Da unten auf dem Rasen stand er also, ganz offiziell, Deutschlands "Fußballer des Jahres". Eingerahmt von Bundestrainer Jogi Löw, Bayern-Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge und kicker-Herausgeber Rainer Holzschuh wurde Bastian Schweinsteiger vor dem Bundesligaauftakt gegen Mönchengladbach die Auszeichnung überreicht. Er lächelte - ein wenig verlegen. Es war passend, dass die (nicht ganz konforme) Wahl und sein beachtliches Jubiläum, der 300. Einsatz in der Bundesliga, praktisch auf denselben Tag fielen. Das lässt Preisverleihungen noch pompöser wirken. Gut so.
Ich selbst habe Schweinsteiger oft kritisch beäugt, vor allem in jenen Phasen, als seine Effizienz auf dem linken Flügel zusehends verpuffte. Der Mittelfeldmann, so glaubte ich, würde es nie in die Riege der Großen schaffen. Die hymnische Verbeugung vor dem "Fußballgott", die ihm die Fans schon damals unterbreiten, war für mich eher ein sarkastischer Ausdruck latenter Unzufriedenheit.
Tja, was soll ich sagen? Ich habe mich getäuscht. Und das gern. Heute ist Schweinsteiger in meinen Augen der wichtigste Bayern-Spieler. Er dirigiert und delegiert, lenkt und leitet, trickst und grätscht. Setzt Impulse, bestimmt über Takt und Tempo, ordnet die Defensive (zum Saisonauftakt freilich noch ausbaufähig). Kurz: Er ist der Commander des Münchner Spiels. Stimmen, die ihm unter Pep Guardiola eine unbequeme Zukunft prophezeien, kann ich nicht nachvollziehen. Ein Schweinsteiger in Hochform gehört zum Feinsten, was Europa auf der neuralgischen Position im defensiven Zentrum zu bieten hat.
238 Mal probiert...
Für Zahlenfreunde stellen 300 Bundesligaspiele ein El Dorado dar. Schauen wir uns einige Meilensteine einmal genauer an. Ich bin ins Archiv hinabgestiegen und habe mich durch elf Jahre Schweinsteiger, elf Jahre Bundesliga, elf Jahre FC Bayern gewühlt.
Naturgemäß bringt die Saison 2002/2003 ein Spektrum der Premieren mit sich. Nach ersten, achtminütigen Gehversuchen in Stuttgart (7. Dezember 2002) steht er in seinem vierten Einsatz erstmals in der Startelf. Der Anlass ist jedoch trist, 0:0 in Bielefeld. Im siebten Spiel, einem 4:1 beim VfL Bochum, gelingen ihm die ersten beiden Assists, und schon in Schweinsteigers elfter Partie (in Wolfsburg) bekommt er eine Vorstellung davon, wie man einen Meistertitel feiert. Learning by Doing.
Der Zufall (oder das Schicksal) will es so, dass es ebenfalls ein Auswärtsspiel in Wolfsburg ist, am 5. Spieltag der Saison 2003/2004, als Schweinsteiger sein erstes Tor in der Bundesliga erzielt. Im 21. Einsatz, beim 4:1 über Hertha BSC Berlin, trifft er auch vor heimischen Publikum. Im November 2004 feiert Bayerns Nummer "31" bei einem Auswärtssieg in Bochum sein erstes kleines Jubiläum, das 50. Bundesligaspiel - mit 20 Jahren. Partie numero 64 sichert in Kaiserslautern (4:0) seine zweite Meisterschaft.
Und weil die Macht der Gewohnheit so viel Charme versprüht (siehe Wolfsburg), steht Schweinsteigers 95. Spiel ein Jahr darauf Pate für den dritten Titelgewinn - erneut auf dem Lauterer Betzenberg, diesmal durch ein 1:1-Remis. In den Hunderterklub zieht Schweini (damals noch Usus) zu Beginn der Saison 2006/2007 ein. Es ist schon erstaunlich, wie sich die Bilder und Geschehnisse gleichen. Wolfsburg, Kaiserslautern, jetzt Bielefeld - dort, wo er erstmalig in der Anfangsformation gestanden hatte, im Februar 2003, spielt er zum 100. Mal in der Liga. Übrigens erneut wenig verheißungsvoll: Bayern verliert 1:2.
