18.01.2011 um 18:42 Uhr
Geschrieben von Lavo
La puerta 12
So, da diese Gruppe nach der WM erstmal in Inaktivität verfiel, ist nun mit dem neuen Jahr auch wieder die Zeit gekommen das ganze wieder ins Rollen zu bekommen, passend mit meinem 2-Jährigen Jubiläum auf Spox. Also werde ich, um der Gruppe mehr Tiefgründigkeit zu geben, Blogs über Geschichten, die den argentinischen Fußball bewegt haben, schreiben.
Zu Beginn werde ich dabei gleich ein sehr greifendes Thema auswählen: La Puerta 12. "Das Tor 12" ist kein sehr aussagekräftiger Titel, jedoch steckt dahinter die größte Tragödie des argentinischen Fußballs.
Wir schreiben den 23. Juni 1968, Estádio Monumental, Buenos Aires. Es ist das Superclásico, das Duell zwischen River Plate und Boca Juniors, eines der größten Derbys der Welt. Vorallem natürlich auch in Sachen Fankultur, wenige sportliche Ereignisse bewegen eine Stadt, ein Land, so sehr.
Fakten
Der Abpfiff tönt. Ein langweiliges Spiel, 0:0 der Endstand. Da gibt es keinen Grund zu bleiben, also verlassen die Fans das Stadion.Die Puerta 12 ist der Ausgang für die Auswärtsfans, also in diesem Fall die Boca Fans. Aus bis heute nicht ganz geklärten Gründen kommt eine Massenpanik in der Puerta 12 auf.
Hinterher: 71 Tote, 150 Verletzte. Die Meisten davon junge Erwachsene, Durchschnittsalter der Opfer beträgt 19-20 Jahre.
"Was mich am meisten daran interessiert hat, diese Geschichte zu erzählen, waren die unterschiedlichen Versionen der Tragödie"
- Pablo Tesoriere, Regisseur der Doku "La puerta 12", die die Geschichte erzählt
Version 1: Boca Fans hätten brennende River Flaggen und Zeitungen von den oberen Bereichen des Stadions heruntergeworfen, was eine Massenpanik ausgelöst haben soll.
Version 2: Die Puerta 12 wäre verschlossen gewesen und hätte die Fans vom durchgehen verhindert, jedoch hätten die neu dazugekommenen Fans die Vorderen nicht gehört, wie diese ihnen gesagt hätten, nicht mehr reinzukommen.
Version 3: Die Polizei hätte die Boca Fans zurückgehalten, da diese sie aus den Rängen beworfen hätten. Die Polizei war zur Zeit von Diktator Juan Carlos Onganía überall präsent und nicht zögerlich - was diese Behauptung stützt.
Version 4: Es wäre einfach nur ein Unfall gewesen der dadurch verursacht worden wäre, dass zu viele Menschen auf einmal das Stadion verlassen wollten.
Welche Version denn nun stimmt - jeder erzählt eine andere und hält sie für die vollkommene Wahrheit - ist immernoch ein großes Mysterium.
So unterschiedlich die Versionen auch seien mögen, einige Sachen sind klar: Die Puerta 12 war nicht beleuchtet, ohne Geländer, der Boden rutschig, ein extrem gefährlicher Tunnel.
Die Moral aus der Geschichte?
Es gibt keine. Denn diese Tragödie hatte nicht die Wirkungen die sie sollte. Auch heuzutage wird über Gewalt im Fußball generell zu oft geschwiegen, die Probleme finden nicht die Aufmerksamkeit die sie bekommen sollten, vorallem in Südamerika.
Vergleich: Hillsborough Disaster, 96 Fans tot. Reaktion? Intensive Ermittlungen, komplette Änderungen von Stadienregeln, Polizeischutz, es sollte nie wieder passieren.
Anders in Argentinien. Es gab nur eine Sache die sich verändert hat: es heißt nicht mehr "Puerta 12", sondern "Puerta L". Das Erinnerungsvermögen in der Gesellschaft und wie damit umgegangen wird, ist unzureichend. Anstatt einer Komplettveränderung, passiert garnichts. Es soll einfach vergessen werden.
"Fußball in Argentinien wird von Marketing dominiert, da ist es nicht gut mit Gewalt und Tod verbunden zu sein"
Was wäre, wenn so etwas nochmal passiert wäre? Heuzutage wäre die Aufruhr über so ein Ereignis viel größer, es gäbe mehr Proteste, mehr Wut. Aber könnte das eine neue Tragödie verhindern?
Auch die Politik hat eine nicht unwichtige Rolle gespielt. Unter dem Militärregime damals waren Proteste und Demonstrationen nicht möglich, Menschen hatten Angst. Der Fall wurde als Unfall erklärt und abgestempelt.
Es ist diese Mischung aus Umständen, die zeigt, wie nicht nur damals ein schönes Spiel wie Fußball sehr schnell sehr hässlich werden kann.
"Ich bin nie wieder zu Boca oder zu River gegangen"(Miguel Durrieu, Überlebender)
Zu Beginn werde ich dabei gleich ein sehr greifendes Thema auswählen: La Puerta 12. "Das Tor 12" ist kein sehr aussagekräftiger Titel, jedoch steckt dahinter die größte Tragödie des argentinischen Fußballs.
Wir schreiben den 23. Juni 1968, Estádio Monumental, Buenos Aires. Es ist das Superclásico, das Duell zwischen River Plate und Boca Juniors, eines der größten Derbys der Welt. Vorallem natürlich auch in Sachen Fankultur, wenige sportliche Ereignisse bewegen eine Stadt, ein Land, so sehr.
