Es ist, im wahrsten Sinne des Wortes, ein schnelllebiges Geschäft, dieser Formel 1 Zirkus. Stillstand heißt Rückstand und kaum ein anderer Sport entwickelt sich rascher, verändert sich stetiger oder wandelt sich einschneidender. Ein weiterer, enormer Entwicklungssprung erwartet uns im kommenden Jahr mit dem Umstieg auf die V6-Turbomotoren. Doch was für die einen nach einer aufregenden Veränderung klingt, birgt für so manch andere erhebliche Probleme. Und neben grübelnden Reifenherstellern, tüftelnden Ingenieuren und verzweifelten Finanzvorständen sieht sich plötzlich auch wieder der Fahrer in eine gefährliche Diskussion verwickelt:
Hat die Formel 1 ein Gewichtsproblem?
Auslöser dieser Überlegung ist die immer noch andauernde Silly Season. Nachdem der Platz neben dem Weltmeister bei Red Bull gefüllt und Kimi Räikönnen bei Ferrari untergebracht wurde, gehören Felipe Massa und Nico Hülkenberg zu den prominentesten Namen auf der Suche nach einem neuen Arbeitgeber. Letzterer wurde zuletzt mit McLaren in Verbindung gebracht, wo man sich noch nicht eindeutig zu einem Verbleib von Sergio Perez bekannt hat. Hülkenberg, der ein Cockpit bei Ferrari nur knapp verpasst hat, sagt man zwar auch noch Verhandlungen mit Lotus nach, was eine durchaus erstrebenswerte Option wäre, könnte mit McLaren jedoch einen Platz in einem Top Team bekommen, der ihm schon von so vielen Experten gegönnt wurde. Es hält sich aber das hartnäckige Gerücht, dieser Deal könne aus einem ganz bestimmten Deal (quasi aus allen Nähten) platzen: Nico ist zu schwer!
Klingt lustig, könnte aber ernster nicht sein. Denn in diesen hoch technologisierten Fahrzeugen zählt jedes Gramm. Da muss alles aufeinander abgestimmt sein. Da muss für eine optimale Abstimmung der Ballast bestmöglich verteilt werden. In den High Tech Laboren der F1 Fabriken wird bis ins kleinste Detail gerechnet. Der Fahrer aber ist ein großes. Und in der Endabrechnung möchte die FIA, dass das ganze Konstrukt nicht weniger als 642 kg wiegt, inklusive Fahrer, wobei 343 kg auf der Hinterachse und 292 kg auf der Vorderachse lasten sollen.
Ein Umstand, der vor drei Jahren schon einmal debattiert wurde, als mit der Einführung der KERS-Batterie ein zusätzlicher Ballast an Bord kam, dessen Ausgleich so mancher im Abspecken des Fahrers suchte. Schon damals befürchtete man einen Abmagerungstrend im Fahrerlager bis das zugelassene Mindestgewicht von der Rennleitung schließlich angehoben wurde.
Nun sind wir wieder am gleichen Punkt angelangt. Denn mit der neuen Antriebstechnik in der nächsten Saison beginnt die ganze Ballast-Verteilungs-Rechnung von Neuem.
Fakt ist: Wer den kleineren, leichteren Fahrer hat ist klar im Vorteil. Das geben Teams wie Red Bull offen zu, die mit Sebastian Vettel (1,74 m/64 kg) einen durchschnittlich idealen und mit Mark Webber (1,85 m/ 75 kg) einen eher problematischen Fahrer haben. Webber machte auf die Problematik vor Kurzem selber auf seinem Twitter-Account aufmerksam. Das Idealgewicht eines Rennfahrers läge bei 60-65 kg!
Fakt ist aber auch: Von den 22 aktuellen Piloten kann keinem einzig nachgesagt werden, er wäre nicht auch zu 100% auf seine Fitness fokussiert und achte weniger streng auf seine Ernährung als eine Topmodel. Und schließlich muss der ein oder andere Muskel schon gestählt werden, um den G-Kräften der Rennstrecken dieser Welt entgegenzuarbeiten.
Es könnte sich daraus ein durchaus riskanter Trend entwickeln, denn auf einem Arbeitsmarkt, auf dem nicht nur idealer weise nach einem Pay Driver sondern zusätzlich noch nach einem kleinen Size Zero Driver gesucht wird, wo bleibt dann der talentierte, normal gewichtige Fahrer ohne millionenschwerer Sponsor im Gepäck?
Ist ein Max Chilton, der mit 1, 82 m und nur 66 kg am Untergewicht kratzt, das Fahrermodell der Zukunft?
Und wenn Hülkenberg (1.84 m/ 74 kg) beim Blick auf die Waage schon Probleme bekommt, wie geht es dann dem ähnlich talentiertem, ähnlich großem und noch schwererem Paul di Resta (1.85 m/ 78 kg)?
Während wir noch über Ricciardos breite Hüften schmunzeln und eben Hülkenbergs Gewicht kichern, sollten wir uns vielleicht einmal ernsthaft überlegen, ob das noch Boxengassen-Geflüster ist, oder ob diese Themen nicht eher auf eine Mädchen-Toilette gehören, ob es sich um harmlose Gerüchte handelt, oder die Entwicklung hier in eine falsche Richtung geht und vor allem, ob Talent noch was zählt oder der Fortschritt schon über allem steht.
Zur Gewichtsthematik ein Anmerkung: Das Minimalgewicht steigt 2014 auf 690 kg, auf die Hinterachse entfallen 369 kg, sofern ich mich richtig an die neuen Regularien entsinne.
Wohlgemerkt, die Überlegungen die Teams in dieses Richtung machen könnten.
Aber wie sollte man das Problem seitens der FIA angehen? Ein Mindestgewicht für Fahrer? Würde die Zwerge unter den Fahrern benachteiligen und sobald man mit Ausgleichsgewichten arbeitet, werden die Teams auch anfangen, die Gewichte an stellen zu plazieren, dass sie dadurch eine bessere Balance im Auto haben. Ich wüsste aus dem Stand also auch nicht wie man so etwas gescheit regeln sollte...