Heimatgefühle, Miley Cyrus und eine nackte Bloggerin


Ich kann mir bildlich vorstellen, wie ihr, nachdem der optische Reiz der Überschrift sich den Weg vom Auge ins Gehirn gebahnt, dort ein paar Runden gedreht und sich darin festgesetzt hat, in Agonie aufkreischt und fordert, mich an einem Baum vorm Müngersdorfer Stadion aufzuknüpfen, noch bevor das Wort "nackt" den Schock ob der Erwähnung Hannah Montanas verdrängt hat. Aber bevor ihr das tut, lest weiter - jede Überschrift hat einen Grund, so auch diese.



Mein allererstes Bundesligaspiel im Stadion war - man mag es kaum glauben - 1.FC Kaiserslautern vs. EffZeh. Man schrieb die Saison 93/94, der FCK wurde am Ende Tabellenzweiter hinter den Bayern (und das alles nur wegen des "Phantomtors" von Thomas Helmer), und ich stand mit meinem Papa in der Ostkurve. Damals gab's da nämlich noch Stehplätze. Und damals war mein Vater auch noch nicht der distinguierte, gelassene Mann, wie ich ihn heute kenne (außer, es geht um den SV Rülzheim, da platzt uns gelegentlich simultan der Kragen). Damals, mit zehn Jahren, habe ich ihn zum ersten und einzigen Mal fluchen gehört wie einen Droschkenkutscher. Ich habe mich an jenem Tag, wegen der Stadionerfahrung und Papas Verhalten endgültig in den Fußball verliebt. Aber der Fußball hat mir auch einige sehr, sehr bittere Erfahrungen mitgegeben, von denen die schlimmste mit dem FCK zusammenhängt:

Die Westkurve feierte noch immer die Meisterschaft 1991 ab, die man in einem dramatischen Finish am letzten Spieltag natürlich beim EffZeh mit 2:6 eingetütet hatte. Damals hatte ich auch noch gewisse Sympathien für den Verein - schließlich bin ich Pfälzer. Außerdem begann damals die Karriere eines guten Freundes im FCK-Trikot, Thomas Hengen - eine Karriere, die im Übrigen durch ein äußerst unrühmliches Verhalten seitens der Vereinsführung unter René Jäggi und Trainer Erik Gerets auch beim FCK ihr Ende nahm.

Gemocht habe ich den FCK seit Thomas' Wechsel zum KSC (der mir sehr viel Freude bereitete) nicht mehr, aber nach dieser Posse habe ich ihn zu hassen begonnen. Weil ich die Hintergründe eben kenne. Dass ich in der Schule damals stets mit Hohn und Spott überhäuft wurde, ist nicht verwunderlich: In diese Zeit fielen die DFB-Pokalfinalniederlage, der Abstieg des KSC bei gleichzeitiger Meisterschaft des FCK, der Abstieg in die Regionalliga, und, und, und. Aber das hat nur Abneigung generiert.

Auch Thomas' Rückkehr konnte nichts mehr daran ändern, dass ich den FCK einfach nicht mehr so super fand und mir wünschte, Thomas mache 34 überragende Spiele, die alle 0:0 enden, und der FCK steigt am Ende ab. Ist nicht so gekommen, was mich für ihn ja auch gefreut hat. Tja, und dann kam genannte Episode. Meine Befriedigung kannte keine Grenzen, als den FCK die gerechte Strafe ereilte und er in die 2.Liga abstieg.

Mittlerweile, mit ein paar Jährchen Distanz und der Ruhe eines Mittzwanzigers finde ich den FCK immer noch scheiße. Aber wie viele FCK-Fans bei Spox und in der Realität wissen, kann ich trotzdem sachlich und differenziert diskutieren.

Und damit komme ich zum EffZeh: Ich glaube nicht, dass ich diese Spielpaarung noch einmal live im Stadion erleben werde, dazu fahre ich zu ungern auf den Betze. Daher hoffe ich, dass sich ein Kreis schließt: Mein erstes Betze-Erlebnis sah einen 3:0-Sieg des FCK über den EffZeh. Diesmal sollte es umgekehrt sein, und es wäre die höchste aller Wonnen, wenn ausgerechnet zwei ehemalige Karlsruher die Tore erzielen würden: Sebastian Freis (okay, ich gebe zu, das klingt wie die Pointe eines Uwe-Boll-Films) und Christian Eichner. Besonders Eichner gönne ich es, dass er beim EffZeh zu Hochform aufläuft und mit seinen Leistungen den Klassenerhalt und mithin im späteren Saisonverlauf auch die Qualifikation zur Champions League perfekt macht.

Worauf bin ich sonst noch gespannt? Hm, am ehesten auf diesen komischen Japaner, bei dem ich noch immer nicht sicher bin, ob das das Produkt hervorragenden kölschen Scoutings (was ja, berücksichtigt man so manchen Transfer, ein Widerspruch in sich zu sein scheint) oder nur ein PR-Gag ist. Oder ob man hofft, dass die japanische Liga vor Kagawas nur so wimmelt und das bisher nur keiner mitgekriegt hat. Und natürlich, als Hommage an TheMarsVoltaire, und weil ich ein Freund von Running Gags bin: Miso Brecko.

Was hat jetzt Miley Cyrus mit dem allem zu tun und wo bleiben die Titten?
Weil ich am gleichen Tag wie die junge Dame Geburtstag habe (allerdings acht Jahre früher das Licht der Welt erblickte) und gelegentlich darüber spreche, wie sehr ich die Musik mag (tue ich natürlich nicht!), bekam ich von meiner Schwester zu Weihnachten "Hannah Montana - The Movie" geschenkt. Und in der Tat, es gibt Parallelen zwischen Miley Cyrus und dem EffZeh:
Erstens: Die Fans sind gleichermaßen fanatisch und kreischen bzw. brüllen, was das Zeug hält - taneus beeindruckendes Fluch- und Stimmvolumen nehme ich einfach mal als exemplarisch an.
Zweitens: Der Hype und die Realität sind exorbitant divergent - der Personenkult und das öffentliche Interesse an "Hannah Montana" wird durch die schauspielerische und stimmliche Leistungsfähigkeit in keiner Weise gerechtfertigt. Beim EffZeh hingegen ist man alle Jahre wieder überzeugt, dass das Kaderniveau und die Spielkultur mindestens für die Champions League reichen, vielleicht sogar für die Meisterschaft. Und was das Team dann auf dem Platz so anbietet, wirkt denn eher wie dritte sibirische Liga (2.Halbzeit gegen Pauli, lieber EffZeh. Das hab' ich Dir nicht vergessen!).
Drittens: Beide haben irgendwie eine morbide Faszination, derentwegen man sich ihnen weder entziehen kann, noch will.

So, und das mit der nackten Bloggerin: ist von dieser Vorschau vollkommen unabhängig. Und wer mir nicht auf Twitter folgt und das daher nicht mitbekommen hat: ist selbst schuld.