...Irrtums? Trauerspiels? Lehrjahres? Debakels?

Unterm Strich trifft es "Debakel" wohl tatsächlich am Besten.
Der BVB und Europa, das scheint einfach nicht zu passen, zumindest nicht in dieser Dekade.
So lässt Einen das Auftreten des BVB in der CL-Saison 2011/12 (für uns ja eigentlich nur 2011) nicht nur frustriert und ein bisschen ratlos, sondern nach gestern vor Allem auch wütend zurück.

Das man nicht durch die Gruppe marschiert: okay.
Das es am Ende auch nicht gereicht hat, Marseille mit einem Kantersieg aus dem Stadion zu ballern: ebenfalls okay.
Das man sich zu Hause(!) nach einer 2:0 Führung noch sang- und klanglos düpieren lässt und das Spiel verliert. unentschuldbar.

Es spielt absolut keine Rolle, ob man das Zwischenergebnis aus Piräus kannte.
Es spielt absolut keine Rolle, dass Sebastin Kehl wieder mal verletzt ausgewechselt wurde.
Es spielt ebenfalls keine Rolle, dass man -wieder mal!- ein paar Sekunden zu früh mit dem Kopf in der Kabine war und so quasi zu Ende der ersten Hälfte ein Tor kassiert hat.

Man muss dann das Ding halt mit 2:1 zu Ende spielen und somit wenigstens den Sieg sichern. Das hat was mit Kampfgeist und Einstellung zu tun. Sich in den letzten 10 Minuten noch willenlos hinschlachten zu lassen, bezeichnet wirklich den Gipfel einer CL Saison, die von uns nur unwürdig gestaltet wurde.

Da hilft es auch nicht, dass man in manchem Spielen angeblich eigentlich besser war. Verloren ist verloren.

Was den Ärger aber -vor Allem langfristig- überwiegt, ist die Ratlosigkeit.
Warum haben wir so schlecht abgeschnitten? Warum behaupten wir uns gegen die besten Mannschaften der ersten Liga und verlieren so oft sang- und klanglos gegen Teams, die bestenfalls gehobenen europäischen Durchschnitt verkörpern?
Alles Pech?
Wohl kaum. Sicherlich war auch das ein- oder andere Mal Pech dabei. Das 3:2 von gestern schiesst der Kollege sicherlich 9 von 10 Mal NICHT in den Winkel.
Trotz Allem bleibt der augenscheinliche Fakt, dass wir zu schlecht für Europa waren, zumindest haben wir unsere Qualität nie ausreichend auf den Platz bringen können. Kaltschnäuzigkeit vorm Tor, den entscheidenden Zweikampf gewinnen, oder auch mal einen "Unhaltbaren" halten, all diese Qualitäten haben wir nicht und/oder hatten Sie ncht zur richtigen Zeit.
Was nützen mir 15 zu 4 Torschüsse, wenn am Ende ein 1:3 steht? Richtig: nichts.

Es gibt nicht DEN Grund für dieses Debakel, es gibt höchstens viele kleine Stellschrauben.
Erfahrung, sicherlich, klar. Wobei zumindest Piräus und auch die halbe, blutjunge Arsenal Mannschaft auch nicht aus CL-Veteranen bestanden.
Und hat nicht Barca II (voller Europapokaldebutanten!) Borissov mit 4:0 zerlegt?
Erfahrung haben wir also abgehakt, das Pech auch. Was noch?

Fehlende Qualität.
Ein Roman Weidenfeller ist ein grundsolider Torhüter, der alles ordentlich bis gut beherrscht und selten echte Fehler macht. Aber hat uns Roman schon mal Punkte fest gehalten? Hat er schon mal einen Gegner zu Verzweifelung getrieben, wie Akinfejew gestern oder Bernd Leno gar mehrmals?
Nicht, dass ich wüsste. Warum z.B. geht er gestern vorm 2:2 nicht raus? Der Kopfball kommt 6 Meter vorm Tor zu Stande, warum kommt der da nicht angedonnert, sondern guckt auf der Linie chancenlos zu?
Kein echter Torwartfehler, aber eines von vielen Beispielen, das "ganz gut" eben oft nicht gut genug ist. Könnte ein Adler Abhilfe schaffen?

Gegentore nach Standards:
Auch hier fällt auf, dass wir kaum Treffer aus dem Spiel heraus, dafür um so mehr Tore nach Ecken und auch Freistößen kassieren, national wie international. Das 2:2 gestern, oder auch Arsenals 2:0 vor zwei Wochen, als van Persie zusammen mit einem einziegen Mitspieler bei der Ecke mit 6(!) BVB Spielern im Straufraum ist und trotzdem mutterseelen allein verwandeln kann.
Auch das hat viel mit Qualität und vor Allem Konzentration zu tun.

Kaderstruktur.
Ich werde jetzt nicht nach dem oft zitierten "Leader" schreien, doch Tatsache ist, dass der Mannschaft jemand fehlt, der in engen Phasen den Kopf hoch nimmt und die Brust rausstreckt. Die Truppe ist zu brav.
Ein Kehl hat viel zu selten den Rythmus, um wirklich voran zu gehen, von einem Götze, Kagawa oder Löwe kann man das wohl auch kaum erwarten.
Jugendstil hin- oder her, hier fehlt vielleicht wirklich jemand, der schon den ein oder anderen Lenz mehr auf dem Buckel und auch die ein oder andere Europapokalschlacht geschlagen hat.
Denn das hat Kehl trotz der über 30 Jahre auch nicht wirklich.

Man sagt unserer Mannschaft eine große Auffassungsgabe und hohen Lernwillen nach, alleine europäisch sehe ich davon nichts. Denn eigentlich war unsere CL-Saison ein Abklatsch der letzten EL-Saison, selbst die Gegner waren ein ähnliches Niveau.

Das Schlimmste daran ist, dass mir das Ganze irgendwie die Saison zu versauen droht. Worauf soll ich in der Liga hoffen?
Auf die erneute CL-Quali? Klar, nett, aber wozu?!
Damit wir wieder baden gehen? Bittencourt und Koch werden uns in Europa wohl kaum nach vorne bringen, von Götze, Hummels & Co. ist auch nicht zu erwarten, dass sie nach -hoffentlich- langer EM gleich wieder Glanzleistungen bringen.
Zumal jemand wie Götze, ob mit 19 oder dann 20 Jahren, sowieso natürlichen Schwankungen unterworfen ist und bei aller fußballerischer Qualität nicht der "Leader" einer Mannschaft sein kann. Auch ein Lahm oder Schweinsteiger haben dafür ein paar Jährchen mehr benötigt.

Unterm Strich bleiben Frust und Unsicherheit, aber auch die Gewissheit, dass ich das in ein paar Wochen zwar nicht gänzlich anders, aber doch wieder entspannter sehen werde.
Und dass ich hoffen werde, dass wir aus den letzten beiden Europa Saison eben doch etwas gelernt haben.

In diesem Sinne,
Nur der BVB!