17 again - Back to Success, written by Phil Jackson

Siebzehn. Eine Zahl, die vor drei Jahren noch für Aufbruchsstimmung und fieberhafter Aufregung in historischem Ausmaß sorgte - Stichwort Linsanity. Und heute? Heute steht sie in den Geschichtsbüchern, allerdings im negativen Sinne. Ganze 17 Siege hat das Team in der vergangen Saison geholt. Negativrekord. Noch nie hat ein Team in der Vereinshistorie weniger Siege geholt.

Doch die Knicks wären nicht die Knicks, wenn das schon alles gewesen wäre. Dank der zweitschlechtesten Bilanz der gesamten Liga ist man mit einer Wahrscheinlichkeit von 18,8% ins Rennen um den Ersten Pick in die diesjährige Draft Lottery gegangen. Fortuna meinte es aber auch hier nicht gut mit der Franchise aus dem Big Apple, am Ende stand nur der vierte Pick zu Buche.

"Egal", so der gängige Tenor, "wir holen uns die dicken Fische in der Free Agency". Denkste! Der dritte, und (vorerst) letzte Rückschlag binnen kürzester Zeit. Denn statt im Madison Square Garden, dem Mecca des Basketballs und in den Lichtern des Broadways zu spielen, entscheiden sich Spieler für andere Teams mit besseren sportlichen Perspektiven.

Geht Teampräsident Phil Jackson nach diesen drei Niederschlägen nun endgültig k.o, oder kann er die Franchise zurück zu verlorenem Glanz führen?

Was ist neu?

Zumindest auf dem Court so gut wie alles. Inoffiziell spricht man von Jacksons erster richtigen Saison als Teampräsident, da nun endgültig alle Altlasten vergangener Regimes von Bord gegangen sind. Lediglich vier von siebzehn Spielern - Carmelo Anthony, Jose Calderon, Langston Galloway und Cleanthony Early - treten dieses Jahr wieder den Weg ins Trainingcamp in die Militärakademie West Point an.

Begleitet werden sie von den Rookies Thanisis Antetokounmpo (Pick 51 des letztjährigen Drafts), Jerian Grant (Pick 19 des diesjährigen Drafts, im Tausch für Tim Hardaway Jr. gekommen), sowie dem designierten Franchise Player der Zukunft, der mit dem bereits erwähnten vierten Pick im diesjährigen Draft ausgewählt wurde, Kristaps Porzingis (Dessen Name übrigens ganz zufällig siebzehn Buchstaben beinhaltet). Von Jerian Grant verspricht man sich sofortige Hilfe auf der Eins. Dank seiner Athletik hat er das Potential zu einem überdurchschnittlichem Defender, in der Offensive besticht er durch seine gute Übersicht sowie seinem entschlussvollen Drive zum Korb. Während Porzingis ein wichtiger Baustein der Zukunft ist und einen festen Platz in der Rotation haben wird, werden wir Thanisis öfters in den White Plains als in Manhattan sehen.

Dazu kommen die Sechs per Free Agency verpflichteten Spieler. Mit Aaron Afflalo haben die Knicks in der Offensive nun eine zweite Option neben Melo, der zudem ein fähiger Verteidiger ist. Auch wenn seine letzte Saison eher eine zum Vergessen war, ist man in New York von seinen Fähigkeiten überzeugt. Den dringend benötigten Rim-Protector hat man in Robin Lopez gefunden. Als Defensivanker wird er nicht nur der Defensive neue Stabilität geben, er wird dem Team durch seinen Einsatz und vor allem sein aggressives Ausboxen beim Rebounden enorm behilflich sein. Beide Spieler werden garantiert in der Starting Five stehen. Der dritte (vermeintliche) Starter im Bunde ist Kyle O'Quinn, ein Typ Spieler, von dem man in den Staaten sagt, er sei "a jack of all trades, but Master of none". Sinngemäß, ein Spieler der alles beherrscht, aber nirgends heraussticht. Er stellt gute Screens, hat ein solides Passspiel, ist treffsicher bis einschließlich der Midrange und ist ein guter Verteidiger. Er wird wahrscheinlich so lange auf der Vier starten, bis Porzingis weit genug ist, um die Position zu übernehmen.Für die Bank kommt mit Kevin Seraphin ein Spieler der sich im Low Post am wohlsten fühlt und dessen Hauptaugenmerk auf das Punkten liegt. Derrick Williams gilt als die Wildcard unter den Neuverpflichtungen. Eigentlich schon als Bust abgestempelt, ist Phil Jackson davon überzeugt, dass Potential des 2. Overall Picks des 2011er Drafts ausschöpfen zu können. Seine Stärken liegen in seiner Athletik und im Fastbreak-Spiel, zwei Facetten in denen die Knicks Nachholbedarf hatten. Der Letzte im Sextett ist ein alter Bekannter von Phil, es handelt sich um Sascha Vujacic. Seine Rolle als Shooter von der Bank ist klar definiert, außerdem soll er den Neuen dabei helfen, die Triangle schneller zu verinnerlichen, schließlich spielte Vujacic schon von 2004-2010 unter der Regie von Jackson.

