18.06.2012 um 21:53 Uhr
Geschrieben von Flo_Zielbauer
My NFL - KW 25
Ein Lockout kommt selten allein
25.07.2011 - Vor fast genau einem Jahr in Washington. Die meisten NFL-Fans erinnern sich noch an diese Bilder, DeMaurice Smith (Chef der Spielergewerkschaft NFLPA) und Roger Goodell (Commissioner der Liga) verkünden umringt von Reportern und TV-Kameras strahlend das Ende des Lockouts. Eine populäre Phrase während langsam wieder Normalität in die NFL einkehrte war "ten years of labor peace lie ahead of us", zu Deutsch: Arbeitgeber und Arbeitnehmer hauen sich jetzt 10 Jahre (vertraglich abgesichtert) nicht mehr die Köpfe ein. Pustekuchen! Hätten wir nur damals auf das Kleingedruckte geachtet. Es gibt zwar keinen Streit zwischen Liga und Spielern. Von Schiedrichtern hat aber damals keiner was gesagt. Und so kam es wie es kommen musste: Seit dem 4. Juni ist der Referee-Lockout in Effekt. Und bevor jemand fragt, nein, das ist kein schlechter Scherz.
Ein Paradies für Paragraphenreiter
Die Vorgeschichte: 2006 unterzeichneten die NFL Referees Association (NFLRA) und die Liga einen 6-Jahres Vertrag, der mit dem diesjährigen Superbowl auslief. Die Liga und die Schiedsrichtergewerkschaft befinden sich schon seit Oktober 2011 in "Tarifverhandlungen", aber jeder, der schon einmal die Tagesschau geschaut hat, weiß, dass solche Verhandlungen sich als härter als der Bizeps von NFL-Referee Ed Hochuli (oben im Bild) herausstellen können. Und so kam es letztendlich zum oben bereits erwähnten "Aussperren" der Schiedsrichter durch die Liga. Wer hierfür Gründe sucht, muss sich wie ich schmerzlich herausfinden musste durch einen Berg aus widersprüchlichen Aussagen wühlen: Die NFL behauptet, die NFLRA habe mit Streiks gedroht, darauf entgegnen die Schiedsrichter sie hätten niemals eine Abstimmung über einen Streik gehabt, was wiederrum von der Liga durch die Aussage gekontert wird, die Schiedsrichter wollten die Verhandlungen künstlich langziehen. "Mama, die NFLRA hat mir aber zuerst die Schaufel weggenommen" - Schlimmer als im Kindergarten.
Wer soll denn sonst die gelben Flaggen durch die Gegend werfen?
Auch wenn James Harrison und Konsorten sich bereits die Finger nach einer Saison ohne Schiedsrichter lecken dürften, hat die NFL natürlich vorgesorgt. Sie plant nun "Replacement-Referees" zu engagieren und sucht nach eigener Weisung nach "kürzlich in den Ruhestand gegangenen College-Schiedsrichtern, die physisch noch in der Lage sind, ein solches Amt auszuführen". Na da möchte ich mal viel Glück wünschen an dieser Stelle. Klar könnte man ein paar Schiedsrichter aus dieser Sparte finden, die geeignet wären. Aber über hundert (15 Spiele pro Spieltag á 7 Refs: 105 Schiedsrichter) ? Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass als 2001 das letzte Mal Ersatzschiedsrichter ein NFL Spiel leiteten, einer der Replacements Jerry Rice nach einem Autogramm fragte.
Was ist denn an Ersatzschiedsrichtern so schlimm?
Meiner Ansicht nach zwei Dinge:
a) Die NFL ist ein Milliardengeschäft. Schiedsrichterentscheidungen haben in diesem Geschäft unter anderem auch Einfluss darauf, wie diese Milliarden verteilt werden. Soll heißen: Ist es nicht absolut kurzsichtig eine deutliche Qualitätsminderung beim Officiating in Kauf zu nehmen, nur um ein paar Millionen hier und da zu sparen, wenn diese zu tendenziell schlechteren bzw. ungerechteren Entscheidungen führen?
b) Was mich aber weitaus mehr stört ist die Scheinheiligkeit der Liga, die hier deutlich wird. Unabhängig von den Verhandlungen sollte die Liga ein Interesse daran haben, dass stets die besten Schiedsrichter auf dem Feld stehen, um ihre Spieler zu schützen. All diese Maßnahmen und Regeländerungen, die in der letzten Zeit getroffen wurden, um angeblich die Spieler zu schützen, werden dann diese Saison von in die Jahre gekommenen College-Referees durchgesetzt, die diese Regeln nur aus dem TV kennen? Wer glaubt, dass das gut geht, dem bastle ich noch heute einen Heiligenschein aus Buchseiten von Tim Tebows Biographie. Ehrlich.
