Wer den Blogpokal in den letzten drei Wochen intensiv verfolgt hat, wird mitbekommen haben, dass ich höflichst genötigt wurde, an dieser Stelle über meinen gerade beendeten USA-Trip zu berichten. Nur zu gerne komme ich dieser Bitte nach. Jetzt nehmt aber bitte endlich die verdammte Knarre weg ...
Was zuletzt geschah:
Der 1. FC Köln hatte den Aufstieg in die höchste deutsche Fussball-Liga denkbar knapp verpasst, weshalb sich nach dem 33. Spieltag der Autokorso auf den Kölner Ringen in Summe exakt auf mein eigenes Fahrzeug beschränkte.
Ich wäre durchaus in eine emotionale Bedrouille geraten, hätte sich der effzeh auf dem Relegationsplatz behauptet und zwei weitere Spiele bestreiten müssen. Da das nicht der Fall war, stand meiner Reise nichts mehr entgegen. Meinen USA-Urlaub hatte ich ohnehin zu einer Zeit geplant, als der effzeh glücklich und zufrieden (ähem!) im Mittelfeld sein trauriges Dasein fristete.
Mit der frühen Gewißheit, mich auf ein weiteres Jahr 2. Liga einstellen zu dürfen, plante ich meinen Abflug am Pfingstmontag bei dreiwöchigem Aufenthalt in den Staaten. Die Tage zuvor nutzte ich akribisch, um anhand von Fernsehzeitschriften meinen Festplattenrekorder genau zu programmieren: die NBA Finals, zwei Formel-1-Rennen, das Champions League Finale, die Relegationsspiele für die 1. Liga sowie einige Spielfilme und Serien. In Summe nach meiner Rechnung rund 160 Stunden. Der Rekorder fasst über 200 Stunden. Passt.
Koffer. Taxi. Flüge. Ankunft. LAS VEGAS!
Las Vegas. Eine Stadt, die niemals schläft. Eine Stadt, voll von Gigantismus. Eine Stadt, in der Du wirklich alles machen kannst. Poker spielen. Sich zwei Kreditkarten an einem Tag sperren lassen. Oder zum Beispiel das Champions League Finale schauen. Überall. Dachte ich zumindest. Damit lag ich falsch. Dieses Spiel, von dem ganz Deutschland rund-um-die-Uhr im Vorfeld gesprochen hat, fand in Las Vegas quasi nicht statt. Kein Fernsehsender übertrug die Partie. Keine Location machte ein Event daraus. Doch - genau eine. Das Hofbräuhaus.
In der Tat gibt es ein Hofbräuhaus in Las Vegas. Die Telefonleitung unter 853-BEER war dauerhaft belegt, online konnte ich aber problemlos unter hofbrauhauslasvegas.com reservieren. Dieses Highlight war damit schon einmal gesichert. Am Final-Samstag war ich um 10.30 Uhr morgens vor Ort (19.30 Uhr unserer Zeit). Also genau die richtige Zeit für das erste Bier. So meine weise Analyse. Am Eingang nannte ich meinen Namen und bekam die prompte Erwiderung, dass auf meinen Namen keine Reservierung vorliegen würde. Was ja nicht sein konnte. Weshalb ich die schwarzhäutige Dame im Dirndl bat, noch einmal im System nachzuschauen. Dort fand sie mich direkt. Mit meiner Online-Reservierung. Für den 26. Mai. Also für den morgigen Sonntag.
Wenn es schon keine Chance für mich gab, das Spiel der Spiele live zu sehen, so beschloss ich zu probieren, allen Informationen rund um Bayern-Dortmund aus dem Weg zu gehen, mich in Bezug auf Sport in Deutschland einzig bei effzeh.com zu informieren und die Begegnung sowie alle anderen interessanten Sportereignisse drei Wochen später auf meinem Fernseher zuhause "re-live" zu schauen. Das sollte doch klappen, dachte ich mir. In den USA gab es schließlich de facto nur Football, Eishockey, Basketball und Baseball. Überraschend guter Dinge zog ich von dannen. Ich hatte nicht nur einen weiteren cleveren Entschluss gefasst, sondern auch das Hofbräuhaus vermieden.
