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NFL @ SPOX


Gründer: Master_Of_Disaster | Mitglieder: 818 | Beiträge: 210
Von: Steehaan
24.08.2021 | 2648 Aufrufe | 2 Kommentare | 1 Bewertungen Ø 9.0
Titelfenster oder verpasster Rebuild?
Season Preview 2021: Pittsburgh Steelers

Die Steelers haben trotz der Cap-Situation den Rebuild vermieden und sehen sich selbst weiter im Titelfenster. Aber sind sie es auch?

Rückblick 2020

Da saßen sie also, Ben Roethlisberger und Maurkice Pouncey, ganz allein auf einer Bank im leeren Heinz Field. Es war bereits später Abend in Pittsburgh und gerade hatten die beiden mit den Steelers eine sehr schmerzhafte Klatsche kassiert. Sie wussten in diesem Moment wahrscheinlich schon, dass dieses 37:48 gegen die Cleveland Browns ihr letzter gemeinsamer Ritt gewesen war. Wenigstens ahnten sie es.

Mit dieser Playoff-Pleite endete auch eine sehr merkwürdige Steelers-Saison auf eine Art und Weise, die nochmal Salz in die offene Fan-Wunde streute. 12-4 nach der Regular Season, Sieger der bockstarken AFC North, das alles liest sich eigentlich gar nicht schlecht. Aber wie dieses Team mit dieser unfassbar schwerfälligen Offense tatsächlich alle seine ersten elf Spiele gewinnen konnte, ist nach wie vor ein Rätsel. Spaß gemacht hat das trotz der Siege jedenfalls nicht.

Dass es in den letzten fünf Spielen dann noch vier Pleiten gab, unter anderem gegen Washington und Cincinnati, war nicht so überraschend wie es aussieht, wenn man die Spiele nicht gesehen hat. Die Playoff-Niederlage war dann schlicht ein Desaster und irgendwie auch ein passendes Ende. Und so saßen sie da nun, Roethlisberger und Pouncey, der eine noch mit dem Helm auf, und starrten ins Leere, mal Richtung Boden und mal Richtung Nachthimmel. Pouncey gab wenig später sein Karriereende bekannt.

Free Agency & Draft

Dass sich im Roster der Steelers für die Saison 2021 einiges verändern würde, war eigentlich schon vor Beginn der 2020er-Spielzeit klar. In Pittsburgh agiert man bereits seit Jahren stets an der Grenze des Salary Caps und strukturiert immer mal wieder Verträge um, um einem Rebuild aus dem Weg zu gehen und immer im Titelfenster zu bleiben. Durch die Corona-Pandemie kam es nun erstmals nach Jahren zu einer deutlichen Senkung der Cap-Grenze, was dann eben zu erheblichen Problemen führte.

Im Februar, als der Salary Cap für 2021 noch nicht offiziell feststand, waren die Steelers etwa 20 Millionen Dollar über dem damals erwarteten Cap und 24 Spieler aus der vergangenen Saison waren Free Agents. Düstere Aussichten. Ganz so schlimm, wie man zu diesem Zeitpunkt mit einem pessimistischen Blick erwarten konnte, wurde es dann doch nicht (wieder einmal wurde fleißig an Verträgen geschraubt), aber einige hochkarätige Abgänge gab es trotzdem:

  • C Maurkice Pouncey (Karriereende)
  • TE Vance McDonald (Karriereende)
  • G David DeCastro (Cut, Karriereende)
  • MLB Vince Williams (zunächst gecutted, dann zurückgeholt, dann Karriereende)
  • OL Matt Feiler (Free Agency, LA Chargers)
  • OLB Bud Dupree (FA, Tennessee Titans)
  • CB Mike Hilton (FA, Cincinnati Bengals)
  • RB James Conner (FA, Arizona Cardinals)
  • Alejandro Villanueva (FA, Baltimore Ravens)
  • Steven Nelson (Cut, Philadelphia Eagles)

Alle zehn genannten Spieler (es gab weitere Abgänge) gehörten in der vergangenen Saison zu den Startern, doch überraschte es mit Blick auf die Cap-Situation nicht, dass sie nicht gehalten werden konnten. Lediglich mit Vince Williams Karriereende kurz vor Start des Camps war nicht zu rechnen, nachdem er zuvor für kleines Geld nochmal unterschrieben hatte. Für die Tiefe der zu diesem Zeitpunkt dünn besetzten Middle-Linebacker-Gruppe hätte er gutgetan.

