Was noch vor Wochenfrist Anlass zu Diskussionen ob des Für und Wider und auch zu Spekulationen ob der Machbarkeit führte, ist nun seit gestern Gewissheit. Marco Reus wird ab der Saison 2012/13 für seinen ehemaligen Club, den BVB auflaufen.

Diskussionen, ob man das für sinnvoil gehalten hätte, oder nicht, sind somit hinfällig, denn Tatsache ist: er kommt!

Da sich die sportliche Leitung -zumindest bei mir- in den letzten Jahren durchaus das Vertrauen darin erarbeitet hat, dass sie weiss, was sie tut, ist für mich klar, dass sie sich was dabei gedacht hat.
Doch was genau?

Um das zu beantworten, muss man erstmal die sportliche und finanzielle Situation des BVB beleuchten.

Finanziell:

Watzke hat erklärt, dass man den Transfer aus Rücklagen finanziert habe, die man sich für eine solche "Gelegenheit" gebildet habe.
Auf Grund der Vergangenheit und der seither betriebenen Finanzpolitik des Vereins sehe ich keinen Grund, an dieser Aussage auch nur im Geringsten zu zweifeln.
Mat hat recht regelmäßig Überschüsse (im Transferbereich) erwirtschaftet, die 10 Millionen für Sahin wurden weitgehend einbehalten, mit Dedé hat ein Großverdiener den Verein verlassen, dessen Gehalt, zusammen mit dem von Feulner und Hajnal, die ebenfalls transferiert wurden, wohl sicherlich die Gehälter von Gündogan und Perisic locker refinanzieren.
Man hat die Einnahmen aus der CL Gruppenphase, die im 2stelligen Millionenbereich liegen und zum Zeitpunkt des Transfers (Sommer 2012) auch zur Verfügung stehen. Ausserdem sind prominente Abgänge zu erwarten, was uns automatisch zu Punkt 2 führt.

Sportlich:

Sieht man den jetzigen Kader, so könnte man oberflächlich annehmen, das der BVB einen weiteren Offensiven eigentlich gar nicht braucht. Geht man jedoch etwas tiefer, so sieht die Sache anders aus:

Barrios: Lucas Barrios hat seine Wechselabsichten klar geäussert und mit seiner "Leistung" im Pokalspiel gegen Fortuna Düsseldorf auch nochmal unterstrichen. Hier ist sicherlich spätestens im Sommer mit einem Abgang zu rechnen, wenn sich dieser nicht sogar schon kurzfristig im Winter ergibt.

Kringe: Florian Kringe ist weiter vom Kader entfernt, als der TUS Eichlinghofen vom Gewinn der Deutschen Meisterschaft. Ein Abgang spätestens im Sommer ist sicher.

Kuba: Zwar weniger vehement, aber nicht weniger klar hat Kuba seine Unzufriedenheit mit der Rolle des (Edel-?)Reservisten geäussert. Glaubt man den Berichten polnischer Medien, nach denen er wohl schon mehrere Angebote zu Vertragsverlängerung abgelehnt hat, ist auch hier ein Wechsel im Sommer durchaus realistisch.

Zidan: Auch Zidan kommt schon seit letzter Saison kaum noch über Kurzeinsätze hinaus und wird sicherlich spätestens zum Sommer hin wechseln, kommt schon im Winter ein seriöses Angebot, wird der BVB sicherlich auch zu diesem Zeitpunkt schon mit sich reden lassen.

Kagawa: Zwar hat er sich noch nicht dahin gehend geäussert, doch auch hier ist ein Wechsel nicht wirklich auszuschliessen. Eine Vertragsverlängerung zum jetzigen Zeitpunkt hat er abgelehnt, was zwar nciht zwingend bedeutet, dass er wechseln will, aber zumindest die Bereitschaft nahelegt, sich bei einem guten Angebot zumindest ernsthaft damit zu beschäftigen. Ein Wechsel im Sommer ist Stand jetzt zumindest nicht gänzlich in den Bereich der Fabel zu verweisen.

