Admira-Spielmacher Alexander Merkel im Interview: "Ich musste einige Hürden meistern"

Alexander Merkel erzählt bei SPOX seine Geschichte
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SPOX: Ihnen wurde in Italien das Transfersystem zum Verhängnis. Erst teilten sich Milan und Genua Ihre Transferrechte, dann übernahm Udinese 50 Prozent. Umstände, die Transfers verkomplizierten. Haben Sie früher versucht, den Absprung aus Italien zu schaffen?

Merkel: In Italien werden junge Spieler hin- und hergeschoben und haben nichts zu entscheiden. Und dem Präsident kannst du sowieso nicht widersprechen, sonst darfst du sechs Monate lang Runden laufen. Und dann überlegst du dir zweimal, ob du gegen einen Transfer rebellierst. Jeder junge Spieler benötigt Zeit, um Topleistungen abrufen zu können. Geduld war da aber nie vorhanden.

SPOX: Und die Kader waren riesig.

Merkel: 30 bis 35 Spieler! Mittlerweile ist es aber nicht mehr erlaubt, dass sich mehrere Vereine die Transferrechte an einem Spieler teilen dürfen, das ist gut und richtig so. Aber stell dir vor, du bist ein junger Kicker und ein prestigeträchtiger Klub aus Italien klopft an. Wer sagt da Nein? Viele junge Spieler unterschätzen, was dazugehört. Ein neues Land, neue Sitten, neue Taktik - das geht nicht von heute auf morgen. Man muss der Typ dafür sein, um mit dem Druck klarzukommen. Der Mensch muss immer liefern, egal ob Fußballer oder in anderen Berufen.

SPOX: Spielen Sie auf die Druck-Debatte rund um Per Mertesacker an?

Merkel: Ich finde es bemerkenswert, dass ein Fußballer einmal sagt, wie es wirklich läuft. Viele äußern sich ja nicht darüber. Nicht wenige Menschen denken, dass wir nur rumkicken und viel Geld verdienen. Aber es ist viel mehr als das.

SPOX: Haben Sie Verständnis dafür, wie sich manche Legenden über Mertesacker äußern? Sie müssten es eigentlich besser wissen.

Merkel: Jeder muss das Thema für sich selbst beurteilen. Wir sind alle unterschiedlich, darum respektiere ich jede einzelne Meinung.

SPOX: Wie freiwillig war Ihr Wechsel 2014 zu Watford?

Merkel: Das war nicht meine Idee, sondern die vom Präsidenten (Giampaolo Pozzo, Präsident von Watford und Udinese, Anm.). Es gab ein Angebot aus der deutschen Bundesliga, das ich gerne angenommen hätte, aber der Präsident hat anders entschieden. Also musste ich zu Watford. Es gab keine andere Wahl. Ich habe damals gebettelt - keine Chance. Ich habe die Erfahrung in England zu spielen mitgenommen, aber es ist immer besser dort zu spielen, wo man auch sein möchte.

SPOX: Fast genauso übel war Ihr Wechsel zu Pisa, oder?

Merkel: Ja, aber da war ich nur zwei Wochen. (lacht) Mein ehemaliger Mitspieler Gennaro Gattuso war dort Trainer und hat mich nach meinem Kreuzbandriss angerufen. Ich habe das als große Chance gesehen, also ging ich leihweise nach Pisa. Dass er dann nach zehn Tagen zurücktritt, war nicht so geplant. (lacht) Also ging ich auch. Ich bin ja nur wegen dem Trainer dorthin gegangen. Auch etwas chaotisch. Verrückt, verrückt. Glauben mir manche Leute gar nicht.

SPOX: Sehen Sie eigentlich Ihre langfristige Zukunft in der Südstadt?

Merkel: Mein Ziel ist es, die restlichen neun Spieltage positiv zu absolvieren. Wir haben mit der Europa League ein großes Ziel vor Augen und sind nahe dran. Mehr zählt für mich momentan nicht.

SPOX: Irre ich mich, oder klingt das nicht unbedingt nach einem Bekenntnis?

Merkel: Ne, ne, so ist das nicht gemeint! Ich fühle mich wohl hier. Aber es fällt mir schwer, an die ferne Zukunft zu denken.

SPOX: Sie haben sich in der Südstadt für die Rückennummer 52 entschieden. Die hatten Sie schon in Mailand. Gibt es dahinter eine Geschichte?

Merkel: Nein, eigentlich nicht. Das war meine erste Profinummer und die habe ich gerne behalten. In Österreich sind höhere Nummern erlaubt, in Deutschland ist das ja nicht der Fall. Jetzt habe ich die Chance genützt. (lacht)

SPOX: Ernst Baumeister ist freundlich, unkompliziert, seine Interviews oft kultig. Und vermutlich ziemlich anders als die vielen Trainer, die Sie schon hatten.

Merkel: Da hast du absolut Recht. Er strahlt Ruhe aus, ist für die jungen Spieler und den Verein enorm wichtig. Er sagt dir seine Meinung ins Gesicht, ist aber auch total warmherzig. Er zeigt viel Verständnis - und das sieht man auch auf dem Platz. Jeder Junge ist frei im Kopf. Der Trainer ist ein offener, lustiger, positiver Mensch - aber sein Wienerisch war am Anfang schon ziemlich schwer zu verstehen. (lacht) Aber er und der Trainerstab bemühen sich sehr so mit mir zu sprechen, dass ich auch garantiert alles verstehe. (lacht)

SPOX: In der jungen Admira-Mannschaft sind Sie erstmals ein Routinier. Haben Sie den Anspruch, Führungsspieler zu werden?

Merkel: Ja klar. Ein paar Spieler sind 25, 26 Jahre alt, da gehöre ich dazu und ich übernehme auch gerne Verantwortung. Aber ich will mich nicht aufspielen, wir sind eine Einheit und es gibt keine Hierarchie, in der ein Spieler dem anderen irgendetwas vorschreiben will. Das schweißt uns auf dem Platz zusammen.

SPOX: Seit Sie hier sind haben Sie die beste Passquote bei der Admira (79 %), nur Grozurek hatte mehr Assists (2). Wie weit sind Sie schon?

Merkel: Ich bin auf jeden Fall noch nicht bei hundert Prozent. Das ist aber auch normal, ich habe lange nicht gespielt. Ich spüre jetzt von Tag zu Tag und Spiel zu Spiel Fortschritte. So darf es weitergehen.