Zwei Tage nach dem 1:1 gegen Stuttgart und ein halbes Jahr nach dem Rücktritt des alten Präsidiums um FC-Legende Wolfgang Overath steht die außerordentliche Mitgliederversammlung zur Wahl des neuen Vereinsvorstands an. Wer kandidiert, wofür die Kandidaten stehen und warum es zumindest am Anfang keine Kampfabstimmung geben kann, erfahrt ihr wie immer bei uns.

Team Spinner

Nur ein echter Spinner wird Präsident des 1. FC Köln. Diese allgemeine Erkenntnis der Fußballwelt nahm sich Ex-Bayer-Vorstandsmitglied Werner Spinner, 63, zu Herzen, der sich nun um das höchste Amt in Köln bewirbt. Der Diplomkaufmann gilt als versierter Geschäftsmann mit hoher Reputation und hat sich schon jetzt einen guten Ruf unter vielen Fans erworben, weil er unvoreingenommen an schwierige Themenbereiche wie den Umgang mit der Wilden Horde und die Machtfülle des Präsidenten herangeht. Zu seinem Programm gehört es, den Verein „einfacher" zu machen: „Zahlreiche Gremien und die Machtfülle eines Präsidenten, der vier Jahre lang machen kann was er will, das geht nicht mehr."

Spinners Vize-Präsidentschaftskandidaten sind Ex-Nationaltorhüter und FC-Legende Harald „Toni" Schumacher, 58, und der Präsident des Festkomitee Kölner Karneval, Markus Ritterbach, 48.

Schumacher ist trotz seines unrühmlichen Ausscheidens aus dem Verein nach seinem Buch „Anpfiff" im Jahre 1987 nach wie vor Rekordspieler des 1. FC Köln und gilt vielen Fans als bester Torhüter in der Geschichte des Geißbockclubs. Während er von einigen aufgrund seiner klaren, direkten Art und der Clubvergangenheit als Heilsbringer angesehen wird, werfen ihm kritische Stimmen vor in den letzten Jahren zu häufig medial seine Meinung über Missstände im Verein kundgetan zu haben. Schumacher selbst begründete das häufig damit, dass von Vereinsseite niemand an ihn herangetreten sei und dies der einzige Weg für ihn war, seinem Herzensclub zu helfen.

Ritterbach hingegen ist im Umfeld des 1. FC Köln bislang nicht aufgetreten, aber durch seine Funktion als Festkomiteepräsident trotzdem stadtbekannt. Nach eigenen Angaben geht er seit 17 Jahren regelmäßig mit seinen Kindern ins Stadion. Er gibt an einer Kandidatur spontan zugesagt zu haben, weil ihm Verein und Mitglieder am Herzen liegen. Ritterbach ist durch seine Arbeit im Karneval zweifellos gut vernetzt und kennt viele (auch potentielle) Sponsoren, seine Unerfahrenheit im Fußballgeschäft und auch seine Arbeit als Festkomiteepräsident, die nicht immer positiv bewertet wird, sind die Hauptkritikpunkte seiner Gegner.

Auf den Informationsveranstaltungen vor der Mitgliederversammlung stellte man neben einer Strukturreform im Verein ein schnelles Ende der Suche nach einem Sportdirektor in Aussicht. Außerdem möchte man dafür sorgen, dass die talentierten Nachwuchsspieler schneller und besser an die Profimannschaft herangeführt werden. Der wirtschaftlich erfahrene Spinner soll außerdem dabei helfen, die finanzielle Situation des Vereins zu verbessern.


Team Spinner wird auf Vorschlag des Verwaltungsrats kandidieren, der laut Vereinssatzung zunächst das alleinige Vorschlagsrecht für die Kandidaten hat, die als Ersatz für den zurückgetretenen Vorstand für den Rest der Amtszeit gewählt werden. Zu den Unterstützern zählen neben dem Verwaltungsrat auch das Kölner Fanprojekt und eine wohl überwiegende Zahl von Fanclubs.
Sollte es innerhalb der ersten beiden Wahlgänge nicht zu einer Mehrheit für diese Troika kommen, haben sich Gegenkandidaten angekündigt:

Team Thielen

Der frühere Mannschaftskollege des Ex-Präsidenten Overath, Karl-Heinz Thielen, 72, wurde in der Vergangenheit schon häufiger mit dem Präsidentenamt des 1. FC Köln in Verbindung gebracht. Auch der Verwaltungsrat hatte sich schon an ihn gewandt, doch Thielen bestand auf eine Aufwandsentschädigung und wurde deshalb nicht berücksichtigt. Nun kündigte er überraschend an, in einem eventuellen dritten Wahlgang mit einem eigenen Team anzutreten. Thielen war über die Jahre bereits in vielen Funktionen im Verein tätig und war als Spieler (1962, 1964) und Manager (1977, 1978) an den größten Erfolgen der Vereinsgeschichte beteiligt. Unter anderem war er dafür verantwortlich, den legendären Hennes Weisweiler zum Trainer zu machen. Trotzdem wird ihm, nicht zuletzt aufgrund der Erfahrungen mit Wolfgang Overath im Präsidentenamt und seiner früheren Forderung einer Aufwandsentschädigung, große Skepsis der Mitglieder entgegengebracht.

Weiteres Wasser auf die Mühlen der Kritiker ist Thielens Wahl seiner Vizepräsidentschaftskandidaten. Der ehemalige FC-Vizepräsident Dr. Bernd Steegmann und Verwaltungsratsmitglied Franz-Josef Wernze sollen an seiner Seite „die sportliche und finanzielle Talfahrt des 1. FC Köln stoppen und den Verein in eine erfolgreiche Zukunft führen."

Dr. Steegmann war bis 2007 bereits Vizepräsident des 1. FC Köln und war 2008 in eine Ermittlung der Steuerfahndung involviert, nachdem ein von ihm betriebener Wellness-Tempel in finanzielle Schieflage geraten war.
Franz-Josef Wernze, der sich selbst als FC-Förderer sieht und unter anderem in die Transfers von Peszko und Podolski investiert hat, gilt seit seiner Förderung von Germania Windeck und Viktoria Köln als „Hopp aus dem Bergischen Land". Viele Fans befürchten eine schleichende Abhängigkeit des finanziell angeschlagenen Vereins von einem einzelnen potenten Sponsor. Gerade Traditionalisten ist das ein Dorn im Auge.

Der prominenteste Unterstützer von Team Thielen ist FC-Spieler Lukas Podolski. Informationsveranstaltungen im Vorfeld der Mitgliederversammlung hielt Team Thielen nicht für nötig, man bat um Redezeit vor der Wahl um am Montagabend das Konzept vorzustellen. Gerüchteweise soll Franz-Josef Wernze für den Fall einer Wahl eine Finanzspritze für den Verein in Aussicht stellen. Der Verwaltungsrat hat entschieden, die Mitglieder über Redezeit für Thielen und seine Kandidatenkollegen abstimmen zu lassen.



Die außerordentliche Mitgliederversammlung des 1. FC Köln am 23.04.2012 – effzeh@spox berichtet ab 18:30 Uhr live im Ticker und über Twitter unter @effzehspox