Gehen nur 3-4 der genannten 5 Spieler, stehen dem nun 3 Zugänge gegenüber, wobei man zumindest bei Leo Bittencourt ganz klar sagen muss, dass dieser perspektivisch verpflichtet wurde und es höchstwahrscheinlich nicht der Plan ist, den Jungen schon im ersten Jahr ständig in der 1.Liga spielen zu lassen.

Da ausser vielleicht Bayern München und der VfL Wolfsbrug kein deutscher Verein in der Lage ist, mal eben über 17 Millionen für einen Spieler auszugeben, der "den Etablierten Druck machen", oder eine "zusätzliche Alternative" darstellen soll, ist davon auszugehen, dass der BVB mit Marco Reus in der Startelf plant. Die Frage ist: wo?!

Am wahrscheinlichsten dürfte sein, dass man mit ihm auf einer der beiden offensiven Aussenpositionen plant. Hier gäbe es dann naturgemäß 2 Varianten:

Links für Großkreutz: Kagawa bleibt in der Mitte bzw. rochiert mit dem Rechts spielenden Mario Götze, Reus beackert die linke Seite. Offensivtechnisch mag das dem Ein- oder Anderen Angstschweiss auf die Stirn (Gegner) oder auf Freudentränen in die Augen (BVB Fan) treiben.
Diese Variante halte ich jedoch aus zwei Gründen für eher unwahrscheinlich.
1) Jürgen Klopp hält große Stücke auf die Defensivqualitäten von KG, ebenso wie auf seine taktische Disziplin. Defensiv ist KG auf jeden Fall stärker, als Reus, und man muss sich fragen, ob Klopp das Risiko eingeht, Schmelle auf Links ""alleine"" zu lassen. Für mich ist diese Variante höchstens eine Möglichkeit, um gegen vermeintlich schwächere Teams mehr Druck zu entwicklen. Gegen einen Robben in Topform, einen Müller oder vergleichbare Qualität in der CL mag ich mir eine Seite Schmelle/Reus nicht vorstellen.
2) Der Faktor der Identifikation der Fans mit KG und umgekehrt. Es mag romantisch klingen, aber einen Spieler, der so für seinen Verein und sein Publikum brennt, dauerhaft auf die Bank zu setzen, vermag ich mir nicht wirklich vorzustellen, zumal er seine fußballersichen Defizite regelmäßig mit Einsatz und taktischer Disziplin ausgleicht.

Rechts: Nehmen wir einen Weggang von Kuba an und nehmen die Wahrscheinlichkeit, dass Kagawa seine Leistung zwar wieder stabilisiert hat, seine "Überleistung" der letzten Hinrunde wohl so nicht wird wiederholen können, ist eine Konstellation Großkreutz-Götze-Reus mit einem starken Kagawa als Backup durchaus vorstellbar. Man würde die Stabilität des Gefüges beibehalten und die Qualtität noch ein Stück anheben.
Ausserdem blieben auch für Kagawa/Perisic auf Grund der zu erwartenden 3-fach Belastung immer noch genügend Einsatzzeiten übrig und auch Bittencourt könnte sukzessive heran geführt werden.
Diese Variante erachte ich als die wahrscheinlichste.

4-3-1-2 ?!

Eine Defensivreihe Großkreutz-Bender-Gündogan mit Götze davor, Lewandowski als zentralem Stürmer und Reus "drumherum" ist eine Möglichkeit, die es situationsabhängig sicherlich auch geben kann. Zumal die Hinrunde in Gladbach gezeigt hat, wie stark Reus als "freie 2. Spitze" sein kann.
Zwar kann ich mir nicht vorstellen, dass Klopp das Spielsystem grundsätzlich umstellen will, aber gegner- oder sitautionsabhängig könnte dies durchaus eine Variante sein.

Ein paar grundsätzliche Dinge:

Zeitpunkt der Bekanntgabe:
Sicherlich sind die Gladbachfans traurig und enttäuscht, klar. Dennoch denke ich, dass alle drei Seiten das Richtige getan haben. Man hatte frühzeitig Klarheit, hat keine Hängepartie und muss nicht ständig Spekulationen kommentieren. Alle wissen, woran Sie sind und jeder kann sich jetzt auf das Wesentliche konzentrieren. Ich denke nicht, dass man Marco Reus da einen Vorwurf machen kann, wie es in dem ein oder anderen Userkommentar anklang.