Auf der Kampfkarte der UFC 200-Veranstaltung stehen reihenweise Kämpfe, die es verdient hätten, beachtet zu werden. Wir haben ein paar davon in einem ersten Blog schon gewürdigt und werden nun die letzten fehlenden Kämpfe ansprechen. Nach dem kurzfristigen Ausfall von Jon Jones wird die erste Titelverteidigung von Miesha Tate der neue Hauptkampf sein. Diesen Kampf haben die wir im letzten Blog schon besprochen.

Im Co-Mainevent des Abends stehen sich wie geplant Brock Lesnar und Mark Hunt gegenüber. Lesnar ist einer dieser Gestalten, die womöglich größer sind als die UFC selbst, indem sie außerhalb der MMA-Welt wahrgenommen werden und dem Sport dadurch neue Türe öffnen. Für nur einen Abend wird die WWE-Legende ein kurzes Comeback feiern. Angeblich hat er WWE-Besitzer Vince MacMahon dieses Privileg durch ein "Armwrestling"-Wettbewerb abgerungen.

UFC Präsident Dana White war sich Mittwoch bereits sicher, dass Daniel Cormier kämpfen wird, trotz des Ausfalls seines ursprünglichen Gegners Jones. Es gab genügend Anfragen aus dem Kämpferlager. Einer derjenigen, die den Finger eifrig in die Lüfte gehoben haben, war Anderson Silva. Anderson hat sich schon früher außerhalb seiner Gewichtsklasse gegen Leichtschwergewichte wie Stephan Bonnar und Forrest Griffin gemessen. Der Titel wird nicht auf dem Spiel stehen.

Über größere mediale Aufmerksamkeit dürfen sich José Aldo und Frankie Edgar freuen. Das Duell gab es schon einmal, vor drei Jahren bei UFC 156. Damals hat der Brasilianer seinen Titel über die Runden verteidigt, knapp sagen die einen, deutlich genug sagen andere. Mittlerweile hat Aldo das erste Mal seit langer Zeit erfahren müssen, wie eine Niederlage schmeckt. Er verlor seinen Gürtel an Conor McGregor, der sich derzeit weigert, seinen Federgewichtstitel zu verteidigen. Daher hat die UFC kurzerhand einen Interimstitel ins Leben gerufen, um den Edgar und Aldo am Wochenende kämpfen werden.

Kampf im Schwergewicht: Brock Lesnar vs. Mark Hunt

bunsen:

Es war für alle eine riesige Überraschung, als Brock Lesnar als Sahnehäubchen auf die Jubiläumsshow UFC 200 gesetzt wurde, auf eine Maincard, die sich mit Jones gegen Cormier ohnehin schon gut verkauft hätte. Sportlich gesehen muss ich meinen Hut ziehen vor dem ehemaligen Titelträger und Teilzeit Pro-Wrestler. Mark Hunt ist nämlich genau das, was er nicht gebrauchen kann: Bud Spencer im samoanischen Fleisch-Kleid.

Wir kennen alle die Szenen. Wenn er hart getroffen wird, schanzt sich Brock ein und wartet auf das Ende des Kampfes. Das ist leider die erste Assoziation, die in meinem Kopf ins Licht poppt, wenn ich an Brock Lesnar als MMA-Kämpfer denke. Ziemlich wahrscheinlich, dass wir diesen traurigen Anblick erneut erleben werden, findet Ihr nicht auch? Lesnar selbst scheint das nicht zu fürchten und möchte mit einem Sieg sein gemischtes Vermächtnis mit einer positiven Note abschließen. Zu gönnen wäre es ihm. Ich allein habe wenig Hoffnung.

paeddingtonbear:

Ja, die UFC hat uns noch ein echtes Geschenk bereitet. Eines kann man Lesnar mit Sicherheit nicht vorwerfen: Dass er den einfachen Weg geht und sich gegen einen Squash-Gegner einen schnellen und hohen Scheck abholt. Dieses Match-up hat viele Variablen, vor allem auf Seiten Lesnars. Wie spritizig ist er noch? Hat ihn seine Darmkrankheit damals wirklich so dermaßen beeinträchtigt? Wie kommt er nach 4 ½ Jahren zurück? Zu allem Überfluss trifft er in Hunt auf einen der besten Striker im Schwergewicht, der seine Defizite im Grappling über die Jahre ausgemerzt hat und sich Lesnar nun gemütlich zurechtlegen kann. Den "Brock-Lock" werden wir wohl nicht zu sehen bekommen, stattdessen wohl einen weiteren Walk-Off KO.

dugen:

Ich würde sagen, die UFC hat sich selbst vor allem ein echtes Geschenk bereitet. Der Rubel wird rollen, denn Lesnar zieht bekanntlich viel Interesse auf sich. Natürlich wird auch Brock ein gutes Sümmchen für den Kampf einstreichen können; das ist wohl auch nötig, denn für lau sollte man sich nicht so ordentlich das Stübchen ausräubern lassen. Ich rechne wie ihr fest mit einem Sieg für den Bud-Spencer-Verschnitt, gegen dessen Kelle bekanntlich kein Waffenschein hilft.

