20.09.2011 um 13:13 Uhr
Geschrieben von LBJ23_4MVP
Entschuldigung Manuel
Lieber Manuel,
am Sonntag war ich auf Schalke, um beim Spiel meiner Schalker gegen deinen neuen Verein dabei zu sein. Die Vorfreude auf dieses Spiel war riesengroß. Allerdings aus Beweggründen, die ich heute, zwei Tage nach dem Spiel, als beschämend erachte. Bereits eine Woche vor dem Spiel dachte ich nur an eines: dem Verräter meine Meinung zu zeigen, ihm zu zeigen was ich von ihm halte. Dieser Verräter warst in meinen Augen du.
Ich war immer einer deiner großen Befürworter, selbst in Zeiten, als du oft Fehler gemacht hast und sich manche von dir abwandten. Deinen Charakter und deine Loyalität zu unserem Verein habe ich stets bewundert, weshalb es für mich ein harter Schlag war, als du erklärt hast, deinen Vertrag auf Schalke nicht zu verlängern. Das Wappen des verhassten FC Bayern hing wie ein Damoklesschwert über der Situation und wenig später war es traurige Gewissheit:
Mein Held, Manuel Neuer, kehrt dem FC Schalke den Rücken und wechselt zum personifizierten Bösen, dem FC Bayern. In diesem Augenblick brach für mich eine Welt zusammen, eine Illusion, die du am Leben gehalten hattest. Du warst für mich der lebende Beweis, dass nicht alle Fussballer geldgierig und karriereorientiert denken, sondern dass es noch so etwas wie Vereinsliebe im Profigeschäft gibt. Wie gesagt, mit dir brach auch diese Illusion zusammen.
Du als Fan kannst sicher verstehen, wie ich mich fühlte und so ging ich am Sonntag mit einem einzigen Vorsatz in die Arena: Dich zu beleidigen und auszupfeifen. Dir so viel Schmerz zu bereiten, wie du mir und uns Schalkern bereitet hast.
Kurz vor fünf war es dann soweit. In deinem roten Bayern-Trainingsanzug kamst du aus den Katakomben, wie du es einst im königsblauen Schalkedress getan hast.
Sofort entstand ein gellendes Pfeifkonzert und ich pfiff mit. Das fühlte sich zu gut an. Auch bei den Judas-Sprechchören war ich lautstark dabei und das beleidigende Banner über der Nordkurve fotografierte ich stolz. Als du dich in meine Richtung gedreht hast, da war mir egal wie es dir dabei ging.
Das Spiel lief bekanntlich scheußlich für Schalke und trotzdem war ich nach dem Spiel nicht besonders traurig, als ich mich ins Bett legte. Das war der Moment, in dem ein Denkprozess bei mir einsetzte. Wenn es soweit kommt, dass ich nach einer Niederlage meines Teams aus dem Stadion komme und mich trotzdem gut fühle, weil ich einen anderen Menschen aufs Übelste erniedrigt habe, dann läuft etwas arg falsch mit mir.
Ich konnte nicht schlafen und dachte weiter nach. Bilder des verstorbenen Robert Enke schossen mir durch den Kopf und wie ich an diesem Tag Teil einer Hetzkampagne war, die Menschen in eine Situation, wie die des Robert Enke, treiben kann.
Ich war von mir selbst angewidert. Ich schreibe heute diesen Brief und weiß, dass du ihn nie lesen wirst. Doch ich empfinde das Bedürfnis der Welt mitzuteilen, dass ich mich schäme. Natürlich dient eine solche Entschuldigung zur Selbstentlastung, doch meine ich sie aufrichtig. Ich schäme mich für die Pfiffe und Beleidigungen. Ich schäme mich, dass Leute Puppen, die dich darstellen, an Brücken hängen lassen. Ich schäme mich, dass es so etwas im Fussball gibt und wir nur zusehen.
Und ich entschuldige mich bei dir.