Diese Spieler konnten in der Free Agency oder später für überwiegend kleines Geld verpflichtet werden:

  • S Miles Killebrew (Detroit Lions)
  • OL Joe Haeg (Tampa Bay Buccaneers)
  • OL B.J. Finney (Cincinnati Bengals)
  • OT Chaz Green (Indianapolis Colts)
  • CB Arthur Maulet (New York Jets)
  • OL Rashaad Coward (Chicaco Bears)
  • G Trai Turner (LA Chargers)
  • OLB Melvin Ingram (LA Chargers)
  • RB Kalen Ballage (LA Chargers)
  • MLB Joe Schobert (Trade, Jacksonville Jaguars)

Melvin Ingram kam erst kurz vor dem Camp dazu und könnte sich ebenso als Glücksgriff erweisen wie Joe Schobert, der noch später via Trade kam. Der Ex-Jaguar wird das MLB-Corps aufwerten. Für einen Sechstrundenpick, bei dem Jacksonville was man so hört auch noch Teile des Gehalts übernimmt, ist er zudem ein echtes Schnäppchen. Generell hat General Manager Kevin Colbert unter den Umständen ganze Arbeit geleistet: Schobert, Ingram und Guard Trai Turner dürften signifikante Rollen übernehmen und zählen in diesem Jahr lediglich etwas mehr als 10 Millionen Dollar gegen den Cap.

Wichtig war dann zudem, dass einige Spieler blieben, bei denen man es teilweise lange nicht für möglich hielt: Cameron Sutton wird wohl zum Starter auf Cornerback aufsteigen und unterschrieb einen neuen Vertrag, Defensive End Tyson Alualu blieb ebenfalls. Glücklicherweise entschied sich auch Juju Smith-Schuster für eine Unterschrift bei den Steelers und damit gegen mehr Geld, das er anderswo hätte verdienen können.

Und dann war da ja noch der Draft und der sorgte für gespaltene Reaktionen bei Fans und Experten. Allen voran natürlich der Erstrundenpick:

  • Runde 1, Pick 24: Najee Harris (RB, Alabama)
  • Runde 2, Pick 55: Pat Freiermuth (TE, Penn State)
  • Runde 3, Pick 87: Kendrick Green (OL, Illinois)
  • Runde 4, Pick 128: Dan Moore Jr. (OT, Texas A&M)
  • Runde 4, Pick 140: Buddy Johnson (LB, Texas A&M)
  • Runde 5, Pick 156: Isaiahh Loudermilk (DE, Wisconsin)
  • Runde 6, Pick 216: Quincy Roche (OLB, Miami)
  • Runde 7, Pick 245: Tre Norwood (S, Oklahoma)
  • Runde 7, Pick 254: Pressley Harvin III (P, Georgia Tech)

Ein Running Back in Runde eins? Für alle Analytics-Freunde eine katastrophale Entscheidung. Klar ist zwar, dass Harris ein sehr guter Back ist und die Steelers das dringend benötigt haben, aber angesichts der vielen Fragezeichen in der Offensive Line, der kurzen Halbwertszeit von Running Backs in der NFL und dem generellen Wert von Halfbacks allein ist das eben mit einem Pick so früh so eine Sache.

Pat Freiermuth war eine gute Wahl in Runde zwei, dahinter scheiden sich dann wieder die Geister. Kendrick Green und Dan Moore Jr. wurden für viele Experten zu hoch gedraftet. Zumindest in Sachen Green ist ein solcher Reach aber verständlich, soll er doch genau der Typ Center sein, den sich die Steelers für das Leben nach Pouncey vorstellen. Sollte er zum Day-1-Starter werden und abliefern, hätte es sich gelohnt.

Unter dem Strich sorgte der Draft wie gesagt für gespaltene Reaktionen, wobei er überwiegend negativ bewertet wurde. Schauen wir mal.

