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Gründer: midget | Mitglieder: 94 | Beiträge: 41
17.06.2010 um 16:43 Uhr
Geschrieben von flandaman
El pipita - Eine Erinnerung
Gonzalo Gerardo Higuain hat es geschafft. Nicht Messi, nicht Ronaldo, "el pipita" hat den ersten Hattrick dieser Weltmeisterschaft erzielt.

Gonzalo Higuain

Argentinien hat in der Offensive phasenweise zelebriert und "el pipita" hat das gemacht, was er so oft schon gemacht hat: Oft unglücklich aussehen, viel gelaufen und am Ende doch getroffen.

Gonzalo Higuain ist auch die Erinnerung an alte Zeiten. Heutzutage muss ein Spieler fast alles mit und ohne Ball können. Ein Innenverteidiger ohne gute Spieleröffnung ist im Spitzenfußball kaum noch zu finden, ein defensiver Mittelfeldspieler muss kopfballstark sein und ein Spielmacher körperlich robust sein. Früher wurde man noch in die Verteidigung gestellt, weil man technisch zu schlecht war, in Zeiten des modernen Fußballs sind Allroundfähigkeiten auf allen Positionen gefragt. Es ist einfach kein Platz mehr für Rollenspieler.

Ein "Pippo" Inzaghi konnte eigentlich nie was. Kein technisch beschlagener Spieler, das Gegenteil von robust und schnell war er auch nicht. Bewegt hat er sich nur, wenn eine Torchance in Sicht war. Inzaghi wird froh sein, dass die Messung von gelaufenen Metern im Spiel erst zum Ende seiner Karriere eingeführt wurde, wahrscheinlich hätte er sich mit dem Torwart um den letzten Platz geschlagen. Obwohl er keine besonderen Fähigkeiten an den Tag legen konnte, hat er in seiner Laufbahn mehr als 300 Tore erzielt und ist vielen Fans aufgrund seiner Kaltschnäuzigkeit vor dem Tor in böser Erinnerung geblieben.

Der 23. Mai 2007 war so ein Tag. Das Finale der Champions League. Milan gegen Liverpool. Die Revanche für die Blamage von 2005. Die Mannschaft vom AC Mailand war damals schon überaltert und nicht wenige wunderten sich vor dem Spiel, dass Trainer Carlo Ancelotti statt Shootingstar Gilardino Filippo Inzaghi in der Startelf aufbot. Nichts könne dieser alte Mann, Gilardino bringe doch alles mit, was ein Stürmer braucht. Mit zwei Toren schoss er Milan zum Champions League- Sieg und strafte seine Kritiker Lügen. Es war der letzte große Auftritt von "Pippo" auf internationaler Bühne.



Die heutige Fußballwelt ist so kategorisiert und technologisiert, das Jugendspieler vom Typ Inzaghi durch's Raster fallen würden. Auf den verschiedenen Positionen werden nur noch Prototypen benötigt und das taktische Konzept hat einen immer höheren Stellenwert bekommen.

Die Weltmeisterschaft in Südafrika ist ein Exponat dieser taktischen Zwänge. Man hat sich international auf ein Konzept geeignet: 5-6 Spieler sind fast ausschließlich für die Defensivarbeit, ein defensiver Mittelfeldspieler und ein Außenverteidiger dürfen auch vorne mal vorbeischauen. Beim Pressing arbeiten alle bis auf der Mittelstürmer mit, die anderen offensiven sind sehr flink und technisch beschlagen. Alles ist irgendwie gleich und austauschbar geworden, die taktischen Varianten unterscheiden sich fast nur noch nach offensiver/defensiver Ausrichtung. Es gibt kaum noch Überraschungen und wenn ja, dann weil die favorisierte Mannschaften schlampig in der Chancenverwertung agiert hat.

Der besondere "Typ" Fußballer, der eigentlich nur eine Sache konnte, und die dafür richtig gut, wurde dem Systemfußball geopfert, weil er nicht zu berechnen war. Das macht die Weltmeisterschaft im Moment so langweilig: Alles weiß man vorher schon und kann sich deswegen hervorragend darauf einstellen. Mit der systemorientierten Ausbildung fand auch die Charakterentwicklung Einzug in die Nachwuchszentren. Es wird wert darauf gelegt, dass sich die Spieler bei Interviews wohl artikuliert ausdrücken und keine Schlagzeilen neben dem Platz machen. Der gewünschte Profi der Zukunft ist glatt und brav.

Wo bleiben die Baslers dieser Welt, die sich vor dem Eckball einen Hut aufsetzen? Wo sind die Podolskis, die das Wort 'Interviewtraining' noch nie gehört haben?

Sicherlich, der ein oder andere wird sich nicht erziehen lassen, aber das wird die Ausnahme bleiben. Die Charaktere, die diesen ganzen Profibetrieb unterhaltsam und sympathisch gemacht haben, werden von braven Messis abgelöst.

Ein Grund zur Trauer?

(Auch in meinem Blog nachzulesen.)
Aufrufe: 3705 | Kommentare: 7 | Bewertungen: 4 | Erstellt:17.06.2010
ø 6.3
KOMMENTARE
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mrpink27
30.06.2010 | 15:48 Uhr
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mrpink27 : @kimosch
30.06.2010 | 15:48 Uhr
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mrpink27 : @kimosch
Ob die Wahl des Weltfußballers da als Richtwert dienen kann?

bei solchen Abstimmungen geht es fast immer um Individualisten und Angreifer.