Verstehe mich nicht falsch. Ich verurteile deinen Wechsel noch immer und bin enttäuscht, doch der Sonntag hat mir gezeigt, dass auch Enttäuschung ihre Grenzen haben muss und ich, sowie viele andere Schalker, habe diese Grenze überschritten.
Dafür entschuldige ich mich bei dir!
Glückauf!
am Sonntag war ich auf Schalke, um beim Spiel meiner Schalker gegen deinen neuen Verein dabei zu sein. Die Vorfreude auf dieses Spiel war riesengroß. Allerdings aus Beweggründen, die ich heute, zwei Tage nach dem Spiel, als beschämend erachte. Bereits eine Woche vor dem Spiel dachte ich nur an eines: dem Verräter meine Meinung zu zeigen, ihm zu zeigen was ich von ihm halte. Dieser Verräter warst in meinen Augen du.
Ich war immer einer deiner großen Befürworter, selbst in Zeiten, als du oft Fehler gemacht hast und sich manche von dir abwandten. Deinen Charakter und deine Loyalität zu unserem Verein habe ich stets bewundert, weshalb es für mich ein harter Schlag war, als du erklärt hast, deinen Vertrag auf Schalke nicht zu verlängern. Das Wappen des verhassten FC Bayern hing wie ein Damoklesschwert über der Situation und wenig später war es traurige Gewissheit:
Mein Held, Manuel Neuer, kehrt dem FC Schalke den Rücken und wechselt zum personifizierten Bösen, dem FC Bayern. In diesem Augenblick brach für mich eine Welt zusammen, eine Illusion, die du am Leben gehalten hattest. Du warst für mich der lebende Beweis, dass nicht alle Fussballer geldgierig und karriereorientiert denken, sondern dass es noch so etwas wie Vereinsliebe im Profigeschäft gibt. Wie gesagt, mit dir brach auch diese Illusion zusammen.
Du als Fan kannst sicher verstehen, wie ich mich fühlte und so ging ich am Sonntag mit einem einzigen Vorsatz in die Arena: Dich zu beleidigen und auszupfeifen. Dir so viel Schmerz zu bereiten, wie du mir und uns Schalkern bereitet hast.
Kurz vor fünf war es dann soweit. In deinem roten Bayern-Trainingsanzug kamst du aus den Katakomben, wie du es einst im königsblauen Schalkedress getan hast.
Sofort entstand ein gellendes Pfeifkonzert und ich pfiff mit. Das fühlte sich zu gut an. Auch bei den Judas-Sprechchören war ich lautstark dabei und das beleidigende Banner über der Nordkurve fotografierte ich stolz. Als du dich in meine Richtung gedreht hast, da war mir egal wie es dir dabei ging.
Das Spiel lief bekanntlich scheußlich für Schalke und trotzdem war ich nach dem Spiel nicht besonders traurig, als ich mich ins Bett legte. Das war der Moment, in dem ein Denkprozess bei mir einsetzte. Wenn es soweit kommt, dass ich nach einer Niederlage meines Teams aus dem Stadion komme und mich trotzdem gut fühle, weil ich einen anderen Menschen aufs Übelste erniedrigt habe, dann läuft etwas arg falsch mit mir.
Ich konnte nicht schlafen und dachte weiter nach. Bilder des verstorbenen Robert Enke schossen mir durch den Kopf und wie ich an diesem Tag Teil einer Hetzkampagne war, die Menschen in eine Situation, wie die des Robert Enke, treiben kann.
Ich war von mir selbst angewidert. Ich schreibe heute diesen Brief und weiß, dass du ihn nie lesen wirst. Doch ich empfinde das Bedürfnis der Welt mitzuteilen, dass ich mich schäme. Natürlich dient eine solche Entschuldigung zur Selbstentlastung, doch meine ich sie aufrichtig. Ich schäme mich für die Pfiffe und Beleidigungen. Ich schäme mich, dass Leute Puppen, die dich darstellen, an Brücken hängen lassen. Ich schäme mich, dass es so etwas im Fussball gibt und wir nur zusehen.
