Als Dieter Hecking nach dem Heimsieg gegen den 1. FC Köln den Konjunktiv bemühte und mit allen Wenn und Aber den vermeintlichen "Nicht-Abstieg" verkündete, war ihm wahrscheinlich selbst klar, was der Boulevard daraus machen würde und was beim Versagen ihm um die Ohren gehauen würde. Der Nicht-Abstieg sei, nach dem Dreier und vor allem bei 7 Punkten Vorsprung auf den Relegationsplatz, wohl kaum zu vermeiden, wenn, ja wenn, man weiterhin so punktet. An sich eine Binsenweisheit, doch daraus ließ sich so hervorragend die Schlagzeile "Club feiert die Fast-Rettung" formen und Hecking auf die Worte „Sind nur noch schwer einzuholen" zu reduzieren.

Formulierung hin, Aussage her - ein optimistischer Trainer, wo wäre das Problem? Dazu muss man sich in den gemeinen Clubfan etwas tiefer hineinversetzen. Nachdem man in jener unsäglichen Saison bereits die Büdchen und Bierbänke hinter dem Stadion aufbaute, um nach der Pflichtübung gegen einen SC Freiburg den Klassenerhalt zu feiern, wusste man, das nun wirklich alles, alles hätte schief gehen müssen, um noch abzusteigen - wozu also die Zurückhaltung? Nur ging eben alles, wirklich alles schief und der Club stieg ab. Ein weiteres Kapitel aus dem reichhaltigen Fundus des "Club is a Depp" war geschrieben, nach der Krönung des Abstiegs als amtierender Meister in der 60er Jahren. Nicht das letzte im Übrigen, man musste 2007 ja noch als amtierender* Pokalsieger absteigen * (wobei man korrekterweise anmerken muss, dass eigentlich zu dem Zeitpunkt des Abstiegs am 17.5. aufgrund der Endspiel-Terminierung am 19.4. bereits ein neuer Pokalsieger feststand - danke nochmal für den Hinweis). Kein Wunder also, dass jede Art von Optimismus vor dem amtlichen Erreichen des Ziels vom Clubfan nicht nur argwöhnisch beäugt wird, man erklärt ihn sogar zum Anfang vom Ende, als ob der Aberglaube auch im aufgeklärten 21. Jahrhundert noch nicht aus den Köpfen zu kriegen wäre.

Natürlich wäre es einfacher, wenn man sich schlicht und ergreifend auf den Allgemeinplatz "Wir denken nur von Spiel zu Spiel" zurückzoge, auch wenn damit dann wieder andere Kritiker auf den Plan riefe, die sich an einer zunehmenden Aushölung von Spieler- und Offiziellen-Statements aufhängen, in denen "werden weiter Gas geben", "In Dienst der Mannschaft stellen" und "Haben noch nichts erreicht" nie fehlen dürfen. Warum also begibt sich ein so erfahrener Coach wie Hecking auf das Optimismus-Parkett, wo er sich doch gerade genüsslich aus der Schusslinie der nach dem Augsburg-Spiel aufkommenden Kritik bringen konnte? Leichtsinn? Anflug von Euphorie? Mag sein, vielleicht aber auch Kalkül.

Das Schlagwort der "frühzeitigen Planungssicherheit" ist mehr als ein hehres Ziel, es bietet den Mannschaften, die mal nicht so aus der Hüfte 30 Millionen in der Winterpause nochmal nachschießen können um den Kader nachzujustieren, eine Möglichkeit, sich sehr frühzeitig um Neuzugänge zu bemühen und zarte Bande zum umworbene Kandidaten zu knüpfen, um dann, wenn der Rest des Kreises der Kleinkredit-Finanzierer der Liga erst in die Puschen kommt, weil man weiß, wo man im kommenden Jahr spielen wird, schon quasi alles in trockenen Tücher zu haben. Diesen Vorteil kann man bis zum rechnerischen Erreichen löblich abwarten oder sich ihn quasi herbeireden. Im Falle Heckings könnte letzteres der Fall sein, denn parallel dringen nun vermehrt Gerüchte durch, dass sein Chef und Vorstand Martin Bader bereits umtriebig am Kader der neuen Saison feilt. Zum bereits gehandelten Kandidaten aus Nippon, Hiroshi Kiyotake, gehört dazu etwas überraschend auch sein Landsmann Takashi Usami, der derzeit in München sein Reservistendasein tristet und diesen Umstand gern verändern möchte.

Usami und Kiyotake passen im Prinzip perfekt in das Beuteschema 'next step' von Martin Bader - Spieler mit diesem Talent und den Perspektiven wählten bisher andere Vereine, um den nächsten Karriereschritt zu machen, könnten nun aber den 1. FC Nürnberg erwählen, da der anerkanntermaßen zwei Dinge vereint: Eine Chance auch als junger Spieler zu spielen und die offene Tür wieder hinaus, wenn die Perspektiven sich noch einmal verbessern. Dazu müssen aber zwei Dinge noch dazu kommen: Das nötige Kleingeld und die Erstligazugehörigkeit. Ersteres hat sich Dank der Transfers von Diekmeier, Gündogan und Wollscheid nun deutlich verbessert. Und zu letzterem wären wir beim Ausgangspunkt wieder angekommen: Rechnerisch kann man natürlich noch absteigen und der Club wäre aus der Position heraus dann weder der erste noch der letzte, aber mit etwas Optimismus kann man die Lage durchaus als aussichtsreich verkaufen - so aussichtsreich, dass man sich vielleicht schon mehr als nur annähert.

Mag dem Clubberer also diese Art Optimismus (sei es nun geplant oder unfreiwillig geschehen) sauer aufstoßen, so hat er doch ohne Zweifel positive Seiten. Transfervorbereitung ist da nur das eine. Ein neuer Hauptsponsor soll in Bälde gefunden werden, das Stadion braucht einen attraktiven Namensgeber und Großprojekte wollen ihre Unterstützer finden - alle natürlich leichter zu finden, wenn die Aussicht auf die Bundesliga gut sind. Warum sie also nicht hübsch verpacken?

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