Hannes Reichelt über Doping-Anschuldigungen: „Die schlimmsten Tage meiner Karriere“

Hannes Reichelt will seine Unschuld beweisen.
© GEPA

Hannes Reichelt hat sich bei einem Medientermin des ÖSV am Mittwoch ausführlich über die Anschuldigungen um mögliche Kontaktpunkte mit dem Doping-Ring, der bei der Ski-WM in Seefeld in der Operation Aderlass aufgedeckt wurde, geäußert. Der Routinier sprach von hoch emotionalen Tagen und weist jegliche Schuld von sich. Er möchte eine schnellstmögliche Aufklärung und verteidigt seine Vorgehensweise.

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"Es war ein brutaler Schock. Das waren bestimmt die schlimmsten Tage in meinem Sportler-Leben", erklärte Reichelt nach einer Wanderung des ÖSV-Herren-Teams auf der Streif in Kitzbühel. "Jetzt liegt mein Fokus darauf, ganz klipp und klar meine Unschuld zu beweisen."

Konkret wurde bei Reichelt durch die Freundschaft mit einem Schulkollegen und ehemaligen ÖSV-Trainer der Verdacht auf Einnahme einer verbotenen Substanz aus einem Medikament erhoben.

Reichelt wisse mittlerweile, um welches Medikament sich handle, darf den Namen aber nicht nennen. "Als sie mir es sagten, wusste ich nicht einmal, was das ist. Ich habe es mir von den Beamten erklären lassen. Davor hatte ich null Ahnung", sagte er.

Aus strategischen Gründen riet ihm sein Anwalt, über das laufende Verfahren keine Angaben zu machen. "Ich darf nicht allzu viel sagen, auch wenn ich gerne würde." Einige Details konnte Reichelt dennoch verraten.

Hannes Reichelt von BKA befragt

An einem Freitagmorgen Ende Mai klingelte um 6.55 Uhr die Tür im Haus der Reichelts. "Es war total überraschend. Ich dachte sofort an eine Doping-Kontrolle, denn das ist eigentlich eine Standard-Uhrzeit für solche Kontrollen."

"Dann habe ich blöd geschaut, als sie sich als Beamte vom Bundeskriminalamt ausgewiesen hatten", sagte Reichelt. Zunächst dachte er, er müsse lediglich eine Aussage tätigen. "Erst am Posten ist mir vorgelegt worden, welche Anschuldigungen im Raum stehen. Da hat es mir den Boden unter den Füßen weggezogen."

Hannes Reichelt: Kontakt mit Ex-ÖSV-Trainer nicht abgebrochen

Konkret kam der Verdacht auf, weil Reichelt einen freundschaftlichen Kontakt zu einem ehemaligen ÖSV-Langlauftrainer pflegt, gegen den in den vergangenen Wochen eine Untersuchungshaft verhängt wurde. "Er schrieb mir seit 2005 meine Trainingspläne und war bis vor zwei Jahren ÖSV-Trainer. Mir war klar: Der ÖSV stellt keine Leute an, die keine weiße Weste haben", verteidigte der 38-Jährige den anhaltenden Kontakt zum Beschuldigten.

Reichelt betonte, dass es in den Gesprächen mit jenem Ex-Trainer nie um Doping ging. "Die Freundschaft zu ihm war ein Angriffspunkt, diese Anschuldigung zu äußern. So konnten sie erstmals auch einen Alpinen anschwärzen. Nur so kann ich es mir erklären", sagte Reichelt.

"Es ist nie etwas bewiesen worden. Er ist ein guter Freund, und ich lasse ihn aufgrund von Gerüchten nicht einfach links liegen, so etwas mache ich nicht", sagte Reichelt, wenngleich er eingesteht: "Im Nachhinein wäre es sicher besser gewesen", die Zusammenarbeit zu beenden.

Reichelt gab bei den Behörden seine Handys ab, zudem bot er an, jegliche Tests an seinem Körper vornehmen zu lassen. Er habe in seiner gesamten Karriere keine einzige Doping-Kontrolle verpasst, was er als "wichtigen Aspekt" ortete, der zeigen soll, "dass ich immer sauberen Sport betrieben habe".

Hannes Reichelt mit ÖSV-Herren im Konditionstraining

Aktuell absolviert Reichelt gemeinsam mit dem restlichen Herren-Team einen Konditionsblock im näheren Umkreis von Kitzbühel. Die Abwechslung kommt dem Super-G-Weltmeister von 2015 nur gelegen. "Es ist brutal schwierig, sich aufs Trainieren zu konzentrieren. Es ist ganz nett, mit den Jungs jetzt auf Kondi-Kurs zu sein. Ich kann die ganze Sache ein wenig zur Seite schieben", sagte Reichelt.

Bereits bei der Anreise ging Reichelt gegenüber seinen Teamkollegen offen mit den Doping-Anschuldigungen um. "Ich habe mich der Sache gestellt und gesagt: ‚Fragt mich alle möglichen Sachen. Das ist mir lieber, als wenn hinter meinem Rücken geredet wird.'"

Er habe ihnen die Situation detailliert geschildert. "Es ging mir auch darum, sie zu sensibilisieren für die Sache. Selbst wenn man ein Leben lang nichts Verbotenes zu sich nimmt, kann es trotzdem passieren, dass du plötzlich beschuldigt wirst", erklärte Reichelt.

Und weiter: "Wenn du deinen Lebtag darauf schaust, dass du sauber bist, und selbst bei einem Hustenzuckerl im Ausland verzichtest, weil du nicht weißt, was da drin ist. Plötzlich kommen solche Anschuldigungen, das ist ein brutaler Schock." Die Kollegen um Matthias Mayer und Co. äußerten sich solidarisch mit Reichelt.

Hannes Reichelt von Doping-Anschuldigungen "erholt"

Mittlerweile habe sich Reichelt von diesem Schock etwas erholt. "Auch aufgrund des großen Zuspruches. Ich habe von Freunden Nachrichten bekommen, wo mir die Tränen gekommen sind, so nett waren die."

Von seinen Fans bekam er ausschließlich positive Rückmeldungen. "Das hat mir sehr viel Auftrieb gegeben, um klarzustellen, dass das alles ein Blödsinn ist. Ich werde mit der Staatsanwaltschaft zusammenarbeiten, um alles so schnell wie möglich aufzuklären. Ich habe nichts zu verbergen."

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