Jedes Fachgebiet hat seine ganz eigenen Fachbegriffe und bei gefühlt 82 Millionen fachspezifischen Experten, kommt auch der Fußball nicht ohne aus. Die Qualität ihres Gebrauchs sinkt dabei exponentiell mit der Quantität.

Neuste Errungenschaft der Fußball-Begrifflichkeiten ist der diametral abkippende Sechser, dessen einfache Bedeutung eigentlich das exakt umgekehrte Freilaufen im Gegensatz zum abkippenden Sechser ist. Nicht bekannt? Keine Angst: Aus der Unwissenheit kann man sich in der Fußball-Gesellschaft mit 3-Euro-Zahlungen ins Phrasenschwein freikaufen. Die Peinlichkeit des Zahlenden wird dabei musikalisch übertönt und durch die Gesprächsrunde mit weiteren Plattitüden gesellschaftlich anerkannt. Dennoch ist es nur eine Frage der Zeit bis der diametral abkippende Sechser die neue falsche Neun wird, die gerade die Stammtische der Republik zum beben und den klassischen Stoßstürmer um seine Existenzberechtigung bringt.

Fans diskutieren, ob mit Doppelsechs oder Sechs und Acht beziehungsweise gar Zwischenspieler gespielt werden soll. Letztlich geht es aber darum, die Linien zu überspielen und schnell ins vertikale Spiel umzuschalten. Zur Halbzeit sollte der Trainer dennoch von der flachen Vier auf die Raute umstellen. Außerdem muss der Gegner bei Ballbesitz in den Trichter gelockt und ihm am Spielfeldrand der Ball abgejagt werden. Dazu muss kompakt gestanden und geschlossen verschoben werden. Der Stürmer ist dabei erster Verteidiger und der Torwart zumindest inoffiziell mittlerweile erster Stürmer oder um es politisch korrekt zu sagen: erster Aufbauspieler.

Der Zehner ob klassischer oder nicht führt im Spiel stets Regie und bestimmt den Spielrhythmus. Gelangt der Ball dann auf die Außen, so verteidigt der Gegner zumeist mit Doppeln. Die Angreifer versuchen dann die Seite zu überladen und zu hinter- oder - wie früher verpönt - vorderlaufen den Ball führenden Spieler. Wird das Mittelfeld andererseits schnell mit einem Diagonalball überbrückt, so muss sich die Viererkette absetzen, damit der Außenspieler nicht im Rücken wegläuft. Dieser muss seinerseits Tempohärte beweisen und die wichtigen Kilometer fressen. Aber das ist ja alles positionsspezifisch.

Wenn der Angreifer beim Abschluss in Rücklage gerät, handelt es sich dabei nicht um einen Schwimmstil oder Wasserball, sondern verweist darauf, dass der Ball aufgrund einer unzureichenden Schusstechnik über das Tor geschossen wurde. Volley oder per Dropkick sind zuweilen weniger häufige Schusstechniken, die technisch anspruchsvoll sind.

Geht ein Spiel mal verloren, war die Mannschaft besonders international zu unerfahren und hatte nicht genügend gestandene Spieler in seinen Reihen. An diesen kann sich eine Mannschaft aufrichten, wenn es mal nicht läuft und ohne aggressive Leader geht sowieso nichts. Aber echte Typen gibt es ja nicht mehr. Wobei das Kollektiv aber doch besser ist als die Summe der Einzelspieler. Aber diese Gier, die notwendig ist, fehlte. Alles in allem war der Gegner aber auch brutal schwer zu bespielen, weil sie hinten gut gestanden sind.

Dennoch sind es die Einzelspieler, die den Unterschied machen und ein Spiel alleine entscheiden können. Zwar versucht man durch Automatismen, Zufälle zu minimieren, doch müssen diesen Spielern Freiheiten gestattet werden. So haben diese Fußballgötter, wie sie die Masse per Sprechchor nennt, natürlich allerhand Weisheiten für die fußballerische Nach- und Beiwelt von sich zu geben. So muss der Ball flach oben ins Eck geschossen und der beim Freistoß immer mit dem Ventil nach oben platziert werden.

König Fußball hat eben seine ganz eigenen Gesetze, da das Spiel immer erst gespielt werden muss und laut kölschem Prinz sogar manchmal(!) der bessere Gewinnt. Daher guckt man besser von Spiel zu Spiel und sagt am Ende...

Fußball sprechen 2.0: Roman Weidenfeller

Nichtsdestotrotz bleibt es ein Spiel, das viele kennen, lieben und sogar verstehen. Manche eben mehr und manche weniger. Hoffen wir, dass es sich, der Verständlichkeit zuliebe, bald wieder auf das wesentliche reduzieren lässt: "Fußball ist ein einfaches Spiel: 22 Männer jagen 90 Minuten einem Ball nach, und am Ende gewinnen immer die Deutschen."

Dies ist mein Dritter Beitrag zum Blogpokal 2012/13. Bewusst etwas kürzer. Ich hoffe er gefällt... Die Regeln sind wohl mittlerweile bekannt und mein Kontrahent in dieser Runde ist heino63. Hier geht es zu seinem Blog: Klick!