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Blogpokal 2013/2014


Gründer: RoterBulle92 | Mitglieder: 58 | Beiträge: 25
Von: Talentfrei
13.04.2014 | 14031 Aufrufe | 47 Kommentare | 19 Bewertungen Ø 8.1
Wir haben keine Ahnung...
Vorberichterstattung bei Sky
...aber wir erklären euch den Fußball!

Es ist ein typischer Dienstag in einer englischen Woche, in der sich natürlich der beste und spektakulärste Wettbewerb im Vereinsfußball die Ehre gibt. Die Vorfreude beim Zuschauer ist riesengroß, man erwartet die packenden Spiele sehnsüchtig, man freut sich den ganzen Tag auf einen dieser wunderschönen Abende, doch es gibt noch eine große Hürde zu überwinden: Die Vorberichte bei Sky.

Die Uhr zeigt 19 Uhr, das Bier ist im Kühlschrank, die Chips auf dem Tisch und der Fernseher an. Die Freunde (sofern man welche hat) sind auf dem Weg und dürften gleich erscheinen. Nun macht man den Fernseher an, schaltet auf Sky Sport und der Wahnsinn nimmt seinen Lauf...


Los geht's! Die Übertragung beginnt und sogleich ertönt die markante Hymne der Champions League, die ersten Anzeichen der Gänsehaut werden sichtbar und das typische "Kribbeln im Bauch" verrät dem Zuschauer, dass einer dieser besonderen Abende bevorstehen kann. Die darauffolgende Vorschau auf die anstehenden Spiele soll den Appetit anregen. Mit viel Bild und wenig Text. Funktioniert dann doch eher so mittelmäßig, es weiß ja ohnehin jeder, wer spielt. Der erste unnötige Füllstoff für die Sendezeit folgt mit der Vorstellung des leitenden Redakteurs und dem Verantwortlichen Regie.

Wenn man diese beiden Personen unbedingt in den Fokus rücken will, kann man den Moderator auch vor und nach den Werbeunterbrechungen entsprechende Schilder hochhalten lassen - vielleicht ist das sogar einprägsamer und sorgt gleichzeitig noch für den ein oder anderen Schmunzler. Auch die zeitweise eingeblendete "Regie-Cam", die jene Personen bei der "Arbeit" zeigen soll, entpuppt sich schnell als Flop. Man sieht einige Gestalten, die mit Kopfhörern vor großen Bildschirmen sitzen - super Nummer!

Nun werden endlich die Gäste des Tages vorgestellt! Die Verteilung der Gäste ist natürlich klar und logisch strukturiert. Zuerst betritt ein sogenannter Experte den Saal. Entweder ein netter Herr aus den Niederlanden oder ein ehemaliger deutscher Fußballprofi, der zumeist keinerlei Bezug zu den Mannschaften, die an diesem Abend spielen, vorzuweisen hat. Die hippe Einlaufmusik, die Sky sich für die Gäste ausgedacht hat, wirkt bei dem 50-sekündigen Einlauf, der selbst einer Zelebrierung gleicht, eher störend und nervig, zumal keiner auch nur einen Hauch von Musikgeschmack mitbringt. Der zweite Gast ist oftmals ein Journalist, meist einer, der weder eine eigene Meinung hat, noch durch übergroßes Fachwissen und Seriösität auffällt. Dafür oftmals durch die Musik, die noch schlimmer ist als beim Vorgänger. Zuletzt muss natürlich noch eine an beginnender Senilität leidende Gestalt den Raum betreten, oftmals Franz Beckenbauer, der wie ein stolzer Gockel zu einem seiner eigenen musikalischen Glanzwerke in den Saal stolziert.


Kaum hat die elitäre Runde einen Diskussionsansatz gefunden, unterbricht der Moderator und weist auf eine Vorschau der Beiträge in den Vorberichten hin. Nachdem in 2 Minuten auf einem sensationell eingefügten, virtuellen Videowürfel diverse Ausschnitte aus den Beiträgen gezeigt werden, weiß jeder Zuschauer, was ihn noch erwartet - oder was er zu befürchten hat.