Und ich entschuldige mich bei dir.
Verstehe mich nicht falsch. Ich verurteile deinen Wechsel noch immer und bin enttäuscht, doch der Sonntag hat mir gezeigt, dass auch Enttäuschung ihre Grenzen haben muss und ich, sowie viele andere Schalker, habe diese Grenze überschritten.
Dafür entschuldige ich mich bei dir!
Glückauf!
Aufrufe: 9398 | Kommentare: 31 | Bewertungen: 40 | Erstellt:20.09.2011
ø 7.7
KOMMENTARE
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22.09.2011 | 03:05 Uhr
-2
Die Art wie sie am Sonntag dieser Enttäuschung Ausdruck verliehen haben allerdings in keinster Weise. Schlimmerweise wirst du einer der Wenigen sein die im Nachhinein Scham verspüren, denn die hassentstellten Fratzen die da in eurer Kurve zu sehen waren, legen die Vermutung nahe das bei vielen der Bekloppten die Fähigkeit zu eigenständigen Gedanken nicht vorhanden ist, leider.
1
21.09.2011 | 20:06 Uhr
-4
Philse :
Ich bin weder Schalker noch Bayer. Mich interessiert es also nur am Rande, dass Manuel Neuer letztes Jahr in blau gespielt hat und dieses in rot. Grundsaetzlich ist es aber auch so, dass seit Ewigkeiten Spieler in aller Herren Laender fertig gemacht wurden, wenn sie den Verein auf fragwuerdige Weise verlassen haben und dann mit dem neuen Verein an die alte Wirkungsstaette zurueckkehren. Deshalb ist doch der Vorgang rund um Manuel Neuer gar nichts neues. Das gibt es so doch seit Jahren. Andi Moeller wurde erst nur in Frankfurt gehasst und spaeter dann auch in Dortmund ausgepfiffen, nach dem er Schalker wurde. Mladen Petric wird heute noch in Dortmund ausgepfiffen, Daniel van Buyten ist in Hamburg auch nicht besonders gerne gesehen. Daher verstehe ich diese riesige Diskussion gar nicht. Wie man in den Wald hinein ruft, so schallt es hinaus. Und Manuel Neuer hat ganz Schalke ein Jahr lang verarscht. Es ist das Normalste auf der Welt, dass er sich auf Schalke nicht mehr blicken lassen kann. Und waere er nicht der groesste Medienliebling im Profisport, wuerde kein Hahn danach kraehen.Die Reflektion deines Verhaltens und Einsicht, dass man sich vielleicht falsch benommen hat, sprechen natuerlich trotzdem sehr fuer dich, FC Schalke 04.
0
21.09.2011 | 17:26 Uhr
-4
ich will da nicht drüber debattieren, da man zwischen schalkern und bayern eh nie auf einen grünen zweig kommt. es sind aussagen wie die des uli hoeness, das es doch toll wäre mal einen götze in münchen zu sehen und sich darüber beschweren, dass man city zu viel für boateng verlangt und sich über den vidal beschweren, weil sich mal ein spieler nicht hat mit unlauteren mitteln abwerben lassen.......ich kann da stundenlang weiter machen und wir kommen trotzdem nur dazu, dass du dementierst und ich neue sachen aufzähle, die ich anders empfinde als du
2
21.09.2011 | 17:17 Uhr
-5
xxlhonk :
@HessenseppGenau solche Statements wie deines sorgen genau für diesen Eindruck.
4
21.09.2011 | 17:16 Uhr
-2
ich will da aber gar nicht drüber debattieren,"
Schade eigentlich, ich dachte dazu wäre so ein Forum da.
Ich lese und sehe wirklich alles über den FC Bayern und kann mich an keine Aussage erinnern, mit der man sich für "den Nabel der Welt oder besser als alle anderen hält". Kannst du mir da weiterhelfen, woher du diese Infos hast.