Ein Spieler wie Xavi wird so schnell nicht gewählt ist vielleicht der beste und einflussreichste (Einfluss auf das Spiel) Spieler auf der Welt. Nichts gegen Messi, aber Xavi ist für das Spiel von Barca von gleicher Bedeutung nur in anderer Position.

@flandaman
Da sind die Erwartungen an Barca, Spanien und andere immer groß. Aber auch solche Mannschaften haben Probleme mit z.B. defensiven, taktisch starken oder harten Teams. Man darf nicht in jedem Spiel die totale Dominanz und große Fußballkunst erwarten.
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mrpink27
30.06.2010 | 15:41 Uhr
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mrpink27 : 
30.06.2010 | 15:41 Uhr
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mrpink27 : 
'Ein "Pippo" Inzaghi konnte eigentlich nie was.'

Das ist ja offensichtlich falsch. Pippo konnte Tore machen. Und das in einer Zeit in der Tore machen die Aufgabe eines Stürmers war. Modern ist das nicht, heute machen verscheidene Spieler Tore und das ist auch gut so. Aber Pippo oder Ulf Kirsten haben diese besondere Begabung, dazu die Fähigkeiten die Tore so einfach wie möglich aussehen zu lassen, was sie mit Sicherheit nicht immer waren.
Das Vorurteil ein Inzaghi wäre nie gelaufen stimmt ja nicht, er musste immer an den möglichen Brennpunkten sein.

Auch heute kann man bei jungen Spielern das "Näschen" erkennen, nur wurden sie breiter ausgebildet. Ihnen wurde beigebracht nicht mehr nur auf Vorlagen und Abpraller zu waren sondern selbst defensiv zu arbeiten und auch ohne Ball für die offensiven Mitspieler zu laufen. Sie sind sehr aktiv nicht nur im Strafraum sondern auch im Spielaufbau.

Die systematische Ausbildung hat ja nichts mit dem Charakter der Spieler zu tun. Und uneingeschränkt austauschbar sind die Spieler auch nicht, denn Talent und Können ist immernoch entscheidend für die Positionierung auf dem Feld. Was richtig ist: es wird mehr verlangt als eindimensionale Spieler. Variabilität, Flexibilität und Bewegung im System ist wichtiger geworden (und wurde schon Jahrzehnte vor Inzaghi von großen Teams gezeigt). Trotzdem muss ein System so gewählt werden, dass sich die Stärken der Einzelnen multipizieren und das funktioniert weniger gut mit Podolski im Zentrum, Özil auf der 9 und Lahm in der Innenverteidigung.
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Realmadrio
18.06.2010 | 15:34 Uhr
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Realmadrio : 
18.06.2010 | 15:34 Uhr
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Realmadrio : 
Gonzalo Higuain hat jetzt vielleicht 3 mal abgestaubt, aber der Junge hat eine Technik, da ziehts euch die Kinnlade runter! und bei real madrid ist er nach ronaldo und drenthe der schnellste spieler im kader!

http://www.youtube.com/watch?v=5RCs9RmfAQc
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flandaman
17.06.2010 | 21:00 Uhr
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flandaman : 
17.06.2010 | 21:00 Uhr
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flandaman : 
Ich habe mich etwas falsch ausgedrückt. Individualität wird es immer geben, denn davon lebt der Fussball. Es gibt aber immer festere Vorstellungen von Positionen. Ein Stürmer mit Inzaghis Spielanlage wird es wohl nicht mehr geben, einen Außenstürmer á la Messi gibt es jetzt schon zuhauf.

Marin ist ein Spieler, der in der Jugendarbeit sehr beliebt ist. Man muss sich nur mal angucken, wie viele kleine Flügelflitzer es auf Topniveau gibt, die allesamt unter 25 sind. Marin, Silva, Messi, Mata, Nani, Pedro, dos Santos, di Maria, Walcott...

Dagegen stirbt der Typ Mittelstürmer langsam aus. Das Problem, dass wir keine vernünftigen Mittelstürmer in den deutschen U-Mannschaften haben, ist keineswegs selten. Ein Gerard Pique wäre vor 10 Jahren noch Stürmer geworden.

Worauf ich hinaus will: Es wird zu sehr auf Taktik geachtet, dadurch werden Spieler austauschbar. Genauso wird es kaum noch "Typen" geben, die werden durch die Konformität in der Jugendarbeit geglättet oder abgesägt.
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flandaman
17.06.2010 | 18:24 Uhr
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flandaman : 
17.06.2010 | 18:24 Uhr
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flandaman : 
Klar ist eine verbesserte Ausbildung richtig und hat viele Verbesserungen gebracht´, nur ist die Individualität dabei auf der Strecke geblieben. Es wird viel zu viel Wert auf Systeme in der Jugend gelegt, in der jeder mitmachen muss. Freiheiten gibt es kaum noch und damit wird der Fussball ausrechenbarer. Darunter litt Barcelona im Hinspiel gegen Stuttgart und im Halbfinale gegen Inter, genauso wie Spanien gestern gegen die Schweiz.

Es ist kein Wunder, dass Higuain den Hattrick und nicht Messi oder Tevez erzielt hat. Der ist kaum einzuschätzen und manchmal in seinem Phlegma gefangen, bis er eine kurze Explosion hat und einnetzt. Darauf kann man sich einfach nicht einstellen und deswegen hat ihn Maradona aufgestellt, obwohl Agüero oder Milito "bessere" Fußballer sind.
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