Der Microblogging Dienst Twitter ist omnipräsent in der US-Medienlandschaft. Er beruht auf einer simplen Idee, ähnlich wie bei dem hierzulande viel bekannteren Facebook kann man Statusnachrichten (Tweets) verfassen, die allerdings nur 140 Zeichen lang sein dürfen. Ein weiterer großer Unterschied zum weissen "f" auf blauem Grund besteht in der Art und Weise, wie sich User verbinden. Man hat keine "Freunde", sondern "folgt" anderen. Twitter ist mit 140 Millionen aktiven Usern der zweitgrößte Social Networking Service der westlichen Welt.



Natürlich geht ein solch immenser Trend auch an der NFL nicht vorbei. Zu sagen, die NFL hätte eine Twitter-Affinität wäre wohl eine der Top-Untertreibungen des Jahres, ungefähr auf der selben Ebene mit der Behauptung, die Bayern hätten im CL-Finale 2012 ein paar Chancen gehabt. Kein Broadcast eines NFL-Spieles oder einer Pregameshow vergeht, ohne dass dem hilflosen Zuschauer die Twitter-Usernamen (Fachjargon: Twitter-Handle, sie beginnen immer mit einem @, ein Beispiel: @TroyAikman) der Kommentatoren und Experten präsentiert werden. Aber nicht nur von Seiten der Medien wird der Microblogging-Service gepusht, auch die NFL selbst twittert fleißig, sowohl der offizielle NFL Account (immerhin knapp 3,4 Millionen Follower) also auch die Teams und in manchen Fällen auch die Besitzer selbst (Paradebeispiel: @JimIrsay) lassen die 140 Zeichen glühen. Beim Probowl 2012 stellte die NFL Computer in den Teamzonen auf, um die Spieler zur Interaktion mit Zuschauern über Twitter zu animieren, obwohl es diesen normalerweise verboten ist, in dem Zeitraum von 90 Minuten vor dem Spiel bis nach den Postgame-Interviews Social Media in irgendeiner Art und Weise zu nutzen.

Aus der obigen Aufzählung habe ich eine Gruppe bewusst ausgelassen, die Spieler. Diesen widme ich einen ganz eigenen Abschnitt und will dem Leser die verschiedenen Spieler-Twitter-Typen anhand von Beispielen näher bringen.

Der Langweilige:
Paradebeispiel: Drew Brees, @drewbrees, QB (NO)
Der Langweiler (passender wäre vielleicht: Der Umsichtige) achtet strikt darauf, nichts zu posten, aus dem man ihm einen Strick drehen könnte. So finden sich auf seiner Timeline ausschließlich allgemeine Dinge wie Dank an Fans, Grüße zu Feiertagen oder Aufrufe für einen wohltätigen Zweck zu spenden. Dumm ist das mit Sicherheit nicht, aber nunja, langweilig eben. Desweiteren besteht hier verstärkt der Verdacht, dass die Accounts nicht von den Athleten selbst, sondern von Social Media Beauftragten gepflegt werden. Weitere Vertreter: Ray Lewis (@raylewis52com) und Tim Tebow (@TimTebow)

Der Trashtalker:
Paradebeispiel: Osi Umenyiora, @OsiUmenyiora, DE (NYG)
Egal ob es darum geht, Lesean McCoy alles Gute zum Muttertag zu wünschen, oder publikumswirksam zu versprechen ab einer gewissen Anzahl Followers würde man Lawrence Taylors Superbowl-Ring ersteigern, um ihn diesem zurückzugeben. Trashtalker wie Osi wissen stets was sie tun auf Twitter und nutzen die 140 Zeichen um Aufmerksamkeit zu erzeugen. Weitere Vertreter: Terrell Owens (@TerrellOwens)

Der Philosoph:
Paradebeispiel: Arian Foster, @ArianFoster, RB (HOU)
Der Philosoph im Allgemeinen und Arian Foster im Speziellen zeigt gern, dass er seinen Kopf nicht nur als Linebacker-Brustplate-suchendes Projektil, sondern auch über Football hinaus benutzt. Fragen von Fans werden grundlegend mit neunmalklugen Sprüchen beantwortet, zu schaden scheint es aber nicht, knapp 190.000 Follower hat der Mann. Weitere Vertreter: Larry Fitzgerald (@LarryFitzgerald)

