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Formel 1


Gründer: santiagodiaz | Mitglieder: 116 | Beiträge: 60
27.03.2013 | 1655 Aufrufe | 7 Kommentare | 10 Bewertungen Ø 6.9
Vettel und die Herablassung
Der schlimmste Funkspruch
Von Anstand und Manieren eines Weltmeisters.
Bravo, applaudieren die einen, endlich einer, der sich dem manipulierten Spiel der Teamorder widersetzt, der nicht vor den Bossen kuscht, der dem Regime trotzt. Endlich ein Racer!

Skandalös, wüten die anderen über einen, der sein Ego über den Teamgedanken stellt, der bei verabredetem Waffenstillstand den Gegner im eigenen Lager hinterrücks niederstreckt. Eine Schande!

Sebastian Vettel hat die Gemüter entzweit und erhitzt. Über dem Rennausgang des Großen Preises von Malaysia wird immer das berühmte Geschmäckle liegen. Ich persönlich schließe mich ausnahmslos den Kritikern an. Vettels Vorgehen erfolgte gezielt und war vor allem link. Er beging ein unfaires Foul an einem Widersacher, der ihn sprichwörtlich nicht hatte kommen sehen. Eine Blutgrätsche von hinten in die Beine. Im Fußball gibt es dafür die rote Karte und drei Spiele Sperre, in der Formel 1 anscheinend den Siegespokal und die WM-Führung. Die Entschuldigungen auf der Pressekonferenz machen nichts besser. Ob es nun echte Einsicht oder PR-Heuchelei war, ist eine Bagatelle. Die tiefste Reue lässt sich leicht weinerlich vortragen, wenn man weiß, dass einem die 25 Punkte keiner mehr nehmen kann. Egal, wie ihr Zustandekommen hinterher analysiert / gerechtfertigt / entschuldigt wird. Papier ist geduldig.

Vettel gewann das Rennen, doch er war kein Sieger in Sepang. Das liegt am verweigerten Nichtangriffspakt, für mich jedoch in erster Linie an einem weiteren Vorfall. Im Schatten der Stallorder-Debatte ist er in den Hintergrund gerückt, dieser Funkspruch des Deutschen aus der ersten Rennhälfte. Beim Wechsel von Intermediates auf Slicks war er bekanntlich hinter Kollege Webber zurückgefallen. Als er dem Australier (geringfügig) näher rückte, sendeten die weltweiten TV-Anstalten dieses Team-Radio von Vettel an seine Kommandozentrale: "Mark is too slow", beschwerte er sich, ein billiger Versuch der Tränendrüse. Doch das Verheerende folgte erst: "Get him out of the way!"

Räumt ihn aus dem Weg. Es ist der schlimmste Funkspruch, den ich je gehört habe. Viel schlimmer noch als Jean Todts "Let Michael pass for the championship"-Gebelle damals in Österreich. Besonders, in welchem Ton Vettel diese widerliche Aufforderung von sich gab, verurteile ich aufs Schärfste. Genervt, fast schon gelangweilt und angeödet hörte er sich an, als ob es normal wäre, sich auf diesem Niveau über jemanden zu unterhalten. Jemanden, der noch dazu dieselben Farben trägt.

Räumt ihn aus dem Weg. Wie das allein abgesondert klingt. Und wie das aus Vettels Mund klang. Da schwang Verachtung mit, Überheblichkeit, so viel Arroganz und Ignoranz, das man sich schämen sollte. Seht her, hier komme ich, der Weltmeister, also fahr mal lieber ganz schnell zur Seite, sonst... Und überhaupt, wer bist DU eigentlich!?

Wie slow der Mark unterwegs war, hat Vettel danach gesehen. Vor den abschließenden Stopps hatte Webber einen komfortablen Puffer von fünf Sekunden. Ohne die anschließende "Kommunikationsproblematik" wäre er mühelos zum Sieg gebraust. Vettel verhielt sich gestern wie eine verzogene Göre, die heulend zu Mama rennt und mit ihrem großen Bruder wiederkommt, wenn ihr etwas nicht passt. Sein Verhalten war eines Weltmeisters unwürdig.