Die Diskussionsrunde nimmt nun endlich Fahrt auf. Behindert durch einen etwas übereifrigen Moderator, der Fragen zu allen Spielen vermischt, stammeln sich die auserwählten Gäste diverse Stammtischparolen zusammen. Das Beeindruckende: die Fantasie!

Die Gespräche gleichen einem Wettbewerb, wobei derjenige gewinnt, der den meisten Unsinn erzählt. Die Pole Position geht schnell an den Kaiser, der zu jedem Thema gefragt wird, alle Fragen fleißig beantwortet aber viele Spieler und Spielsysteme einfach nicht kennt. Ist aber auch egal, denn es ist der Kaiser und der darf natürlich alles sagen. Auffällig ist, dass der Journalist in der Runde immer witzig sein möchte, um die Stimmung aufzulockern. Das wirkt aber wirklich immer gezwungen und hat eher zur Folge, dass man vor dem Bildschirm erste erhebliche Zweifel an der Daseinsberechtigung dieses Kerls verspürt.


Was nun folgt, ist üblich. Man schaltet in die jeweiligen Stadien und die dort anwesenden Moderatoren informieren über die neuesten Entwicklungen. Wer wichtige Erkenntnisse erwartet, wird enttäuscht werden. Aber auch daran gewöhnt man sich ja irgendwie. Die folgenden Minuten sind geprägt von ganz ordentlichen Beiträgen, die allerdings aufgrund ihrer durchaus informativen Grundintention fehl am Platz sind. Auch der Überblick über die aktuellsten Geschehnisse in der Social Media-Welt kommen eher als Möchtegern-Hip rüber, während Franz Beckenbauer am Tisch zum vierten Mal gähnend umherblickt und sich fragt, was dieses Social Media eigentlich ist. Schnell werden noch 28 Statistiken eingeblendet, dann geht es in eine 15-minütige Werbung. Der Kaiser macht ein Nickerchen.

Schließlich kommt es erstmals zum größten Härtetest für den Zuschauer, zum ersten Ernstfall des Abends. Die heitere Runde kündigt eine erste taktische Analyse von Erik Meijer an. Erik Meijer? Genau! Eben jener Hampelmann, dessen Karriere als Mittelstürmer begann und als Tafelkind bei Sky seinen Höhepunkt in Sachen Peinlichkeit erreicht hat, bekommt eine Plattform für Unsinn geboten. Nicht unerwähnt bleiben darf dabei, dass Meijer zwischen diesen beiden Karrierestationen noch schnell den Traditionsverein Alemannia Aachen in den Ruin geführt hat. Vielleicht möchte Sky die Niederländer-Quote erfüllen, vielleicht glaubt man sogar, was Meijer an seinem Täfelchen schwadroniert. Der Inhalt der angepriesenen Meijer-Analysen ist vergleichbar mit einem Spiel der Ü-50 Mannschaften von Luxemburg und Andorra: Man muss es nicht gesehen haben. Diverse Spielszenen, die teilweise sogar gut ausgewählt sind, werden nacheinander abgespielt und der vernebelte "Taktikprofi" stottert sich größtenteils undeutliche Banalitäten ab. Lerneffekt? Gleich null!

Unruhe im Studio, die Aufstellungen liegen vor. Man blickt zusammen begeistert auf die grafischen Höchstleistungen, die oftmals nicht ganz der Wahrheit entsprechen und dichtet sich Überraschungen zusammen, wo keine sind. Schnell werden noch die vermeintlich interessantesten Aussagen der Pressekonferenzen eingespielt und in einem kurzen Videobeitrag wird der Gegner einer deutschen Mannschaft vorgestellt. Manchmal auch noch die Stadt, wenn man noch Sendezeit füllen muss. Ein zweites Mal ist Erik Meijer dran, diesmal mit einer noch verwirrenderen Erklärung zu einer noch unsinnigeren Szene. Man soll sein Pulver ja nicht sofort verschießen.


