Ich gebe zu: Ich bin ein bisschen nervös, was kommenden Sonntag anbelangt. Denn am Sonntag steht meine Entjungferung bevor – zum allerersten Mal werde ich ein Heimspiel des EffZeh besuchen. Wie mir gesagt wurde, ist das nicht gerade die höchste aller Wonnen. Trotzdem freue ich mich darauf, schon alleine, weil ich die Gelegenheit haben werde, mit taneu und themarsvoltaire zwei überragende Persönlichkeiten der Spox-Gruppe kennenzulernen. Und natürlich frage ich mich auch: Werde ich dem EffZeh ein Glücksbringer sein?

Jedenfalls wurde ich gebeten, die Vorschau sowie die Spieltagsanalyse zu schreiben. Auf meinen dezenten Hinweis, dass ich hinsichtlich des EffZeh jetzt nicht eben über überragende Expertise verfüge, wurde mir von taneu folgender freundschaftlicher Rat gegeben: "Trotz größter Skepsis die Leistungsbereitschaft und das -vermögen der Spieler schönschreiben, dabei über die taktischen Missstände des Trainers großzügig hinwegsehen, damit wir alle frohen Mutes in dieses Schicksalsspiel gehen... um wieder mal bitter enttäuscht zu werden?" Das kann ich, das ist überhaupt kein Problem, auch wenn ich eigentlich eher, um in der Typologie von ScoobaHH zu bleiben, der Kategorie "Pessimist" zuzuordnen bin.

Wie wir alle wissen, ist dieses Spiel gegen den "Kultclub" (im Gegensatz zu anderen Autoren, die den Ausdruck wegen der ständigen Verwendung des Terminus' gänzlich meiden, gedenke ich, euch damit inflationär zu bombardieren) ein "Schicksalsspiel", und das in mehrerlei Hinsicht. Wie wir aber auch wissen, werden auf dieses aller Wahrscheinlichkeit nach noch 31 weitere "Schicksalsspiele" folgen, denn den EffZeh zeichnet eines ganz besonders aus: Eine beeindruckende Inkonstanz in den Resultaten. Die Leistungen sind meistenteils, und besonders in Heimspielen, wurde mir gesagt, ohnehin mau, aber zumindest stimmen ab und an die Ergebnisse.

Nun – welche Schicksale stehen in diesem Spiel zur Debatte? Zunächst die Zukunft des Trainers. Zvonimir Soldo wurde in Köln, so habe ich das jedenfalls bislang wahrgenommen, ohnehin nie wirklich geliebt. Seine Taktik ist gnadenlos utilitaristisch, nur ohne die Erfolge, die ein José Mourinho vorzuweisen hat.

Seine Kritik, dass man die Spieler nicht jeden Spieltag aufs Neue motivieren müssen sollte, goss noch ein wenig Öl ins Feuer. Und so Recht er damit haben mag, verfügt er doch nicht über das, was man braucht, um solche Aussagen tätigen zu können: Einen Ruf und Erfolg. So wird – entgegen anderslautender Beteuerungen – bei einer Niederlage (die es natürlich nicht geben wird!) wohl das Geißbockheim erbeben. Die Frage stellt sich: Sollte man sich eine Niederlage wünschen, und in der Woche darauf noch eine, um den ungeliebten Trainer loszuwerden? Ich denke nicht. Und auch wenn der EffZeh "nur" meine "Drittliebe" in meiner trigamen Beziehung mit dem KSC und Sunderland ist, so wünsche ich ihm natürlich keine Niederlage. Trotzdem: Soldo ist angezählt.

