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Blogpokal 2014/2015


Gründer: RoterBulle92 | Mitglieder: 25 | Beiträge: 5
Von: MarcelPutz
15.12.2014 | 3336 Aufrufe | 23 Kommentare | 8 Bewertungen Ø 6.9
MarcelPutz - dawizzle
Science Fiction
Moderne Zeiten

Wir schreiben das Jahr 2039. Müde sitze ich neben meinem Bruder im neuen, hochmodernen Stadion des VFL Wolfsburg. Bis zu 120.000 Zuschauer können die Spiele des europäischen Meisters hier verfolgen, heute warten wir alle gespannt auf das Topspiel der European Super League gegen den FC Barcelona.

Wobei was heißt hier gespannt. Ich und mein Bruder haben Karten für dieses Spiel hier gewonnen, aber eigentlich interessiert es uns einen Scheiß. Wir lieben den Fußball, keine Frage. Aber eigentlich haben wir uns längst in den Amateurbereich zurückgezogen, uns reicht es den FC Wangen 05 in der Allgäuliga anzupeitschen.

Mit dem modernen Fußball etwas anfangen, das können wir leider nicht

Bevor das heiß erwartete Spiel startet, sind aber erst einmal die beiden Frauenmannschaften dran. Die Spiele des Pendants dieser Liga, die Womens European Super League, finden immer im Vorfeld zu den Spielen des Originals statt, zumindest seit sie vor einem Jahr ebenfalls ins Leben gerufen wurde. Die UEFA hatte in diese Liga einfach die selben Vereine gesetzt, die in der Männerliga kicken. Aus Vermarktungsgründen. Das hat schon bei der Gründung der Youth League vor vielen, vielen Jahren sehr gut funktioniert.

Die Torhüterin des FC Barcelona stürmt soeben, wir schreiben die 67. Spielminute, wild nach draußen. Ein Torwartspiel, das einst von Männern wie Manuel Neuer perfektioniert wurde und nun auch im Frauenfußball langsam in Mode zu kommen scheint. Sie versucht etwa in der Mitte zwischen Anstoßpunkt und Tor den Ball wegzuhauen, tritt jedoch ein Luftloch. Die Stürmerin Wolfsburgs nimmt ihr ihn folgemäßig lässig ab und stürmt frei aufs leere Tor.

Einige Fans jubeln schon, doch dann macht es laut "dong".

Die Spielerin hat den Ball mit voller Wucht gegen den Pfosten gehauen.

"SO EINE SCHLAMPE", schreit ein rot angelaufender Fan vor uns, "AUSWECHSLA!!".

Sofort wird er von einem Aufpasser der vielen streng herumstehenden Angestellten der UEFA gepackt und abgeführt.

"Sie sind des Stadions verwiesen!", hören wir ihn ernst sagen, während der Fan an uns vorbei in Richtung Ausgang gezerrt wird.

Mein Bruder scheint an dem Geschehen allerdings nicht sonderlich interessiert zu sein. Ohne seiner Umwelt einen Blick zu widmen, scrollt er die aktuelle Ausgabe des Stadionmagazins herunter, nur um dann doch lieber zur Schwäbischen Zeitung zu wechseln. Es klickt einen Artikel über die derzeit etwas ausufernden Proteste im Allgäu an. Die Bevölkerung geht zurzeit präventiv aus Angst vor dem zunehmend stattfindenden Ersatz der geliebten Leberkäswecken durch den Döner auf die Straße. In Meckenbeuren wurde sogar ein Dönerladenbesitzer mit Birnen beworfen.

Aber das nur am Rande.

"Kümmert dich das Spiel eigentlich gar nicht?", frage ich ihn irritiert.

"Frauenfußball, pah", winkt er daraufhin ab, seine Einstellungen zu diesem Thema sind noch etwas altmodisch, "Frauenfußball, des isch wie Rugby im Altersheim".

Die muskulös aussehende Frau hinter uns hat zufällig mitgehört. "Das ist unter meinem Niveau", sagt sie, steht auf und stolziert in Richtung einer der frei gebliebenen Plätze ganz hinten auf der Tribüne.

