Der Gangsterepos



Als Einstimmung auf die anstehende Serie zwischen den Teams aus Miami und Boston habe ich mir noch einmal den Film (i)Heat angeschaut. Im vielleicht besten Gangsterepos aller Zeiten jagt Pacino als verbissener, nicht ruhender Cop den mit allen Wassern gewaschenen Gangster de Niro.
Die Story des Eastern Conference Semifinals in der NBA ist dem Film gar nicht einmal so unähnlich. Zwanghaft, versessen und mit aller Macht strebt LeBron James seit Jahren dem NBA-Thron entgegen. Dem Ziel Titel ordnete er jeglichen persönlichen Erfolg unter. Im Weg steht ihm sein ewiger Albtraum – die Boston Celtics. Das Team, das dem King bereits viele Schmerzen bereitet hat. Die abgezockteste Truppe der Liga, das Methusalem, das wohl zum vorerst letzten Angriff bläst.(/i)


Wie lief die erste Runde?
Locker flockig. Die Celtics taten sich bei ihren ersten beiden Heimspielen gegen die Knicks etwas schwer, gewannen gerade Spiel 1 nur mit Glück. Doch durch das Verletzungspech der Knicks und durch die wiedergewonnene Form gewann Boston die Serie mühelos mit 4:0. Wichtigste Erkenntnis: Rajon Rondo ist pünktlich zu den Playoffs wieder der geniale Spielmacher, der für die Kelten so überlebenswichtig ist.
Die Heat hatten letztendlich auch relativ leichtes Spiel mit den 76ers. Philly schlug sich tapfer in der Serie, holte sich einen Sieg und machte es Miami nicht immer leicht. Letztendlich siegten die Heat aber dank Talent und Klasse ohne weitere Probleme.

Wie liefen die direkten Duelle in der RS?
26. Oktober: Heat @ Celtics 80:88
Die Saison ist eröffnet! Gebannt blickt die Basketballwelt auf den Schlager. Die neuen Big Three der Heat bei den Celtics. Der Beginn einer Rekordsaison für Miami? Mitnichten! Die Celtics sind motiviert bis in die letzte Haarspitze, LeBron James wirft den Ball viel zu oft weg und Rajon Rondo legt 17 Assists auf. Erstes Ausrufezeichen aus Boston!
11. November: Celtics @ Heat 112:107
Karneval in Deutschland, Action in Miami. Boston reist zu den Heat, die nach der bitteren Auftaktpleite fünf der letzten sieben Spiele gewonnen haben. James versucht alles , doch die Celtics wirken gegen Miami so bissig wie kaum in einem anderen Spiel. Rondo verteilt wieder 16 Assists und Ray Allen trifft 7 seiner 9 Dreierversuche für 35 Punkte.
13. Februar: Heat @ Celtics 82:85
Drittes Aufeinandertreffen, dritte bittere Pille für Miami. Die Heat mühen sich nach Kräften, spielen bärenstarke D, doch gegen die Celtics scheint es einfach nicht geschehen zu wollen. Gerade Dwyane Wade kommt gegen Boston nicht in Fahrt. Rondo kriegen die Heat zu keiner Zeit in den Griff, Triple Double für den Playmaker.
10. April: Celtics @ Heat 77:100
Kurz vor Ende der Saison verlieren die kriselnden Celtics ihren Nimbus der Unbesiegbarkeit gegen die Heat. Und zwar wie! Miami ist an diesem Tag mindestens eine Klasse besser, überrollt Boston geradezu. Für die Psyche des Teams ein ganz wichtiger Erfolg.

Head-to-Head Vergleich

C: Illgauskas vs. ONeal
Das wohl unwichtigste Matchup. Illgauskas spielt im auf die drei Superstars ausgerichteten System eine untergeordnete Rolle, soll offene Würfe treffen und mit Erfahrung helfen. Bei den Celtics wird einer der beiden ONeals von Beginn an auf dem Feld stehen. Höchstwahrscheinlich zunächst Jermaine. Vornehmliche Aufgabe: Für Präsenz unter dem Korb sorgen und die Penetration der Heat wenigstens etwas lindern. Vorteil Celtics.