Im Frühling 2008 rundet Schweinsteiger erst gegen Stuttgart die 150 ab, eine Woche später springt (natürlich) in Wolfsburg die vierte Meisterschaft heraus. Als der FC Bayern Anfang 2010 die Mainzer schlägt, bestreitet der 25-jährige Mittelfeldmann sein 200. Spiel. Die 217. Partie beschert am Saisonende einen 3:1-Sieg in Berlin und Schweinsteigers fünftes nationales Championat. Der Kosename "Schweini" ist Vergangenheit.
Lange nichts von wiederkehrenden Schauplätzen gehört: Mainz, 2011, Einsatznummer 239 und ein Novum: Das allererste Kopfballtor, insgesamt sein 25. Treffer in der Liga. Im August 2011 begeht Schweinsteiger sein nächstes Jubiläum, die 250. Partie - gegen Gladbach und, wie so oft, erfolglos. 0:1. Nichts ist stärker als die Kraft der Rituale...
Rahmen, Zeremoniell, Ergebnis
Wir nähern uns in riesigen Schritten dem Ist-Zustand und stoppen im September 2012 kurz beim Stuttgarter Schützenfest, als nämlich Schweinsteiger in seinem 273. Bundesligaspiel das 30. Tor markiert (zum 6:1-Endstand). Im April 2013 schließlich, es ist sein 297. Auftritt, bugsiert er den Ball in Frankfurt elegant mit der Hacke ins Tor, 1:0, Sieg, deutscher Meister. Zum sechsten Mal.
Vergangenen Freitag stimmt der Rahmen, das Zeremoniell und zur Abwechslung auch das Ergebnis. Das 300. Mal in der Bundesliga, das 300. Mal für den FC Bayern. Von 2002 bis 2013, von Hitzfeld bis Guardiola, vom Lausbub zur Führungsfigur. Vom hibbeligen Schweini zum legeren Herr Schweinsteiger - und Deutschlands Bestem.
Da sollte man mit dem Wahlprozedere nicht so pingelig sein.
Bildquelle: spox.com
Glaube diese Meinung hat er ganz exklusiv.
Er zieht die Fäden bei der besten Mannschaft Europas. Jeder Angriff oder Seitenverschiebung geht immer über ihn. Er ist der Grund warum Bayern letztes Jahr jedes Spiel dominieren konnte ohne dass Barca-Eske Komponenten dabei waren.
Und was gestern gesagt wurde im Doppelpass, dass Schweinsteiger dieses jahr so devensiv steht - sogar zwischen den IV's - ist richtig, aber das war letztes Jahr auch schon so.
Er nimmt den Ball als hintester Spieler an, schaut sich das Spielfeld an und entscheided ob schnell oder quer gespielt wird und pusht dann nach vorne oder zur Seite. Und egal ob der Gegner presst oder nicht - er hat eine Lösung.
Und wenn ein Spieler mal nicht weiß wohin dann sucht er den Chef. Und der wartet schon auf den Ball..
Zu viele Leute sehen seine Wichtigkeit nicht ein. Wenn er nicht spielt oder in Topform, kann Bayern nicht annähernd seine Bestform erreichen.
Das gleiche hat man über Michael Ballack behauptet. Es gibt nunmal Spieler, die erst dann wirklich auffallen, wenn sie nicht mehr da sind. Siehe die Saison von Bayern nach Ballack. Schweinsteiger ist der Chef im Mittelfeld beim besten Verein Europas, basta!
Wurde bei Sky auch thematisiert.
Gott hab ich mich darüber lustig gemacht. Als ob das etwas völlig neues und innovatives gewesen wäre, dass Schweinsteiger "wie ein Libero" das Spiel von hinten aufbaut -.-'
Wundert mich dann auch nicht, weshalb Sportjournalisten von richtigen Journalisten immer belächelt werden.