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FC Bayern München


Gründer: Tobi | Mitglieder: 965 | Beiträge: 253
Von: Voegi
04.06.2015 | 5555 Aufrufe | 10 Kommentare | 6 Bewertungen Ø 9.3
Standpunkt
Die Meisterschaft ist nicht genug
...oder wie man als Bayern-Fan maßlos werden kann.

Es tat nicht so weh wie beim Sekundentod von Barcelona oder beim vergeigten Finale dahoam 2012. Und doch traf mich die verpasste Meisterschaft 1993 sehr. 32 Spieltage hatte man die Tabelle mehr oder weniger souverän angeführt, um den Titel in den letzten beiden Spielen doch noch der Konkurrenz aus Bremen überlassen zu müssen. Mit meinen 14 Jahren glaubte ich damals in kindlich-schmollendem Fatalismus, wohl nie wieder einen Meistertitel des FC Bayern erleben zu dürfen. Nach drei Jahren ohne Titel hatte ich das Vertrauen verloren, dass meine Mannschaft noch einmal die Nummer 1 in Deutschland sein würde. Ein reichlich absurder Pessimismus, wie ich jetzt 22 Jahre später feststellen muss: 13 Meistertitel haben die Bayern seitdem erringen können (bei neun Pokalsiegen und zwei CL-Triumphen).

Damals hätte ich alles für eine weitere Meisterschaft gegeben; heute ist der Meistertitel reine Selbstverständlichkeit und alleine schon lange nicht mehr genug. Der Vergleich mit den Perspektiven vor etwas mehr als zwei Jahrzehnten zeigt, wie sehr sich die Anspruchshaltung beim FC Bayern verschoben hat. Natürlich stand meine pessimistische Grundhaltung seinerzeit keineswegs stellvertretend für die Befindlichkeit der Bayern-Fans. Aber sie war doch irgendwie symptomatisch für die Erwartungshaltung der Anhänger, für die Titel damals keine eingeplante Banalität, sondern zu erkämpfende Triumphe waren. Die Meisterschaft hat inzwischen weniger den Stellenwert eines zu erstreitenden Erfolges als vielmehr einer notwendigen Mindestvoraussetzung, ohne die eine Saison per se als Misserfolg zu verbuchen ist. Ohne den Gewinn eines Pokalwettbewerbs ist sie alleine nicht ausreichend, um die Gemüter zufrieden zu stellen.

So kommt es, dass die Saison 2014/2015, in der die Münchener eben nur die Meisterschaft erringen konnten, allgemein als verkorkste Spielzeit angesehen wird. Offen aussprechen will dies niemand - zu dekadent und anmaßend klänge es, den Deutschen Meister als Versager darzustellen. Doch zwischen den Zeilen ist immer deutlicher zu vernehmen: Meisterschaft alleine ist dann doch zu wenig für diesen Verein. Das klingt genau so absurd, wie es ist. Unzufriedenheit schüren zu wollen nach einem souverän errungenen Meistertitel hat etwas Perverses, etwas Verdrehtes, Unlogisches.

Dies bedeutet nicht, die Saison der Bayern unkritisch als Erfolg zu werten. Es gibt genügend Ansatzpunkte für Zweifel, Nachdenklichkeit und ja, auch ganz konkrete Kritik. Das offensichtliche Abfallen der Leistungskurve zum Ende der Saison, die geradezu absurde Niederlage im Pokalhalbfinale gegen Dortmund, die groteske Schlussviertelstunde von Barcelona, das allgegenwärtige Verletzungsdilemma, taktische Fehler und manches andere mehr: Der FC Bayern, das heißt Trainer, Verantwortliche und Spieler, müssen sich nach dieser Saison kritisch hinterfragen, um das vereinseigene Credo von stetiger Verbesserung und unstillbarem Hunger nach Titeln weiter mit Leben zu füllen.

Doch alle kritischen Ansätze dürfen nicht dazu führen, den sportlichen Erfolg zu relativieren. Die dritte Meisterschaft in Folge (noch dazu nach dem WM-Titel des DFB-Teams), die mitunter beeindruckende spielerische Dominanz, die klaren Verhältnisse in der Tabelle, das Tanzen auf allen drei Hochzeiten bis fast zum Schluss all dies kann und sollte nicht abgetan werden als bloße Selbstverständlichkeit, die alleine noch keinen Grund zur Freude gibt.