Der Süchtige:
Paradebeispiel: Chad Ochocinco, @ochocinco, WR (NE)
Knapp 3,5 Millionen Follower sprechen eine deutliche Sprache (An dieser Stelle noch einmal kurz die Erinnerung: Die NFL selbst hat 3,4 Millionen). Dieser Mann hat entweder unglaublich wertvolle Informationen, die er mit der Welt teilt, oder verbringt einfach nur sehr viel Zeit mit dem Microblogging-Dienst. Wenig überraschend trifft im Falle des früher als Chad Johnson bekannten Wide Receivers letzteres zu. Weitere Vertreter: Maurice Jones-Drew (@Jones_Drew32) und Reggie Bush (@reggie_bush), der beim CL Finale auf Twitter Bayern Müchen anfeuerte

Der Privatmann:
Paradebeispiel: Chris Kluwe, @ChrisWarcraft, P (MIN)
Der Inhalt ihrer Tweets beschränkt sich im Allgemeinen auf private Dinge, die wenig mit Football zu tun haben. Im speziellen Fall von Kluwe sind das seine Magickarten-Sammlung und seine Band, in der er den Bass spielt. Gääääähn. Weitere Vertreter: Sidney Rice (@sidneyrice)

Der Clown:
Paradebeispiel: Aaron Rodgers, @AaronRodgers12, QB (GB)
Der Clown ist einer der interessanteren Twitter-Follows unter den NFL-Spielern. Paradebeispiel Aaron Rodgers zum Beispiel verfasst selten eine Nachricht ohne Augenzwinkern, egal ob Nickelbacks Musik, Teamkollege Tom Crabtrees Tattoos oder der Bartwuchs von Basketballspielern, nichts ist sicher vor A-Rods Twitter Witzchen. Weitere Vertreter: Chris Cooley (@thecooleyzone)

Der Quertreiber:
Paradebeispiel: Rashard Mendenhall, @R_Mendenhall, RB (PIT)
Dass in diese Kategorie ausschließlich Mitglieder der Pittsburgh Steelers fallen mag entweder dem Zufall, meiner eigenen Bösartigkeit oder den Steelers zu Schulden kommen. Twitter-Quertreiber wie der Steelers Runninback werfen gerne mit kontroversen Meinungen um sich. Egal ob sportintern, wenn es zB um Geldstrafen für Spieler geht, oder außerhalb der NFL, wenn Rashard Mendenhall Verschwörungstheorien bezüglich 9/11 unterstützt. Irgendwas ist immer.
Weitere Vertreter: Ryan Clark (@RealRClark25) und James Harrison (@jharrison9292)

Ein prominentes Opfer hat das NFL-Twitter Universum leider schon erlitten. Antonio Cromartie hat sich dazu entschlossen, seinen Account zu löschen. Gründe hierfür teilte er nicht mit. Man kann allerdings vermuten, dass es ihm nicht allzu viel Spaß bereitet hat, den ganzen Tag Witze über die Vielzahl seiner Nachkommen zu lesen. Wer sich davon ein Bild machen möchte, kann ruhig einmal „Antonio Cromartie" in die Twitter Suche eingeben.

Wer den Überblick verloren hat, über all die Spielertweets, kann sich mit einer offiziellen App der NFL Players Association ausrüsten, sie heisst NFL Pro Tweets und sammelt alle Tweets von NFL-Spielern. Auch Webseiten wie tweetingathletes.com bieten eine Übersicht. Im Endeffekt kann man sich allerdings sicher sein, dass wenn ein Spieler etwas skandalöses tweetet, dies mit Sicherheit auch durch die regulären Newskanäle berichtet wird, die Twitter-Accounts von Sportlern inzwischen 24/7 belagern.

Fest steht, dass man durch die Möglichkeiten des Web 2.0 einen revolutionären Einblick hinter die Kulissen gewährt bekommt (sofern man nicht nur „Langweilern" folgt), natürlich sind Bilder von Darnell Docketts Frühstück nichts was einem den Tag versüßt, aber ab und zu findet man eben doch die ein oder andere Perle unter dem ganzen Gezwitscher.

Flo Zielbauer