Der Red-Bull-Star muss aufpassen. Nicht, weil er drastische Konsequenzen seines Arbeitgebers fürchten braucht. Wer feuert schon einen dreifachen Champion? Es geht um Außendarstellung und Wahrnehmung. Das Image des sympathische Kerls mit Lausbuben-Grinsen und erfrischend anderem, unbekümmertem Auftreten, dieses Image schwindet allmählich dahin. Nicht erst seit Malaysia. Vielleicht ist es ganz natürlich, dass im (maximalen) Erfolg Veränderungen einsetzen. Schleichend, aber doch feststellbar. Vettel ist kein guter Verlierer, mehr noch: Vettel hasst es zu verlieren. Das ist für einen Sportler die denkbar günstigste Voraussetzung, und für einen Rennfahrer, diese spezielle Spezies, das Lebenselixier schlechthin. Die Netten werden nie Weltmeister, nur die mit der gewissen Portion Killerinstinkt. Und dennoch gebietet es der Sportsgeist, in der Niederlage Größe zu zeigen. Genau da hat Vettel Nachholbedarf, aber genau da konstruiert das öffentliche Bild seine Basis. Weil Niederlagen die ehrlichsten Vermittler des Charakters sind. Im Moment des Sieges fröhlich zu lächeln, der Strahlemann zu sein, der den Menschen gefällt - das ist nicht allzu schwer.

Im Übrigen: Auch Webber legte keine astreinen Manieren an den Tag. Der klar ersichtliche Mittelfinger nach dem beinhart geführten Zweikampf mag ein Resultat seiner aufgestauten Wut sein. Einen Schulterklopfer verdient er sich damit nicht. Das war überflüssig.

Räumt ihn aus dem Weg. Vor Unsportlichkeiten wimmelte es nur so in der Tropen-Sauna. Vettel hat gestern einen Grand Prix gewonnen, aber an Anstand verloren. Und sicherlich an Freunden.

Bildquelle: spox.com
KOMMENTARE
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Desno
03.04.2013 | 16:43 Uhr
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Desno : 
03.04.2013 | 16:43 Uhr
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Desno : 
@ roy:
bevor du Equlizer so lobst, lese dir bitte mal diesen artikel durch: http://www.motorline.cc/formel1/grandprix/2013/Diverses/Grand-Prix-von-Malaysia-2013-Die-Tops-&-Flops-aus-Sepang-177325.html
ich denke du wirst einige parallelen finden :-D
Schreibt er in den letzten Tagen unter jeden Blog bzw. Artikel der was mit der Vettel/ Webber Geschichte zu tun hat ^^

Der Blog hat mir außerdem gut gefallen! :) Auch wenn ich jetzt nicht von so einer extrem groben Unsportlichkeit bei diesem Funkspruch sprechen würde, wie du es getan hast.
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RoyRudolphusAnton
02.04.2013 | 13:44 Uhr
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RoyRudolphusAnton : @Equalizer
02.04.2013 | 13:44 Uhr
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RoyRudolphusAnton : @Equalizer
Danke dir für den ausführlichen Kommentar - es war ja sozusagen ein Blog im Blog ;)
Mit deiner Meinung gehe ich - wie unschwer zu erraten ist - vollkommen d'accord. Ich finde nicht nur, dass du deinen Standpunkt gut vertrittst, sondern auch die Art und Weise, also den Schreibstil, sehr angenehm, weder aufgesetzt noch gekünstelt, aber dennoch prägnant. Hat mir sehr gut gefallen ;)
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Equalizer
01.04.2013 | 23:10 Uhr
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Equalizer : 
01.04.2013 | 23:10 Uhr
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Equalizer : 
Wird er jetzt dem Stallorderfetischisten („Räumt ihn aus dem Weg") und gleichzeitigen Stallorderbrecher den „Kopf waschen"? Nur, was soll er denn sagen? Mateschitz möchte keine Stallorders, das Team jedoch praktiziert sie. Mateschitz war es, der erst unlängst in einem Interview erklärte, auch Webber habe gleiche Chancen auf den Weltmeistertitel...

Hoffentlich wird dieser Sieg für VErräTTEL eine Lektion fürs Leben: Siegen ja, aber mit Anstand, BITTE!

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Equalizer
01.04.2013 | 23:08 Uhr
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Equalizer : VErräTTEL entlarvt!
01.04.2013 | 23:08 Uhr
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Equalizer : VErräTTEL entlarvt!
Mancherorts wird Vettel jetzt für eine politische Stellungnahme gegen Stallorders allgemein missbraucht – im Sinne von: Wir wollen keine Stallorder und Vettel wollte auch keine, also ist Vettel ein Guter. Falsch! Absolut falsch! Vettel hat gar nichts gegen eine Stallorder – wenn er vorne liegt! Im gleichen Rennen hat Vettel auch eine Stallorder gefordert. Noch dazu mit verachtenden Worten…

Womit wir beim nächsten Punkt sind: Die Art und Weise, wie Vettel angeregt hat, man möge Webber „aus dem Weg räumen", ging medial leider unter. Dabei ist das ein Schlüssel – denn dieser Funkspruch zeigt das wahre zweite Gesicht des Sebastian Vettel.

