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Ligue 1


Gründer: lalaland | Mitglieder: 24 | Beiträge: 12
26.12.2010 um 15:24 Uhr
Geschrieben von funkbarrio
Docteur Jekyll&Monsieur Zidane
Es ist der Abend des 9. Juli 2006. Auf den Straßen ein Heer von Menschen. Das letzte Mal Public Viewing, das letzte Mal zu Gast bei Freunden, das letzte Mal Zidane. Auf dem Rasen im Berliner Olympiastadion läuft bereits die zweite Hälfte der Verlängerung. Es laufen die letzten Minuten eines einmonatigen Fußballfestes, das den Deutschen die zuckersüße Illusion des Nationalstolzes, der Vereinigung, der Verneigung anderer Nationen vor ihrer Gastfreundlichkeit geschenkt hat. 107 Minuten läuft Zidane bereits seinem großen Traum, seinem zweiten WM-Titel hinterher. Doch in der 109. Spielminute trabt er zurück, bleibt stehen und dreht sich abseits aller Blicke um. Die Kamera zeigt einen italienischen Spieler auf dem Boden. "Typisch Italien" denkt die gesamte Fußballwelt. Die Wiederholung zeigt ein anderes Bild. Die Szene trifft die Zuschauermengen genauso unvermittelt wie kurz zuvor Zidanes Kopf die Brust Materazzis. "Pas ça, non, pas ça, Zinedine!" Die französischen Kommentatoren sind fassungslos, verlieren mit einem Mal alle Zuversicht. Buffon sprintet zum vierten Offiziellen, der Schiri geht zum französischen Spielmacher und Zidane schleicht in die Kabine. Vorbei am Pokal verschwindet die Nummer 10 gesenkten Hauptes langsam in den Katakomben.

Im Schatten der Lichtgestalt

Die ganze Welt wundert sich und spekuliert über diesen Vorfall. Die Aktion passt nicht zu dem größten Fußballspieler der letzten zehn Jahre. Dieser schüchterne Ästhet, der den Ball streichelt und selbst gegnerische Fans verzaubert. Der Liebling aller Franzosen, der immer die Leistung der Mannschaft in den Vordergrund stellt, sehr ruhig und leise spricht und seine Heldentaten mit einem fast verlegenen Lächeln kleinredet. Der 108fache Nationalspieler, dreimalige Weltfußballer . Es passt auch nicht in das Bild des liebevollen Familienvaters, der in der Welt der Popstars des Fußballs so bodenständig wirkt. Aber passt diese Aktion wirklich so rein gar nicht?

Sie passt sogar sehr gut, wenn man der unauthorisierten Biographie "Zidane, une vie secrète" ("Zidane, ein geheimes Leben") Glauben schenken mag. Die umstrittene Autorin Besma Lahouri erwähnt neben den 14 roten Karten in 17 Profijahren auch den enormen Druck und einen Streit mit seiner Frau Veronique am Vorabend des Finals. Außerdem kommt sie auf die Tatsache zurück, dass Zidane nicht, wie normalerweise nach einem Platzverweis für eine Tätlichkeit, nach dem Spiel zur Dopingkontrolle gebeten wurde. Das Dopingthema ist ein ständiger stiller Begleiter von Zidanes Karriere. Noch als Spieler bekennt er sich der Einnahme von Kreatin während seiner Zeit bei Juventus Turin für schuldig. Einem Stoff für den schnelleren Muskelaufbau, der aber nicht auf der offiziellen Doping-Liste steht. Viel heikler sind da die hartnäckigen Gerüchte, dass Zidanes Name auf einer bestimmten Liste eines spanischen Arztes namens Eufemiano Fuentes steht.
Das Manuskript des kritischen Buches wird dem Verleger und der Lektorin angeblich gestohlen. Die Biographie wirft auch sonst einen kritischen Blick auf das "System Zidane". Es ist die Rede von seinem konstruierten Image, der Bedrohung von allzu kritischen Journalisten, der Omerta der franz. Presse am Denkmal zu rütteln, von Seitensprüngen undder totalen Abschottung durch seinen Familienclan. Dabei mag vieles irrelevant sein, vielleicht sogar unwahr, es zwängen sich trotzdem Fragen auf: Wie kann es sein, dass solch eine Mischung aus Fakten und Gerüchten an der Wahrnehmung Zidanes abperlt? Wie ist es möglich, dass ein Spieler nach dem Kopfstoß als Held gefeiert wird und von einem großen Teil der Bevölkerung Zuspruch erntet? Wie wurde aus einem schüchternen jungen Mann mit frühzeitigem Haarausfall, die unumstrittene Lichtgestalt des Weltfußballs?



"Technisch, glaube ich, ist er der König in dem was fundamental in dem Spiel ist- Ballannahme und Pässe. Ich glaube nicht, dass irgendwer es mit ihm aufnehmen kann wenn es um Ballannahme und Pässe geht." –Michel Platini

