 20 Jahren schon extrem abgeklärt und stand in der Preseason schon einige Male in der ersten Fünf.
Auf den bitteren Saisonausfall von Tommy Mason-Griffin (Knorpelschaden) reagierte Ulm mit dem Transfer von Lance Jeter. Der bullige Guard war in der letzten Saison zweitbester Scorer in den Niederlanden (Leeuwarden).
Artland Dragons
Projected Starting Lineup: Valters (Mallet), Haynes, Taylor, Drevo, King
Nach dem Halbfinal-Einzug in der letzten Saison ist das Team von Stefan Koch wieder einer der großen Herausforderer der großen Drei (Bamberg, Bayern, Berlin). Zauberzwerg David Holston hat die BBL nach einer Sensations-Saison zwar wieder in Richtung Türkei (Mersin BSB) verlassen, aber dafür holte Artland Demond Mallet nach Deutschland zurück.
Wenn man den schmerzlichen Verlust von Holston irgendwie kompensieren kann, dann mit Mallet. Der 34-jährige Top-Guard, der zwischen 2001 und 2007 in Deutschland aufzockte, steht für Winner-Mentalität und Leadership. Umso bitterer, dass die Dragons-Fans erst mal noch eine ganze Weile auf ihren neuen Liebling warten müssen. Mallet riss sich kurz vor dem Start der Vorbereitung einen Brustmuskel ein und fällt erst mal aus.
Als Ersatz holten die Dragons den Letten Kristaps Valters (Zweimonats-Vertrag mit Verlängerungsoption), der zwischen 2004 und 2006 in Oldenburg spielte und zuletzt bei Unicaja Malaga in Spanien unter Vertrag stand. Es hat sich insgesamt wieder einiges getan in Quakenbrück.
Neben Holston sind auch Nathan Peavy, Brandon Thomas, Darren Fenn oder Bryan Bailey gegangen. Der Klub hat aber eine Menge Geld in die Hand genommen, um erneut eine schlagkräftige Truppe zu formieren. Der pfeilschnelle Combo-Guard MarQuez Haynes kam aus Spanien (C.B. Gran Canaria), auch Forward Bryce Taylor (Alba), Center Petar Popovic (Roter Stern Belgrad), US-Forward Andrew Drevo (Iowa Energy) und Flügelspieler Sergio Kerusch (Aris Thessaloniki) sind neu.
Popovic gibt Artland unter dem Korb eine enorme Präsenz und gefiel in der Vorbereitung als Topscorer. Kerusch ist eine besonders spannende Personalie. Da er einen deutschen Pass besitzt, wurde er fast von der halben BBL gejagt. Der Super-Athlet besitzt definitiv Star-Potenzial. Insgesamt wird Artland wieder über die Athletik (mit Leuten wie Shot-Blocker Anthony King) und die aggressive Defense kommen.
EWE Baskets Oldenburg
Projected Starting Lineup: Joyce, Bahiense de Mello, Paulding, Burrell, Chubb
Aufgepasst auf Oldenburg! 2009 waren die Baskets noch Deutscher Meister, aber in der letzten Saison wurden die Playoffs völlig enttäuschend verpasst. Auch deshalb, weil Oldenburg zwar viel Talent auf dem Parkett hatte, aber von Teamplay oft so mal gar nichts zu sehen war. Guard Bobby Brown war mit 16,9 Punkten zwar Topscorer der BBL, aber er war auch das Sinnbild des Ego-Shooters.
Brown verließ Oldenburg in Richtung Italien (Montepaschi Siena), wirklich traurig ist darüber niemand in Oldenburg. Denn: Die Baskets haben auf dem Transfermarkt überragend zugeschlagen. Dru Joyce (TBB Trier) ist der neue Playmaker und bildet mit Julius Jenkins (Brose Baskets Bamberg) einen Backcourt, der sich mehr als sehen lassen kann.
Joyce und Jenkins sind aber nicht die einzigen spektakulären Neuverpflichtungen. Auch Ex-Nationalspieler Konrad Wysocki (PGE Turow Zgorzelec/Polen) und Chris Kramer (s.Oliver Baskets Würzburg) sind absolute Verstärkungen. Einziger Wermutstropfen: Top-Defender Kramer fällt mit einer Achillessehnenreizug erst einmal aus, als Ersatz wurde US-Aufbauspieler Mustafa Abdul-Hamid (KK Krka/Slowenien) für zwei Monate verpflichtet.
Es kamen aber nicht nur neue Star-Spieler, es kam auch ein neuer Head Coach. Sebastian Machowski, der Oldenburg vor zwei Jahren in der ersten Playoff-Runde mit Braunschweig schockte, ist der Nachfolger von Predrag Krunic.
Rechtzeitig zu den Playoffs soll in Oldenburg eine neue Arena (6000 Zuschauer) eröffnet werden. Dass Oldenburg die Playoffs verpassen könnte, ist angesichts dieses Kaders überhaupt nicht vorstellbar. Es ist viel mehr davon auszugehen, dass Oldenburg womöglich ganz oben heranriechen kann.
Fazit
Die Kräfteverhältnisse in der kommenden Saison sind mal wieder extrem leicht zusammengefasst. Es gibt die großen Drei mit dem B am Anfang (Bamberg, Bayern, Berlin) - und dahinter kommen drei Herausforderer (Artland, Ulm, Oldenburg). Herausforderer, die absolut stark genug sind, dass sie Mitfavoriten-Status verdienen.
Ein viertes Double-Double der Bamberger in Folge ist möglich, aber es bleibt abzuwarten, wie schnell es dem Champion gelingt, eine funktionierende Mannschaft zu formen. Zudem wird sich der Bamberg-Basketball wohl etwas ändern, weniger Outside-Shooting, dafür mehr Fokussierung auf das Inside-Game.
Bei den Bayern liegt es auf der Hand, dass die offiziell bestätigten Disziplinlosigkeiten der Spieler ein Ende haben müssen. Rein vom Kader her ist vom FCB einiges zu erwarten. Größtes Problem war in der letzten Saison die notorische Auswärtsschwäche - und die Unfähigkeit, in der Crunchtime enge Spiele zu gewinnen. Mit Spielern wie Rice, Halperin und Roberts dürfte das nicht mehr passieren. Zumal die Bayern freiwillig auf die EuroChallenge verzichten und sich total auf die BBL fokussieren.
Wäre in Berlin der Peavy-Ausfall nicht dazwischen gekommen, würde so einiges für Alba sprechen. Nach dem Rausschmiss von Bauermann ist Obradovic mit Abstand der charismatischste Trainer der BBL. Alba und Obradovic - das passt einfach. Der Serbe steht wie kaum ein Zweiter für kompromisslose Leidenschaft - ein Spieler, der nicht "bis zum letzten Blutstropfen" (O-Ton Marco Baldi) kämpft, wird bei Obradovic nicht spielen. So einfach ist das.
Bamberg? Bayern? Alba? Oder doch einer der Herausforderer? Es könnte jeder sein.
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