Die ungeschönte Wahrheit
Ein Tag in Fußballdeutschland
Mittwochvormittag in der Innenstadt von Warschau
Im achten Stock eines Büro-Komplexes aus alten sozialistischen Zeiten befinden sich die Räume einer einschlägig bekannten Sportagentur. Zwei Männer sitzen im Beratungsraum und schauen sich Videos von 12-jährigen Nachwuchsfußballern an.
Die Sekretärin kündigt an, dass Aki auf dem Weg ins Zimmer ist. Aki, dieser in der Kohlengrube gestählte Vertreter des kleinen Mannes, führt seit Jahren erfolgreich einen Underdog-Ruhrpott-Klub, der sich als germanisch-gallisches Dorf im Ballettschuhfußball Europas etabliert hat.
Doch wer Aki ist, wussten die beiden Herren in ihren C&A-Anzügen bereits. Ihr wichtigster Klient Robert spielt seit geraumer Zeit für Akis Ballsportverein und verdient trotz guter Leistungen immer noch eine Handvoll Zloty, für die man nicht einmal im Nachkriegspolen einen Lada mit Vollausstattung bekam.
Die Tür öffnet sich und Aki walzert gelenk in den Raum, breites Grinsen eingemeißelt, Händedruck wie Schraubstock. Doch davon lassen sich die augenscheinlichen Nachfahren von berüchtigten Cosa-Nostra-Familien nicht beeindrucken. Sie kommen schnell zum Punkt: "Unser Mandant hat lange genug die Kohlegruben für Euch leer geschaufelt, jetzt ist Schluss mit polnischer Schwarzarbeit."
Geradezu sammeresk unterbricht Aki mit runzelnder Stirn die beiden Herren. "Hört mal zu. Wir haben jeden Cent aus unseren Aktionären gepresst. Seid lieber dankbar, dass wir so viele Gastarbeiter beschäftigen. Robert spielt jedes Wochenende vor 80.000 Volltrunkenen und sollte unsere Liebe zu schätzen wissen." Ihm wird harsch entgegnet: "Uns interessieren nur die großen Scheine. Robert wechselt im Sommer. Ich möchte mir einen neuen Landsitz kaufen und brauche die Provision. Was Ihr wollt oder was der Spieler will, spielt...äh...keine Rolle." Aki steht auf, tituliert seine Gegenüber als "übles Pack" und verlässt mit Effenberg-Geste den Raum.
Zwei Stunden später in München
Im Vereinsgebäude an der Säbener Straße sitzt der Fußballmanager Uli H. und isst seine vierte Bratwurst zum Mittag. Plötzlich schreckt er auf und spritzt sich Sauce aufs Hemd. Das rot-blaue Telefon klingelt. Am anderen Ende meldet sich eine Stimme: "Deal geht über die Bühne". "Das ist sehr erfreulich", entgegnet Uli. Der Gegenüber fährt in denglisch-polnischem Slang fort: "Wir hätten auch noch billige, osteuropäische Spieler in der Kartei. Wären Sie interessiert?" "Äh...mh...ja, warum nicht..." Vorsorglich beendet Uli das Gespräch.
Er wendet sich wieder seiner Bratwurst zu. Als Uli hinein beißen möchte, springt die Tür auf und sein französischer Flügelflitzer Franck steht auf einmal im Raum.
"Was ist denn?"
"Monsieur, Chef...öh...ich habe eine petit problème".
"Ich hoffe, du warst nicht schon wieder im falschen Bordell!"
"Nein, nein, das mache nicht mehr...so oft...äh...ich habe mir verletzt." Ulis Gesicht beginnt sich rot einzufärben, seine Beine sind bedrohlich unterdurchblutet. "Sei ruhig, geh zum Müller-Wohlfahrt. Und lass mich in Ruhe."
Er ist wieder für sich. Es geht weiter. Er und die Bratwurst. Uli setzt an, führt die Wurst in Richtung Mund, da läutet eine Jamba-Melodie Jahrgang 2003. Er geht ans Mobiltelefon, sein Kumpel Kalle ist dran.
"Hey Du, das mit dem Polen-Bomber klappt erst einmal nicht."
"Kann nicht sein, habe bereits die Info vom Berater."
"Der hat Dich anscheinend verarscht. Sag mal, hast Du zufälligerweise eingewilligt, dass wir ein Dutzend polnische Spieler kaufen."
"Nö, was soll der Mist?"
"Mir wurde gerade mitgeteilt, dass wir die Mannschaft von Legia Warschau gekauft haben."
"......."
Wütend und außer sich macht Uli das rote Rumpelstilzchen und fällt schlussendlich vom Chefsessel. Die Bratwurst steckt in der falschen Körperöffnung. Es brüllt durch die Geschäftsräume: "I werd noch narrisch..."
