Wie ein einziges Knie eine Stadt auf den Boden der Tatsachen zurückholte. Ein Drama in bislang 8 Akten.

Realität, du grausame Königin der (Sport-)Welt!

Als ich hier meinen ersten Blogeintrag veröffentlicht habe, da war die Welt noch in Ordnung. Dallas war zum ersten Mal in der Geschichte des Teams eine Mannschaft, die ihren Gegner vorrangig durch hervorragende Defense besiegen konnte. Wie und warum diese Defense funktioniert, könnt ihr in diesem ersten Beitrag lesen.

In einem Kommentar unterstellte mir arm3nia damals augenzwinkernd, der Text wäre aufgrund eines Stimmungshochs ob des letzten Triumphs gegen die Heat entstanden. Er unterstellte es wohl zurecht. Denn während damals alles wunderbar war und es für Dallas steil bergauf zu gehen schien, wird einem allerspätestens jetzt klar woran es bei Dallas krankt, nämlich der Offensive, oder genauer gesagt: Der Offense ohne Dirk Nowitzki!

So wird einem nun kristallklar vor Augen geführt, dass Dallas ohne den langen Blonden nicht nur kein Contender, sondern vielleicht nicht einmal Playoff-Material ist. Klar, Nowitzki ist ein großartiger Spieler, einer der besten der Liga, aber wie ist ein so frappierender Einbruch möglich?

No Dirk, no Drive

Das Problem ist tatsächlich, dass Dallas derzeit KEINEN Spieler hat, der die Offensive effektiv an sich reißen und gestalten kann. Auf dem Papier hat Dallas noch immer ein gutes Team, ehemalige All-Stars inklusive. Terry, Marion, Chandler und nicht zuletzt Kidd, das ist keine schwache Mannschaft. Dallas wurde in diesem Jahr (vor der Verletzung von Dirk und Butler) oft als "deepest team in the league" bezeichnet. Wieso können sie also diesen Ausfall nicht verkraften? Ganz einfach: Dallas IST tief, jeder Spieler ist ersetzbar. Nur Dirk nicht. Ohne ihn erlahmt der Angriff, denn das ganze Team ist auf eine Offensive ausgelegt, die um Nowitzki kreist. Er ist derjenige, der ganz alleine einen Angriff effektiv ausführen kann, sei es im 1gegen1 oder durch Double-Teams, die andere freimachen. Niemand sonst ist bei den Texanern in der Lage, wirklich Angst und Schrecken zu verbreiten. Terry kann 30 Punkte werfen, aber alles andere konstant und schon gar nicht ohne das Two-Man-Game mit Nowitzki. Marion ist dann effektiv, wenn er unerwartet und schnell den Korb angreifen kann, nicht im 1gegen1, Stevenson wirft fantastisch von der Dreierlinie, ist aber zu eindimensional veranlagt und Chandler ist vieles, aber kein Offensivkünstler. Butler, der zusammen mit Terry noch am ehesten Gefahr ausstrahlen könnte, wird in dieser Spielzeit kein Spiel mehr bestreiten können. Doch selbst er könnte an der jetzigen Situation kaum etwas ändern. Er hat vor allem zu Beginn des Basketballjahres oft versucht, selber Würfe für sich zu kreieren. Meistens beschränkte er sich aber auf unzählige Jab-Steps und grauenhafte Jumpshots mit mindestens einer Hand im Gesicht. Effektiv geht anders.

Nowitzki wird gebraucht, um den anderen Platz zu verschaffen. Seine 25 Punkte pro Spiel könnte man verkraften, die vielen Punkte, die andere nur durch seine Anwesenheit auf dem Platz erzielen, nicht!

Eine Statistik belegt das auf eindrucksvolle Weise: Ist Dirk auf dem Feld, dann erzielt Dallas im Schnitt 13,77 Punkte pro Einhundert Possesions mehr als der Gegner, spielt er nicht, dann kassiert Dallas 9,27 Punkte mehr! Macht Netto 23, der mit großem Abstand höchste Wert der Liga (2. ist Paul Pierce mit etwas mehr als 17). Zahlen eines MVP's, aber das nur am Rande...

Seit seines Ausfalls sieht die Offensive viel zu oft so aus: Barea/Kidd hat den Ball, es kommt aber kein Fluss zustande. Keiner kann sich freispielen, die Verteidiger müssen kein besonderes Augenmerk auf jemanden legen oder ihn gar doppeln. Es wird gepasst, gepasst und gepasst, bis keine Zeit mehr auf der Uhr ist und entweder jemand einen schlechten Wurf nehmen muss oder Barea auf gut Glück zum Korb zieht (oder es zumindest versucht).

Und selbst das Prunkstück der Mavericks, die Defense, kann nichts dagegen tun. Irgendwann wird es einfach unmöglich, den Mangel an Offense in der eigenen Hälfte auszugleichen. Eine verfahrene Situation.

Licht am Horizont

Seit 8 Spielen kann man das alles nun beobachten. 8 Spiele und 6 Niederlagen, darunter die mit Abstand Peinlichste des Jahres gegen hoffnungslos unterbesetzte Raptors. Die Siege kamen gegen die desolaten Cavaliers und die Trailblazers, die ebenfalls ohne ihren wichtigsten Mann auskommen müssen. In den anderen kämpft Dallas tapfer, hält oft sogar bis ins dritte Viertel mit, doch der Kollaps ist unvermeidlich. Kein Wunder also, dass man sich gegen San Antonio heute wenig Hoffnungen machen darf.

Das alles klingt grauenhaft trübsinnig, aber ganz ehrlich muss man sagen: Es ist kein Beinbruch! Dallas ist noch immer oben dabei in der Western Conference, Dirk dürfte noch während des Auswärts-Trips in die Mannschaft zurückkehren. Vermutlich war es sogar sehr vernünftig, dass man ihm eine längere Pause gegönnt hat. Jetzt, in der Mitte der Saison, kann man sich so eine Phase leisten. Später und vor allem in den Playoffs wäre eine Verletzung aber der Todesstoß. Ein Team, dass niemanden hat, der die Offense tragen kann, gehört da nämlich ganz und gar nicht hin.

Moment mal... niemanden? Haben wir nicht jemanden vergessen? Richtig, da war noch jemand. Einer wäre womöglich in der Lage, den Angriffsbemühungen auch im Falle einer dirk´schen Abwesenheit neuen Schwung zu verleihen. Einer, der sowohl gut werfen als auch zum Korb ziehen kann. Ihr wisst vermutlich alle, von wem ich rede... aber Näheres erzähle ich dann beim nächsten Mal.

Bis dann,

Hurtelknut