Janus ist ein Kölner

Janus, oder auch Ianus, ist einer der ältesten Götter der römischen Mythologie. Der Gott mit den zwei Gesichtern wird in unserem Sprachgebrauch häufig dafür herangezogen, etwas zu beschreiben, das zwei völlig widersprüchliche Komponenten oder Charakterzüge in sich vereinigt. Was mich zum EffZeh bringt: Eine Halbzeit lang spielte der EffZeh die Paulianer an die Wand, ließ nicht eine Torchance zu und hatte seinerseits mehrere Möglichkeiten, eine höhere als die mickrige 1:0-Führung herauszuschießen. In der zweiten Halbzeit dann präsentierten sich die Geißböcke dann wieder so, wie man sie in Erinnerung hat: Fahriges Aufbauspiel, Fehlpässe, allgemeine Nervosität. Diesmal ging es glücklicherweise glimpflich ab, aber dennoch, in Abwandlung einer Frage, die ein Page einmal George Best ins Gesicht schrie, als dieser sturzbesoffen in seinem vollgemüllten Hotelzimmer lag: "When did it all go wrong, Zvoni?" Aber eins nach dem anderen:

Ich hatte gestern bekanntlich mein erstes Mal mit dem EffZeh, und da der Verein eben mehr ist als nur die neunzig Minuten Fußball, möchte ich euch meine Eindrücke rund um das Spiel herum nicht vorenthalten, denn ich muss zugeben, die Atmosphäre hat mich beeindruckt zurückgelassen. Und außerdem hatte ich die Gelegenheit, taneu und themarsvoltaire kennenzulernen – leider haben wir in der Hektik vor dem Spiel dann vergessen, ein Foto von uns zu schießen. Aber ich bin sicher, das holen wir nach, zumal das sicher nicht mein letztes EffZeh-Spiel gewesen sein wird.

Vor dem Spiel: Die Reise begann für mich um 12.00 Uhr ab Ludwigshafen-Mundenheim, wo mich taneu, in Begleitung seiner drei (übrigens sehr niedlichen) Kinder und unserer Fahrerin für die Rückfahrt, der im Vorbericht erwähnten Azubine (übrigens bekennende Poldi-Verehrerin), bereits erwartete. Relativ früh, gegen 15.30 Uhr, hatten wir dann den Parkplatz erreicht und genehmigten uns in Erwartung der Ankunft von mars noch einige Bier, bzw. Kölsch. Kurz vor dem Spiel begaben wir uns auf unsere Plätze. Ich muss sagen, als das ganze Stadion aus voller Kehle die EffZeh-Hymne anstimmte, da war ich schon ein wenig beeindruckt. Ich habe ja schon einige Stadien gesehen, aber trotzdem hat mir das Gänsehaut über den Rücken gejagt. Zum Spiel:

1.Halbzeit: Zu meiner großen Enttäuschung fehlte in der Anfangsformation der Mann, auf den ich eigentlich mein besonderes Augenmerk richten wollte – Miso Brecko musste auf der Bank Platz nehmen. Der EffZeh begann, angetrieben von Lukas Podolski, dem man den Biss und den unbedingten Willen an diesem Tag anmerkte, schwungvoll, überzeugte durch sicheres Kombinationsspiel und drängte St.Pauli ab der ersten Minute in die Defensive. Nach einer wunderbaren Kombination schloss der "Prinz" in der 7.Minute eiskalt ab – leider allerdings aus dem Abseits heraus. Davon ließ sich der EffZeh allerdings nicht beirren, und nachdem Poldi aus knapp fünfundzwanzig Metern das Aluminium getroffen hatte, staubte Yalcin mit einer artistischen Einlage zum 1:0 ab. Wer danach ein Aufbäumen der in den beiden vorangegangenen Spielen so zweikampfstarken Paulianer erwartet hatte, sah sich allerdings getäuscht. Die Geißböcke spielten weiter offensiv nach vorne und hatten in Gestalt des Debütanten Clemens zwei weitere gute Chancen, die Kessler im Kasten des Kult-Clubs allerdings – sehr zu meinem Leidwesen – vereitelte. So ging es mit einem denkbar knappen, aber spielerisch überzeugenden 1:0 in die Pause.