"Dann lass uns über die derzeitige Geschehnisse im Fußball diskutieren", versuche ich ihn in ein Gespräch zu verwickeln, "zum Beispiel den Klopp-Skandal".

Die 69-jährige Trainerlegende der Dortmunder hatte letztes Mal vor lauter Emotion die Coachingzone um einige Zentimeter überschritten. Sofort hatte die Coachingzonenkamera zugeschlagen.

"Huiiiii da ist der Beweis", hatte Kommentatorenlegende Fritz von Thurn und Taxis (89 Jahre) entsetzt geschrieen, "da hat er die Zone mit seinem muskulöööösen Körper übertreten, dieser Schwaaabe aus Stuttgart! Was für eine Holterdipolteraktion! Das ist Schiedsrichter Barzaaari zu blöd! Da bekommt er ein Knötchen, meine Damen und Herren".

Mein Bruder winkt ab, "des macht doch keinen Spaß mehr mit den ganzen modernen Techniken. Man kann gar nicht diskutieren. Die Torkamera hat beweisen, dass Klopp drüber war und hat somit Recht, fertig".

"Wirsch jetzt zynisch", lächle ich, "oder kannst du wenigstens etwas zur derzeitigen Diskussion über den 1. FC Köln sagen?".

Pah, Köln war schon immer scheiße. Dass die nichts bringen hätte man wissen müssen, als man sie statt Schalke aufgenommen hat in die scheiß Liga hier".

Die Kölner sind in diesem Jahr bisher die Lachnummer in der European Super League. Mit erst einem Pünktchen stehen sie auf dem letzten Platz der Tabelle, im Schnitt hagelt es vier Gegentore.

Noch heute sind viele Fans erregt darüber, dass Köln, weil sie kurz vor Start der European Super League vor 10 Jahren einmal eine überragende Phase hatten, hier als viertes deutsches Team nebe Bayern München, dem VFL Wolfsburg und Borussia Dortmund aufgenommen wurde.

Die Diskussionen, ob man die Kölner nicht einfach irgendwie aus der Liga raushauen und ersetzen könnte nehmen nach jeder weiteren Niederlage immer mehr an Fahrt auf. Einen Abstieg gibt es jedoch nicht, die restlichen Mannschaften in Deutschland spielen um ihre eigene Meisterschaft. Vor im Schnitt gerade Mal 10.000 Fans. Den ganzen Traditionalisten.

Immerhin konnte Schalke dadurch Mal Deutscher Meister werden. Dreimal in Folge sogar.

Selbst wenn Sie, die Leute aus der Vergangenheit, jetzt irritiert den Kopf schütteln werden.

"Naja aber Köln wurde ja erst gestern wieder in seine Einzelteile zerlegt", erkläre ich meinem Nebensitzer, "das kann man sich ja als Unterstützer der deutschen Mannschaften nicht mehr antun.

Naja so isch es eben. Fressen und gefressen werden, Florian zuckt mit den Achseln, das war schon immer so".

Und so verstreicht die Zeit und ein bisschen später, also nach dem langweiligen 0:0 bei den Frauen, stehen sich auch endlich die Herrenmannschaften auf dem Platz gegenüber. Die Hymne der European Super League erklingt, das Spiel beginnt. Wolfsburg geht in der 20. Minute durch das erst 17-jährige Supertalent Hort Meier in Führung.

Sie, liebe Leser, werden sich nun verwirrt fragen weshalb der Junge Horst heißt. Haben die Elter bei der Namenswahl etwa das ein oder andere Gläschen zu viel gekippt?

Tatsächlich ist der Name Horst aber wieder modern geworden. Heute werden die ganzen Babys nur noch alle Horst genannt. Also viele zumindest.

Aber auch das nur so nebenbei.

Nach dem Tor wird kontrolliert Pyrotechnik gezündet. Nach langen Diskussionen über fehlende Emotionen in der neuen Liga hat UEFA-Präsident Michel Platini gegengesteuert und von der Politik ein solches Abbrennen jeweils nach dem ersten Tor des Heimteams genehmigt bekommen.

