"Lasst mich raus hier! Bitte! Ich habe doch niemandem etwas getan!
Hallo? Halloooooo? Hört mich jemand? HALLO!!! HALLLOOOOO???
Keiner? Meine Güte, ich werde hier noch wahnsinnig. Immer das selbe.
Keiner hört mich. Keiner mag mich. Keiner kümmert sich um mich.
Und dann diese Dunkelheit! Immer diese Dunkelheit. Ich ... AAAAAAAAH!"

In diesen Schrei ertönt ein *PLING*

Ein kleines - aber deutliches - Licht verändert den engen Raum.
"Was ist mit Dir? Warum jammerst Du so? Was soll das hier? Und was ist das für ein übler Geruch?", spricht eine kernige weibliche Stimme aus diesem kleinen Glanze heraus.
"Wer bist Du? Was bist Du?", ertönt es nun viel leiser von unten.
"Ich bin eine Fee und heiße Felicitas. Und, wer bist Du?"
"Ich? Ich heiße Rotislaw. Aber, aber warum interessiert Dich das und was willst Du von mir?", schallen die ersten komplett gesprochenen Sätze.
"Nun gut. Also, Rottischlaff, Dein Gestöhne, Getue und Wehklagen ging mir auf den Zeiger. Du hast die ganze Zeit auf meiner Frequenz gezetert, so dass ich vor der Entscheidung stand, den Ton dauerhaft abzuschalten oder dem Gewinsel auf den Grund zu gehen. Da nun wirklich niemand die neuesten Märchen verpassen möchte, dachte ich mir, bleibt ja nur Option 2. Daher bin ich hier."
"Und nun willst Du mich auslachen? Mich verspotten? Ich heiße Rotislaw. Willst Du mich von da oben aus blöd anmachen? Oder wie oder was willst Du hier?"
"Nun mal ehrlich, Rotislaw, wenn ich das täte, spräche sich das verdammt schnell rum - und, schwupps, wäre ich meine schmucken Flügel los."
"Äääh? Flügel? Wieso Flügel?"
Felicitas setzt sich in Bewegung, schwebt ein wenig herunter und begibt sich zu ihrem Gesprächspartner auf Augenhöhe.
"Ich habe Flügel, weil ich eine Fee bin. Ich habe Dir gesagt, dass ich eine Fee bin. Feen haben Flügel. Darum habe ich Flügel. Comprendé?"
"Ja, ja, ja. Und jetzt sagst Du mir: 'Lieber Rotislaw, Du hast drei Wünsche frei."
"Nein, tue ich nicht. Das 'lieber" lasse ich weg."
"Willst Du mich verarschen? Das haben schon ganze andere versucht. Gut, meistens erfolgreich. Aber trotzdem!"
"Unsere Begegnung verlief bislang nicht wirklich harmonisch.", schlägt Felicitas einen komplett anderen Ton an und ergänzt: "liebster Roddy - ich darf Dich doch Roddy nennen? - Du hast drei Wünsche frei."
"Roddy?"
"Moment. Sei jetzt still. Das ist eine Win-Win-Situation. Du drei Wünsche, ich meine Ruhe. Deal?"
"Du meinst diesen Mist wirklich ernst? Na gut ... pffffft ... Deal!"

*WUUUUSCH*

"Was ist das? Wo sind wir?", fragt Rotislaw irritert und zugleich geblendet.
"Ich darf Dir vorstellen: Das Zwischen-Nichts.", erwidert Felicitas. "Frag gar nicht erst. Verstehst Du sowieso nicht."
"Na toll. Erst verarscht Du mich in der Dunkelheit. Jetzt bevormundest Du mich im Hellen. Das macht es direkt vollkommen anders! Wenn jetzt nicht irgendwas passiert, das ich gutheißen kann, dann rappelt es hier im Karton!"
"Liebelein. Entspann Dich. Hör mich zu."
Rotislaw unterdrückt ein Grummeln.
"Geht doch. Du überlegst Dir jetzt Deine drei Wünsche. Und ich schaue, was ich machen kann."
"Was? Du? Machen? Kannst? Und ich soll mich entspannen? Wo sind wir denn hier? Bei der Versteckten Kamera?"
"Kamera? Nö. Eigentlich nicht. Aber die bist Du doch sowieso gewohnt. Schließlich hat die Dich immer direkt im Fokus. Also - selbst wenn es so wäre, könnte Dir das egal sein."
"Du hältst Dich wohl für besonders schlau!?"
"Ja. Zu Recht. Und nun, nachdem wir das nun ein für alle Male geklärt haben, wie lauten Deine Wünsche?"