Stattdessen machte ich einen Ausflug und landete hierbei am Nachmittag am Hoover Damm, einem Weltwunder der Technik aus den 1930er Jahren. Dieses war genau der richtige Platz, um meine mitgebrachte FC-Fahne erstmals für ein Foto in Position zu bringen. Vier freundliche Besucher der Talsperre boten sich direkt an, mich mit meiner Kamera zu fotografieren. Sie sprachen in deutscher Sprache. "Hast Du unseren Sieg gesehen?", fragte der Typ im Bayern-Trikot. "Boah, 2:1 durch Robben in der Neunundachtzigsten. Wir hatten uns schon auf Verlängerung eingestellt.", sprach er weiter. Seine Freundin ergänzte: "Wir wollten das zwar alle sehen, aber er nur natürlich besonders. Wir kommen nämlich eigentlich alle aus Mönchengladbach."
Der Rest lief wie der Abspann eines Horrorfilms an mir vorbei. Bayern-Fan. Aus Mönchengladbach. Im Nichts zwischen Arizona und Nevada. Die Partie war seit nicht einmal einer Stunde aus - und die vier hatten es in einer Kneipe in einem kleinen Kaff gesehen. 2:1 für Bayern. Super. Ich war dabei.
Ein paar Tage später war ich dann in San Antonio, Texas. Dort wartete eines der ganz großen Highlights auf mich. Ich hatte eine Karte für das NBA Conference Final zwischen den San Antonio Spurs und den Memphis Grizzlies. Das nennt man wohl "once in a lifetime". Die Spurs dominierten die Serie, gewannen beide Auswärtsspiele, gewannen direkt die beiden folgenden Heimspiele. Es war also das, was die Amerikaner einen Sweep nennen. Vier zu null. Die San Antonio Spurs standen in den NBA Finals. Meine Karte war für Spiel Fünf.
Sonntagmorgen. Mein letzter Tag in San Antonio. Wie würde wohl das Wetter werden? Es gab am Abend zuvor Berichte über mögliche Thunderstorms. Ich schaltete irgendein Fernsehprogramm ein. "Nico Rosberg has done it. An historic win in his hometown of Monte Carlo. Vettel in second place. A stunning race for these young Germans.", waren die erste Worte des ABC-Sprechers. Meine ersten Worte blieben aus. Noch vor der Siegerehrung schaltete ABC in die Werbung. Immer die richtigen Entscheidungen treffend entschloss ich mich, mir dann doch zumindest die Nachberichterstattung anzuschauen, welche direkt im Anschluss beginnen würde. Ende der Werbung. Zu sehen: eine Morgenandacht aus irgendeiner Kirche. ABC hatte an den Regionalsender zurück geschaltet. Weitere Formel-1-Bilder? Fehlanzeige.
Vergangene Woche. Donnerstag. Was war das doch für ein Schnäppchen! Für grad mal 50 Dollar konnte ich von Houston nach New York fliegen. Ich hatte natürlich sofort gebucht - und dabei übersehen, dass genau während der Flugzeit das erste NBA Finale stattfinden würde. Noch in Houston hatte ich mich vergewissert, zu welcher Zeit es nachts im TV eine Wiederholung des Spiels geben würde. Clever wie ich bin. Ich gratulierte mir selbst. Abflug. Landung in New York City. Der Pilot spricht: "Welcome to JFK. It's a bit cloudy with 70 degrees Fahrenheit. For those who are interested: Spurs beat the Heat 92-88."
Wieder in Deutschland angekommen, wunderte ich mich Montagfrüh nicht mehr darüber, dass mir bereits am Kofferband auf der Anzeige als Allererstes entgegen schlug, dass Miami Heat das zweite Finale gewonnen und dass Sebastian Vettel seinen Kanada-Fluch besiegt hatte. War ja irgendwie klar. Auf der Taxifahrt nach Hause überlegte ich, was ich denn eigentlich auf dem Festplattenrekorder aufgenommen hatte, womit ich mich noch selbst überraschen konnte. Dann fiel es mir ein: wie war das eigentlich mit Hoffenheim und Kaiserslautern ausgegangen? Ich hatte keine Ahnung und gab mir eine verdiente High Five.
Nachdem die Koffer im Wohnzimmer waren, galt mein erster Griff der Fernbedienung. Festplattenrekorder einschalten. Eine Warnung. Die Festplatte war voll. Irritiert schaltete ich ins Menü. Zwei Positionen tauchten auf. Beide vom 23. Mai. Nummer Eins: das Relegationshinspiel. Ich klatschte mir innerlich Beifall. Die zweite und letzte Position war aber mehr als 210 Stunden lang! Offenbar hatte ich diese Sendung vollkommen falsch programmiert. Aber was war das? Ich schaltete ein. Es war die erste Folge der neuen ARD-Serie "Die Klugscheisser".