Es bleibt zu sagen, dass wir nur hoffen können, dass sich die Streithähne bis zum Saisonbeginn einig werden, denn auch wenn uns unsere NFL-Referees immer wieder solche Szenen liefern, und es immer einfach ist sich über Schiedsrichter zu beschweren, so fällt es doch schwer zu glauben, dass frisch rekrutierte Ersatzmänner einen auch nur annähernd so guten Job machen würden.
25.07.2011 - Vor fast genau einem Jahr in Washington. Die meisten NFL-Fans erinnern sich noch an diese Bilder, DeMaurice Smith (Chef der Spielergewerkschaft NFLPA) und Roger Goodell (Commissioner der Liga) verkünden umringt von Reportern und TV-Kameras strahlend das Ende des Lockouts. Eine populäre Phrase während langsam wieder Normalität in die NFL einkehrte war "ten years of labor peace lie ahead of us", zu Deutsch: Arbeitgeber und Arbeitnehmer hauen sich jetzt 10 Jahre (vertraglich abgesichtert) nicht mehr die Köpfe ein. Pustekuchen! Hätten wir nur damals auf das Kleingedruckte geachtet. Es gibt zwar keinen Streit zwischen Liga und Spielern. Von Schiedrichtern hat aber damals keiner was gesagt. Und so kam es wie es kommen musste: Seit dem 4. Juni ist der Referee-Lockout in Effekt. Und bevor jemand fragt, nein, das ist kein schlechter Scherz.
Ein Paradies für Paragraphenreiter
Die Vorgeschichte: 2006 unterzeichneten die NFL Referees Association (NFLRA) und die Liga einen 6-Jahres Vertrag, der mit dem diesjährigen Superbowl auslief. Die Liga und die Schiedsrichtergewerkschaft befinden sich schon seit Oktober 2011 in "Tarifverhandlungen", aber jeder, der schon einmal die Tagesschau geschaut hat, weiß, dass solche Verhandlungen sich als härter als der Bizeps von NFL-Referee Ed Hochuli (oben im Bild) herausstellen können. Und so kam es letztendlich zum oben bereits erwähnten "Aussperren" der Schiedsrichter durch die Liga. Wer hierfür Gründe sucht, muss sich wie ich schmerzlich herausfinden musste durch einen Berg aus widersprüchlichen Aussagen wühlen: Die NFL behauptet, die NFLRA habe mit Streiks gedroht, darauf entgegnen die Schiedsrichter sie hätten niemals eine Abstimmung über einen Streik gehabt, was wiederrum von der Liga durch die Aussage gekontert wird, die Schiedsrichter wollten die Verhandlungen künstlich langziehen. "Mama, die NFLRA hat mir aber zuerst die Schaufel weggenommen" - Schlimmer als im Kindergarten.
Wer soll denn sonst die gelben Flaggen durch die Gegend werfen?
Auch wenn James Harrison und Konsorten sich bereits die Finger nach einer Saison ohne Schiedsrichter lecken dürften, hat die NFL natürlich vorgesorgt. Sie plant nun "Replacement-Referees" zu engagieren und sucht nach eigener Weisung nach "kürzlich in den Ruhestand gegangenen College-Schiedsrichtern, die physisch noch in der Lage sind, ein solches Amt auszuführen". Na da möchte ich mal viel Glück wünschen an dieser Stelle. Klar könnte man ein paar Schiedsrichter aus dieser Sparte finden, die geeignet wären. Aber über hundert (15 Spiele pro Spieltag á 7 Refs: 105 Schiedsrichter) ? Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass als 2001 das letzte Mal Ersatzschiedsrichter ein NFL Spiel leiteten, einer der Replacements Jerry Rice nach einem Autogramm fragte.
Was ist denn an Ersatzschiedsrichtern so schlimm?
