Eigentlich war es ein ganz normaler Abend.

Wir waren nachmittags eine Runde kicken und abends ging es dann noch mal los einen Happen essen und unter Umständen (also mit ziemlicher Sicherheit) noch ein paar Bierchen trinken. Das war dann auch der Plan für den heutigen Abend. Ziel war dieses Mal das neue indische Restaurant in der Innenstadt das erst vor Kurzen eröffnet hatte. Als wir es betraten habe ich mir dann auch noch nicht wirklich etwas gedacht. Gut, es sah ein wenig schummrig aus und irgendwie gar nicht NEU in dem Sinne aber vielleicht war das ja gewollt. Egal, mal sehen wie das Essen hier wohl schmeckt.

Wir hatten uns kaum hingesetzt als sich auch bereits der Kellner direkt neben meinem Kopf materialisierte. "Wissen die Herren denn schon was Sie bestellen möchten?" "Äh naja erwiderte ich, ein großes Bier und zu Essen...keine Ahnung. Können Sie etwas empfehlen?" "Selbstverständlich, im Angebot ist heute unsere Nr.32, ein altes Gericht nach Familientradition." "Gut, dann hätte ich das gerne einmal." "Sehr wohl der Herr, mit extra scharf? Wir hätten auch noch eine Spezialsoße im Angebot, die ist etwas ganz Besonderes." Ich nickte einfach. Der Kellner nahm die restlichen Bestellungen auf und zog von dannen während mir auffiel dass ich gar nicht gefragt hatte WAS denn eigentlich das Spezialgericht überhaupt ist.

Es verging einige Zeit und nachdem wir unsere Getränke schon halb geleert hatten brachte der Kellner das Essen. Vor meiner Nase baute sich ein Topf auf dessen Inhalt ich an dieser Stelle einfach mal ganz diplomatisch als "Eintopf" beschreibe. Es kochte und blubberte und in all den Zutaten meinte ich ein kleines Stück Kokos zu erkennen. Wenigstens eine mir bekannte Zutat. Nichtsdestotrotz machte ich nach einer kurzen Phase der Selbstüberwindung an mein Essen, schliesslich gab es nur eine Sache die schlimmer war als schlechtes Essen und das war gar kein Essen. Zu meinem Erstaunen schmeckte das was da meinen Rachen hinunterwanderte gar nicht mal schlecht. Irgendwie seltsam zwar aber wenn man sich erst einmal daran gewöhnt hatte war es gar nicht so übel. Und so habe ich letzten Endes mein Essen auch komplett verputzt. Nach zwei weiteren Bierchen begann dann allerdings mein Magen damit sein Resumee zum erhaltenen Input zu geben. Leider fiel das nicht wirklich gut aus. Also begab ich mich aufgrund dieser spontanen Eingebung auf den schnellsten Weg in Richtung Toilette. Mir war dabei schon ein wenig komisch, das schob ich aber erst mal auf die Kombination Sport/Alkohol/komisches Essen. Ich beschloss mich zu beeilen, ging die Treppen herunter und bewegte mich auf die Tür zu. Ich trat herein , allerdings befand ich mich zu meiner eigenen Überraschung nicht auf dem Klo.

Vor mir lag ein weiterer Gang, scheinbar mehrere hundert Meter lang. Ich war ziemlich verwirrt und wollte mich umdrehen um zu sehen ob ich vielleicht die falsche Tür erwischt habe aber genau diese war auf einmal verschwunden und ich stand vor einer Wand. Als Nächstes kniff ich mir kräftig in den Arm um zu sehen ob ich vielleicht träume. Dem einsetzenden Schmerz nach konnte ich dies absolut verneinen. Nachdem ich also eh keinen anderen Ausweg mehr hatte beschloss ich weiter den Gang hinunterzugehen.

Am Ende des Ganges sah ich eine Gestalt sitzen . Sie war in eine rote Robe gekleidet und hatte eine merkwürdige bläuliche Hautfarbe. Vorsichtig näherte ich mich. Plötzlich blickte sie auf. "Ah, hallo Dood, schön dass du endlich da bist! Einen kleinen Moment Geduld bitte, du wirst gleich abgeholt." Jetzt war ich völlig verwirrt. Wo bin ich und wohin sollte ich abgeholt werden. Und woher zur Hölle kannte sie meinen Namen. "Ich bin allwissend. Und ich kann Gedanken lesen. Hör also bitte auf zu fluchen." Ich erschrak und sagte kein Wort mehr. Hundewelpen, Hundewelpen, Hundewelpen. Sie lächelte. Fuck! Oh, Entschuldigung.