PF: Bosh vs. Garnett
Garnett spielt eine ganz hervorragende Saison und gehört weiter zur absoluten Elite in der Defense. In den Playoffs glänzte er zuletzt auch in der Offense und zeigte, dass er noch immer Spiele entscheiden kann. Einen dementsprechend schweren Stand wird Chris Bosh haben, der allerdings auch zu jeder Zeit schwerste Würfe im Korb unterbringen kann. Trotzdem wird der Heat-Star es sehr schwer haben gegen die Physis und Psyche von KG anzukommen. Vorteil Celtics.



SG: Wade vs. Allen
Flash gegen den Dreiergott. Höchst brisant. In der regulären Saison tat sich Wade gegen die Celtics unglaublich schwer. In den vier Spielen der Saison traf er zusammengerechnet nur 16 Würfe bei 57 Versuchen und erzielte zusammen 51 Punkte. D-Wade scheint also noch eine Rechnung offen zu haben. Allen dagegen tötete Miami schon einmal in dieser Saison von der Dreierlinie. Wades Vielseitigkeit und sein Talent bedeuten aber: Leichten Vorteil für die Heat.

PG: Bibby vs. Rondo
Mike Bibby ist Rajon Rondo in genau einer Kategorie überlegen: Er kann werfen. Ansonsten sollte der Boston-Spielmacher seinen Gegenüber im Eins-gegen-eins an die Wand spielen. Er ist um Lichtjahre schneller, er hat die bessere Übersicht, er spielt die um Welten bessere Defense. Und er ist einer, der in Playoffs noch einmal über sich hinauswächst. Die Heat müssen zusehen, dass sie Rondo stoppen. Bibby kann das nicht, der Point Guard der Heat sollte nur zusehen, dass er die offenen Dreier trifft. Klarer Vorteil Boston.

Bank
Auf der Bank der Heat sammeln sich die Spezialisten. Scharfschützen (House, Jones) und Shot-Blocker (Anthony) kommen bei Bedarf. Mario Chalmers teilt sich die Minuten mit Mike Bibby. Schmerzlich fehlt hierbei der verletzte Mike Miller. Ohne ihn fehlt es an Qualität und Quantiät. Mehr als durchschnittliche Rollenspieler hat Miami auf der Bank nicht sitzen. Bei den Celtics steht mit Glen Davis, dem Viertplatzierten der 6th-Man-Of-The-Year-Wahl, ein absoluter Energizer bereit. Jeff Green hilft überall. Sollte Shaq noch rechtzeitig fit werden, wird auch er von der Bank kommend die Zone belagern. Die Celtics-Bank war schon einmal erfahrener als derzeit, Qualität ist aber ausreichend vorhanden. Vorteil Celtics.

Coaches: Spoelstra vs. Rivers
Spoelstra ist noch ziemlich grün und hat in der abgelaufenen Saison gezeigt, dass er mit großem Druck sehr gut umgeht. Außerordentliche Fähigkeiten als Trainer hat er noch nicht bewiesen. Ganz im Gegensatz zu Gegenüber Doc Rivers. Der Celtics-Coach gehört zu den Besten seiner Zunft und gewann mit Boston bereits eine Meisterschaft. Der Trainer des Jahres 2000 versteht es, sein Team optimal einzustellen und ist playoff-erfahren. Vorteil Celtics.

Fazit und Prognose
Im Film überwältigt Pacino am Ende seinen Widersacher de Niro und bringt ihn um. Genau dazu kommt es in dieser Playoff-Serie nicht.
Warum nicht? Weil es kein Team in dieser Liga gibt, was Miami so zusetzt, wie die Celtics. Keine Mannschaft hat so günstige Matchups gegen Miami. Und vor allen Dingen bringt kein anderes Team LeBron James so zur Verzweiflung.
Es wird ein Duell auf Augenhöhe. Es wird eine unglaublich intensive Serie. Und am Ende wird LeBron James wieder als Verlierer vom Platz gehen. Zumindest dieses Jahr noch einmal. Noch einmal werden die Celtics der Schrecken sein. Boston in 6.