Schicksalhaft ist natürlich auch der Saisonstart an sich. Zwei Niederlagen = Abstiegskampf, jedenfalls wird das allenthalben so dargestellt. Dass noch 32 Partien zu absolvieren sind, wird dabei großzügig übersehen. Schließlich befindet sich der EffZeh in bester Gesellschaft, und niemand würde wohl ernstlich auf die Idee kommen, Felix Magath bei Schalke in Frage zu stellen, Steve McClaren in Wolfsburg oder Christian Gross in Stuttgart. Auch Michael Skibbe bei der Eintracht steht nicht zur Disposition. Zugegebenermaßen, diese Mannschaften haben andere Ansprüche und auf dem Papier einen stärkeren Kader. Aber das hatte Hertha letzte Saison auch, und trotz lausiger Vorstellungen hat sich der EffZeh letzte Saison souverän gerettet. Gut, mag daran gelegen haben, dass einfach mehrere Mannschaften noch schlechter waren, aber das wird diese Saison nicht anders sein. Oder sollte man vor Nürnberg, Freiburg, Hannover Angst haben? Ich denke nicht! Aber in Köln gehört es wohl zum guten Ton, sich eine Krise herbeizureden...oder liegt das doch in der latenten Hoffnung begründet, den ungeliebten Soldo schnell loszuwerden?

Im Fokus stehen natürlich auch zwei Spieler: Zum einen "Prinz Peng", dem Spox und namhafte Tageszeitungen (unter anderem die mit den vier großen Buchstaben, seit jeher Quell seriösen Journalismus') Faulheit, mangelnde Flexibilität und Einstellung, die Wirtschaftskrise 2008, die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke und etliches andere vorgeworfen haben. Aber darauf näher einzugehen ist überflüssig. TMV und Scooba haben darüber so überragend und differenziert gebloggt, das schenke ich mir. Lest einfach deren Blogs!

Der andere Schlüsselspieler ist Miso Brecko. Ganz ehrlich: Mir war gar nicht bewusst, dass der so scheiße ist. Erst nach der Analyse von TMV und der anschließenden erneuten Betrachtung des Bremen-Spiels fiel mir auf: Der ist wirklich schlecht, noch schlechter gar als jeder beliebige Bremer Innenverteidiger. Falls er also erneut aufläuft, werde ich ihn und seine "Leistungen" mit besonderem Interesse betrachten. Ich hoffe sehr, dass er sich, meiner Anwesenheit bewusst (schließlich hat mein Wort Gewicht!), endlich auf seine Stärken besinnt – wo immer die auch liegen mögen.

Nun zum Kult-Club aus dem schönen Hamburger Stadtteil St.Pauli. Ich muss sagen, die schönste Beschreibung der Reeperbahn hat Ephraim Kishon in seiner Satire "Fremd in St.Pauli" gegeben, die ich jetzt, auch wenn sie mit Fußball so viel zu tun hat wie Edmond Kapllani mit dem Toreschießen oder Torsten Frings mit schnellem Antritt, den Lesern wärmstens empfehlen möchte. Der kultige Verein, seines Zeichens Heimat von Kult-Spielern wie Klaus Thomforde, Volker Ippig und eben des Kult-Trainers, Holger Stanislawski (des künftigen Kult-Trainers des Chelsea FC, siehe meinen Vorschau-Blog), hat in zwei Spielen drei kultige Punkte gesammelt, also drei mehr als der EffZeh derzeit hat. Diese Punkte wurden in Freiburg geholt, also auswärts. Und jetzt spielen die Kult-Kicker vom Kiez (mich verwirrt übrigens hochgradig, dass das in Berlin als Synonym für Stadtteile gilt!) wieder auswärts, wieder bei einer Mannschaft, die fußballerisch nur knapp unterhalb der spanischen Nationalelf anzusiedeln ist. Man möchte meinen, das ist eine klare Sache, denn:

Heim-EffZeh plus Auswärts-Kultclub = Auswärtssieg.

Aber ich denke, das ist eine Milchmädchenrechnung, denn der EffZeh wird gegen den Kult-Club aus dem Kult-Stadtteil eine kultige Trotzreaktion zeigen und, angeführt von einem überragend kultigen Miso Brecko und dem Kult-"Prinz Peng", Lukas Podolski, der beim 4:0-Sieg fünf Tore beisteuert, sämtliche Kritik verstummen lassen. Bis zum nächsten Spieltag. Zumindest hoffe ich das, denn ein Sonntagsausflug mit einer Heimniederlage...ehrlich, die kann ich auch beim KSC oder beim SV Rülzheim haben, das ist es nicht wert, trotz der "halbwegs gutaussehnden" Azubine von taneu, die uns fährt, damit wir uns das Spiel schon im Vorfeld schöntrinken können!