Offense

Wo fangen wir am besten an? Vielleicht mit dem Quarterback. 39 Jahre ist Ben Roethlisberger inzwischen alt und nicht wenige hatten erwartet, dass 2020 seine letzte Saison war. Doch weit gefehlt, Big Ben kehrt auch 2021 zurück und es nicht einmal ausgeschlossen, dass er auch 2022 noch für die Steelers spielt. Ist das nun gut oder schlecht? Schwierig zu sagen.

Wie üblich spielten die Steelers auch in der vergangenen Saison kaum Play Action und Roethlisberger führte die Liga in Shotgun-Pässen und Pässen unter zehn Yards an. Außerdem wurde er den Ball im Schnitt in 2,3 Sekunden los, schneller war keiner. Das alles hatte sicher damit zu tun, dass er nach seiner schweren Ellenbogen-Verletzung noch einmal zurückkam und keiner so recht wusste, wo die Reise hin geht.

Es war okay, nicht mehr und nicht weniger. Mal funktionierte das Quck-Passing-Game, mal eben nicht. Darunter litten aber die explosiven Plays und Deep Balls. Zudem war Roethlisberger gegen Zone Coverage sehr schlecht und hatte mit zehn die meisten Pässe, bei denen er Glück hatte, dass sie zu keiner Interception geführt hatten.

Roethlisberger hat exzellente Waffen

Was darf man von Big Ben 2021 erwarten? Keine Wunderdinge, so viel steht fest. Matt Canada als neuer Offensive Coordinator wird Roethlisberger nicht mehr von Grund auf verändern, doch vielleicht kann er mit neuen Impulsen nochmal mehr rausholen als zuletzt Randy Fichtner. Roethlisberger betonte mehrfach, er fühle sich besser als im vergangenen Jahr, frischer, ausgeruhter. Aber gut, Offseason eben.

Die Waffen, die Roethlisberger hat, sind jedenfalls hervorragend. Chase Claypool hat eine exzellente Rookie-Saison als Wide Receiver hinter sich und gemeinsam mit Juju Smith-Schuster, Diontae Johnson und James Washington bildet er ein hervorragendes Quartett. Dass Smith-Schuster gehalten werden konnte ist ein echter Coup. Bauchschmerzen machten in der vergangenen Saison lediglich die vielen Drops (41!), wovon Johnson mit acht die meisten (im Team, aber auch in der NFL) zu verzeichnen hatte. Auch 2019 hatte er schon die meisten des Teams, daran muss er dringend arbeiten. Zudem steht hinter Washington noch ein kleines Fragezeichen. Medien berichteten von einer Trade-Forderung, die Head Coach Mike Tomlin dementierte. Momentan ist er jedenfalls nur vierte Wahl, denn er konnte sein fraglos riesiges Potenzial noch nicht vollends ausschöpfen, sondern nur ab und an andeuten. Beides sind aber eher Luxusprobleme einer sehr guten Gruppe. Die wird wohl noch von Ray-Ray McCloud vervollständigt, der vor allem ein Return-Spezialist ist, aber vielleicht auch bei Endarounds oder dergleichen eine Rolle spielen könnte.

Dazu kommt mit Najee Harris, bei aller Kritik an dem Pick, ein Running Back, der auf dem Boden und in der Luft alles mitbringt und die Offense deutlich besser machen sollte. Dementsprechend sollte es in Pittsburgh wieder ein funktionierendes Laufspiel geben, wenn die Offensive Line auch ein wenig mitspielt aber dazu später. Harris jedenfalls wird wieder einmal die klassische Bell Cow sein, denn dahinter gibt es auf Running Back wenig vielversprechendes. Interessant dürfte aber sein, ob Fullback Derek Watt unter Canada eine größere Rolle, zum Beispiel auch im Passspiel, erhält als bisher. Die Fähigkeiten bringt er mit.

Mit Eric Ebron und Pat Feiermuth gibt es noch zwei Tight Ends, die man im Passspiel sehr gut gebrauchen kann. Allerdings wurde Ebron im Vorjahr im Zusammenspiel mit McDonald viel zu wenig eingesetzt, hier darf man unter Canada eine Verbesserung erwarten. Es gibt aber einen "Tomlinismus", den Head Coach Mike Tomlin bei jedem besonderen Catch seiner Tight Ends im Training von sich gibt: "Das war gut, aber kannst du blocken?" Abwarten.