"Schwierig, schwierig."
"Nun mach' schon - ich hab' nicht ewig Zeit!"
"Ja. Ja. Ja. Ist ja gut. Also ich wünsche mir ... ERSTENS ... direkt und unmittelbar echte Effekte erzielen zu können ... ZWEITENS ... dass der, der mir das alles eingebrockt hat, seine gerechte Strafe erfahren soll ... und ... DRITTENS ... ab sofort möchte ich für immer am schönsten Ort der Welt sein!"
"Wenn das Deine Wünsche sind ... dann sind sie hiermit erfüllt!"
Felicitas schwingt einen purpurfarbenen Plastikstab, schmeißt etwas Puder in die Luft und das Zwischen-Nichts ist so leer wie zuvor ...

DA-DA. DA-DA-DA-DAAA.

"Guten Tag, meine Damen und Herren, ich begrüße sie zu einer Sondersendung der Tagesschau.

Unter großer internationaler Aufmerksamkeit wurden einschneidende Veränderungen am heutigen Spieltag der Fussball-Bundesliga wahrgenommen. Zu den bislang unerklärlichen Geschehnissen schalten wir direkt live nach München in die Allianz-Arena. Herr Opdenhövel, was hat sich zugetragen und wie ist der aktuelle Stand?"

"Es war die 17. Spielminute, die wohl in die Fussballgeschichte eingehen wird. Franck Ribery grätschte seinem Gegenüber Rafael van der Vaart von der Seite rotverdächtig in die Beine. Als Schiedsrichter Thorsten Kinhöfer an seine Gesäßtasche griff, war es, als würde sich ein unsichtbarer Farbeimer über dem französischen Nationalspieler in einem Schwall entleeren. Unmittelbares Entsetzen wandelte sich in tumultartige Szenen, die zu einer Schlägerei zwischen Heiko Westermann und Jérôme Boateng führten, welche augenblicklich von einem Guß roter Farbe der Lächerlichkeit preisgegeben wurden. Keiner dieser drei Spieler war in der Lage die Partie fortzusetzen. Herr Kinhöfer war bislang nicht zu einem Statement bereit. Wie inzwischen bekannt wurde, melden Bremen, Stuttgart und Leverkusen identische Bilder nach schweren Fouls und Schiedsrichterbeleidigungen."

"Vatikanstadt. Der langgesuchte Wett-Pate Ewald Kowalski wurde heute verhaftet. Durch eine von Interpol groß angelegte Razzia konnten in allen Fussballnationen dieser Welt mehrere hundert Festnahmen im Umfeld der Fussball-Wettmafia vorgenommen werden. Genaue Zahlen sollen laut Auskunft der FIFA im Laufe des morgigen Tages vorliegen. Kowalski, der seit Jahrzehnten unter dem Namen "Fussballgott" entscheidenden Einfluss auf viele Partien des Weltfussballs genommen haben soll, wird noch heute dem Haftrichter in Rom vorgeführt."

"Köln. Ein unbekanntes Wetterphänomen trat heute Nachmittag mehrfach über der Rheinmetropole auf. Leuchtend rote Farbbögen bildeten sich erstmals um 15.47 Uhr über der Innenstadt und verschwanden binnen weniger Augenblicke. Augenzeugen berichten davon, dass es bis 17.15 Uhr nicht nur insgesamt sechs dieser Erscheinungen gegeben habe, sondern dass der Ursprung dieser funkelnden Offenbarungen auf dem Kölner Dom zu finden sein müsse."

Epilog:
Der Weltfussball veränderte sich in den darauffolgenden Monaten zusehends: Der ehemalige "Fussballgott" Ewald Kowalski wurde zu einer lebenslangen Gefängnisstrafe verurteilt. Fussballergebnisse leiteten sich seither alleine von der Tagesform der sich einander gegenüber stehenden Teams ab. Situationen, in denen Schiedsrichter zum dunklen Karton hätten greifen müssen, traten nun inzwischen seit mehreren Wochen gar nicht mehr auf. Endzeittouristen hatten Köln bald nach dem Ende der unerklärlichen rötlichen Wetterphänomene wieder verlassen, während Rotislaw fortan glücklich und zufrieden auf die schönste Stadt der Welt herunterblickte.