Eine Weltmeisterschaft ist das größte Ereignis im Fußball. Die ganze Welt blickt für einen Monat auf diesen einen Wettbewerb, den jeder Fußballer einmal gewinnen will. Inzwischen hat auch die heiße Phase vor dem Turnier begonnen, die jeweiligen Ligen sind am letzten oder an den letzten Spieltagen angekommen, viele Meisterschaften sind bereits entschieden, es gibt lediglich einige, wichtige Finals zu spielen und es beginnt die Zeit der Kadernominierungen.

Bei einigen Fans löst bereits diese Aussicht eine gewisse Vorfreude auf das Turnier aus, einige kramen bereits ihre Deutschland-Fanartikel hervor und lagern Unmengen an teilweise extrem unnützlichen Dingen, die sie "extra für die WM" käuflich erworben haben. Auch die sogenannten Eventfans, die später noch genauer unter die Lupe genommen werden, informieren sich, wer überhaupt bei der Weltmeisterschaft dabei ist, gegen wen man wann spielt und welcher deutsche Spieler der größte Hoffnungsträger is.

Eine allgemeine Vorfreude ist zu spüren, doch ist diese auch "berechtigt"? Kann man sich wirklich auf die Weltmeisterschaft als DAS Aushängeschild des Fußballs freuen? Mitnichten! Zumindest ich sehe das Ganze etwas anders und empfinde zwar ein großes Interesse, aber keine Vorfreude, kein entgegenfiebern auf dieses Ereignis, kein Kribbeln, wenn ich an die Begegnungen denke.

Die Gründe - Teil I:

Zunächst einmal gehe ich nicht konform mit der Meinung, dass die Weltmeisterschaft das qualitativ hochwertigste Turnier im Fußball ist. Die Nationalmannschaften können garnicht die Qualität der besten Vereinsmannschaften haben, was einerseits an der beschränkten Auswahl der Spieler, andererseits an der wenigen Trainingszeit liegt. Zudem qualifizieren sich Mannschaften aus diversen Kontinenten für die Weltmeisterschaft, deren Qualität und vor allem taktische Ausbildung teilweise wirklich fragwürdig ist. Der Vereinsfußball steht in Sachen Qualität und Taktik einfach über allem und nur wenige Länderspiele können mithalten. Selbst Duelle zweier internationaler Topnationen verkommen phasenweise gerne zu einem wirr anmutenden Gebolze, das man sich nur sehr schwer ansehen kann.

Sicherlich gibt es auch Spiele, die man sich sehr gut ansehen kann und besonders die relativ interessante Auslosung mit Duellen wie Niederlande vs. Spanien, Deutschland vs. Portugal oder England vs. italien generiert ein wenig mehr Interesse, doch gerade einige nichteuropäische Mannschaften haben häufig Spieler, die mehr für sich selbst als für die Mannschaft spielen und so schafft es zum Beispiel die Elfenbeinküste trotz eines guten Kaders nur selten ein wirklich gutes Spiel zu zeigen.

Ein grundsätzliches Interesse an den Spielen ist und bleibt natürlich vorhanden. Zwar nicht wegen des taktischen Gesichtspunktes, sondern eher, um diverse Einzelspieler zu beobachten und auf junge, bisher unbekannte Talente aufmerksam zu werden. Gerade für diese Spieler ist eine Weltmeisterschaft die richtige Bühne und genau deswegen interessiere ich mich doch für dieses Turnier. Talente beobachten ist der für mich wichtigste Aspekt bei dieser Weltmeisterschaft, ebenso wie 2010, als sich ebenfalls einige Spieler aus "schwächeren" oder "unbekannteren" Fußballnationen in den Fokus gespielt haben. Die Weltmeisterschaft als Sprungbrett zu nutzen ist durchaus möglich, da viele Topvereine die Geschehnisse in Brasilien beobachten werden und durch das unbändige mediale Interesse quasi jeder Spieler unter die Lupe genommen wird.

Positives:

Selbstverständlich kann auch ich als regelmäßiger Kritiker der Länderspiele, besonders inmitten der vielen englischen Wochen, auch etwas Positives an der Weltmeisterschaft erkennen. Neben der Sichtung und Beobachtung diverser Talente gibt es natürlich auch die Schadenfreude, die man automatisch entwickelt, wenn ein großes Team früh strauchelt (bestenfalls: England) oder es Favoritenstürze gibt. Außerdem fiebert man hin und wieder gerne mit dem Außenseiter mit und gönnt aufopferungsvoll kämpfenden Mannschaften einen Sieg.