Die Offensive Line ist nagelneu - aber ist sie auch gut?

Sowieso hängt alles auch mit der Offensive Line zusammen. Die wird zur kommenden Saison auf allen fünf Positionen neu besetzt sein und wie gut es am Ende funktioniert, wird für den Erfolg der Steelers nicht unerheblich sein.

Chukwuma Okorafor wurde als Left Tackle gedraftet, kämpfte im Camp 2020 dann aber um den Starting Job als Right Tackle und verlor, nur um dann ab Woche zwei nach einer Verletzung von Zach Banner doch dort zu spielen. Die Leistungen waren nicht gerade herausragend, nun könnte er in der kommenden Saison nach Villanuevas Abgang dann doch links spielen, wo er ja angeblich ohnehin besser ist. Auf rechts kommt Banner nach seiner Knieverletzung zurück und ist der Favorit auf den Starting-Posten. Joe Haeg käme als Tackle auch noch in Frage, aber auch Rookie Dan Moore Jr. hat sich durch starke Leistungen in Camp und Preseason ins Gespräch gebracht. Vielleicht gibt es eine Überraschung.

Innen kann man wohl fest mit Kevin Dotson als linkem Guard rechnen, nachdem er im Vorjahr bereits als Rookie eingesprungen war und gute Leistungen gezeigt hatte. Der andere Guard dürfte Trai Turner heißen und Rookie Kevin Greene ist der Favorit auf der Center-Position.

Klingt alles von den Namen und, sofern sie bereits in der NFL waren, von den gezeigten Leistungen her nicht nach einer hochklassigen Offensive Line. Zudem gibt es enorm viele Variablen, enorm viel Konjunktiv. Extreme in alle Richtungen sind möglich.

Klar ist aber auch: Im Run Blocking war die Unit im Vorjahr eine komplette Katastrophe und die guten Statistiken im Passspiel wurden durch Roethlisbergers schnellen Release sicher enorm geschönt, auch wenn das (keine sehr gewagte) Spekulation ist. Heißt: Ein Umbruch war nötig. Der wurde radikal vollzogen, nicht nur auf dem Rasen, sondern auch daneben: O-Line-Coach Shaun Sarrett wurde entlassen und Adrian Klemm wurde vom Assistenten zum Chef befördert. Wie Sarrett vor ihm. Diesmal mit mehr Erfolg?

Establish the run?

In Pittsburgh will man jedenfalls mit einer hoffentlich besseren Offensive Line und einem Top-Running-Back wieder ein Laufspiel installieren, denn vor allem in der vergangenen Saison gab es eigentlich gar keines. Roethlisberger allein kann diese Offense nicht mehr tragen, selbst wenn sich sein Arm wieder besser anfühlt und er es immer noch hat. Er braucht die Hilfe und zwar von allen Spielern um sich herum.

Ob es in der modernen NFL nun der richtige weg ist, seine Ressourcen dazu ins Laufspiel zu stecken, sei mal dahingestellt. Wenn wir aber davon ausgehen, dass Roethlisberger den Ball erneut früh los wird und von der gegnerischen Defense kaum angerührt wird und zudem die Receiver abliefern - oder einfacher ausgedrückt: wenn man im Passspiel kein Problem sieht - dann ist das eine logische Herangehensweise. Es kann aber ebenso eine Milchmädchenrechnung sein.

Defense

In den vergangenen zwei Jahren wurden einige Superlative für diese Defense verwendet und das zurecht. 2019 hievte sie ein Steelers-Team ohne Roethlisberger und damit ohne Scoring-Fähige Offense durch geradezu lächerlich viele Turnover und Pressures sowie Sacks beinahe in die Playoffs, im Vorjahr konnte sie ihr Level weitestgehend halten und etablierte sich als eine der besten Defenses der Liga, nicht wenige sagen als die beste.

Das Prunkstück ist natürlich weiterhin die Front Seven. In der Defensive Line spielen Cam Heyward, Stephon Tuitt und Tyson Alualu weiter die Abrissbirnen in der Mitte. Im Verbund mit den Edge Rushern kam so 2020 eine Pressure Rate von 45,1 Prozent dabei heraus und damit die beste der NFL fünf Prozent besser als der Zweitplatzierte.

