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Werder Bremen


Gründer: RedBull74 | Mitglieder: 145 | Beiträge: 29
Von: rudeloy
16.02.2015 | 2284 Aufrufe | 2 Kommentare | 4 Bewertungen Ø 10.0
Klaus hat einen Plan
Eine beinah wahre Geschichte
ein rudeblog

Der Blick schweift umher, findet viel, versteht noch mehr. Langeweile mehr Lebensgefühl als zwischenzeitliches Tief. Er hat schon immer mehr verstanden als andere, mehr gewusst als es je ein Lehrer hätte erahnen können. Kein Streber aus der ersten Reihe, mehr Rettungsanker von ganz hinten. Seine Blicke klebten nie an der Tafel, seine Ohren folgten den Worten des Paukers nur, weil sie es mussten. Die Zahlen auf seinem Zeugnis, nur Platzhalter für die ersten Errungenschaften in seinem Sparbuch. Dem einzigen Buch in dem Zahlen wirkliche Bedeutung hatten, in dem beim wiederholten Lesen neue Heldengeschichten zu finden waren.

Helden waren in der Nachkriegszeit nicht wirklich präsent. Es war kein leichtes Leben, seiner Familie ging es aber gut. Er wollte erst das Abitur und dann das große Geld machen. Das Unternehmen seines Großvaters eines Tages an die Spitze des Möglichen führen. Dieser Gedanke hielt den 10jährigen Klaus auf der Schulbank fest. Nichts war neu hier. Altes, staubiges Wissen, von dem er schon viel zu viel mit sich herumtrug. Sein fotographisches Gedächtnis machte Vieles einfacher, lies ihn aber auch nichts mehr vergessen. Fluch und Segen zugleich.

Zuhause war er viel allein. Allein mit sich und seinen Gedanken, seinen Plänen und Visionen. Er schrieb sie auf, nur um sie später in den Flammen des Kamins im Gästesaal wieder zu verbrennen. Jedes Wort, jede Silbe verschwand in der Hitze des Feuers. In seinem Kopf waren sie jedoch schon längst für die Ewigkeit gespeichert. Lange bevor sie überhaupt den Weg auf ein Stück Papier fanden. Seine Eltern waren viel zu beschäftigt, um zu sehen, was Klaus umhertrieb, zu realisieren, dass er kaum schlief. Gefangen in einem luftleeren Raum, gefüllt mit unauslöschlichen Erinnerungen. Er fühlte sich nicht wie ein kleiner Junge oder ein erwachsener Mann. Meist fühlte er gar nichts. Er war sich oft überhaupt nicht sicher, ob er Teil dieser Gesellschaft war oder nur Tourist aus einer völlig fremden Welt.

So sehr er sich selbst als leblos und gefühlsblind bezeichnen würde, Geschichtsunterricht schien noch einmal eine Steigerung dessen zu sein. All dieses Wissen, was die Lehrer in Richtung Klasse warfen, blieb einzig an ihm kleben. Es war wie Folter. Niemand wusste um seine Fähigkeit, seine Begabung alles behalten zu können. Seine Klassenkameraden gingen nach der Schule Fußballspielen oder halfen ihren Eltern bei der Arbeit. Die meisten waren besonders gut im vergessen. Manchmal wollte er so unbekümmert sein wie sie, doch nie vergaß er, dass er es nicht kann.

Doch an diesem Mittwochmorgen war es anders. Das Thema der letzten Stunde war das Königreich Großbritannien und Irland. Und es war bis zu diesem Mittwoch ermüdend und einschläfernd wie immer, doch heute ging es um einen ganz besonderen Konflikt zweier verfeindeter Landherren. Es war keine Geschichte aus den Geschichtsbüchern, von denen es in der ganzen Schule auch nur fünf Exemplare gab. Und nicht alle waren vollständig. Immerhin gab es seit Anfang des Schuljahres für jeden Schüler einen Stuhl. Vorher wurde in einer Art Schichtbetrieb durchrotiert. Ähnlich wie bei den Lehrern. Viele waren nach dem Krieg nicht übrig geblieben, es wurden im Schnellverfahren neue Leute ausgebildet und eingestellt. Daher kam es vor, wie an dem heutigen Tag, das auch im Unterrichtsstoff improvisiert wurde.