Komplettiert wird der Kader von Travis Trice, Darin Atkins, DeJuan Summers und Wesley Saunders, die allesamt Trainingscamp-Verträge erhalten haben und nächste Saison wohl bei den Westchester Knicks auflaufen werden.

Umfeld

Madison Square Garden. The Mecca. The World's Most Famous Arena. Auch wenn die Knicks nicht mehr die Strahlkraft der vergangen Jahre, oder viel mehr vergangen Jahrzehnte, besitzen, der MSG tut es immer noch. Trotz antiproportionalem Zusammenhang von Ticketpreisen und Erfolg des Teams, war der Garden auch dieses Jahr zu jedem Spiel ausverkauft.

Finanziell ist kaum eine Franchise so unabhängig wie die Knicks. Wer im größten TV-Markt des Landes sitzt, und zudem mit James Dolan (in seiner siebzehnten Saison) einen Teambesitzer hat, der noch nie davor scheute die Luxussteuer zu zahlen, dem kann egal sein, dass diese Saison lediglich sieben Spiele im nationalen Fernsehen ausgetragen werden.

Auch wenn sowohl in diesem Sommer, als auch im Sommer 2010, dem letzten Jahr mit viel Cap Space, kein wirklich großer Name in New York unterschrieben hat, so hat man wenigstens mit jedem wechselwilligen Spieler eine Audienz bekommen. Die Anziehungskraft des Free Agency Magnets New York ist also noch nicht komplett verloren, auch wenn sie schon wesentlich bessere Tage erlebt hatte.

Ob Phil Jackson ein kompetenter Teampräsident ist, wird sich diese Saison zeigen. Es ist auf jeden Fall erfrischend nach all den dunklen Jahren jemanden zu sehen, der nicht irgendwelche kurzsichtigen Verpflichtungen tätigt. Stattdessen will er ein Fundament für die Zukunft aufbauen, um das Image der Versagerfranchise ablegen zu können.

Derek Fisher geht wie Jackson auch in seine zweite Saison. Letzte Saison noch ein wenig unter Welpenschutz, wird sich diese Saison zeigen, ob er das Zeug zum Headcoach hat. Wirklich viel versprechend war das im ersten Jahr allerdings nicht, D-League Kader hin oder her.

Stärken

Nach einer solch desaströsen Saison ist die Suche nach Stärken noch schwerer als Eddy Curry zu seinen besten Zeiten.

Die gesamte Last der Franchise liegt auf Carmelo Anthonys Schultern, der nach einer Knie-Operation zum Saisonauftakt wieder genesen sein sollte. Im fitten Zustand ist er immer noch einer der talentiertesten Offensivspieler der Liga. Egal ob von der Dreierlinie, in der Midrange oder im Post, Melo hat das Komplettpaket. Im Eins gegen Eins kaum zu verteidigen, hat er in der Vergangenheit bewiesen, dass man eine Top 10 Offensive um ihn bauen kann. Hier hört es aber auch schon fast wieder auf.

Das Rebounden sowie die Defense werden verbessert sein, aber um da von Stärken sprechen zu können, sind die Knicks noch weit entfernt.

Das Team besitzt das Potential, Gefahr aus der in der Liga in Ungnade gefallenen Mid-Range auszustrahlen, die im System der Knicks, der Triangle, eine große Rolle spielt. Abgesehen von Lou Amundson, der aller Voraussicht nach keinen festen Platz in der Rotation haben wird, sind alle Spieler im Kader durchschnittlich bis überdurchschnittlich gute Werfer aus dieser Distanz.

Zudem ist man deutlich jünger und athletischer geworden, was leichte Punkte durch Schnellangriffe erlauben dürfte, eine der Schwächen der Vergangenen Jahre.

Schwächen

Wo fängt man hier an? Die Offensive war grauenhaft. Mit einem Offensive Rating von 97,1 stellte man die zweitschlechteste Offensive der Liga, was nicht sonderlich verwundert, wenn man bedenkt das Jason Smith und Langston Galloway die Go-To-Guys waren. Obwohl die Triangle Offense bei "richtiger" Ausführung effiziente Würfe verspricht, schlossen die Knicks als Team die Saison mit einer Feldwurfquote von 42,8% ab, was den drittschlechtesten Wert der Liga bedeutet. Andere Teams würden versuchen Freiwürfe zu erzwingen, wenn der Ball den Weg durch die Reuse nicht finden will. Nicht aber die Knicks, die Backstein auf Backstein aus der Midrange warfen (Jeder vierte Wurf kam aus der Midrange, Spitzenwert) und so nur auf 19,2 Freiwürfe pro Spiel kamen. Nur die Magic waren noch seltener an der Linie. Das alles gepaart mit der drittlangsamsten Pace der Liga brachte 91,9 Punkte pro Spiel aufs Scoreboard, was selbstverständlich die niedrigste Scoringausbeute der Liga bedeutet.