Keine Sorge, die Edge Rusher werden nicht nur am Rande erwähnt. Wie auch? Mit TJ Watt spielt hier auf der einen Seite einer der besten seiner Zunft. Watt war 2020 in so ziemlich allen Statistiken weit vorne dabei und führte einige von ihnen an. Nur weil Aaron Donald von den Rams es als Defensive Tackle etwas schwerer hat, derartige Zahlen abzuliefern, wurde er Watt erneut als Defensive Player of the Year vorgezogen. Der 26-Jährige wurde aber immerhin Steelers-MVP, denn er ist in nahezu jedem Play im Backfield zu finden und wartet gerade auf seinen wohlverdienten Monster-Vertrag, der bis Saisonstart hoffentlich durch ist. Bis dahin verzichtet Watt nämlich im Training auf sämtliches Kontakttraining und steht nach den einfachen Drills am Seitenrand.

Kein Qualitätsverlust in der Front Seven

Watts Kumpel und Partner auf der anderen Seite, Bud Dupree, spielt inzwischen für Tennessee. Doch darf man durchaus die These aufstellen, dass Dupree auch dank Watt ein gutes letztes Jahr in Pittsburgh hatte. Auch Alex Highsmith sah in seiner Rookie-Saison schon richtig gut aus, dazu kommt nun eben der erfahrene Melvin Ingram. Die beiden werden sicher viel rotieren, aber auch Watt wird seine Pausen brauchen und bekommen. Das wichtigste aber: Einen großen Qualitätsverlust hat es durch Duprees Abgang nicht gegeben.

Das gilt auch für die Inside Linebacker. Die werden in der kommenden Saison komplett anders aussehen als im Vorjahr: Vince Williams ist kurz vor Beginn des Camps zurückgetreten und hätte durchaus eine große Lücke hinterlassen, denn gegen den Lauf und auch als Pass Rusher war er nach wie vor stark. Mit Joe Schobert konnten die Steelers aber einen Linebacker bekommen, der nicht nur durch Tackles auffällt, sondern auch durch solide Coverage-Fähigkeiten. Die gingen den Steelers-MLBs zuletzt immer ab, weswegen sie für Tight Ends stets gefundenes Fressen waren. Vielleicht ändert es sich nun.

Auch Devin Bush hat in Coverage nicht gerade seine Stärken, doch seine Rückkehr nach seiner schweren Knieverletzung in Woche eins des vergangenen Jahres ist ebenfalls ein erheblicher Boost. Im Verbund mit Schobert könnte das gut werden. Robert Spillane dahinter hat es im Vorjahr ganz ordentlich gemacht, doch mit ihm als Starter in die Saison zu gehen hätte durchaus Bauchschmerzen bereitet. Als Backup ist es sicher okay, dahinter wird es dann qualitativ aber wieder eng, sofern der vom Safety umgeschulte Marcus Allen oder einer der noch unerfahrenen Spieler nicht plötzlich explodiert.

Schwachstelle Cornerback

Die größten Sorgen bereiten in der Defense die Cornerbacks. Nicht Joe Haden, von dem man auch mit 32 noch einiges erwarten kann. Aber mit Steven Nelson und Slot-Corner Mike Hilton musste man zwei richtig schmerzhafte Abgänge zulassen. Einer, der nun sehr gefordert ist, ist Cameron Sutton. In seiner Rolle in der Dime-Defense hatte er bislang durchaus seine Momente, nun muss er beweisen, dass er ein Starting-Corner sein kann. Dahinter muss man in der Steel City auf große Entwicklungssprünge vom einstigen Drittrundenpick Justin Layne oder dem 2020 ungedrafteten James Pierre hoffen. Selbiges gilt für den Slot, wo Neuzugang Arthur Maulet und Antoine Brooks Jr. um den Starting-Job kämpfen. Je nachdem wer sich am besten schlägt, könnte Sutton in der Nickel-Defense auch als eben dieser spielen und Layne oder Pierre kämen auf Außen ins Spiel.