Zur gleichen Zeit in München
Im Redaktionsraum eines hier nicht namentlich genannten Online-Mediums sitzen sechs Journalisten und spielen eine Echtzeitpartie FIFA 2013 über LAN. Da kommt der Chefredakteur herein und fragt, ob sie nicht wieder an die Arbeit gehen wollen. "Nö. Der Praktikant kümmert sich heute um den Ticker. Alles easy", erwidert einer. "Ach, macht doch Euren Dreck alleine", raunzt der Redaktionsleiter zurück. Nach dem die Partie mit 18:13 endet, raufen sie sich auf, schütteln die Pizzakrümel vom Hemd und gehen wieder an die Arbeit.
Zuerst checken sie kollektiv andere Newsportale nach Neuigkeiten. bild.de...nichts...sportbild.bild.de...nichts...kicker.de...nichts. Plötzlich kommt die Meldung über den Äther, dass ein deutscher Fußballguru wutentbrannt durch Warschau lief und schrie, er möchte "Echte Liebe".
Acht Minuten später erscheint die Meldung: "Fix! Lothar Matthäus in Warschau, übernimmt die Stelle des Nationaltrainers"
Alle Ähnlichkeiten mit lebenden Personen, Unternehmen und realen Handlungen sind rein zufällig.
Im achten Stock eines Büro-Komplexes aus alten sozialistischen Zeiten befinden sich die Räume einer einschlägig bekannten Sportagentur. Zwei Männer sitzen im Beratungsraum und schauen sich Videos von 12-jährigen Nachwuchsfußballern an.
Die Sekretärin kündigt an, dass Aki auf dem Weg ins Zimmer ist. Aki, dieser in der Kohlengrube gestählte Vertreter des kleinen Mannes, führt seit Jahren erfolgreich einen Underdog-Ruhrpott-Klub, der sich als germanisch-gallisches Dorf im Ballettschuhfußball Europas etabliert hat.
Doch wer Aki ist, wussten die beiden Herren in ihren C&A-Anzügen bereits. Ihr wichtigster Klient Robert spielt seit geraumer Zeit für Akis Ballsportverein und verdient trotz guter Leistungen immer noch eine Handvoll Zloty, für die man nicht einmal im Nachkriegspolen einen Lada mit Vollausstattung bekam.
Die Tür öffnet sich und Aki walzert gelenk in den Raum, breites Grinsen eingemeißelt, Händedruck wie Schraubstock. Doch davon lassen sich die augenscheinlichen Nachfahren von berüchtigten Cosa-Nostra-Familien nicht beeindrucken. Sie kommen schnell zum Punkt: "Unser Mandant hat lange genug die Kohlegruben für Euch leer geschaufelt, jetzt ist Schluss mit polnischer Schwarzarbeit."
Geradezu sammeresk unterbricht Aki mit runzelnder Stirn die beiden Herren. "Hört mal zu. Wir haben jeden Cent aus unseren Aktionären gepresst. Seid lieber dankbar, dass wir so viele Gastarbeiter beschäftigen. Robert spielt jedes Wochenende vor 80.000 Volltrunkenen und sollte unsere Liebe zu schätzen wissen." Ihm wird harsch entgegnet: "Uns interessieren nur die großen Scheine. Robert wechselt im Sommer. Ich möchte mir einen neuen Landsitz kaufen und brauche die Provision. Was Ihr wollt oder was der Spieler will, spielt...äh...keine Rolle." Aki steht auf, tituliert seine Gegenüber als "übles Pack" und verlässt mit Effenberg-Geste den Raum.
Zwei Stunden später in München
Im Vereinsgebäude an der Säbener Straße sitzt der Fußballmanager Uli H. und isst seine vierte Bratwurst zum Mittag. Plötzlich schreckt er auf und spritzt sich Sauce aufs Hemd. Das rot-blaue Telefon klingelt. Am anderen Ende meldet sich eine Stimme: "Deal geht über die Bühne". "Das ist sehr erfreulich", entgegnet Uli. Der Gegenüber fährt in denglisch-polnischem Slang fort: "Wir hätten auch noch billige, osteuropäische Spieler in der Kartei. Wären Sie interessiert?" "Äh...mh...ja, warum nicht..." Vorsorglich beendet Uli das Gespräch.
Er wendet sich wieder seiner Bratwurst zu. Als Uli hinein beißen möchte, springt die Tür auf und sein französischer Flügelflitzer Franck steht auf einmal im Raum.
"Was ist denn?"
"Monsieur, Chef...öh...ich habe eine petit problème".
"Ich hoffe, du warst nicht schon wieder im falschen Bordell!"
