Teil 1 - Fanfeindschaften & Fanfreundschaften

---

Andreas: Ich habe die Fan-Freundschaft zum BVB ja schon angesprochen. Das war mal hipp, also war man vermutlich halt mal freundschaftlich verbunden. Aber was davon übergeblieben ist, ist Ultra-Hass gegen Schalke. Das Resultat der Freundschaft ist also nur Hass. Paradox.

Marcel: In der Tat, sehr schön gesagt. Ich hatte es ja oben schon angesprochen: Rivalitäten auf der sportlichen Ebene sind völlig normal und deswegen wird es auch immer schwierig mit den Fan-Freundschaften von Vereinen, die im direkten Wettbewerb miteinander stehen - das hast Du ganz richtig gesagt, Sebastian. Bei uns gab es mal eine Fan-Freundschaft mit Leverkusen, die dann aber auch irgendwann eingeschlafen ist. Die genauen Gründe kenne ich auch nicht, aber es wird sicherlich auch damit zu tun haben, dass der VfB und Bayer in den letzten Jahren meist um ähnliche Plätze gespielt haben.
Sebastian, Du hast vorhin schon Hoffenheim erwähnt, die unser nächster Gegner am morgigen Samstag sein werden. In den letzten Jahren war die TSG ja eines der polarisierenden Themen der Bundesliga. Wie beurteilt Ihr den Verein, gerade jetzt wo der ganze Hype mittlerweile wieder etwas abgekühlt ist?

Sebastian: Ich bin auch kein Freund von Vereinen wie der TSG. ABER: Dieses ewige "Gegen den modernen Fußball"-Geseiere, das sich grade bei 1899 Bahn bricht, geht mir auf die Nerven. Das Rad der Zeit ist nicht zurückzudrehen, so traurig es ist. Und: Dietmar Hopp hat das Geld ehrlich verdient, also darf er auch entscheiden, wofür er es ausgibt. Ist da Fußball das schlechteste? Wäre es den so genannten Traditionalisten lieber, wenn er stattdessen islamistischen Terror finanzieren würde, um mal ein krudes Beispiel zu bringen? Wie gesagt, ich bin kein Freund der Hoffenheimer, aber zumindest spielerisch ist das hübsch anzusehen - die Fankultur allerdings: Wenn es nötig ist, am Fanblock ein Hinweisschild: "Hier kann es zu Sichtbehinderungen und Lärmbelästigung kommen" anzubringen, läuft da was falsch. Trotzdem finde ich die Anfeindungen übertrieben, das wirkt mir teilweise einfach so, als suche man allgemein ein Ventil zum Aggressionsabbau.



Andreas: Ja, dem kann ich in etwa zustimmen. Es scheint ein weiterer Grund für Feindschaft: Diesmal der moderne Fussball... Aber die Diskussion um einen Retorten-Verein wie Hoffenheim sind doch hinfällig. Es macht aus wirtschaftlicher und persönlicher Sicht von Herrn Hopp durchaus Sinn, an diesem Standort einen Bundesliga-Verein zu etablieren. Die Rhein-Neckar-Region hat Potential und lag bisher sportlich eher im Niemandsland. Wenn man dann persönliche mit wirtschaftlichen Aspekten verknüpft ist das legitim. Und wenn das Stadion dann halt im Außenbezirk eines 1000-Seelen-Dorfes liegt, meinetwegen. Über Wolfsburg beschwert sich auch niemand mehr und wenn wir die aktuelle Liga anschauen, sind mit dem Sportclub und St-Pauli auch die wirtschafltich schwachen Vereine unter den 18 besten des Landes vertreten. Sportlich ist die TSG durchaus attraktiv, sympathisieren mit der Vereinsstruktur muss man darüber hinaus aber nicht unbedingt, macht man mit dem Gros der Liga ja auch nicht.

Sebastian: Dazu möcht' ich noch anmerken: Hopp unterstützt seinen Heimatverein. Wenn ich mal zu Geld kommen sollte, pumpe ich auch Kohle in meinen SV Rülzheim. Das finde ich in Ordnung. Da stört mich ein RB Leipzig VIEL mehr, oder die MK Dons in England. Das ist noch eine Stufe härter.

Marcel: Wobei ich es persönlich schwierig finde, da konkrete Grenzen zu ziehen, gerade auch zwischen der TSG und RB Leipzig - aber eben auch genauso Wolfsburg und auch Leverkusen. Könnte jetzt selbst nicht sagen, warum Hoffenheim weniger oder mehr schlimm wäre als RB Leipzig?

Sebastian: Wie gesagt: Es ist für mich ein Unterschied, ob man in seinen Heimatverein investiert - von der obszönen Summe und dem zweifelhaften Modell abgesehen - oder einfach einen ganzen Verein verpflanzt (MK Dons) oder mitten in Leipzig einen völlig neuen Club aus dem Boden stampft, das sind ganz andere Voraussetzungen.

Marcel: Also, wenn ich mich recht entsinne, dann hatte Hopp ja zuvor eigentlich geplant, bei anderen Vereinen aus der Region einzusteigen, wie Mannheim oder aber einen FC Heidelberg zu gründen. Von daher sehe ich da jetzt nicht so die riesigen Unterschiede zu bspw. RB Leipzig.

Sebastian: Generell wahr - aber es ist dennoch dieselbe Region, und an und für sich wäre es eine Fusion gewesen, keine komplette Neugründung. Ich seh' das schon ein Stückweit anders, außerdem reden wir nicht über hättewärewenn, sondern den Ist-Zustand, und der heißt Hoffenheim. :)

Andreas: Wir sprechen häufig aber auch von der misslichen Lage, dass es derzeit keinen Ost-Verein in der 1. Liga gibt. Aber mal ehrlich, ohne solche Investoren, wird es ganz schwer, das in den nächsten Jahren zu ändern. Insofern wir das zu einem profitablen Zukunftsmodell werden, das noch weitere Investoren anlockt.

Sebastian: Keine Frage - ich spreche mich ja auch nicht kategorisch dagegen aus, und grade für den Osten mit seinem Infrastrukturdefizit mag das segensreich sein, und es wird so kommen, da brauchen wir uns nicht in die Tasche zu lügen. Vielleicht stoße ich mich einfach auch an dem unüblichen "RB" - ob es nun für "RasenBallsport" oder "RedBull" steht - ich glaube ernstlich, das Feindbild allgemein und meine Ablehnung wären nicht so groß, hieße der Club "BSG Chemie Leipzig". Das sagt schon alles, wenn mir sogar ein ebenso artifizieller DDR-Clubname lieber wäre.

---

Teil 3 - Die Situation des VfB

Unsere Blogpokalwoche: Themenübersicht
Unserer Gruppe: VfB-Fans der Zukunft