Die Cornerbacks sind aber sicherlich die Schwachstelle in dieser Defense und es wird wohl oder übel eine große Rolle spielen, dass der Druck der Front wieder so groß ist, dass sie trotzdem irgendwie glänzen können. Es sei denn, GM Colbert zaubert irgendwie noch eine Verstärkung aus dem Hut.

Die würde auch auf Strong Safety nicht schaden, doch der ehemalige First Rounder Terrell Edmunds genießt weiterhin das Vertrauen. Zumindest vorerst, denn auch den Steelers sind die großen Schwächen zum Beispiel in Coverage nicht verborgen geblieben und so zogen sie die Option aufs fünfte Vertragsjahr nicht. Edmunds muss und will nun also beweisen, dass der Pick für ihn 2018, damals für viele schon ein Reach, gerechtfertigt war und dafür sorgen, dass die Steelers noch bereuen, die Option nicht gezogen zu haben. Angesichts seiner steigenden Formkurve in der vergangenen Saison schafft er das vielleicht sogar und darf im März 2022 einen Zahltag erwarten.

Einer, der niemandem etwas beweisen muss, ist Minkah Fitzpatrick. Seine Verpflichtung via Trade zu Beginn der 2019er-Saison erwies sich als goldrichtig, denn die Baustelle Free Safety ist damit mehr als nur geschlossen worden die Position wurde plötzlich zu einer Stärke, Fitzpatrick veränderte die gesamte Steelers-Defense. Durch seinen überragenden Football-IQ ist er eigentlich immer dort, wo der Ball hin geht, obwohl niemand zu ihm werfen will, und forciert viele Turnover. Fitzpatrick steht dank der Option noch 2022 unter Vertrag, doch im kommenden Sommer will er Geld sehen und diese Saison deshalb sicher nicht nachlassen. Im Gegenteil: Fitzpatrick wächst aktuell noch mehr in die Rolle eines Anführers hinein.

Es bleibt unter dem Strich festzuhalten: Eine der ohnehin besten Defenses der Liga ist nominell auf etwa dem gleichen Level geblieben; auf Cornerback schwächer, auf Linebacker dafür besser. Wofür es gut ist, wird sich zeigen. Erwarten sollte man aber, dass sie vor allem durch ihre Front erneut viel Schaden beim Gegner anrichten wird und Spiele dominieren kann. Diese Defense ist weiterhin Titelreif.

Special Teams

Kicker Chris Boswell hat im Vorjahr wieder einmal solide abgeliefert, die 2018er-Saison war wirklich bloß ein Ausrutscher. 95 Prozent seiner Field Goals brachte er ins Ziel, nur einmal scheiterte er bei insgesamt 20 Versuchen aus 45 Yards. Einziger Wermutstropfen: Boswell vergab gleich vier Extrapunkte und verpasste drei Spiele verletzt. Alles in allem haben die Steelers aber einen sehr verlässlichen Kicker, der in den Playoffs noch nie ein Field Goal verschoss.

Interessant wird es in diesem Jahr aber in Sachen Punter. Der eher wacklige Jordan Berry wurde eigentlich schon im vergangenen Sommer entlassen und durch Routinier Dustin Colquitt ersetzt, aber weil der noch schwächer war, kam Berry doch zurück. Dieses Mal könnte es aber wirklich vorbei sein, denn die Steelers drafteten Pressley Harvin III in Runde sieben und was der bislang zeigte, war einfach gut. Sehr wahrscheinlich wird er den Platz im Kader bekommen und das Punting-Game erheblich aufwerten.

Über Long Snapper Kameron Canaday müssen wir nicht reden, denn wie Mark Kaboly von The Athletic es so schön formulierte: "Canadays nächster schlechter Snap wird sein erster für die Steelers sein." Erwähnt sei es trotzdem.

Players to watch

Najee Harris:

Harris dürfte sofort eine große Rolle in der Offense haben und sieht sich auch wegen des Picks hohen Erwartungen ausgesetzt. Viele sehen in ihm einen Kandidaten für den Rookie des Jahres. Kann er all das rechtfertigen?

Pat Freiermuth:

Ben Roethlisberger erinnert er "an einen anderen Tight End, den wir mal hier hatten". Grüße an Heath Miller. Pat Freiermuth ist gerade in der Red Zone großartig und könnte schnell zu einem favorisierten Ziel für Big Ben werden. Gegen die Lions war er es in der Preseason bereits. Ein Vorgeschmack?