Meiner Ansicht nach zwei Dinge:
a) Die NFL ist ein Milliardengeschäft. Schiedsrichterentscheidungen haben in diesem Geschäft unter anderem auch Einfluss darauf, wie diese Milliarden verteilt werden. Soll heißen: Ist es nicht absolut kurzsichtig eine deutliche Qualitätsminderung beim Officiating in Kauf zu nehmen, nur um ein paar Millionen hier und da zu sparen, wenn diese zu tendenziell schlechteren bzw. ungerechteren Entscheidungen führen?
b) Was mich aber weitaus mehr stört ist die Scheinheiligkeit der Liga, die hier deutlich wird. Unabhängig von den Verhandlungen sollte die Liga ein Interesse daran haben, dass stets die besten Schiedsrichter auf dem Feld stehen, um ihre Spieler zu schützen. All diese Maßnahmen und Regeländerungen, die in der letzten Zeit getroffen wurden, um angeblich die Spieler zu schützen, werden dann diese Saison von in die Jahre gekommenen College-Referees durchgesetzt, die diese Regeln nur aus dem TV kennen? Wer glaubt, dass das gut geht, dem bastle ich noch heute einen Heiligenschein aus Buchseiten von Tim Tebows Biographie. Ehrlich.
Es bleibt zu sagen, dass wir nur hoffen können, dass sich die Streithähne bis zum Saisonbeginn einig werden, denn auch wenn uns unsere NFL-Referees immer wieder solche Szenen liefern, und es immer einfach ist sich über Schiedsrichter zu beschweren, so fällt es doch schwer zu glauben, dass frisch rekrutierte Ersatzmänner einen auch nur annähernd so guten Job machen würden.
Aufrufe: 3792 | Kommentare: 7 | Bewertungen: 13 | Erstellt:18.06.2012
ø 9.0
KOMMENTARE
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29.08.2012 | 20:49 Uhr
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Flo_Zielbauer : es ist soweit - TATSACHE
soeben wurde bekannt dass die Ersatzschiedsrichter auch zum Beginn der regulären Saison pfeiffen werden,
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04.07.2012 | 21:12 Uhr
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Red_7 :
Bei jedem Arbeitskampf in den USA stelle ich fest, das das Land den Kompromiß einfach nicht erfunden hat und nie lieben wird...Aber ich hoffe doch mal das das Thema bis zum Beginn der Saison vom Tisch ist. Die Töne bei den Spielern vs. NFL waren ja ähnlich schrill...
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21.06.2012 | 19:56 Uhr
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Für alle Interessierten gibt es dem Land der Paragraphenreiter.
Bin weit entfernt davon, juristisches BlaBla zu verstehen aber ich versuche zu paraphrasieren:
- Die Schiedsrichter haben bei einer Bundesbehörde Beschwerde eingereicht
-Die NFL habe sich entgegen geltendem Arbeitsrecht verhalten
-Die NFL soll Briefe mit irreführenden Informationen am 4.6. (lockout beginn) und 15.6. an einzelne Schiedsrichter geschickt haben
-Desweiteren soll sie auch während der laufenden Verhandlungen, geführt von einem Mediator, Infos bezüglich Ersatzschiris rausgeschickt haben, was anscheinend auch gegen geltendes Arbeitsrecht ist
soviel dazu, werden sehen wie sich das entwickelt
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19.06.2012 | 12:23 Uhr
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SunnyB :
um wie viel gehts denn? ich mach mir mal gar keine sorgen das spätestens im september wieder die richtigen refs pfeifen.
und ja, die ganze geschichte ist natürlich wieder mal lächerlich... its all about the money money...
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19.06.2012 | 09:02 Uhr
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Ich gebe dir vollkommen Recht - es ist die gleiche Diskussion wie 2011, als wir vor dem totalen Lock-Out standen. Es geht um Verteilungen von Summen, die für den Otto-Normal-Fan nicht zu verstehen sind. Wobei das hierbei ja geradezu eine Farce ist. Da sind die Summe weitaus geringer && die NFL versucht sich erneut als die Opfer hinzustellen.
Du schreibst es in deinem Punkt sehr gut - es ist ein Milliardengeschäft, wo eine einzige Flagge das Spiel entscheiden kann, ob richtig oder falsch sei dahingestellt. Den Druck wollen sich die Refs natürlich auch bezahlen lassen, auf der anderen Seite fühlt sich die NoFunLeague mal wieder erpresst. Bin gespannt, wie das ausgeht, aber eins scheint klar - die NFL verliert mehr und mehr an Reputation...
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Hängt jetzt auch ein bisschen an der Performance der Reservecrews ab. Wenn sie in der ersten Runde bei irgendwelchen Prominententeams dicke Böcke schießen, geht es bestimmt relativ schnell, schlagen sie sich gut, könnte die Sache länger dauern...