Spätestens seit dem uninspirierten 0:0 gegen Mainz ist klar, dass die Bundesliga auch von Seiten des FC Bayern abgehakt ist, auch wenn Dortmund rechnerisch noch nicht Meister ist.

Damit gilt der Fokus den Pokalwettbewerben - vor allem natürlich auf der Champions League, wo das Finale daheim wartet. Mit der Mannschaft von Jose Mourinho wartet dabei zweifellos der härteste Gegner in dieser Saison.

1. Analyse

Nach der anspruchsvollen Gruppenphase gab es im Achtelfinale gegen Basel (0:1, 7:0) und im Viertelfinale gegen Marseille (2:0, 2:0) zumindest in drei von vier Spielen souveräne Auftritte und einen verdienten Einzug ins Halbfinale. Real hatte im Achtelfinale gegen Moskau (1:1, 4:1) und anschließend gegen Nikosia (3:0, 5:2) noch weniger Probleme.

Real agiert dabei unter Mourinho in seiner Grundordnung in einem asymmetrischen System:



Die linke, offensivstärkere Seite wird dabei häufiger nach vorne geschoben, während rechts Arbeloa deutlich weiter hinten agiert und immer bereit ist, einzurücken um so bei schnellen Gegenstößen die defensive Dreierkette zu komplettieren.

Xabi Alonso ist das Hirn im Real-Spiel. Er verbindet Offensive und Defensive, leitet Angriffe ein und gibt den Takt vor, unterstützt von Khedira, der mit seiner läuferischen Präsenz und seiner Zweikampfstärke im Zentrum der Madrilenen ebenfalls extrem wichtig ist.

In der Offensive weichen Benzema, genauso wie Kaka/Özil immer wieder auf einen der Flügel, vornehmlich den linken, aus, um die Seite zu überladen und eine Überzahlsituation herzustellen. Sichtbar wurde das deutlich zuletzt beim 4:1 gegen Atletico Madrid:


Copyright: Laola1.tv

Die rechte Offensivseite ist komplett verwaist, genauso das Sturmzentrum im gegnerischen Strafraum, wodurch der linke Innen- und der linke Außenverteidiger quasi nutzlos im Raum stehen, ohne Gegenspieler.

Auf der linken Offensivseite aber, ziehen drei Realspieler drei Gegner auf sich, wodurch Ronaldo kurz vor dem Strafraum quasi unbedrängt abschließen kann - ein absolutes No-Go gegen Real, das auch prompt mit dem 2:1 für die Königlichen bestraft wurde.

Deutlich wird dieses Konzept auch, wenn man sich die Heat Maps von Mesut Özil anschaut, hier exemplarisch beim 0:0 vor einer Woche gegen Valencia:


Copyright: ESPN Soccernet

Dabei fällt interessanterweise auf, dass er sich in der Offensive insgesamt häufiger auf den Flügeln aufgehalten hat, als im Zentrum. Özils Bewegungsradius kann man fast als Schablone auflegen, nicht nur gegen Gijon am gestrigen Samstag sah dieser nahezu 1:1 identisch aus.

2. Real verteidigen

Es ist natürlich fast überflüssig zu sagen, dass einer der Schlüssel gegen Reals Offensive ist, Ronaldo aus dem Spiel zu halten. Der Portugiese, der in dieser Saison insgesamt in 48 Spielen auf 53 Tore kommt (8 Tore in 8 Spielen in der Champions League) ist in unfassbar guter Form.

Bayerns Antwort auf Reals asymmetrische Offensive sollte taktisch eine ebenfalls asymmetrische Defensive sein. Lahm wird es dabei zumeist mit Ronaldo zu tun bekommen, wichtig wird aber sein, selbst konsequent rauszuschieben und Real vom eigenen Strafraum weg zu halten.

Dabei wird nicht nur Abwehrkette, sondern auch der Doppelsechs eine große Rolle zufallen, die, je nach der Seite des Angriffes, selbst auch rausschieben und den Weg ins Zentrum zustellen muss.

Als Negativbeispiel dient eine Szene aus dem 0:0 gegen Valencia:


Copyright: Laola1.tv

Nicht nur dass Valencia zu tief am eigenen Strafraum verteidigt, Ronaldo hat auch gleich drei freistehende Mitspieler als Anspielstation und darüber hinaus zu viel Platz. Das Resultat: Ein satter Distanzschuss an den Pfosten.

Speziell gegen Ronaldo wird es elementar wichtig sein, dass Lahm ihm keine Chance gibt, ins Dribbling und somit in den Strafraum oder auf die Grundlinie zu kommen. Zieht er ins Zentrum, muss Gustavo ihn eng übernehmen und Distanzschüsse verhindern.

Insgesamt wird es wichtig sein, richtig auf das Überladen einzelner Flügel zu reagieren, die Außenverteidiger müssen den Weg auf die Grundlinie verhindern und die Sechser den Weg ins Zentrum zustellen. Dabei darf, und das wird ein interessanter Spagat, aber der zentrale Offensivspieler, vermutlich Özil, nicht aus den Augen gelassen werden.

Als Beispiel ein typischer Real-Angriff und wie er zu verteidigen ist:



Ronaldo wird von Lahm angegriffen, Gustavo stellt den Weg ins Zentrum zu. Hinterläuft Marcelo, ist Robben bei ihm, ansonsten macht er den Passweg zu Özil zu. Gustavo und Boateng sind für Benzema zuständig, Badstuber fungiert als freier Spieler.

Schweinsteiger, Alaba und Ribery kontrollieren das Zentrum und die linke Seite, wo Ribery gemeinsam mit Kroos bereit ist, schnell umzuschalten und zu kontern, und so selbst die linke Seite im Gegenangriff zu überladen.

3. Real knacken

Um Reals Defensive Probleme zu bereiten, muss Bayern ebenfalls asymmetrisch agieren. Essentiell wird es sein, Real über die Flügel zuzusetzen, indem aus der eigenen Defensive schnell das Spiel auf den anderen Flügel verlagert wird, um so Reals Asymmetrie auszunutzen:


Copyright: Laola1.tv

Valencia kam so beim 0:0 zu einer riesen Chance, als beide Außenverteidiger (Viereck) zu weit auf- und eingerückt waren, und so beide Flügelspieler den Ball in den Rücken der Innenverteidiger gespielt bekommen konnten.

Darüber hinaus müssen beide Außenverteidiger den Weg mit nach vorne gehen, hinterlaufen, und so Ronaldo und di Maria zu Defensivarbeit zwingen.

Gelingt es dann nämlich, einen der Innenverteidiger rauszuziehen, ergeben sich häufig Räume im Rücken der Abwehr, wie zuletzt von Barca häufig demonstriert:


Copyright: Youtube

Auch Atletico gelang das beim Derby zuletzt mehrfach:


Copyright: Laola1.tv

Reals Doppelsechs wird schnell überspielt, dann rückt ein Spieler im Zentrum auf und zieht so einen Innenverteidiger auf sich, der andere orientiert sich am Stürmer. Dadurch kann der Ball in den Rücken der Abwehr auf die schnellen Außenstürmer gespielt werden.

Fazit

Real wird eine Aufgabe, die besonders der Bayern-Defensive alles abverlangt. Dennoch haben die Spiele in der Liga gezeigt, dass auch Real Probleme hat, gerade in der eigenen Defensive, der man immer wieder zusetzen muss. Es ist alles angerichtet für zwei große Spiele!