Lehrer Michels war Anfang der Dreißiger ins Königreich ausgewandert und hatte dort bei seinem Onkel gelebt und gearbeitet. Daher kannte er auch die Geschichte, die er den Kindern an diesem Morgen vortrug: Die zwei Landherren Sir Patrick George und Sir David Llyod Leinster waren bis aufs Blut verfeindet. Angefangen hatte es, wie immer, mit dem Werben um die Gunst einer Dame. Diese entschied sich nach mehrmaligem Hin und Her für Sir Leinster.

Mehrere Jahre und tiefstes Schweigen gingen ins Land bis sich eines Tages zwei Bauern am Grenzbereich beider Hoheitsgebiete in die Quere kamen. Als sich die beiden Landherren George und Leinster zur Beilegung des Konfliktes trafen, war auch die einst von beiden umworbene Lady Margret zugegen. George, der seine Frau vor ein paar Monaten durch die Schwindsucht verloren hatte, erkannte die sich ihm bietende Gelegenheit und nahm im verborgenen Kontakt zu ihr auf. George hatte gehört, dass Leinster seit einiger Zeit Probleme hatte seinen Mann zu stehen. Er wollte Margret von sich überzeugen.

Sir Leinster bekam dies mit, nahm sich seine Angetraute zur Seite und legte ihr nahe sich im Schlafgemach seines Rivalen einzufinden und ihm pikante Details zu entlocken. Er war vollkommen davon besessen George ein für alle Mal loszuwerden, seine Schwachpunkte auszuloten und schreckte nicht einmal davor zurück, seine eigene Frau als Lockmittel zu benutzen.

Lady Margret erfüllte nicht ganz uneigennützig den Wunsch ihres Ehegattens. Doch genau damit hatte George gerechnet. Er öffnete die Tür, hatte seinen Spaß und erzählte viel. Jedoch entsprach nichts davon der Wahrheit. Er streute Lügen, schuf falsche Tatsachen: Seine Männer werden übermorgen von Norden aus kommen und die Burg ihres Mannes erobern und niederbrennen. Und Sir Georges Männer kamen auch. Jedoch hatten sie sich schon Wochen vorher in den Wäldern des Südens gesammelt und dort gewartet. Leinster hatte keine Chance und wurde noch am selben Tag gehängt. Sir George nahm Lady Magret zur Frau und lebte bis ans Ende glücklich und mächtig, wie kein Mann zuvor aus seiner Familie.

Klaus imponierte diese Geschichte. Er wäre nie auf die Idee gekommen so vorzugehen. Zum ersten Mal in seinem Leben fühlte er so etwas wie Respekt und Bewunderung für jemanden, der nicht sein eigener Großvater war. Das Konzept, sich selbst zu stärken, einen Vorteil zu schaffen, in dem man den Gegner manipuliert und ihn in die Irre führt, fand er genial. Beeindruckt und geplättet verließ er nach Schulschluss, wie immer durch den Hintereingang, das Gebäude. Von dort kam er viel direkter nach Hause. Einziger Nachteil war die Wiese, die zwischen Schule und Straße lag und bei Regen nicht zu überqueren war. Schlechte Noten wären für seinen Vater eine Katastrophe gewesen, schmutzige Schuhe ein erneuter Krieg.

Aber an diesem Mittwoch, wie auch an den Tagen zuvor, schien die Sonne. Ein paar Knaben spielten auf der Wiese Fußball. Eigentlich nichts Ungewöhnliches. Doch diese vier Burschen hatten grün- weiße Shirts an und sprachen immer wieder von Werder und der benachbarten Hansestadt Bremen. Klaus brachte diese Abnormität der Dinge nun vollkommen aus dem Konzept und er blieb mit offenem Mund und trübem Blick mitten auf der Wiese stehen. War das alles echt oder nur der Beweis für seine Touristen-Hypothese. Und dann passierte es auch schon. Er spürte nur noch den Einschlag, konnte es zu keiner Sekunde kommen sehen. Der Fußball hatte ihn zentral im Gesicht getroffen. Klaus ließ sich fallen. Er hatte abslout keinen Schimmer davon was ihn erwischt hatte und wusste sich nicht anders zu helfen.