Fakten
Der Abpfiff tönt. Ein langweiliges Spiel, 0:0 der Endstand. Da gibt es keinen Grund zu bleiben, also verlassen die Fans das Stadion.Die Puerta 12 ist der Ausgang für die Auswärtsfans, also in diesem Fall die Boca Fans. Aus bis heute nicht ganz geklärten Gründen kommt eine Massenpanik in der Puerta 12 auf.
Hinterher: 71 Tote, 150 Verletzte. Die Meisten davon junge Erwachsene, Durchschnittsalter der Opfer beträgt 19-20 Jahre.
"Was mich am meisten daran interessiert hat, diese Geschichte zu erzählen, waren die unterschiedlichen Versionen der Tragödie"
- Pablo Tesoriere, Regisseur der Doku "La puerta 12", die die Geschichte erzählt
Version 1: Boca Fans hätten brennende River Flaggen und Zeitungen von den oberen Bereichen des Stadions heruntergeworfen, was eine Massenpanik ausgelöst haben soll.
Version 2: Die Puerta 12 wäre verschlossen gewesen und hätte die Fans vom durchgehen verhindert, jedoch hätten die neu dazugekommenen Fans die Vorderen nicht gehört, wie diese ihnen gesagt hätten, nicht mehr reinzukommen.
Version 3: Die Polizei hätte die Boca Fans zurückgehalten, da diese sie aus den Rängen beworfen hätten. Die Polizei war zur Zeit von Diktator Juan Carlos Onganía überall präsent und nicht zögerlich - was diese Behauptung stützt.
Version 4: Es wäre einfach nur ein Unfall gewesen der dadurch verursacht worden wäre, dass zu viele Menschen auf einmal das Stadion verlassen wollten.
Welche Version denn nun stimmt - jeder erzählt eine andere und hält sie für die vollkommene Wahrheit - ist immernoch ein großes Mysterium.
So unterschiedlich die Versionen auch seien mögen, einige Sachen sind klar: Die Puerta 12 war nicht beleuchtet, ohne Geländer, der Boden rutschig, ein extrem gefährlicher Tunnel.
Die Moral aus der Geschichte?
Es gibt keine. Denn diese Tragödie hatte nicht die Wirkungen die sie sollte. Auch heuzutage wird über Gewalt im Fußball generell zu oft geschwiegen, die Probleme finden nicht die Aufmerksamkeit die sie bekommen sollten, vorallem in Südamerika.
Vergleich: Hillsborough Disaster, 96 Fans tot. Reaktion? Intensive Ermittlungen, komplette Änderungen von Stadienregeln, Polizeischutz, es sollte nie wieder passieren.
Anders in Argentinien. Es gab nur eine Sache die sich verändert hat: es heißt nicht mehr "Puerta 12", sondern "Puerta L". Das Erinnerungsvermögen in der Gesellschaft und wie damit umgegangen wird, ist unzureichend. Anstatt einer Komplettveränderung, passiert garnichts. Es soll einfach vergessen werden.
"Fußball in Argentinien wird von Marketing dominiert, da ist es nicht gut mit Gewalt und Tod verbunden zu sein"
Was wäre, wenn so etwas nochmal passiert wäre? Heuzutage wäre die Aufruhr über so ein Ereignis viel größer, es gäbe mehr Proteste, mehr Wut. Aber könnte das eine neue Tragödie verhindern?
Auch die Politik hat eine nicht unwichtige Rolle gespielt. Unter dem Militärregime damals waren Proteste und Demonstrationen nicht möglich, Menschen hatten Angst. Der Fall wurde als Unfall erklärt und abgestempelt.
Es ist diese Mischung aus Umständen, die zeigt, wie nicht nur damals ein schönes Spiel wie Fußball sehr schnell sehr hässlich werden kann.
"Ich bin nie wieder zu Boca oder zu River gegangen"(Miguel Durrieu, Überlebender)
Aufrufe: 2998 | Kommentare: 5 | Bewertungen: 10 | Erstellt:18.01.2011
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KOMMENTARE
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20.01.2011 | 09:55 Uhr
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La_Pulga :
Sehr schöner Blog Lavo... Ich hatte auch schonmal von "Puerta 12" gehört, wusste aber nichts über irgendwelche Hintergründe und Folgen.Von daher sehr interessant für mich, vor allem weil der Grund für die Panik ja absolut ungeklärt scheint...
10 P!
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19.01.2011 | 22:37 Uhr
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Lavo : Boggler
In der Tat hat Boca eine Verbundenheit zu dieser Zahl und die Fans heißen auch La Doce, aber das geht viel weiter zurück. 1925 hat Boca eine Europa Tour gemacht und wurde von Victoriano Caffarena begleitet, ein reicher Fan der das Team unterstützt hat und dann nach der Rückkehr genau so berühmt war wie die Spieler, daher wurde er "Der zwölfte Spieler genannt". Das hat sich dann so entwickelt.
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19.01.2011 | 22:31 Uhr
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Boggler : Lavo
ich meine mal gesehen zu haben das die Zahl "12" ein sehr wichtige für die Boca - Fans ist. Mehrere Fan-shirts, Schals, etc waren davon geprägt.
Jetzt die Frage. Hängt das mit diesem Ereignis zusammen oder eher mit dem "12ter Mann - Gedanke"?
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19.01.2011 | 20:16 Uhr
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...Schreibst sehr schön deine eigene Meinung dazu rein,kann dir nur zustimmen.
Hätte nicht gedacht,das der Vorfall noch nie geklärt worden sei
*10*
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Vielen Dank für die Info.