Just in diesem Moment öffnete sich hinter ihr das riesige Tor. Gleißendes Licht erfüllte den Gang als ganz langsam ein Schatten erschien und auf uns zukam. Ich kniff die Augen zusammen doch ich konnte immer noch nicht sehen wer oder was uns entgegenschritt.

"Sei gegrüßt, Dood. Schön dass du es endlich einrichten konntest." Die Stimme kam mir seltsam bekannt vor. Das Licht erlosch langsam und als ich aufblickte sah ich vor mir Jürgen Klopp. Im Anzug. Und er lächelte. "Komm mit, ich führe dich ein wenig herum." "Äh ja, das ist sehr nett Jürgen ääh Herr Klopp, aber dürfte ich bitte erfahren wo ich hier eigentlich bin?" "Natürlich darfst du das Dood aber ist das nicht offensichtlich? Du bist im Nirvana!" Erschrocken blickte ich an mir herunter. War ich tot? Gab es in diesem Eintopf etwas eine Zutat die ich nicht hätte essen sollen? Und warum eigentlich Nirvana, ich war doch gar kein Hindu. "Komm mit, ich erkläre es dir auf dem Weg." Verdammt, dieses Gedankenlesen. "OK, aber wohin gehen wir eigentlich?" "Überall hin."

Er nahm mich an die Hand und führte mich ins Freie hinter dem Tor. Dass ich auf einmal nicht mehr in einem Gebäude stand nahm ich zu meinem eigenen Erstaunen ziemlich gelassen. Mein rationales Denken hatte sich scheinbar schon auf dem Weg zum Klo für den restlichen Abend abgemeldet.

"Weisst du Dood ,"fing Jürgen Klopp auf einmal an zu sprechen, "wenn ein Mensch stirbt steigt seine Seele, so sie denn Vollkommenheit erreicht, hat ins Nirvana auf und erlangt dort ewige Glückseligkeit." Ich wollte darauf nichts Falsches antworten also nickte ich einfach. "Nun sagte er, das ist zumindest die Theorie. Tatsächlich steigen aber schon Teile eines Menschen bereits vor ihm auf wenn er sie zu Lebzeiten verbannt." Ich verstand erst einmal gar nichts. Klopp lächelte. "Das bedeutet, Eigenschaften die ein Mensch nicht mehr nutzt oder sich abtrainiert eilen Ihren Besitzern hierher voraus und warten bis dass der Rest irgendwann nachkommt." Ich überlegte. "Und was bist dann du wenn ich fragen darf?" "Ich? Ich bin Jürgen Klopps Charme..." und wieder lächelte er.

Langsam schlenderten wir den Weg entlang. Überall entdeckte ich ein paar bekannte Gesichter zwischen all den Gestalten. Ungefragt wurde mir dann erklärt dass da hinten auf der Lichtung zum Beispiel die Treue von Boris Becker und Franz Beckenbauer zusammensitzen würden. Sie hatten sich wohl schon seit Ewigkeiten nicht mehr von einander trennen können. An einem Flusslauf sahen wir einen schlecht rasierten Mann der immer wieder direkt über das Wasser lief. "Oh, hallo Jesus," rief Klopp und flüsterte mir dann leise ins Ohr "der treibt sich hier in letzter Zeit häufiger rum seit er zu Hause rausgeflogen ist, irgendwas von wegen dass er nachts immer wieder aufstehen wollte oder sowas..."

Und so gingen wir unseren Weg immer weiter. Ich wurde langsam neugierig. "Sag mal, wie vertreibt ihr euch hier oben (unten? ) die Zeit? Ihr seid ja praktisch für alle Ewigkeit hier gebunden..." "Ach, es gibt eigentlich jede Menge Aktivitäten. Thorsten Legats Intelligenz hat ein wirklich interessantes Konzept aufgestellt, damit kriegt man die Ewigkeit schon ganz gut rum. Lothar Matthäus guter sportlicher Ruf organisiert zum Beispiel jeden Donnerstag ein Fußballturnier. Außerdem müssen wir hier oben ja auch trotzdem für Recht und Ordnung sorgen. Es kommen nicht nur positive Eigenschaften hier oben an weißt du? Cristiano Ronaldos Männlichkeit lauert zum Beispiel immer wieder anderen Seelen auf und verprügelt sie dann, der kennt da keine Freunde. Letzte Woche hat er Mourinhos feminine Seite grün und blau gehauen, deswegen muss er jetzt als Strafe zwei Wochen lang mit Heiko Westermanns Technik Ballannahmen trainieren."