"Nein, nein, das mache nicht mehr...so oft...äh...ich habe mir verletzt." Ulis Gesicht beginnt sich rot einzufärben, seine Beine sind bedrohlich unterdurchblutet. "Sei ruhig, geh zum Müller-Wohlfahrt. Und lass mich in Ruhe."
Er ist wieder für sich. Es geht weiter. Er und die Bratwurst. Uli setzt an, führt die Wurst in Richtung Mund, da läutet eine Jamba-Melodie Jahrgang 2003. Er geht ans Mobiltelefon, sein Kumpel Kalle ist dran.
"Hey Du, das mit dem Polen-Bomber klappt erst einmal nicht."
"Kann nicht sein, habe bereits die Info vom Berater."
"Der hat Dich anscheinend verarscht. Sag mal, hast Du zufälligerweise eingewilligt, dass wir ein Dutzend polnische Spieler kaufen."
"Nö, was soll der Mist?"
"Mir wurde gerade mitgeteilt, dass wir die Mannschaft von Legia Warschau gekauft haben."
"......."
Wütend und außer sich macht Uli das rote Rumpelstilzchen und fällt schlussendlich vom Chefsessel. Die Bratwurst steckt in der falschen Körperöffnung. Es brüllt durch die Geschäftsräume: "I werd noch narrisch..."
Zur gleichen Zeit in München
Im Redaktionsraum eines hier nicht namentlich genannten Online-Mediums sitzen sechs Journalisten und spielen eine Echtzeitpartie FIFA 2013 über LAN. Da kommt der Chefredakteur herein und fragt, ob sie nicht wieder an die Arbeit gehen wollen. "Nö. Der Praktikant kümmert sich heute um den Ticker. Alles easy", erwidert einer. "Ach, macht doch Euren Dreck alleine", raunzt der Redaktionsleiter zurück. Nach dem die Partie mit 18:13 endet, raufen sie sich auf, schütteln die Pizzakrümel vom Hemd und gehen wieder an die Arbeit.
Zuerst checken sie kollektiv andere Newsportale nach Neuigkeiten. bild.de...nichts...sportbild.bild.de...nichts...kicker.de...nichts. Plötzlich kommt die Meldung über den Äther, dass ein deutscher Fußballguru wutentbrannt durch Warschau lief und schrie, er möchte "Echte Liebe".
Acht Minuten später erscheint die Meldung: "Fix! Lothar Matthäus in Warschau, übernimmt die Stelle des Nationaltrainers"
Alle Ähnlichkeiten mit lebenden Personen, Unternehmen und realen Handlungen sind rein zufällig.
ø 6.3
KOMMENTARE
Um bewerten und sortieren zu können, loggen Sie sich bitte ein.
23.05.2013 | 07:43 Uhr
-1
Eigentlich nicht. Aber du kannst sie gerne Fragen, ob sie es als Stimme gezählt haben wollen. Sie müssen sie eindeutig ausdrücken. Dann bekommst du die Punkte. Sag ihnen ruhig, dass sie im Blogpokal willkommen sind
2
22.05.2013 | 00:34 Uhr
0
Ecko :
Auf ein gutes Triell!Ich hoffe, PatS3l13 und ZioN zählen auch als Stimmen für mich
0
21.05.2013 | 23:36 Uhr
0
gerosimo :
Lothar Matthäus hat keine Ähnlichkeit mit Lothar Matthäus? Was für ein Zufall ... 
Auf ein gutes Triell!
0
21.05.2013 | 17:15 Uhr
0
Emma2012 :
Schöne Ironie.... gefällt mir gut. Das Level ist jetzt ordentlich hoch!
Aaaaber: Mir gefällt ein anderer Beitrag besser. Und dort lass ich jetzt gleich auch meine Stimme.
0
21.05.2013 | 15:14 Uhr
-2
Schwanke noch zwischen dir und Gero. Muss nochmal nachdenken. Und verkünde dann meine Punkte
0
21.05.2013 | 12:01 Uhr
-1
Schnumbi :
ganz ganz große klasse Ecko. So gefällt mir Blogpokal. Du hast meinen Humor 1A getroffen.So alle Blogs dieser Runde gelesen. Für mich bist du der Gewinner.
Humor, Schreibstil alles passt. Daher Stimme ich für Ecko.
0
21.05.2013 | 09:52 Uhr
0
PatS3l13 : 10/10
Ganz klar eine 10!!! Habe mich, im wahrsten Sinne des Wortes, köstlich amüsiert!
0
20.05.2013 | 14:18 Uhr
0
Ecko :
Mein Viertelfinalbeitrag. Er unterscheidet sich augenscheinlich vom Achtelfinal-Text. Ich wünsche meinen Gegnern Gerosimo und Königsklasse viel Erfolg. Auf ein gutes Triell!
0
COMMUNITY LOGIN
Statistik
Neueste Kommentare
ich stimme für ecko !!!