Hallo liebe Freunde der gepflegten Fußballdiskussion,
es wird häufig kokettiert, dass der FC Bayern ein aus finanzieller Sicht absolutes Schwergewicht sei (oder anders ausgedrückt: stink reich).
Wirft man einen Blick auf die Erfolge, auf die getätigten Transfers sowie auf die Investitionen in Immobilien, dürfte man diese Annahme kaum hinterfragen.
Und da ich mich zwangsläufig mit dem Bereich Finanz- und Rechnungswesen beschäftigen durfte, habe ich mir mal den Jahresabschlussbericht der FC Bayern München AG zum Geschäftsjahr 2012/2013 angeschaut. Zu finden ist dieser unter: www.bundesanzeiger.de.
ACHTUNG: EXKURS!
Es wird im Folgenden zum Teil schon ein wenig BWL-lastig aber warum nicht mal unseren geliebten Fußball für einen praxisorientierten Exkurs in die BWL heranziehen?
Jedenfalls: Neben sehr interessanten Informationen zu den sportlichen Errungenschaften in der damals abgeschlossenen Saison sowie zu Bayern allgemein, sind in diesem Jahresabschlussbericht die folgenden Elemente für unsere Analyse von Bedeutung:
- Cash-Flow-Rechnung (oder auch Kapitalflussrechnung),
- Gewinn-und-Verlust-Rechnung (GuV),
- Bilanz
Bayern hat zum Beispiel einen Jahresüberschuss von 14,0 Mio. EUR generiert (Umsatz: 385,0 Mio. EUR). Zudem hat Bayern am Ende des Geschäftsjahres (2012/2013) einen Zahlungsmittelbestand (umgangssprachlich Cash) von rund 93,0 Mio. EUR.
FORSCHUNGSFRAGE
Hier stellen wir uns die folgende Frage: Wenn Bayern nächste Saison sagen wir 80,0 Mio. EUR für Spieler ausgibt, sinkt das Bankguthaben dann auf 13,0 Mio. ab und ergibt sich dann ein negativer Jahresüberschuss (dieser lag ja nur bei 14,0 Mio. EUR)?
JAHRESÜBERSCHUSS
Vorab bereits eine Antwort: Der Jahresüberschuss würde sich zwar verändern, aber voraussichtlich nicht signifikant, denn: Fußballvereine müssen die gezahlten Transferleistungen (Ablösesummen) unter dem Bilanzposten Immaterielle Vermögensgegenstände Spielerwerte aktivieren, also in ihre Bilanz mit aufnehmen (für die BWLer unter uns: Hier kommt der §247 II HGB in Verbindung mit §255 I HGB zum Tragen). D.h.: als Aufwand geht lediglich die fällige planmäßige Abschreibung dieses Anlagevermögens in die GuV ein (gemäß §253 I Satz 1+2 HGB).
Also: Jahresüberschuss verändert nicht bedeutend - Was passiert aber mit dem Zahlungsmittelbestand?
ZAHLUNGSMITTELBESTAND
Im Finanz- und Rechnungswesen ist von einem sogenannten Kapitalfreisetzungseffekt die Rede. Und dieser besagt ganz grob: Wenn die Umsatzerlöse die Produktionskosten inkl. Abschreibungen decken, dann wird in Höhe der Abschreibungen Kapital frei, das zur (Re-)Investition verwendet werden kann. In dem vorliegenden Geschäftsjahr waren das rund 56,0 Mio. EUR an Abschreibungen (Querinfo: Neben Spielerwerten werden unter anderem auch andere Werte aus dem Anlagevermögen aufwandswirksam verringert, also abgeschrieben z.B. Gebäudewerte). Würde man nur diese Aschreibungen heranziehen, dann könnte sich Bayern bereits im Wert von 56,0 Mio. EUR neue Spieler kaufen, ohne dass sich das Bankguthaben zum Vorjahr verändert (weil ja eben genau in der Hohe Kapital "frei" wird!).
Ein weiterer Blick auf die Kapitalflussrechnung zeigt, dass Bayern aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit 85 Mio. EUR an Cash erhalten hat (hier sind die Abschreibungen von oben schon drin). Wenn das im nächsten Jahr wieder so sein sollte, hätte es Platz für die angenommenen 80,0 Mio. EUR für neue Spieler (Cash Flow aus der Investitionstätigkeit).
Obwohl also Bayern in der Saison 2012/2013 tatsächlich über 80,0 Mio. EUR in Spieler investiert hat, ergab sich lediglich eine (negative) Veränderung des Zahlungsmittelbestandes von rund 5,6 Mio. EUR (und das begründet durch die Ausschüttung an Gesellschafter = Cash Flow aus Finanzierungstätigkeit).
FAZIT
Wir können nun zwei wesentliche Erkenntnisse aus unserer kurzen Analyse ziehen:
- Bayern nutzt seine Umsatzerlöse, um sich zu (re)finanzieren absolut vorbildlich (es sind ja auch Fachleute am Werk)
- Bayern ist tatsachlich stink reich
So und jetzt könnt ihr euch selbst an den aktuellen Jahresabschlussbericht der FC Bayern München AG machen - Viel Spaß dabei!
Wünscht Euch
El Pollito