Alex Highsmith:

Der Outside Linebacker zeigte schon als Rookie großes Potenzial und machte den sich anbahnenden Verlust von Dupree schon im Vorfeld weniger schwer. Man darf erwarten, dass er in seinem zweiten Jahr nochmal drauflegt und im Wechsel mit Melvin Ingram und eben auf der anderen Seite von TJ Watt ordentlich abliefert.

Cameron Sutton:

Die Steelers brauchen einen Cameron Sutton, der seinen Aufstieg zum Starter in dieser Defense rechtfertigt. Die Abgänge auf Cornerback sind schwer zu verkraften, die meiste Last muss Sutton tragen, vielleicht sogar im Wechsel zwischen Outside und Nickel. Ob er es schafft?

Schedule

Die Schwierigkeit eines Spielplans an der vergangenen Saison zu messen (hier haben die Steelers klar den schwierigsten) ist nicht immer optimal, doch in diesem Fall kann man das durchaus mal machen. Die Steelers spielen nämlich insgesamt zehn Spiele gegen Teams, die im Vorjahr die Playoffs erreichten. Vier davon sind gegen die Baltimore Ravens und Cleveland Browns aus der eigenen Division, die sowieso schon knüppelhart sind. Dazu kommen drei der vier Championship-Teams (Green Bay, Buffalo, Kansas City), die keineswegs schlechter geworden sind im Vergleich zur Vorsaison.

Soll heißen: Der Spielplan meint es sicherlich nicht gut mit den Steelers. Das ist aber auch nicht verkehrt, denn dann kann so eine irreführende 11-0-Geschichte nicht noch einmal passieren (wobei das nicht nur mit dem Spielplan an sich zu tun hatte). Die Steelers werden direkt in Woche eins in Buffalo eine erste Standortbestimmung erleben und auf dem Weg zu einer 18. Saison ohne negativen Record einige hohe Hürden überwinden müssen.

Ausblick

Aus Fan-Sicht möchte man irgendwie glauben, dass diese Offense mit Roethlisberger wieder zum Leben erwacht und der Altmeister nochmal zu einem letzten Hurra ansetzt. Aber wie wahrscheinlich ist das? Zu viele Fragezeichen liegen auf dem Weg dahin, zu stark sind die Gegner, allein schon in der eigenen Division. Potenzial ist da, aber das war es auch vergangene Saison. Die Defense ist aber stark genug, um viel herauszuholen. Ein 8-8-Tipp wäre also durchaus angebracht. Geht aber nicht mehr. Deshalb kommt jetzt ein wenig der Optimismus mit Fan-Brille heraus, wie vermutlich schon im gesamten Text. Kann ja auch gut gehen alles.

Tipp: 9-8

KOMMENTARE
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Scipio
01.09.2021 | 19:56 Uhr
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Scipio : 
01.09.2021 | 19:56 Uhr
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Scipio : 
Starke Arbeit, vielen Dank!
Ich persönlich halte Green für keinen Reach, fand ihn Predraft sehr interesannt, der könnte guten Impact haben.
Defense sehe ich immer noch sehr stark, aber auch die Offense liest sich auf dem Papier dank der beiden Rookies vielseitiger. Denke so ein biederes Saintsscheme für besonders Arme dürfte man dieses Jahr nicht mehr sehen.
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renoir
24.08.2021 | 17:21 Uhr
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renoir : 
24.08.2021 | 17:21 Uhr
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renoir : 
Schöne Preview, liest sich sehr angenehm. Finde die These, dass man mit dem Dupree-Abgang keinen Qualitätsverlust hinnehmen musste, erstmal interessant, wenngleich ich auch denke, dass man das schon merken wird. Offensiv kann Big Ben zwar sicherlich keine Spiele mehr alleine entscheiden, dennoch wird der Erfolg der Stellers natürlich trotzdem (auch) an ihm hängen - und da bin ich tatsächlich ziemlich skeptisch. 9 Siege sind realistisch, wenn sich Ben einigermaßen gut zeigt, sind da auch mehr drin. Der Kampf um die AFC North wird spannend!
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