Der Geschmack von Eisen machte sich in seinem Mund breit. Er spürte Schmerz, wimmerte etwas vor sich hin. Und dann hielt er einen Moment inne und wiederholte seine Gedanken. Er spürte Schmerz. Er fühlte etwas. Zum ersten Mal in seinem Leben. Endorphine strömten durch seinen dürren Körper. Es war als hätte jemand heißes Öl in seine Gefäße gefüllt. Ein Brennen was nicht schmerzte. Es beflügelte. Jetzt war angekommen in dieser Welt. Kein unsichtbarer Junge mehr, der darauf wartet endlich abgeholt zu werden. Er war hier. Und weg, das wollte er seit diesem Tag nie wieder.

Im nächsten Moment kamen die Jungen, halfen ihm hoch, entschuldigten sich zig Mal, gaben ihm ein Taschentuch und zum Abschied eine kleine blecherne Dose mit dem Schriftzug Werder Bremen darauf. Sie war stark verbeult und ließ sich kaum noch öffnen. Doch Klaus freute sich so sehr, dass ihn all das nicht störte. Er verabschiedete sich und sprintete nach Hause.

Dort angekommen, wollte er seinem Vater von dem Erlebten berichten und stand mit begeisterungserfüllten Augen vor ihm im Lesezimmer. Sein Vater Alfred war in seine Zeitung vertieft und merkte zunächst nicht, dass sein Sohn den Raum betreten hatte. Als er es dann doch tat, die Zeitung auf den Schoss legte und mit vorwurfsvoller Miene Richtung Klaus guckte, wurde dem kleinen Jungen klar, dass sein Vater für so einen Unfug keine Zeit haben wird. Er begrüßte seinen Vater höflich, machte kehrt und ging in sein Zimmer. Dort lag er sich aufs Bett, starrte unter die Decke und machte die ganze Nacht kein Auge zu.

Immer wieder überlegt er, wie er den heutigen Tag verarbeiten sollte. Er kreierte und verwarf im Minutentakt Ideen und Konzepte. Und dann hatte er die Lösung. Nach wie vor beinhaltete es das Konzept des erfolgreichen Geschäftsmannes. Doch wenn er vermögend und einflussreich geworden ist, wollte er diesen Einfluss nutzen und ganz im Stil von Sir George eine List ausüben. Er schaute auf die Dose in der Hand, sah den Werder Bremen- Schriftzug und grinste in sich hinein. Eines Tages, Klaus-Michael Kühne, wirst du diesem Verein deinen Dienst erweisen. Dank dieser Burschen hast du dich zum ersten Mal in deinem Leben so wirklich lebendig gefühlt. Das wirst du ihnen nie vergessen. Das wirst du Werder nie vergessen.

Die Jahre gingen ins Land. Klaus machte sein Abitur und wurde einer der erfolgreichsten Logistikunternehmer weltweit. Er heiratete, wurde immer reicher, vergaß aber nie diesen einen Mittwoch, der sein Leben grundlegend verändert hatte. 2010 konnte er seine List dann endlich in die Tat umsetzen. Er erwarb Transferrechte an einigen Spielern des HSV, erkaufte sich Einfluss und machte dem Verein deutlich, dass er bereit wäre noch mehr zu investieren. 2012 beteiligte er sich maßgeblich an der Rückholaktion von Rafael van der Vaart, von der er ohne Zweifel überzeugt war, dass sie scheitern wird. In der Folge drängte er den HSV zur Restrukturierung des Vereins, platzierte seine Mitarbeiter in einflussreichen Positionen und gab medial immer wieder gerne Vollgas. Ende Januar 2015 erwarb er dann 7,5% der HSV Fußball AG und gab den Hamburgern den Volkspark zurück. Natürlich nicht aus Nächstenliebe. Er hatte Vertrauen und Zuspruch bei den Fans verloren. Mit dem Volkspark auf seiner Seite kommt er seinem Ziel, den HSV langfristig und fundamental zu schaden, immer näher. Doch wozu das alles? Für den Fußball. Für die Gerechtigkeit. Für den wirklich wahren, den einzigen Fußballverein in seinem Leben. Ja! Für Werden Bremen!