Dieses zweite Gesicht sieht man meistens nicht, weil es unter dem Sturzhelm verborgen ist. In der Türkei jedoch, im Jahr 2010, da konnte man es sehen: Es ist die verzerrte Fratze eines Kindes, das nicht bekommt, was es verlangt.

Die Aktion damals wurde noch als Ausrutscher betrachtet – mit der Sepang-Aktion hat sich Vettel wie sein Vorgänger Michael Schumacher das Image des raffgierigen, vom Ehrgeiz zerfressenen Egoisten eingehandelt. Vielleicht muss man ja auch so sein, um Mehrfachweltmeister zu werden.

Seltsam kommt dann eine butterweiche Entschuldigung – irgendwie vielleicht tatsächlich gut gemeint, aber unglaubwürdig. Dann noch darüber nachzudenken, Webber quasi ein Geschenk offen zu halten, ist eine weitere Verhöhnung des Sports. Wir richten es uns schon, wir machen das, wie es uns gefällt…

Einen Flop lieferte aber auch das Team. Denn deutlicher hätte man nicht zeigen können, dass der wahre Teamchef bei Red Bull Racing Sebastian Vettel heißt. Sogar der sonst so hart durchgreifende Dr. Marko wirkt hilflos nach Erklärungen ringend.

Auffallend ist: In seinen medialen Aussagen hat Konzernboss Dietrich Mateschitz bislang immer das Sportliche betont und sich eindeutig gegen Stallorders ausgesprochen.
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Equalizer
01.04.2013 | 23:06 Uhr
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Equalizer : Richtiger Kommentar!
01.04.2013 | 23:06 Uhr
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Equalizer : Richtiger Kommentar!
Richtigstellung:
Webber – auf den Punkt gebracht

Es ist Mark Webber hoch anzurechnen, dass er auf dem Podium die Affäre auf den Punkt gebracht hat: Vettel hat eine Entscheidung getroffen - nämlich nicht nur die Teamorder zu ignorieren, sondern auch Webber auszutricksen. Auf tiefstem Niveau.

Schließlich erhielten beide den Befehl, die Motorleistung eine Stufe zurückzudrehen. Während sich Webber daran hielt, nützte Vettel die Gunst der Stunde und überholte seinen Teamkollegen – das ist aber angesichts unterschiedlicher Motorleistungen auch keine Schwierigkeit für Vettel gewesen. Vettel wird jetzt oft so hingestellt, als sei eben der „Racer" in ihm durchgegangen – mitnichten: Ein Racer will den Gegner mit gleichen Waffen schlagen und nicht aus dem Hinterhalt mit mehr PS den Teamkollegen austricksen…

Webber hatte den Mumm, auf dem Podium auch den Satz hinzuzufügen, dass Vettel trotz seiner unfairen Aktion wieder einmal den Schutz des Teams genießen würde. Ein Schlüsselsatz – mit wenigen Worten brachte es Webber auf den Punkt, ohne beleidigend oder peinlich zu werden.

Rein sportlich verdient Webber für das Rennen ebenso ein Top. Er lieferte einen für ihn eigentlich untypischen Raketenstart und hatte Vettel im Griff. Webber erhält das Top aus sportlichen und menschlichen Gründen. Er hat es geschafft, trotz der Schmach einen würdevollen Auftritt zu absolvieren und konnte dabei auch aufdecken, wie sehr das Team nur auf Vettel ausgerichtet ist.

Riesen Flop sind Vettel & RBR – eine Farce

Wäre Sebastian Vettel einfach nur der Racerinstinkt durchgegangen, könnte man es vielleicht noch verstehen. Doch weil Webber bereits wie befohlen in der niedrigeren Motorstufe fuhr, war es auch keine sportliche Herausforderung, Webber zu überholen. Für einen dreifachen Weltmeister kann es doch kein Erfolgserlebnis sein, in einem Safety Modus quasi aus dem Hinterhalt den Teamkollegen auszutricksen…

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La_Decima
29.03.2013 | 19:49 Uhr
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La_Decima : 
29.03.2013 | 19:49 Uhr
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La_Decima : 
Danke! 10 Punkte
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simon_says
29.03.2013 | 16:38 Uhr
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simon_says : 
29.03.2013 | 16:38 Uhr
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simon_says : 
Ein Grund zur Reue? „Entweder du bist professioneller Rennfahrer. Dann musst du gewinnen. Oder du wirst Zweiter, Dritter oder Fünfter. Ich richte mich nicht darauf ein, Zweiter, Dritter, Vierter oder Fünfter zu werden. Ich fahre Rennen, um zu gewinnen. Wenn du nicht in einer existierende Lücke fährst (um zu überholen, d. Red.), bist du kein Rennfahrer mehr.”

- Ayrton Senna
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