Halbzeit. Die Kabine des 1.FC Köln. Zvonimir Soldo steht in der Mitte, die Profis um Lukas Podolski sitzen schwer atmend auf ihren Plätzen und lauschen hingerissen der leidenschaftlichen Ansprache ihres Trainers:
Soldo: "Jungs, das habt ihr überragend gemacht! Äh...überragend! Und so. Aber passt auf, denn ein Spiel dauert 90 Minuten, und der Ball ist...hm...rund. Glaube ich. Vorsichtig sein, weil nämlich...ähm...Pauli. Die haben ja in Freiburg aus einem 0:1 noch ein 3:1 gemacht, das kann uns auch passieren. Das ist so gewesen, weil...die Freiburger haben sich hinten reingestellt und...ähm...ja, haben dann halt versucht, auf Konter zu spielen. Das darf uns halt nicht passieren. Da müssen wir aufpassen. Wir haben in der 1.Halbzeit keine Chance zugelassen, das war überragend. Weil wir so konsi...kunso...entschlossen nach vorne gespielt haben. Das dürfen wir in der zweiten Halbzeit aber nicht, weil, wenn wir uns dann nen Konter fangen, dann ist ja das 1:0 plötzlich ein 1:1. Glaube ich. Und wenn wir uns dann noch einen Konter fangen, steht es 1:2. Also machen wir das jetzt ganz sicher, wir stellen uns hinten rein und versuchen auf Konter zu spielen. Alles klar?"
Poldi: "Aber Trainer, du hast doch gesagt, dass Freiburg deswegen verloren hat!"
Soldo: "Ähm...ja. Aber trotzdem."
Poldi: "Alles klar, Trainer."
Soldo: "Also, geht da raus und...seid vorsichtig!"

2.Halbzeit: So oder so ähnlich muss das in der Kabine abgelaufen sein, denn anders ist es nicht zu erklären, dass der EffZeh so total die Linie verlor, sich nun seinerseits von Pauli hinten reindrängen ließ und nur selten einmal zu Entlastungsangriffen ansetzte. Die liefen dann immer über Podolski, ganz klar der beste Mann auf dem Platz. Wenn er am Ball war, stellte er damit etwas vernünftiges an und brachte zumindest so lange Ruhe ins Aufbauspiel, bis der nächste Kollege einen haarsträubenden Fehlpass spielte oder die Pille seelenruhig vertändelte. Nur ein einziges Mal kam der FC noch einmal gefährlich vor das von der Kölner Leihgabe Kessler gehütete Tor – doch ebenjener entschärfte den schönen Heber von Podolski. In der Schlussphase wurde es noch einmal eng, die Paulianer erkannten, dass die Kölner sich den Schlüpper nass gemacht hatten und drängten auf den Ausgleich. Ein Treffer in der 90.Minute durch Richard Sukuta-Pasu wurde allerdings wegen Abseits nicht gegeben. Mit dem Schlusspfiff brach kollektive Erleichterung aus, der erste Dreier katapultierte den EffZeh aus den Abstiegsrängen, wo die Kellerkinder Schalke, Wolfsburg und Stuttgart vor sich hindümpeln.

Fazit: Alles in allem und trotz des unerklärlichen Leistungseinbruchs in der 2.Halbzeit ein verdienter Sieg, der durchaus auch hätte höher ausfallen können. Der EffZeh hatte die besseren Chancen und ließ St.Pauli erst gegen Ende des zweiten Durchgangs zur Entfaltung kommen. Soldo dürfte zumindest bis nächste Woche wieder sicher im Sattel sitzen, und der Kontakt zu den internationalen Rängen wurde erfolgreich hergestellt. Mit einer Leistung wie am gestrigen Sonntag dürfte das Ziel, zumindet den Champions-League-Qualifikationsplatz zu erreichen, durchaus realistisch sein.
Ich habe mich gut unterhalten, war beeindruckt von der Stimmung im Stadion und habe für mich beschlossen: Ich komme wieder!