Kampf im Leichtschwergewicht: Daniel Cormier vs. Anderson Silva

bunsen:

Es kann nicht überraschen, dass Anderson Silva einen Kampf in einer schweren Gewichtsklasse annimmt. Das hat er früher schon getan. Natürlich hat die Zeit an ihm genagt, dem mittlerweile 41-Jährigen. Er ist zwar immer noch erstaunlich schnell und beweglich auf den Beinen, wird aber auch von nicht so harten Schlägen immer öfter in den Sekundenschlaf versetzt. Er hat nicht mehr das Kinn alter Tage.

Cormier hat im Schwergewicht sicherlich mehr Power gehabt, selbst wenn er nicht so viele TKO-Siege errungen hat. Er kann aber auch Schläge wegstecken, dürfte auch seinen Frust über den erneut verschobenen Jones-Kampf im Oktagon herauslassen wollen. In diesem Paket ist er für Anderson Silva eine harte Nuss, die dieser nur mit all seiner Erfahrung und Technik knacken kann.

dugen:

Die Spinne ist aus ihrem Netz gefallen und kreucht ein wenig unbeholfen auf dem Erdboden herum. Die Niederlagen gegen Weidman und Bisping haben Spuren hinterlassen. Clownereien haben ihn ja immer schon geprägt, aber der Bisping-Kampf war schon ein trauriger Höhepunkt. Gegen Cormier sollte er den Unfug in jedem Fall lassen, denn ich glaube auch, dass er wegen der Absage des Kampfes wütend aus der Ecke stampfen wird. Für beide bleibt nicht viel Zeit, um sich vorzubereiten. Keine langen Videoanalysen; einfach reinhopsen und die Muskeln spielen lassen. Wie in alten Zeiten.

Interims-Titelkampf im Federgewicht: José Aldo vs. Frankie Edgar

bunsen:

José Aldo könnte aus der peinlichen Niederlage gegen Conor McGregor die falschen Schlüsse ziehen. Ein Rückblick. Im Vorfeld jenes Titelkampfes hatte Conor einer Leidenschaft gepfrönt, die er beherrscht wie kaum ein anderer: Trash Talk. Aldo ist ein emotionaler Typ wie viele Brasilianer es sind. An ihm prallen solche Worte nicht einfach ab, sie wecken Emotionen, stacheln ihn an und in seinem Fall, provozieren zu einer dämlichen Kampfesweise.

In einer seiner ersten Kombinationen hatte ein geladener Aldo versucht, McGregor den Kopf wegzubomben ohne auf seine Deckung zu achten. Als Dankeschön sank er steif auf den Boden. Aus Niederlagen lernt man nur dann mehr als aus Siegen, wenn man die eigenen Fehler anerkennt. Das hat Aldo leider nicht getan. Bei mir schrillen Alarmglocken!

Ein motivierter Aldo ist natürlich auch gefährlich für Edgar. Der erste Kampf zwischen den beiden war hart umkämpft. Edgar hat sich seither aus meiner Sicht im Stand noch einmal verbessert, während Aldo immer der Muay Thai basierte Kämpfer sein wird, der nur schwer zu Boden bringen ist. Das hat damals gereicht, aber heute? Ich tippe auf einen Punktentscheid zugunsten von Edgar, der durch seinen größeren Gastank die späteren Runden gewinnen wird.

paeddingtonbear:

Bei mir schrillen ebenfalls die Alarmglocken! Aldo scheint fast schon eine Obsession entwickelt zu haben, McGregor besiegen zu wollen. Da könnte man fast schon meinen, dass er Edgar auf die leichte Schulter nimmt und er nur ein unnötiges Hindernis auf dem Weg zu seinem Rückkampf ist. Edgar hat sich im Federgewicht in Relation zu seiner Zeit als Leichtgewicht-Champion noch einmal gewaltig gesteigert und das im reiferen Alter von nun 34 Jahren.

Der erste Kampf war schon eng, wie soll dann der zweite ausgehen? Der Logik nach ja eigentlich pro Edgar. Aber ist es nicht eigenartig, dass nicht nur wir, sondern scheinbar die gesamte MMA-Community Aldo schon abschreiben? Immerhin sprechen wir vom besten Federgewicht aller Zeiten und wegen einer(!) KO-Niederlage sehen wir über seine herausragenden Fertigkeiten hinweg? Das kann ja auch nicht das Wahre sein. Nichtsdestotrotz hat mich Edgar in seinen letzten Kämpfen so sehr überzeugt, dass ich einen knappen, "workman-like" Punktsieg über Aldo sehe, wenn nicht sogar einen KO, je nachdem, wie Aldos Kinn den KO verdaut hat.

dugen:

Keine Frage: Aldo muss gewinnen, für sich und für sein Team, das in der Tat bessere Tage gesehen hat. Ich bin mir ja nicht sicher, ob Aldo gegen McGregor verloren hat, weil das Emotionszentrum im Hirn die Zügel in die Hand genommen hat. Dafür war mir der Kampf zu kurz. Edgar ist natürlich ernst zu nehmen, zumal er mittlerweile auch Leute ausknocken kann. Ich vermute, Aldo wird zunächst sich wieder auf die Qualitäten besinnen, die ihn zum Champion gemacht haben; das gilt vor allem für seine leg kicks. Edgar wird wie immer hin und her hopsen und über seine workrate zu gewinnen versuchen. Wird sicher ein spannender Kampf.

UFC 200 findet in der Nacht von Samstag auf Sonntag statt (09.07.16). Wenn euch dieser Blog gefällt, folgt uns einfach auf Twitter.

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