Ist es wirklich nötig? Noch ein Artikel über den vielbeschriebenen österreichischen Neuzugang mit dem "schlechten Ruf", bei dem vor Saisonbeginn zunächst jede Kleinigkeit, die man als Boulevardblatt der Leserschaft eventuell als "Disziplinlosigkeit" verkaufen konnte, den Weg in die Schlagzeilen fand? Und bei dem man nun, nachdem es hinsichtlich solcher "Fehltritte" relativ ruhig geworden ist, auch sogleich die vergebenen Tormöglichkeiten gegen die Bayern als Chance für die nächsten Negativschlagzeilen ergreift ("ArnauTor-nix", man lasse sich das mal auf der Zunge zergehen)?
Ja, die Notwendigkeit für weitere Zeilen besteht genau aus letzterem Grund. Denn angesichts dieser in ihrem Ausmaß völlig unangebrachten alleinigen Schuldzuweisungen für die Niederlage (BILD-Artikel) fühlt man sich dazu veranlasst, folgendes zu entgegnen: Leute, dieser Arnautovic ist ein Versprechen. Diese Ansicht beruht nicht etwa darauf, dass er ja schon einmal fast bei Chelsea und sogar kurz bei Mourinhos Inter gelandet ist, "wo man ja bekanntlich keine Graupenkicker kauft". Längst ist die Saison zu weit vorgeschritten um diese üblichen Vorschusslorbeeren, mit denen man die Verpflichtung eines 6,5-Millionen-Euro-teuren Talents in der Branche rechtfertigt, noch als Gradmesser für dessen eventuelle Leistungsfähigkeit zu benötigen. Nein, es gilt mal wieder das Adi Preißler-Zitat "Entscheidend is aufm Platz". Und im Fall Arnautovic kann man dafür bestens jenes Bayern-Spiel heranziehen, um zu sehen, dass der Spieler genau dieses "gewisse Etwas" verkörpert, was in nicht unbeträchtlichem Maße die Transferpolitik (was die Offensive angeht) von den Werder-Machern Allofs und Schaaf bestimmt.

Abgesehen von Bastian Schweinsteigers entscheidendem Sonntagsschuss, war es am Dienstagabend in München dem Österreicher vorbehalten, für das Spektakuläre im Spiel zu sorgen. Da war zunächst nach nicht einmal zwei gespielten Minuten jene messerscharfe Präzisionsflanke, die Mittelstürmer Pizarro nur noch "einhüften" musste. Nach lang andauernder Bremer Passivität, prägte Arnautovic anschließend die Grün-Weiße Drangphase ab Minute 59 entscheidend. Nachdem er zunächst auf dem Weg zum Abschluss am Verteidiger hängengeblieben war, dann aber nahezu blitzartig dem heranstürmenden Wesley den Ball servierte, zeigte er die im modernen Fußballdiskurs mittlerweile so häufig beschworene Handlungschnelligkeit. Der kraftvollen Antritt vor der anschließenden (zugegebenermaßen leicht vergebenen) Torchance nach Prödls schönem Diagonalball - ein Kennzeichen seines Willen (Achtung, nächste Phrase) auch mal "dahinzugehen wo's wehtut", in diesem Fall dem Gegner. Nur zwanzig Sekunden später lieferte er mit einem fast schon unverschämten ronaldoesquen Freistoß inklusive Top-Spin-Flugkurve den vielleicht positivsten Beweis seiner Exzentrik an diesem Abend. Im negativen Sinne zeigte sich diese wiederum beim Auslassen einer weiteren "Hunderprozentigen", als er, nachdem er Aushilfsverteidiger Tymostschuk düpiert hatte, den Abschluss mit dem linken Außenrist wählte, anstatt den Ball zu schieben.

Das Arnautovic nach Schweinsteigers tödlichem Treffer mitsamt der restlichen Bremer Crew unterging, sollte ihm genauso wie die vergebenen Möglichkeiten verziehen werden. Wer ihn voreilig Chancentod schimpft, besehe sich noch einmal seine äußerst kaltschnäuzigen Tore gegen die Kölner und zuletzt Twente Enschede. In München waren es nur wenige Zentimeter, die Arnautovic vom Titel "Spieler des Spiels" und Werder vom Erreichen der nächsten Runde trennten. Dass ihn das selbst am meisten bedrückte, ließ das Verweigern sämtlicher Interviews nach Spielende deutlich erkennen.
Und so sei abschließend gesagt, dass dieser und andere Auftritte Lust auf mehr Arnautovic machen in dieser Saison. Sie verheißen die Aussicht auf einen weiteren Rohdiamanten, der an der Weser unter Thomas Schaaf zu einem Spieler mit internationaler Klasse reifen wird. Wie auch Moderator Tom Bartels am Dienstag treffend bemerkte:
Es liegt nun an ihm dieses Versprechen einzulösen.