Aber auch die andere Seite des Courts war nicht besser anzusehen. Mit einem Defensive Rating von 107,2 stellte man die drittschlechteste Defensive der Liga, trotz Lockdown-Defendern wie Jose "The Glove" Calderon und Andrea "Not in my House" Bargnani. Eben genanntes Defensive Rating ergibt zusammen mit dem Offensive Rating ein Net Rating von -10,1, auch hier grüßen die Knicks von ganz unten. Besonders gern ließ man sich Punkte von jenseits der Dreierlinie einschenken, was teils der mangelnden Qualität geschuldet war, teils aber auch Fishers Defensivschema. Ganze 38% der gegnerischen Dreipunktwürfe waren erfolgreich, kein Team verteidigte den Perimeter schlechter. Wenn man sich wenigstens die eigenen oder gegnerischen Fehlwürfe hätte sichern können, aber auch hier wussten die New Yorker durch Erfolglosigkeit zu glänzen. Mit einer Reboundpercentge von 48,1% belegte man den vorletzten Rang.

Spieler im Fokus Kristaps Porzingis

Hinter Carmelo Anthony stehen nach seiner Operation zwar auch einige Fragezeichen, dennoch werden die meisten Augen auf den Rookie aus Lettland gerichtet sein.

Seit 1986 haben die Knicks nicht mehr so hoch picken dürfen. Damals war es der fünfte Pick, die Franchise aus Manhatten entschied sich für Kenny Walker. Kenny wer?! Genau dieses Risiko ging man dieses Jahr wieder ein. Draftete man einen Bust, von dem man in ein paar Jahren gar nicht mehr weiß, dass er mal in der NBA spielte? Oder aber wird man sich in die Hände reiben und freuen, dass drei Teams sein Potential übersehen haben, oder aber zu viel Angst vor den Risiken hatten?

Porzingis' Skillset sucht seines Gleichen in der Liga. Ein Spieler seiner Größe, (offiziell gelistet als 7'1'', manchen Berichten zu Folge ist er allerdings 7'3'' groß) der sich so fluid bewegt und auch noch weit hinter der Dreierlinie für Gefahr sorgt, weckt natürlich Erinnerungen an einen zukünftigen Hall of Famer aus Würzburg. Doch KP wäre nicht der Erste, der an diesem Vergleich zu Bruch geht. Es liegt in den Händen der Verantwortlichen der Knicks, Porzingis' Potential auszuschöpfen und an seinen Schwächen zu arbeiten, gerade weil man im nächsten Jahr keinen eigenen Erstrundenpick besitzt.

Die ersten Ansätze in der Summer League waren definitiv vielversprechend, besonders im Bezug auf seine Athletik und defensiven Instinkte. Er bewies das er sowohl das Pick and Roll gegen kleinere Spieler verteidigen kann, als auch ausgezeichnetes Timing bei Blocks besitzt (3 Blocks gegen den Toppick der 76ers, Jahlil Okafor).

Aber auch seine Schwächen waren deutlich zu sehen. Porzingis ist als Europäer noch nicht an das schnelle Tempo gewöhnt, konditionell wartet da einiges an Arbeit auf ihn. Außerdem macht fehlende (Muskel-)Masse das Verteidigen im Post sowie das Rebounden für ihn schwerer, was ebenfalls gut zu sehen war im Summer League Spiel gegen die Sixers.

Man sollte keine Wunderdinge von Porzingis erwarten. Phil Jackson sagte schon, dass seine Spielzeit um die 20 Minuten pro Spiel betragen sollte. Dennoch wäre es wichtig für ihn, und besonders für die Franchise, an manchen Nächten sein Potential aufblitzen zu lassen. Zum einem, um Zeigen zu können, dass man einen Nachfolger für Carmelo Anthony als Franchise Player in den eigenen Reihen besitzt. Und zum Anderen, um im Idealfall auch schon im diesem Jahr zu Siegen beitragen zu können.

Fazit und Prognose

Auch wenn kein "Star" bei den Knicks unterschrieben hat, hat Phil Jackson die knapp 29 Million Dollar sinnvoll ausgegeben, und Anthony so ein brauchbares Team an die Seite gestellt.

Um große Namen wieder von New York überzeugen zu können, muss eine erfolgreiche Saison dieses Jahr her. Playoffs sind also definitiv Pflicht, gerade im Hinblick darauf, dass der eigene Pick des nächstjährigen Drafts entweder in Toronto oder Denver landet.

Aber ist das auch ein realistisches Ziel? Unmöglich ist es nicht, aber man geht als Außenseiter in den Kampf und Platz 7 und 8 im Osten.

Sollte der Saisonstart ähnlich vergeigt werden wie letztes Jahr, kann man sich auf großes Theater inklusive Melo-Trade und Isiah Thomas Posse einstellen. Spätestens dann ist klar, dass die ominöse Zahl Siebzehn kein Segen, sondern Fluch war für Teampräsident Phil Jackson und die Knicks.