Auch ich bin durch die zahlreichen Titel der vergangenen Jahre verwöhnt und kann angesichts eines Meistertitels vielleicht nicht mehr die Begeisterung aufbringen wie beispielsweise beim Titel 2001. Und doch: Wenn ich einmal dazu neige, den Gewinn der Meisterschaft als logisches Frühlingsphänomen abzutun, denke ich zurück, wie sehr ich mir damals im Jahr 1993 weitere Meistertitel gewünscht hätte, von denen ich in letzten Jahren so zahlreiche habe erleben und feiern dürfen. Auch einem Bayern-Fan kann ein Schuss Demut eben manchmal nicht schaden.

KOMMENTARE
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Cyx
07.06.2015 | 22:00 Uhr
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Cyx : 
07.06.2015 | 22:00 Uhr
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Cyx : 
"Wenn in Zeitungen, Blogs und Forenbeiträgen die Rede vom "Triple" ist, kommt mir immer die Galle hoch. Da fehlt mir der Respekt vor dem Gegner. "

Wir holen doch das "Triple": Männermeisterschaft, Frauenmeisterschaft und Handballmeisterschaft
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DieZecke
05.06.2015 | 18:06 Uhr
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DieZecke : 
05.06.2015 | 18:06 Uhr
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DieZecke : 
Naja, wo ist die Kunst, mit dem Kader Meister zu werden? Schau dir die Marktwerte auf transfermarkt.de an (ok, die kann man diskutieren, aber sie sind auf jeden Fall ein Anhaltspunkt):

Von den 15 teuersten Spielern kommen 11 vom FC Bayern, je 2 vom BVB und von VW. Da die Meisterschaft über 34 Spiele geht und punktuelle Ereignisse(Form, Verletzte usw.) sich anders als im DFB-Pokal ausgleichen, ist die Meisterschaft für den FC Bayern doch kein echter Erfolg, sondern nur die Umsetzung des mit weitem Abstand besten Kaders in Punkte.
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MensurZensur
05.06.2015 | 18:05 Uhr
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05.06.2015 | 18:05 Uhr
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Es gibt glaube ich nur ganz ganz wenige Bayernfans, die diese Saison wirklich als verkorkste Saison ansehen.

Aber sie war eben doch auch enttäuschend, selbst für demütige Bayernfans wie mich. Doch das liegt nicht daran, dass die Meisterschaft allein nicht genügen würde:

Das stellvertretende Problem ist vor allem das Ausscheiden gegen Barca praktisch bereits im Hinspiel - und dabei vor allem, WIE man ausgeschieden ist.

Und es war eben leider auch so, dass man dieses Ausscheiden bereits Wochen zuvor hat kommen sehen.
Die Mannschaft ist erneut wie im Jahr zuvor eingebrochen - rechtzeitig zur kritischen Phase der Top 8 in Europa.

Und genau deshalb war die Saison so enttäuschend - nicht, weil man nicht 2-3 Titel geholt hat, sondern weil man erneut wie in der Saison zuvor in den Spielen, in denen es wirklich darauf ankam so sehr versagt hat und die grandiose Form und den phantastischen Fussball der Hinrunde nicht auch in der Rückrunde abrufen konnte.
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Kukesi
05.06.2015 | 18:03 Uhr
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Kukesi : red du lümmel
05.06.2015 | 18:03 Uhr
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Kukesi : red du lümmel
hast meinen mega-langen Text unbrauchbar gemacht :P
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Kukesi
05.06.2015 | 18:01 Uhr
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Kukesi : 
05.06.2015 | 18:01 Uhr
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Kukesi : 
Ich bin der Meinung, dass man nach einer Saison ,nur mit Meisterschaft, sehr wohl unzufrieden sein darf. Ich finde, du hast zu sehr vernachlässigt, dass die Scheere zwischen Bayern und dem Rest der Liga deutlich größer ist als je zuvor. Kein Klub in Deutschland ist in der Lage sich für 60 Millionen einen Griezmann zu holen, geschweige denn ihn als Vertretung für Ribery und Lewa zu holen. Ein Griezmann wäre bei jedem anderen Buli-Klub DER Mann auf dem Platz (wenn man mal Reus und de Bruyne vernachlässigt). Bei Bayen wäre Griezmann einer von vielen Top-Stars. Was ich damit sagen möchte ist, dass Bayern durch die starken Jahre zuvor und auch einfach durch diesen deutlich besseren Kader (im Vergleich zu den anderen Buli-Klubs), noch dazu mit einem Top-Trainer in einem funktionierendem System sehr wohl mit der Meisterschaft planen kann.Es wurde ja in den Vorjahren bewiesen, dass Bayern eine Meisterschaft ja ach SEHR deutlich gewinnen kann. Es müsste wirklich ein worst-case-Szenario eintreten, damit ein anderer Klub in der Bundesliga mehr Punkte holt als Bayern. Dadurch, dass Bayern auch in der zweiten Reihe mit Weltklasse gespickt ist (im Gegensatz zu all den Jahren seit 1900 !!) ist die Meiterschaft momentan einfach das Mindestziel. Die Wettbewerbe in denen Bayern schwerer als Sieger hervorgehen sind ja wohl Pokal und CL. Bayern ist die letzten Jahre immer Mitfavorit auf den CL-Sieg gewesen. Man kann jetzt natürlich sagen, dass man da so sang- und klanglos rausgeflogen ist, ist schwach von der Mannschaft. Hier sehe ich jedoch die Verletztenliste als Entschuldigung genug an. Im Pokal hat Bayern eigentlich immer gute Chancen zu gewinnen, gute Chancen sind jedoch auch keine Garantie. Alles in allem sehe ich das Mindestziel erreicht, mehr aber auch nicht, was einfach dem Pech in vielerlei Hinsicht geschuldet ist. Ich kann wie gesagt aber die Enttäuschung vieler Bayernfans sehr gut nachvollziehen.
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redcompletion
05.06.2015 | 17:44 Uhr
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05.06.2015 | 17:44 Uhr
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Erstmal: schön geschrieben und vor allem ohne Polemik!