In einem Block, der für normale Zuschauer geschlossen wurde, steht er nun grinsend zwischen ein paar Delegierten der UEFA und lässt zwei, drei Raketen in den Himmel steigen. Anschließend wird noch ein Vulkan angezündet und den krönenden Abschluss bildet schließlich ein lauter Böller.

"Wooow", staunt eine junger Mann vor uns, "das sieht einfach klasse aus! Das gehört zum Fußball dazu! Pyrotechnik ist kein Verbrechen".

Unkontrolliert abgebrannte Pyrotechnik gibt es natürlich nicht mehr, wie soll man damit auch durch die hochmodernen Nacktscanner vor dem Stadion kommen. Da müsste man WIRKLICH ein Genie sein.

Die gute Stimmung im Wolfsburger Stadion kippt allerdings schnell. Barcelona dreht das Spiel und schießt noch vor dem Halbzeitpfiff drei Tore.

"Wir haben die Schnauze voll", stimmt eine zusammen angereist Gruppe Fans, die Ultrawölfe, laut an, "scheiß Milliardäre! Scheiß Milliardäre!".

Spätestens nach dieser Beleidigung werden sie vom Sicherheitspersonal eingekreist.

Bei Spox TV, dem Sportsender (einst übrigens aus einer Internetseite hervorgegangen), der sich die Rechte an der neuen Liga im deutschsprachigen Raum gesichert und damit Sky Deutschland ausgestochen hat, wird man hektisch. Es muss verhindert werden, dass der Zuschauer am TV so etwas sieht. Das wurde von der UEFA klar vorgegeben. Die Regie hat allerhand zu tun.

Nach der Halbzeit schauen wir uns das ziemlich langweilige Spiel noch eine halbe Stunde an, dann stehen wir auf. Die Parkplatzsituation vor dem Stadion ist ziemlich chaotisch, würden wir erst nach Schlusspfiff gehen, wir würden stundenlang im Stau stehen.

"Und wie fandest du das Spiel?", frage ich bei der Rückfahrt gähnend meinen Bruder.

"Überragend", meint er sarkastisch.

"Naja aber zumindest das Stadion ist schon toll, das musst du zugeben. Gigantisch!".

"Pah bei meiner Geschäftsreise in Asien hatte ich Gelegenheit die dortigen Stadien zu sehen. Da ist das hier ein kleiner Furz dagegen. Aber ich brauch das alles nicht. Mir reicht unser Allgäu Stadion in Wangen. Das ist noch ehrlicher Fußball. Ich will meine alte Bundesliga zurück!".

"Sei doch nicht ganz so kritisch. Der Profifußball entwickelt sich nun einmal weiter. Asien und Südamerika haben Europa im Sportbereich längst finanziell überholt, würden wir weiter in kleinen Ligen spielen wie früher, die Einnahmen der Topclubs wären viel zu gering, um mit den besten Vereinen Asiens mitzuhalten".

Ich sage das und doch hasse ich es.

Ein scheiß Tag in der schönen neuen Welt geht zu Ende aber wie hat schon beckstown gesagt: "Solange Thurn und Taxis noch kommentiert, ist alles gut".

Eben!

ø 6.9
KOMMENTARE
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MarcelPutz
15.12.2014 | 09:53 Uhr
4
0
MarcelPutz : 
15.12.2014 | 09:53 Uhr
0
MarcelPutz : 
Also das ist mein Beitrag zum Spox Blogpokal 2014/2015.

Mein Gegner ist der preisgekrönte Staruser dawizzle (u. a. gewählt zum Spoxuser des Jahres und von der Bravo Girl bereits fünfmal mit dem Goldenen und dreimal mit dem Silbernen Zipfel ausgezeichnet).

Hier ist sein Blog:



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Achja und ich hab hier ein paar Leberkäswecken rumliegen, es könnte sein, dass sie euch zukommen, wenn ihr für den richtigen User stimmt
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