Mittlerweile hatten wir einen großen Tempel erreicht. Er war mir gar nicht aufgefallen bis wir kurz vor Ihm standen, vielleicht war er vorher auch noch gar nicht da, ich wusste mittlerweile gar nicht mehr was jetzt Realität war und was nicht (gut, ich HOFFTE zumindest dass dies nicht die Realität ist). Vor dem Tempel stand eine Statue mit erstaunlich vielen Armen. Wir gingen an ihr vorbei und langsam aber sicher machte ich mir Sorgen.

"Sag mal Jürgen, wieso bin ich eigentlich hier?" "Nun, die offensichtliche Antwort auf deine Frage lautet vermutlich 32 mit extra scharf und Spezialsoße aber das ist vermutlich nicht das was du von mir hören wolltest." Er lächelte schon wieder. Immer dieses verdammte Lächeln. "Nun, meistens kommen die Sterblichen hier her wenn sie eine große Aufgabe zu bewältigen haben und dem Schicksal vorher auffällt dass Ihnen dafür etwas fehlt. Etwas, das sie vielleicht vor langer Zeit schon aufgegeben haben . Manche machen sich diese Chance zu Nutze, andere sind dazu nicht in der Lage. Schau mal da hinten, der frustrierte alte Mann der an der Säule lehnt, das ist Edmund Stoibers Eloquenz. Er hätte sie hier wieder mitnehmen können aber er war viel zu stolz und glaubte ohne sie Bundeskanzler werden zu können. Du weißt ja Selbst wohin das geführt hat..." "Ich glaube ich verstehe, aber warum bin ich dann hier? Was fehlt mir denn und was für eine Aufgabe habe ich zu bewältigen? Mir geht es doch eigentlich gut, ich habe nichts auszustehen und bis jetzt habe ich mich eigentlich auch ziemlich vollständig gefühlt." "Nun lieber Dood, was dir fehlt ist dein Wille, dein Siegeswille um genau zu sein. Vor ein paar Monaten bist du angetreten um den Blogpokal zu gewinnen. Das heißt du hast zwar teilgenommen, aber du hast eigentlich keinerlei Ambitionen gehabt. Du warst Nachrücker und hast ein wenig drauflosgeschrieben ohne auch nur an den Sieg zu denken. Das Schicksal aber will das du diesen Pokal gewinnst aber dazu mit du alles geben, du musst es WOLLEN und deshalb sind wir hier..."

Ich erschrak. Wir standen mittlerweile vor einem Altar. Davor stand ein Mann, relativ normal gebaut aber verdammt gutaussehend. Er sah sehr entschlossen aus und blickte mir tief in die Augen. Dann streckte er mir seine Hand entgegen. Dieser Mann war ich, also mein Spiegelbild oder zumindest ein Teil von mir. Ich blickte zur Seite. Neben mir Stand immer noch Jürgen Klopps Charme. Er nickte und lächelte. "Eine Schande dass du hier versauern musst, es war sehr nett mit dir." Er klopfte mir wortlos auf die Schulter. Ich fasste meinen kompletten Mut zusammen und ging die Stufen zum Altar hinauf. Ich stand nun mir Selbst gegenüber. Ich sah mir tief in die Augen und ergriff die ausgestreckte Hand. Als ich sie berührte wurden wir Beide plötzlich in ein gleißendes Licht gehüllt

Stille.

Plötzlich wachte ich erschrocken auf. Ich lag zuhause in meinem Bett. Wie war ich hier hingekommen? War das alles nur ein Traum? Ich kam langsam wieder zu mir. Ich war doch eben noch im Nirvana oder doch zumindest auf der Restauranttoilette oder? Ich blickte mich verwirrt um.

Auf meinem Nachttisch stand eine kleine Figur mit einem Elefantenkopf. "Das Team vom Restaurant Vishnu, Ganesha & Co. bedankt sich für Ihren Besuch und wünscht Ihnen weiterhin viel Erfolg."

Ich lächelte.

Zeit mit dem Schreiben anzufangen.