Der Reporter bekommt dann offensichtlich über den berühmten "Knopf im Ohr" geflüstert, dass ein Verantwortlicher einer deutschen Mannschaft zum Interview bereit steht. Hektisch wird nach einer halbwegs gelungenen Überleitung gesucht, oftmals einfach ohne selbige in das Stadion abgegeben. Nachdem man verzweifelt versucht hat zumindest eine einigermaßen nützliche Information aus dem Gesprächspartner herauszuquetschen, wird schnell wieder in das Studio geschaltet. Lediglich 30 Minuten verbleiben bis zum Anpfiff, man wird erneut unruhig. Beckenbauer bekommt das dritte Glas Wasser und auch der Behälter mit den Haribo-Naschereien ist bereits halbleer. Schnell wird - zur Übersicht - eine weitere Auflistung der auszuwählenden Spiele gezeigt, damit auch die vergesslichsten Zuschauer wissen, was man ohne schon weiß.

Da man, bevor der Kommentator endlich seinen Job erledigen darf, noch 20 Minuten Werbung machen muss und die Fußballexperten im Studio noch garnicht den Ausgang der Spiele getippt haben, holt man das natürlich sofort nach. Der Journalist in der Runde bleibt unparteiisch und neutral, der Experte setzt natürlich auf die deutschen Klubs und Beckenbauer tippt dem Ausgang eines Satzes beim Tennis. Es folgt ein tosender Applaus von den Zuschauern, die sich offensichtlich unterhalten fühlten. Das ist das Zeichen, auf das man als Fernsehzuschauer gewartet hat.

Es ist überstanden!

Zumindest bis zur Halbzeit...

ø 8.1
KOMMENTARE
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Dawizzle
13.04.2014 | 17:28 Uhr
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Dawizzle : 
13.04.2014 | 17:28 Uhr
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Dawizzle : 
Ich reserviere mir auch schon mal die erste Seite zum Voten unter diesem Blog.

Ist natürlich eher schwierig den Blog jetzt zu lesen, ohne zu wissen, was MacMurph so schreibt. Vermutlich weiß er das selber noch nicht :D

Zu diesem Blog aber mal allgemein: Zunächst mal ist das natürlich ein guter Blog, mit einem dankbaren Thema. Denn niemand regt sich nicht über Fussballberichtstattung auf. Dennoch ist die Vorberichterstattung sehr gut analysiert und durch den Kakao gezogen. Vielleicht hätte man noch etwas mehr über Meijer schreiben können, der die Champions League analysieren will, selber aber mit Aachen immer gegen Abstiege kämpfen musste.

Angesichts der letzten Woche hätte man vielleicht auch noch diese Farce mit dem Lippenleser mit rein nehmen können. Dafür haben die dann bestimmt 10 Minuten zugebracht, um dann Tuchel zu analysieren. Klasse.

Jedenfalls ein guter Blog. Mal sehen, was dein Gegner macht.

Edit: jetzt habe ich gesehen, was MacMurph gemacht hat. Zu deinem Leidwesen hat der meiner Meinung nach mal kurz den besten Blog aller Zeiten rausgehauen, deswegen kann ich - obwohl ich den Blog in weiten Teilen wirklich überzeugend und stark fand - meine Stimme nur MacMurph geben.
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Gnanag
13.04.2014 | 16:39 Uhr
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Gnanag : 
13.04.2014 | 16:39 Uhr
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Gnanag : 
Oha, sehr guter Blog. Musste sehr schmunzeln, da ich mir die Vorberichterstattung bei Sky auch regelmäßig antue. Hast schonmal stark vorgelegt, mal sehen was Murph raushaut.
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Talentfrei
MODERATOR
13.04.2014 | 15:45 Uhr
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Talentfrei : 
13.04.2014 | 15:45 Uhr
0
Talentfrei : 
Dies ist mein Beitrag zum Achtelfinale des Blogpokals. Mein Gegner ist MacMurph, dessen feierliches Werk man hier findet:


Klick



Dem besseren die Stimme geben. Ahoi!
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