Die Antwort ist einfach: Zidane ist zu groß! Auf dem Platz ist er der Größte, daneben nicht minder. Er bewegt sich wie kein Zweiter, seine Annahmen sind unerreicht, seine Ballbehandlung ebenso. Selbst Fußballuninteressierte erkennen die Besonderheit, wenn er den Ball führt, passt, berührt. Männern steigen Tränen in die Augen. Seine Tricks sind nicht brasilianisch, sie sind erfolgsorientiert, ohne übermütigen Schnickschnack. Seine Bescheidenheit und Menschlichkeit rufen Respekt und Bewunderung hervor. Doch da liegt das Problem! Hinter großen Spielern und Stars erwartet man immer auch große Menschen und Taten. Nur die Emotionen, die Liebe zum Sport, das ist nicht genug. Zidane ist vielleicht ein großer Mensch, verkauft das Image sicherlich perfekt. Er ist es aber nicht in der Art und Weise, wie ihn die Öffentlichkeit gerne sieht. Die Vereinnahmung der Algerier hat er, der sich als Franzose fühlt, nie gewollt. Erst nach seiner Karriere reist er zum ersten Mal seit 26 Jahren wieder in die Kabylei, stolze Heimat seiner Eltern. Er kann kein arabisch, ist kein praktizierender Muslim, wird aber in arabischen Ländern als einer von Ihnen gefeiert. Zu der ausgebuhten Marseillaise im Freundschaftsspiel gegen Algerien sagt er im Gegensatz zu Lilian Thuram kein Wort. Jahrelang dirigiert er das Spiel der National-Elf, "versteckt" sich aber hinter Persönlichkeiten wie Desailly, Blanc und Deschamps. Die Werbeindustrie lebt von seinem Image. Der Kopfstoß Zidanes, für den er sich nie öffentlich entschuldigt, wird laut Besma Lahouri für die Markteroberung Danones in den arabischen Ländern als Verteidigung der Ehre verkauft. Das alles sind keine Fehler, nur die Charakterzüge eines Mannes, der ein abgeschottetes Leben mit seiner Familie führt, sein Geld verdient und nicht der große Leader ist, nicht der Mensch, der es allen recht machen kann und als den man ihn gerne sehen will. Seine ruhige, schüchterne Art in den Medien, die Schönheit und Eleganz seines Spiels haben diese übermenschliche Erwartungshaltung geschürt. In Frankreich stand sein Gesicht für die erfolgreiche Integration. Zeugnis völliger Realitätsferne der Öffentlichkeit und Politiker.

Teil 2: Aus Yazid wird Zidane
Aufrufe: 12571 | Kommentare: 8 | Bewertungen: 25 | Erstellt:26.12.2010
ø 9.6
KOMMENTARE
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funkbarrio
27.12.2010 | 22:58 Uhr
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funkbarrio : 
27.12.2010 | 22:58 Uhr
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funkbarrio : 
Wieso eine Frechheit Jeanlegrand?
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aazzaadd
27.12.2010 | 17:06 Uhr
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aazzaadd : Zizou!
27.12.2010 | 17:06 Uhr
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aazzaadd : Zizou!
für mich war ist und wird Zinedine Zidane immer der größte fussballer bleiben! wer so intelligent und auf einem so hohem technischem level erfolgreich fussball gespielt hat und schon während seiner zeit legendenstatus erreicht (ich finde er hat zwar weniger gute technik als messi und weniger schnelle turbodribblings wie CR allerdings hat er beides auf einer art und weise durchgeführt wie kein 2. vor und nach ihm!)

der dämliche gruppenzwang vonwegen sein header im WM-Finale '06 sei ja so was von daneben gewesen... ganz ehrlich wenn jmd auf die übelste art und weise meine frau oder familie im allg. beleidigt hätte (sehen wirs mal aus zizous sicht) dann wäre die reaktion die einzige gewesen (allerdings müsste das schon eine ziemlich deftige sein um dann soo abzugehen!)
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jeanlegrand
27.12.2010 | 13:26 Uhr
4
-3
27.12.2010 | 13:26 Uhr
-3
also jetzt mal ganz ehrlich:
-die beschreibung seiner spielweise ist klasse
-die darrstellung seiner privatsphäre schlecht
-in als eine art mediengesteuertes und image-interessiertes wesen zu beschreiben ist eine Frechheit!

0 Punkte
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nike1993
27.12.2010 | 13:24 Uhr
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nike1993 : 
27.12.2010 | 13:24 Uhr
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nike1993 : 
sehr guter blog über den besten fußballer aller zeiten ..mit abstand ....
gar nicht mal die ballbehandlung und so was .. nein wer so cool is und den elfmeter im wm finale so zu schiessen gegen einen buffon ..... das is ganz großes kino ... und den elfmeter wollte zidane GENAU da hin haben ....

auch der kopfstoß gegen materasie ... keiner weis ja wirklich was dem vorausgegangen ist aber das ist ein abschied den ich nicht traurig finde sondern der bleibt jedem in erinnerung und ich glaube gar nicht mal als ein schlechter abgang sondern als einer der wie oben schon gesagt wurde der ehre anzurechnen ist

zidane du ist und bleibst der größte
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funkbarrio
27.12.2010 | 11:51 Uhr
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funkbarrio : 
27.12.2010 | 11:51 Uhr
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funkbarrio : 
Hehe... der wurde mir auch schon für die franz. Legenden-Reihe vorgeschlagen
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GNetzer
27.12.2010 | 11:45 Uhr
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GNetzer : 
27.12.2010 | 11:45 Uhr
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GNetzer : 
@funkbarrio: Kein Problem. Ehret wem Ehret gebührt.
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funkbarrio
27.12.2010 | 11:40 Uhr
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funkbarrio : 
27.12.2010 | 11:40 Uhr
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funkbarrio : 
Gibt sogar drei Ein wenig lang, ich weiß! War aber schwer genug auf drei zu "kürzen"

Apropos: Vielen Dank für die prominente Platzierung!
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xxlhonk
27.12.2010 | 11:00 Uhr
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xxlhonk : 
27.12.2010 | 11:00 Uhr
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xxlhonk : 
Wo's.
Hammerguter erster Teil.
Mehr im zweiten Teil.
Da dann auch kommentieren, oder?
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