Topic:
Auch ich konnte mit den Meisterschaften und den daraus resultierenden feiern um die Jahrtesendwende wesentlich mehr anfangen. Mittlerweile ist es aber alles sehr abgegriffen, als Fan habe ich nahezu alles erleben können. Aber das ist meine persönliche Einstellung/Erfahrung.
Was aber ganz wichtig ist: die Mannschaft/der Etat im Verhältnis zum 2./3. der BL ist in den letzten 15 Jahren astronomisch auseinandergedriftet. Bayern kauft heutzutage einen Martínez - der bvb eben einen Immobile. Und daraus resultiert für mich auch der neue Anspruch. Mit dieser Mannschaft sollte man nicht darüber diskutieren OB, sondern nur ab WANN man Meister wird.
Was bedeutet das? Der Fokus verschiebt sich, National gibt es z zt niemanden auf Augenhöhe - zumindest nicht über 34 Spieltage. Also MUSS das Anspruchsdenken sein, die restlichen Pokale auch zu holen.
Zu dieser Mannschaftlichen/Finanziellen Entwicklung kam eben noch der PR-Coup, einen Pep zu holen. Was außer der CL sollte man denn von dieser Konstellation erwarten dürfen?
Zumal Bayern letzte Saison grandios im HF rausgeflogen ist, und traditionell eigentlich daran angeknüpft wird, solche Niederlagen wettzumachen. Wie oft waren die Bayern nun im HF - da MUSS das Anspruchsdenken sein: dieser letzte Schritt muss noch getan werden!
Das Unterscheidet eben auch die Bayern von den anderen Vereinen - man nimmt sich die großen Ziele vor, und gibt sich mit weniger auch nicht zufrieden.
Und wer will es den älteren Fans verübeln, wenn sie es nicht schaffen die Meisterfeierstimmung von Weihnachten an zu konservieren, um im Juni endlich die Schale auch physisch zu erhalten.
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iBot
05.06.2015 | 15:43 Uhr
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iBot : 
05.06.2015 | 15:43 Uhr
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iBot : 
Wenn für irgendwas die Bayern die falsche Adresse sind, dann ist das Demut. Wer Demut erwartet, darf sich diesem Verein nicht anschließen. Außer vielleicht bei Real Madrid ist nirgends die Maßlosigkeit, die bedingungslose Wir-Sind-der-Stärkere-Mentalität und die Pflicht zum Totaltriumph so sehr in der DNA verankert.
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bluesmaker
05.06.2015 | 15:36 Uhr
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bluesmaker : 
05.06.2015 | 15:36 Uhr
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bluesmaker : 
Kann ich genau so zu 100% unterschreiben!
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Schnumbi
04.06.2015 | 13:20 Uhr
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Schnumbi : 
04.06.2015 | 13:20 Uhr
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Schnumbi : 
Schöner Standpunkt.

Und ja. Ich war beim Endspiel 93 am 34.Spieltag live im Schalker Parkstadion. Bremen spielte pa­r­al­lel in Stuttgart.

Kein schönes Ende damals.
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