Rudeloy: Herr Kühne, vielen Dank, dass sie kurz Zeit für ein Gespräch haben. Nach dieser Wahnsinnsgeschichte sind natürlich viele Fans neugierig geworden. Erläutern sie doch noch einmal ihren Plan.

Klaus-Michael Kühne: Immer schön ihre Stimme zu hören, Herr Rudeloy. Sehr kompetenter Mann. Ich mache es kurz: Ich habe mich in die Rolle meines guten alten Freundes Sir George begeben: Um meine eigenen Ziele durchzusetzen, habe ich die des Gegners manipuliert und den ganzen Laden lahm gelegt. Sie glauben gar nicht, wie entsetzt der Beiersdorfer war, als ich ihm das alles vor einigen Tagen gebeichtet habe. Dem sind die Mundwinkel bis auf den Boden abgesackt. Die Praktikanten der Geschäftsstelle suchen die heute noch (lautes Lachen).

Rudeloy: Das ist natürlich ein starkes Brett gewesen. Fürchten sie keine rechtlichen Konsequenzen oder einen wütenden Mob HSV Fans vor Ihrem Haus in der Schweiz?

KMK: Wissen sie, die meisten Anhänger dieses Vereins finden gerade mal so den Weg ins Stadion und haben Hamburg nur im Sonderzug zu den Auswärtsspielen verlassen. Rechtliche Konsequenzen wird und kann es nicht geben. Das darf man gerne versuchen, aber wenn ich und mein Geld sich zurückziehen, gehts im Sonderzug zum Nordderby gegen Bremen II und Eintracht Norderstedt. Ohne mich läuft in dem Laden doch nur noch das Urinal.

Rudeloy: Letzte Frage: Was in Zukunft geplant? Werden sie Werder auch die ein oder andere Mark zuschieben?

KMK: Nein. Mein Handeln ist allein auf den HSV fokussiert. Die Leute bei Werder sind intelligent genug und haben Fußballsachverstand ohne Ende. Die lassen nichts anbrennen. Zumindest nicht bei den Hähnchen (lautes Lachen). Was den HSV angeht: Da werde ich mich erst einmal raushalten und genießen. Ein Abstieg ist in den nächsten Jahren nicht geplant. Ich möchte mir das Elend und die platzenden Träume gerne noch etwas angucken. Und in Europa habe ich den HSV auch noch nicht verlieren sehen. So. Der Hubschrauber wartet. Putin lädt zum Brunch. Wir hören uns Herr Rudeloy. War wie immer ein inspirierendes Gespräch.

Diese Geschichte ist zum Teil frei erfunden, zum Teil nicht wahr. Die Wahrheit liegt in der Mitte. Aber meistens auf dem Platz. Es grüßt Ihr rudeloy.

ø 10.0
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KOMMENTARE
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poki244
18.02.2015 | 23:26 Uhr
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poki244 : Großartig!!
18.02.2015 | 23:26 Uhr
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poki244 : Großartig!!
Sehr gut geschrieben!
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Der_Typ
17.02.2015 | 01:37 Uhr
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Der_Typ : 
17.02.2015 | 01:37 Uhr
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Der_Typ : 
Schoener Blog! Habe ich direkt nach deinem "Blog" im Blogpokal gelesen. Und ich gebe dir recht, dieser Blog waere gegen den von Broich "verschwendet" gewesen. In der Werder-Gruppe findet er hoffentlich mehr Beachtung.
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