1
21.09.2011 | 17:09 Uhr
-7
aber ich kann die jungs verstehen, die das getan haben, was grenzwertig ist, darüber kann man diskutieren.
neuer wusste was auf ihn zukam, es ist gut das es vorbei ist und wir und er sich wieder auf andere dinge konzentrieren können.
zur ganzen medienberichterstattung, ich hab es nicht so schlimm empfunden, wie es hier und anderswo dargestellt wurde und manche fans von dem verein, wo er jetzt spielt, sollten mal mit ihrer doppelmoral aufhören, wer im glashaus sitzt....
neuer ist für mich kein schalker mehr, der typ interessiert mich nicht mehr, ich hab meine persönliche meinung zu ihm, die müssen wir aber hier nicht mehr diskutieren.
wir haben schon immer gute torsteher rausgebracht, haben jetzt wieder einen excellenten, der sich zu uns bekennt und eine neue ära prägen kann!
pro ralle fährmann, glückauf schalke
2
21.09.2011 | 17:00 Uhr
-3
Gnanag :
Sehr schöner Blog. Freut mich zu sehen, dass wir Menschen eben doch aus unseren Erfahrungen lernen und uns entwickeln können.
Ich habe zwar immer ein gewisses Maß an Verständnis für die Enttäuschung der Schalker Fans über Neuers Wechsel gehabt, allerdings war ich gleichermaßen auch immer der festen Überzeugung, dass Rivalität und Abneigung im Sport nur bis zu einer gewissen Grenze gehen dürfen.
Es ist eben doch nur ein Spiel und kein Krieg und am Ende des Tages sollte man gemeinsam zusammensitzen und über sein eigenes Rumgeschreie lachen können.
Dafür leistet der Blog ein wertvollen Beitrag. Danke.
1
21.09.2011 | 16:31 Uhr
-3
breim :
Na ja. Gut geschrieben ist es ja, aber gerade dann sollte doch genug Intelligenz vorhanden sein, um Verhaltensweisen auch schon im Vorfeld reflektieren zu können. Ein Widerspruch? In keinster Weise. Gab es im Fußball schließlich schon oft genug. Meine Erfahrung in dem Bereich? Der Gomeztransfer. Da war ich auch voller Wut, Enttäuschung, fast schon Hass. Aber bitte, seit über 4 Monaten war es bekannt, dass Neuer geht, da hat man doch die Zeit, seine Ernüchterung zu überwinden und eben NICHT in den Affenchor mit einzustimmen. Fußball bleibt eben die schönste NEBENbeschäftigung der Welt.Und ich finde den Enkevergleich überhaupt nicht abwegig, es geht doch genau darum, wie wir mit Menschen umgehen. Wir sollten einfach damit aufhören, Sportler mit Göttern zu vergleichen. Dann müssen wir sie im Nachhinein auch nicht verteufeln!
3
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Für mich kann es gar keinen Wechsel eines Spielers geben, der mich so in Rage bringt, da der Spieler ein Mensch ist, jeder Mensch nur ein Leben hat, sich jeder individuell für seinen Lebensweg entscheiden muss. Fussball ist etwas besonderes für viele Menschen (-Fans), aber die Realität sollte nicht verloren gehen! Wenn ich ein Angebot eines anderen Büros bekäme, das mir besser gefällt, wo ich möglicherweise auch mehr verdienen würde, das auch vom Ort her in Ordnung wäre, wieso sollte ich nicht wechseln. Da werden Dinge verklärt, als wäre ein Arbeitsplatz etwas heiliges. Das ist er nicht in anderen Berufen, im Fussball schon gar nicht.
Ich glaube auch, dass viele Fans nicht mal die Geschichte von Judas kennen. Verraten wurde niemand, gestorben ist auch keiner beim Wechsel von Schalke zu Bayern!
Hmm, zurück zum eigentlichen Thema: Blog ist gut, 9 Punkte