Mein letzter Gedanke vor der Ohnmacht war: "gerosimo Null - Karma Eins."
Beide Texte sind hervorragend geschrieben. Beide schaffen es, den Leser zu binden und ihn mitzureißen. Beide gehen dabei völlig unterschiedlich vor. Voegi eher emotional, melancholisch, leise, flüsternd. Gero eher schwungvoll, rappelnd, laut, am Arm packend. Beide Stile sprechen mich sehr an auf beide Stile hätte ich auch im Finale große Lust.
Aber nun muss ja hier eine Entscheidung getroffen werden. Ich verlasse mich jetzt einfach auf mein Bauchgefühl. Da ich zwar auch laut und rappelnd mag, aber dennoch auch sehr gerne mal etwas in Moll lese (wobei es ja nicht wirklich Moll ist, eher Mollchen) und sein Blog mich aus persönlichen Gründen erwischt hat (die beschriebene Saison war eine meiner ersten Spielzeiten, die ich mit meinem Vater im Stadion erlebt habe), geht meine Stimme an Voegi. Gero möge es mir verzeihen.
Elvis: Wieso ist das denn schon klar, Voegi?
Ich lasse trotzdem mal meine Stimme hier ;)
gerosimo steht im finale. und mit was? mit recht!
von daher ehrlich gemeinter glückwunsch, gero. hast du dir verdient!
gnanag vs. gerosimo - das ist ein super finale. freu mich drauf!!
@Emma2012:
Mich freut besonders, dass Du diesen Text auch mit meinen bisherigen Beiträgen im diesjährigen Blogpokal in Verbindung bringst. Es war mein Ziel, einen komplett anderen Blog zu schreiben und auch diejenigen, die in der Vergangenheit schon Einiges von mir gelesen haben, zu überraschen.
@ausLE:
Die Urlaubsgeschichte kann nicht wahr sein?
Try walking in my shoes ...
Ein erheblicher Teil hat sich tatsächlich so zugetragen wie ich es geschrieben habe. Insbesondere der Teil mit dem Champions-League-Finale stimmt bis auf nebensächliche Details. Tatsächlich konnte ich bis heute keine einzige Sequenz von dem Match des Jahres (aus obigen Gründen) sehen.
... und der effzeh darf wieder in die Pfalz? Ist der 1. FC Köln wegen seiner tollen Fans etwa doch noch nachträglich in die Erste Bundesliga zwangsaufgestiegen?
Das 2. Halbfinale versprach auch genau meinen Wünschen/Vorstellungen. Wiedermal der Effzeh gegen die großen Bayern. Wie in früheren Jahren. Und jetzt wieder, aber nun hier im Blog-Dings und auf einem hohen Niveau
Auf der einen Seite, der Spox-Chef, der Blogger, der uns die Liga lehrt, mit einem Plädoyer für das Fan sein Als Bayernfan in Köln lebend, das muss echt spannend sein
Und auf der anderen Seite, Gerosimo, die Franziska oder Constanze oder wie auch immer, mit einer Urlaubsgeschichte, die gar nicht wahr sein kann. So viele Zufälle kann es doch nicht geben.
Beides überragend geschrieben. Umso schwerer fällt es sich zu entscheiden.
Danke für das Duell, Gero und Voegi!!
Meine Stimme geht an: gerosimo
@gero: du weißt hoffentlich, daß nächste Saison der Effzeh wieder in die Pfalz muss
Ach ja, Edith wollte sich auch entschuldigen Dich genötigt zu haben
Diesen habe ich aber mehr als einmal gelesen und mich immer wieder gut unterhalten gefühlt.
Lustig, clever und selbstironisch geschrieben, danke!
Deshalb bleibt meine Stimme hier.
P.S. Und nebenbei ganz schön vielseitig der Herr. Schöne Entwicklung.
Als Anmerkung: soviel Pech kann man doch gar nicht haben... ich muss immer noch lachen
Aber ich meine, wir sind doch nicht bei der Pokalauslosung bei der ARD
Das ist ein Skandal!
So lange die Jury keine Lyse schreibt, sollte man auch abstimmen können.
Glaube, jetzt steht es 6:13 für gero
Für wen der Gartenzwerg gestimmt hat, soll jemand anderes übersetzen