Außerdem gibt es im Sommer - teilweise zur besten Sendezeit - Fußball zu sehen! Und das eigentlich jeden Tag und alleine zum Zeitvertreib schaut man schon die Spiele der Weltmeisterschaft, mal mehr, mal weniger interessiert. Außerdem kommt man, während die Weltmeisterschaft stattfindet, irgendwie automatisch in ein gewisses Fußballfieber, das sich zwar nicht so stark äußert, wie in den entscheidenden Wochen der Champions League, doch das Interesse steigt automatisch und man verspürt automatisch einen Drang, die Spiele am Abend doch zu schauen. Davon abgesehen ist eine Sommerpause mit Fußball immer noch besser als eine Sommerpause ohne Fußball. Nach der WM geht es wesentlich schneller mit den Vorbereitungsspielen los, die Bundesliga startet auch schon wenige Wochen nach dem Ende des Turniers und überhaupt ist der Sommer kurzweiliger.

Die Gründe - Teil II:

Trotzdem bringt so eine Weltmeisterschaft immer wieder genau die Art von Fans hervor, die es nicht braucht: Eventfans. Leute, die sich alle 2 Jahre zu einem großen Turnier die nachgemachten Deutschlandtrikots über ihren Kopf stülpen, um zu den peinlichen Public-Viewing Veranstaltungen zu pilgern und dort "Deutschland vor!" zu brüllen, ohne fünf Spieler bein Namen zu nennen. Würden sie es dabei belassen, dort Fußball zu schauen und mit ihren ahnungslosen Mitguckern diverse Stammtischparolen zu verbreiten, wäre das ja kein großes Problem, aber genau diese Leute wollen dann das machen, was sie nicht sollten: Mitreden. Und zwar überall! Und genau das stört, denn diese Leute haben nicht nur keine Ahnung und sehen grundsätzlich fast alles falsch, sondern beharren auf ihrer Meinung, reden sich um Kopf und Kragen und führen als Argumente immer Zitate der selbsternannten TV-Experten und Kommentatoren an. Würden diese Eventfans einfach nur in Massen gucken, wäre das akzeptabel, da keiner gezwungen ist, mit ihnen zu gucken, aber diese Menschen tauchen überall auf und machen ein Gespräch über ein WM-Spiel zur Qual.

Es gibt noch einen Faktoren, der es manchmal wirklich unmöglich macht, die Spiele des Turniers zu genießen: die Schiedsrichter. Natürlich steht man bei einer Weltmeisterschaft mehr unter Druck und wird noch genauer beobachtet, teilweise sind die Spiele auch schwerer zu pfeifen und die Kommunikation mit den Spielern ist nicht immer einfach. Trotzdem ist es zweifelhat, dass Unparteiische aus fußballerischen Entwicklungsländern wichtige Spiele einer Weltmeisterschaft leiten dürfen. Nicht selten sieht man Schiedsrichter aus Costa Rica, dem Kongo oder Südkorea. Selbstverständlich können auch diese Schiedsrichter die Regeln beherrschen, aber bei einer Weltmeisterschaft geht es um so viel mehr. Keiner dieser Schiedsrichter kann mit dem Druck umgehen, den es bei einem so großen Ereignis gibt und das hat oftmals zur Folge, dass der Referee unsicher wird, dass er seine Autorität spielen lässt und im Eifer des Gefechts falsche Entscheidungen trifft. Viele Spiele in den letzten Turnieren wurden regelrecht "verpfiffen" und die Schiedsrichter sind teilweise gnadenlos überfordert.

Dabei müssen Fehler doch eigentlich gerade bei der Weltmeisterschaft minimiert werden, da man kein Rückspiel hat und nicht die Chance, das Weiterkommen in der Gruppenphase in 6 Spielen zu sichern. Deshalb sollten eigentlich nur die besten Schiedsrichter der Welt bei diesem Turnier pfeifen dürfen, also Schiedsrichter, die bereits Erfahrung bei der Copa Libertadores, Europa- oder Champions League besitzen und die gut und gelassen mit Drucksituationen umgehen können. Denn Schiedsrichter, die der Aufgabe nicht gewachsen sind, zerstören ganze Spiele und nerven so extrem, dass man wirklich extreme Gefühle entwickelt.

Schlussworte:

Trotz aller negativer Gesichtspunkte und meiner grundsätzlichen Kritik oder Skepsis schaue ich mit einem gewissen Interesse in Richtung Weltmeisterschaft. Ich freue mich auf einige Spiele, viele Spieler, werde aber keinesfalls extrem mit der deutschen Nationalmannschaft mitfiebern... denn Vereinsfußball steht für mich über allem!

P.S.: Das wird noch nicht mein letzter Blog zur WM gewesen sein, soviel steht fest...